Ein Stadtbus oder Stadtlinienbus ist ein Omnibus, der speziell für den innerstädtischen Linienverkehr konzipiert ist.
Geschichte
Die Anfänge
Die ersten Omnibusse waren noch wenig nach spezifischen Einsatzzwecken differenziert. Bis nach dem zweiten Weltkrieg unterschieden sich Stadtbusse von Reisebussen in der Regel nur durch andere Türen (meist Falttüren) und eine weniger luxuriöse Ausstattung. Speziell für den Linienverkehr konzipierte Busse kamen erst Ende der 50er Jahre auf.
Die Zeit der Standardbusse
In der Nachkriegszeit konkurrierte eine Vielzahl von Omnibusherstellern mit sehr unterschiedlichen Modellen. Die Verkehrsunternehmen sträubten sich gegen die durch sehr heterogene Busflotten verursachten Wirtschaftlichkeitseinbußen und regten die Einführung eines Einheitsbustyps an. In Zusammenarbeit mit den wichtigsten Busherstellern erarbeitete der Verband Öffentlicher Verkehrsbetriebe bis 1968 den Standardbus I. Als eine Neuentwicklung notwendig wurde, konstruierte man den Standardbus II. Näheres über die beiden Standardbustypen ist im Wikipedia-Artikel VÖV-Bus nachzulesen. Einige Hersteller mussten auf Druck von Motorenlieferanten Abstand von ihren Standardbussen nehmen und boten eigene Stadtbuskonzepte an (z. B. Kässbohrer), spielten damit jedoch immer nur eine Nebenrolle am Markt.
Die Zeit der Niederflurbusse
Den ersten "modernen" Niederflurbus (erste Generation) stellte Neoplan mit dem N 814 schon 1976 vor; es konnten jedoch nur wenige Exemplare verkauft werden. Nachdem Kässbohrer 1984 mit dem S 300 NC einen weiteren wenig erfolgreichen Vorreiter präsentiert hatte, versuchte Neoplan 1987 in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken München einen zweiten Anlauf und setzte eine stürmische Entwicklung in Gang. Der damals vorgestellte Neoplan-Niederflurbus war eine Weiterentwicklung des Standardbusses II. Auch die von Mercedes-Benz und MAN zwischen 1987 und 1997 hergestellten Stadtbusse basierten noch auf dem Standardbus II; man kann sie als Niederflurbusse der zweiten Generation bezeichnen. Seit 1997 haben sich als dritte Niederflurbus-Generation wieder herstellerspezifische Lösungen durchgesetzt; denn da die meisten früheren Hersteller inzwischen verschwunden oder übernommen worden sind, ist der deutsche Markt für Stadtbusse im wesentlichen unter zwei Konzernen aufgeteilt; somit ist das Argument der Vereinheitlichung nicht mehr zugkräftig. Die Hersteller sind ohnehin eher darauf bedacht, vor allem eigene Konzepte und Innovationen anzubieten. Moderne Stadtbusse zeichnen sich durch einladend gestaltete Innenräume, großzügige Verglasung und rationalisierte Technik (z. B. durch CAN-Bus-Systeme) aus. Da Niederflurtechnik teuer ist, zeichnet sich angesichts knapper öffentlicher Kassen in jüngster Zeit ein neuer Trend ab: der Tiefeinstiegsbus oder Low-Entry-Bus, bei dem nur noch der Vorderwagen einen niedrigen Boden hat, der Hinterwagen jedoch nur über Stufen erreichbar ist.
Kritik an neueren Stadtbussen
Auffällig bei neueren Modellen ist, dass die Anzahl der Sitzplätze verringert wurde. Während in den Niederflurbussen der Neunziger Jahre (z. B. MAN NL 202) noch 33 bis 38 Sitzplätze vorhanden waren, findet man in den neuen Generation (z. B. MAN Lion's City) in vielen Fällen lediglich 25 bis 30 Sitzplätze, dafür wurde jedoch die Stellfläche für Kinderwagen und Rollstühle von 1,20 m auf bis zu 2 m Breite ausgeweitet. Durch Verarbeitungsmängel und eine anfällige Bordelektronik sind zudem neue Problemherde geschaffen worden. Erfreulich für die Fahrgäste sind jedoch die geringe Einstiegshöhe und die heute oftmals vorhandene Klimatisierung.
