Prohibition
Prohibition (von lat.: prohibere = verhindern) bezeichnet das vollständige Verbot bestimmter Drogen, zum Beispiel das Verbot des Alkoholverkaufs und -genusses in einigen arabischen Ländern. Als Alkoholprohibition wird unter anderem die Zeit bezeichnet, in der in den USA und Finnland (1919-1932) der Handel und Konsum von Alkohol per Gesetz verboten war. Seit dem UNO-Beschluss über die Single Convention on Narcotic Drugs von 1961 unterliegen alle harte Drogen und bestimmte weiche Drogen der weltweiten Prohibition. Ausgenommen ist der Genuss von Nikotin und Alkohol, die den Giften zugerechnet werden.
Absichten
Erhoffte Auswirkungen der Prohibition waren:
- die Wirtschaftsleistung zu verbessern, indem weniger Arbeiter drogenbedingt ausfallen,
- die Sterblichkeitsrate zu verringern,
- das Verbrechen zu reduzieren,
- die Armut zu vermindern,
- die Lebensqualität zu steigern.
Auswirkungen
Allgemein
- Bei in der Bevölkerung stark akzeptierten Drogen führt das Verbot zu einer Gebrauchsdegression, da sich viele Bürger auch an Verbote halten, die sie nicht einsehen, sofern der Überwachungsdruck ausreichend hoch ist. Beispiele sind die Alkoholprohibition in den USA oder die Bierprohibition auf Island.
- Bei in der Bevölkerung wenig akzeptierten Drogen führt das Verbot zu einer Gebrauchsprogression, da durch das Verbot vermehrte Aufmerksamkeit erregt wird und der Reiz des Verbotenen hinzukommt. Sowohl in den Niederlanden als auch in Italien und in manchen Staaten der USA soll die faktische Entkriminalisierung des Besitzes und Konsums von Cannabisprodukten zu einer Verringerung des Konsums geführt haben.
- Eine Suchtverlagerung auf legale Ersatzstoffe.
- Eine Suchtverlagerung auf die in der Prohibitionszeit günstigsten Darreichungsformen. Während der Alkoholprohibition in den USA wurde etwa doppelt soviel destillierter hochprozentiger Alkohol getrunken wie vor und nach dem Verbot.
- Eine Umgehung des Verbotes auf illegalem oder legalem Wege. So führte z. B. die Alkoholprohibition zu einer Steigerung des Verkaufs von medizinischem (95 %) Alkohol um 400 %.
Wirtschaftsleistung vs. Verbrechen
Den mit der Herstellung und Vertrieb beschäftigten Unternehmen werden die Lizenzen entzogen, was die Verdienste im Organisierten Verbrechen erhöht. Zusätzlich sinken die staatlichen Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. In den Zeiten der Alkoholprohibition gehörten zu den betroffenen Unternehmen Brauereien, Destillerien, Winzereien und der Groß- und Einzelhandel. Heutzutage sind z. B. viele Kleinbauern in den klassischen Drogenanbaugebieten betroffen, da immer mehr Pflanzungen von Kartellen überwacht werden oder der Anbau gleich in Konsumländern stattfindet um den Gefahren des Grenzübertritts entgegenzuwirken, sowie der Groß- und Einzelhandel. Al Capones Whisky-, Glücksspiel- und Prostitutionsimperium in Chicago soll 60 Millionen Dollar Jahresumsatz gehabt haben.
Sterblichkeitsrate vs. Lebensqualität
Das Dosierungsrisiko nimmt zu. Die Alkoholprohibition führte zu einem vermehrten Angebot von harten Spirituosen anstelle von Bier oder Wein, die Hanfprohibition zu einer Ausweitung der Züchtung. Die meisten Herointoten haben ihre Ursache in der schwankenden Konzentration dieses Rauschmittels.
Die Lebensmittelsicherheit nimmt ab, da ohne eine Lebensmittelrechtliche Kontrolle Manipulationen erleichtert werden, z.B erhöhte Verunreinigungen oder Beimischungen nicht erforderlicher giftiger Drogenzusatzstoffe. In den USA stieg der Verkauf von unsauber destilliertem giftigem Alkohol von 1 % auf 4 %.
Verbrechen
Die Prohibition führt zu einer Aufweichung der Rechtssicherheit. In Gebieten, wo ein Verfassungsgrundsatz missachtet wird, werden auch andere Rechtsgrundsätze weniger geachtet. Nachdem die Verbrechensraten in den USA für Raub, Diebstahl und Mord seit Beginn bis Mitte der 1920er Jahre kontinuierlich anstiegen, sanken sie nach 1933 drastisch.
Armut
Wegen der Strafverfolgung wird die Ware mit einem Risikoaufschlag verkauft, wegen oft kartellartiger Handelsstrukturen, meist mit weiteren kriminellen Mitteln brutal etabliert, sind hohe Preise am Markt durchsetzbar. Eine Folge ist eine Erhöhung der Armutsgefahr durch Abhängigkeit und Beschaffungskriminalität.
