Joseph II.
Joseph II war Kaiser des HRR von 1765-1790, Alleinherrscher und Regent in den österreichischen Ländern von 1780-1790. Er ist der Sohn Maria Theresias und Franz Stephans von Lothringen.
Er war zweimal verheiratet, 1749-1762 mit Isabella von Parma und Josepha von Bayern 1764-1767. Aus keiner dieser Ehen entsprang ein männlicher Erbe; zumal schon die zweite Ehe mehr aus Staatsräson als aus persönlicher Neigung geschlossen wurde blieb er nach dem Tod seiner zweiten Frau unverheiratet.
Schon als Thronfolger unternimmt er mehrere Inkognito-Reisen als Graf von Falkenberg (eine kleine linksrheinische Herrschaft Österreichs) mit denen er sich die Sympathien der Bevölkerung sichern will. 1765 nach dem Tod seines Vaters wird er Kaiser des HRR und offizieller Mitregent in den österreichischen Ländern, ohne allerdings viel regieren zu können. Die Position des Kaisers ist zu dieser Zeit bereits rein dekorativ und seine Mutter Maria Theresia denkt gar nicht daran zu seinen Gunsten die Zügel aus der Hand zu geben. Überdies hat er in fast allen Fragen eine völlig konträre Meinung zu seiner Mutter. Die bigotte Maria Theresia lebt geistig noch im Zeitalter der Gegenreformation, während Joseph bereits aufklärerischen Ideen anhängt. Diese versucht er nach ihrem Tod zu verwirklichen - allerdings auf Biegen und Brechen. Er gilt als Exponent des aufgeklärten Absolutismus. Führ ihn ist das Herrschertum ein Amt, ein Dienst am Staat als übergeordneten Ganzen. Er versuchte den Einfluß des Adels und des Klerus zugunsten der Bürger und Bauern zurückzudrängen. Für die Bauern etwa führt er die freie Berufswahl sowie die Freiheit der Eheschließung ein. Die adeligen Ständeversammlungen werden zugunsten von Staatsbeamten zurückgedrängt. Dies hat auch mit seinen Zentralisierungstendenzen zu tun. Er versucht aus Österreich einen Einheitsstaat mit Deutsch als Einheitssprache zu schaffen. Er verzichtet sich in Prag und Budapest zum König von Böhmen bzw. Ungarn krönen zu lassen und will die Sonderrechte dieser Länder abschaffen. Diese Bestrebungen lösen in den Österreichischen Niederlanden Unruhen aus und bringen Ungarn an den Rand eines Aufstandes. Dies bedeutet allerdings auch, daß die Rechtsordnung unter ihm bedeutende Fortschitte macht. 1787 wird ein neues Strafgesetzbuch erlassen, die Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuches, die schließlich zum ABGB führen wird begonnen. Diese Einheitsstaat, den er plant soll für das ganze Leben seiner Bürger sorgen, von der Wiege bis zur Bahre. Er führt staatliche Waisenhäuser ein, regelt die Begräbnisfeierlichkeiten bis in die kleinsten Details und verbietet sogar den Lebkuchen, da man sich damit den Magen verderben könne. Richtschnur ist dabei das ihm zugeschriebene Motto Alles für das Volk - Nichts durch das Volk. Unter seiner Regierung werden merkantilistische und physiokratische Ideen verwirklicht. Die Bevölkerung wird dabei ausschließlich als Arbeitskräftereservoir angesehen. Maßnahmen zur Hebung der Bevölkerungszahl gehen damit Hand in Hand. Vor diesem Hintergrund ist z.B. die Aufhebung der Todesstrafe 1787 zu sehen - Die Deliquenten werden für die Zwangsarbeit gebraucht. Ebenso verwirklicht er einen straffen Polizeistaat mit Spitzelsystem. Kurze Experimente mit der Pressefreiheit werden rasch wieder aufgegeben. Am berühmtesten und berüchtigsten ist allerdings seine Religionspolitik, die alleine meistens gemeint ist, wenn man von Josephinismus spricht. In seinem Toleranzpatent wird das Glaubensmonopol der Katholischen Kirche gebrochen - Protestanten und Juden dürfen ihren Glauben ausüben, allerdings nur unter Duldung; der Vorrang der Katholischen Kirche bleibt aufrecht.Alle Orden die im volkswirtschaftlichen Sinn unproduktiv sind (keine Krankenpflege o.ä. betreiben) werden aufgehoben, ihr Besitz eingezogen. Aus dem Erlös dessen wird der Religionsfonds gegründet, der die Besoldung der Priester übernimmt, die auf dise Weise zu Staatsbeamten werden. Auch viele Feiertage und Kirchenfeste (Wallfahrten, Prozessionen u.ä.) werden abgeschafft - sie halten die Leute schließlich von der Arbeit ab. Aufgrund der Radikalität und Überstürztheit dieser Maßnahmen (die ja oft auf allerkleinlichste Weise in das persönliche Leben der Menschen eingriffen) war er zeitlebens höchst unpopulär und mußte kurz vor seinem Tod einen Teil der Reformen wieder zurücknehmen.
Als er 1790 überraschend stirbt, kommt sein jüngerer Bruder Leopold zur Kaiserwürde.
Seine historische Einschätzung schillert sehr stark. Zu Lebzeiten unpopulär bis zur Verhaßtheit wurde er unter der Regentschaft seines bis zum Starrsinn reaktionären Neffen Franz I.allmählich zur mit Nostalgie umgebenen Lichtgestalt. Im 20. Jahrhundert wurde er gern als großer Progressiver gesehen, was aber allzu leicht über den despotischen Charakter seines Regiments hinwegsieht. Nichtsdestoweniger war er einer der wichtigsten österreichischen Herrscher, der viele sinnvolle Ansätze in die Wege geleitet hat.