Bauformen
nach Länge
- Kleinbus
- Midibus: bis 11 m lang
- zweiachsiger Solobus: 11 bis 13 m lang
- dreiachsiger Solobus: 13 bis 15 m lang
- Gelenkbus: 17 bis 19,54 m lang
- Doppeldecker
nach Bodenhöhe
- Hochflurbus (zwei oder mehr Stufen vom Einstieg zum Fahrgastraum)
- Mittelflurbus (eine Stufe vom Einstieg zum Fahrgastraum)
- 70%-Niederflurbus (stufenfrei, Motor unterflur im Heck)
- 100%-Niederflurbus (stufenfrei, Motor seitlich stehend)
- Tiefeinstiegsbus oder Low-Entry-Bus (Vorderwagen niederflur, Hinterwagen hochflur)
Merkmale
Stadtbusse sind vor allem auf zwei Anforderungen hin optimiert: hohe Beförderungskapazität und schneller Fahrgastwechsel, ersteres aus Wirtschaftlichkeitsgründen, letzteres um die Standzeiten an den Haltestellen kurz zu halten.
Stehplätze
Stadtbusse weisen meist mehr Steh- als Sitzplätze auf, weil sich davon mehr auf einer gegebenen Fläche unterbringen lassen. Demgegenüber fallen auf kurzen Strecken der Komfortverlust und die reduzierte zulässige Geschwindigkeit weniger ins Gewicht. In Deutschland wird üblicherweise mit vier Stehplätzen pro Quadratmeter gerechnet. Ein typischer zwölf Meter langer Stadtbus hat etwa 70 Stehplätze. Für stehende Passagiere sind Haltestangen vorgesehen. In neueren Fahrzeugen sind sie meist geschwungen ausgeführt, während Halteschlaufen und -griffe nicht mehr üblich sind. Üblicherweise sind in Stadtbussen besondere Stellplätze für Rollstühle und Kinderwagen vorgesehen, die teilweise sogar mit Rollstuhllehnen versehen sind.
Sitzplätze
Die Sitzplatzanzahl in Stadtbussen ist üblicherweise eher gering, typische 12-m-Stadtbusse haben 20 bis 40 Sitzplätze. Während im Standardbus I noch Schalensitze aus Hartplastik oder gepolsterte Holzsitzbänke üblich waren, haben sich inzwischen gepolsterte Einzelsitze mit schwer zerstörbaren Veloursbezügen eingebürgert. Oftmals beklagen sich die Passagiere darüber, die einen durchschnittlich großen Körper, bzw. durchschnittlich große Beine haben, in den Bussen neuerer Bauart nicht gerade sitzen zu können, da dies der Sitzabstand stellenweise nicht zulässt. Auf längeren Strecken kann das zum Problem werden, besonders wenn der vordere Sitz durch Belastung noch nach hinten gedrückt wird. Typisch für Stadtbusse ist die Vis-a-Vis-Anordnung. Ein wichtiges Ziel bei der Gestaltung der Sitze ist die Vandalismusvorbeugung: In den letzten Jahren kam die sogenannte Konferenzanordnung im Heck auf. Gelegentlich werden Sitzbezüge mit "wilden" Mustern verwendet, auf denen Graffiti weniger auffallen. Versuche mit vandalismusresistenten Holzsitzen verliefen weniger erfolgreich. Das vandalismusproblem war bei den bezogenen Holzbänken von MAN ein besonderes problem, da diese an der Oberkante der Lehne eine Kunststoffwulst haben, welche oftmals schon nach einem halben Jahr in Betrieb erhebliche Vandalismusschäden aufwies.
Motor und Antrieb
In der Frühzeit waren die Motoren in der Front des Busses angeordnet. Später setzte sich die Unterfluranordnung durch, zunächst zwischen den Achsen, später im Heck hinter der Hinterachse. Heute sind Motorleistungen von etwa 200 bis 300 PS üblich, bei Gelenk- und Doppelstockbussen bis 400 PS. Am verbreitetsten ist nach wie vor der Dieselantrieb.
Viele Städte setzen jedoch auf emissionsarme Erdgasbusse, äußerlich erkennbar an den Tankaufbauten auf dem Dach. Vor allem in Skandinavien verbreitet ist Biogas- und Ethanolantrieb. Busse mit Wasserstoffmotoren und Brennstoffzellen sind im Rahmen von Feldversuchen in Betrieb. Dieselhybrid- und Batterieantrieb hat sich bisher nicht durchsetzen können. Seit etwa 1980 ist auch bei Gelenkbussen der Motor meistens im Heck des Nachläufers angeordnet, wodurch eine bessere Fahrstabilität und die Möglichkeit, rückwärts zu fahren, erreicht wurden. Bei solchen Schubgelenkbussen waren von Anfang an Automatikgetriebe üblich, um die Schaltseile nicht durch das Gelenk führen zu müssen. Seither finden Automatikgetriebe aber auch in Solobussen immer mehr Verbreitung.