Lebensqualität
Die erzwungene Verlagerung des Konsums ins Private, und damit eine Verringerung der Lebensqualität der Konsumenten. In den USA z. B. Speakeasy genannte, illegale Kneipen, bei denen nur Mitglieder Zutritt hatten.
Die Verelendung der Betroffenen durch die hohen Kosten für den Suchtstoff nimmt zu.
Prohibitionsgesetze
- das Opiumgesetz in Deutschland bis 1972,
- die Betäubungsmittelgesetze in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- der 18. Zusatz zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1920, aufgehoben 1933 durch den 21. Zusatzartikel
- Abschnitt 1. Nach Ablauf eines Jahres, von der Bestätigung dieses Artikels angefangen, ist die Erzeugung, der Verkauf oder die Versendung alkoholischer Getränke innerhalb des Gebietes der Vereinigten Staaten, ihre Einfuhr in oder ihre Ausfuhr aus den Vereinigten Staaten und allen Gebieten, die ihrer Hoheit unterstehen, für menschlichen Genuss hiermit verboten.
- Abschnitt 2. Der Kongress und die Einzelstaaten sollen in gleicher Weise befugt sein, die zur Ausführung dieses Artikels angemessenen Gesetze zu erlassen.
- Abschnitt 3. Dieser Artikel seeeeeeeetigartirung unwirksam sein, wenn er nicht durch die gesetzgebenden Körperschaften der einzelnen Staaten, wie es die Verfassung bestimmt, binnen sieben Jahren, vom Zeitpunkt seiner Unterbreitung an die Staaten seitens des Kongresses ab, als Abänderung der Verfassung bestätigt wird.
- der UN-Beschluß Single Convention on Narcotic Drugs von 1961
Die Prohibition in den USA
Hauptartikel: Alkoholprohibition in den USA
Es gibt kein eindeutiges Datum für den Beginn der Prohibition. Während des Ersten Weltkrieges hatten bereits einige Einzelstaaten in den USA Alkoholverbote erlassen, die sog. ‚trockenen Staaten’. Dann gab es zunächst 1917 ein Verbot für die Dauer des Krieges, das aber 1919 auf das gesamte Land erweitert und für viele Gebiete damit beibehalten wurde. Offizieller Beginn der Prohibition ist der 1. Januar 1920, als um Mitternacht der 18. Zusatz zur Verfassung in Kraft trat, der Herstellung, Verkauf und Transport berauschenden Getränke absolut verbot.
Amerika war und ist ein puritanisches Land, demzufolge hat es hier immer wieder Phantasien für die religiöse Umgestaltung der Gesellschaft gegeben.
Schon zuvor hatte es lange gesellschaftliche Kämpfe um das Alkoholverbot gegeben. Seit 1869 gab es eine Prohibitionspartei. Sehr aktiv war auch der ‚Christliche Frauenbund für Abstinenz’ (Women’s Christian Temperance Union) und dann schließlich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert die Anti-Saloon-League, also etwa der ‚Kampfbund gegen die Kneipen’. Die Anti-Saloon-League wurde 1893 in Oberlin, Ohio gegruendet. Auf bestimmten amerikanischen Landkarten erschienen die sog. ‚trockengelegten Zonen’ – zunächst vor allem auf dem Land.
Der erhöhte Lebensmittelbedarf während des Krieges hat dann der Anti-Alkohol-Bewegung zusätzliche Begründung verliehen und die Politiker unter Druck gesetzt. Das sog. ‚Volstead-Gesetz’ definierte als alkoholische Getränke alles mit über 0,5 % Alkoholgehalt. Präsident Wilson legte gegen diese Bestimmung zunächst sein Veto ein, aber der Druck der öffentlichen Meinung war so stark, dass sich sowohl im Repräsentantenhaus wie im Senat eine Zweidrittelmehrheit fand, die das Veto des Präsidenten unwirksam machte.
Es soll allerdings auch nicht unerwähnt bleiben, dass es auch damals schon eine Gegenbewegung gab, und zwar die Anti-Temperance-Societies, die beispielsweise unter den Baptisten eine starke Fraktion hatten. Sie hielten den Alkohol weiterhin für eine Gabe Gottes (Raeithel, Gert: Geschichte der nordamerikanischen Kultur. 1600 bis 2002. Bd. 2. Frankfurt am Main 4. Auflage 2003, S. 77.)
Interessanterweise – und in den Augen vieler Männer hochsymptomatisch – ging der Kampf gegen den Alkohol einher mit dem für die Einführung des Frauenwahlrechts. Um 1900 hatten erst elf Staaten den Frauen das Wahlrecht eingeräumt. Am 28. August 1920, also fast zeitgleich mit dem Beginn der landesweiten Prohibition, wurde das Frauenwahlrecht in die Verfassung aufgenommen.
Zitieren lässt sich dazu eine Bemerkung von Sigmund Freud aus seiner religionskritischen Schrift „Die Zukunft einer Illusion“ von 1927. Dort vergleicht er u.a. die Religion mit einem Narkotikum: „Wer durch Dezennien Schlafmittel genommen hat, kann natürlich nicht schlafen, wenn man ihm das Mittel entzieht. Dass die Wirkung der religiösen Tröstungen der eines Narkotikums gleichgesetzt werden darf, wird durch einen Vorgang in Amerika hübsch erläutert. Dort will man jetzt den Menschen – offenbar unter dem Einfluß der Frauenherrschaft – alle Reiz-, Rausch- und Genußmittel entziehen und übersättigt sie zur Entschädigung mit Gottesfurcht. Auch auf den Ausgang dieses Experiments braucht man nicht neugierig zu sein“ (Freud, Sigmund, Studienausgabe, Bd. 9: Fragen der Gesellschaft - Ursprünge der Religion. Die Zukunft einer Illusion, 1927. Frankfurt am Main 1974, S. 182.)
Nach 14 Jahren erfolgloser Bemühungen um ein trockenes Amerika, nach dem Börsenkrach 1929 und der anschließenden Depressionsphase und nach dem neuen Präsidenten Franklin D. Roosevelt wurde unter großer öffentlicher Beteiligung im Dezember 1933 das Alkoholverbot wieder aufgehoben.
Dieser Versuch ist nie wiederholt worden, jedenfalls nicht in Amerika. Denn seine Konsequenzen waren verhängnisvoll. Natürlich war das Verbot nicht haltbar, es gab immer Alkohol, vor allem in New York, und zwar in speziell dafür eingerichteten Kneipen, den sog. ‚speak easies‘, den Flüsterkneipen – also Lokalitäten, in denen man nicht allzu laut werden durfte, jedenfalls nicht nach außen. In unzähligen Filmen wurden die damaligen phantasievollen Tricks veranschaulicht, mit denen man auch größere Menschenmengen in irgendwelchen Hinterzimmern oder unzugänglich gelegenen größeren Räumen mit Alkohol und anderem Amüsement versorgen konnte. Das bekannteste Beispiel dieses Genres dürfte der Klassiker „Manche mögen’s heiss“ von 1959 sein, der im Jahr 1929 spielt. Anfang der 20er Jahre schätzte die Polizei die Zahl illegaler Kneipen in der Stadt auf 32.000 – doppelt so viele, wie es vor der Prohibition an legalen Kneipen gab (Burns, Ric / James Sanders: New York. Die illustrierte Geschichte von 1609 bis heute. München 2002, S. 318).
Die Organisation des illegalen Alkoholhandels übernahm in erster Linie die amerikanische Mafia, die Cosa Nostra, und die Verdienste aus diesem Handel haben ihr eine immense finanzielle und damit auch politische Machtposition eingebracht. Die bekannteste Figur aus diesem Milieu wurde Al Capone (1899-1947), der in Chicago zur legendären Symbolfigur des amerikanischen Gangsterunwesens emporstieg. Das Alkoholverbot hat also nicht nur sein Ziel in keiner Weise erreicht, sondern im Gegenteil einer kriminellen Groß-Organisation erst richtig zum Aufschwung verholfen.
Verfassungsrechtliche Pflicht zur Legalisierung von Drogen
Man könnte sogar die Pflicht des deutschen Gesetzgebers zur Legalisierung von Drogen aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ableiten: Art. 2 Abs. 1 + 2 GG in Verbindung mit Art 19 Abs. 2 Art. 20 Abs. 1 + 3 GG, analog den Regelungen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes sowie anderer verbraucherschützender Regelwerke. Diverse Modelle hierzu sind vorgeschlagen worden, z. B. das Apothekenmodell oder das Berechtigungsscheinmodell.[1]
Literatur
- Helmut Lindenmeyer: Die ethische Begründung der Prohibition. Dissertation an der Friedrich-Alexander-Universität zu Erlangen. Ohne Verlagsangabe, Erlangen 1927.
- Jack London: König Alkohol. (Amerikanischer Titel: John Barleycorn). Universitas-Verlag, Berlin 1931.
- Udo Sautter: Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Alfred Kröner Verlag, 5. Erweiterte Auflage 1994.
Siehe auch
Weblinks
- Prohibitionsstop sofort
- „Zeig Dich!“ Aktion 100.000 gegen Hanfprohibition
- Stellungnahme der Drogen- und Suchtkommission zur Verbesserung der Suchtprävention vom Bundesministerium für Gesundheit
- Prohibition war ein Fehlschlag (englisch)
- Prohibition – kein aktuelles Thema
- Cybertribe-Archiv: Drogen und Bewusstsein
- DrogenGenussKultur
- Amerikanische Anti-Hanf-Propaganda Illustrationen aus den 30ern, 40ern und 50ern
Quellen
- ↑ Günther Amendt: No Drugs - No Future, Hamburg, 2003, detaillierte Argumentation zur Aufhebung der Prohibition auch im verfassungsrechtlichen Sinne, insbesondere Kapitel 3