Eine Sonderbauart der Stadtbusse sind die Oberleitungsbusse.
Bodenhöhe
Bis in die 80er Jahre dominierten auch unter den Stadtbussen Hochflurausführungen. Seit den 90er Jahren werden in Deutschland für den Stadtverkehr jedoch fast nur noch Niederflurbusse mit ca. 32 cm Bodenhöhe über Asphalt verkauft, da sie behindertenfreundlich sind und einen noch zügigeren Fahrgastwechsel ermöglichen. Die Mittelflurbauweise konnte sich in Deutschland nie durchsetzen. Meistens ist der Motor dennoch auch bei Niederflurfahrzeugen unterflur im Heck angeordnet, so dass der Boden etwa von der Mitte des Fahrzeugs an ansteigt. Seltener sind 100%-Niederflurbusse, bei denen der Motor im Heck seitlich stehend angeordnet ist, was allerdings in der Regel einen Verlust an Nutzfläche mit sich bringt. Solche Fahrzeuge haben meist einen dritten Einstieg im Heck. Wachsende Erfolge verzeichnen die Tiefeinstiegsbusse, die den Vorderwagen eines Niederflurbusses mit dem Hinterwagen eines Hochflurbusses vereinen, wobei der hintere Teil des Innenraums über Stufen erreicht wird.
Ein- und Ausstieg
Breite Ein- und Ausstiege sind für den raschen Fahrgastfluss unabdingbar. Solobusse haben üblicherweise zwei Doppeltüren, Gelenkbusse zwei Doppeltüren im Vorderwagen und eine im Nachläufer. Seltener sind Solobusse mit drei Doppeltüren und Gelenkbusse mit vier oder fünf Doppeltüren. In den Mittelmeerländern kommen sogar Solobusse mit vier Doppeltüren vor. Weit verbreitet sind trotz ihrer offensichtlichen Nachteile immer noch nach innen öffnende Klapptüren, da das Öffnen und Schließen bei Außenschwenktüren deutlich länger dauert. Die erst vor wenigen Jahren entwickelten Schwenkschiebetüren, die die Vorteile beider anderen Bauformen vereinen, sind dagegen deutlich teurer, so dass heute oft vorn Klapp- und hinten Schwenkschiebetüren verbaut werden. Für Rollstühle und Kinderwagen sind heute von Hand ausklappbare Rampen vorgesehen. Motorisiert ausfahrbare Versionen konnten sich aus Kostengründen nicht durchsetzen.
Fahrerarbeitsplatz
Neben herstellerspezifischen Lösungen bieten die meisten Busproduzenten heute Fahrerarbeitsplätze nach den VDV-Richtlinien an.
Außengestaltung
Stadtbusse sind mit Fahrtzielanzeigen ausgestattet. Früher waren das aufgesetzte Kästen, die Rollbänder enthielten; heute findet man meist Matrixanzeigen hinter Front-, Seiten- und Heckscheiben. Neuere Fahrzeuge sind auch im Innenraum mit Fahrgastinformationssystemen ausgestattet. Die Seitenbleche der Fahrzeuge sind häufig mit Werbung beklebt, um den Betreibern zusätzliche Einnahmen zu sichern. Es heißt allerdings, dass diese Praxis für den Ruf der Stadtbusse unter den Fahrgästen wenig förderlich sei, daher wurde sie in den letzten Jahren von vielen Verkehrsunternehmen aufgegeben. Andere beschritten den entgegengesetzen Weg und hüllten ihre Busse in Vollwerbung ein, bei der auch die Scheiben beklebt werden - allerdings behindert die dafür verwendete Lochfolie die Sicht der Fahrgäste nach draußen. Äußerlich ähneln derart beklebte Busse eher einer Getränkedose; ein Einblick um beispielsweise das Platzangebot im Bus vorherzusehen, ist nicht möglich (auch den Platz für einen Rollstuhl, Fahrrad).
Anbieter und Marktsituation
Hersteller
Der deutsche Markt wird von den deutschen Herstellern Mercedes-Benz und MAN dominiert, wobei Mercedes seit vielen Jahren Marktführer ist. Nummer drei ist Neoplan. Unter den Importeuren konnte in den letzten Jahren der polnische Hersteller Solaris einige Erfolge erringen. Bei Midibussen sind nach dem Ausstieg von Mercedes die wichtigsten Anbieter Göppel und Neoplan.
Die wichtigsten nicht mehr existierenden Hersteller waren Büssing (von MAN übernommen) und Magirus-Deutz (von IVECO übernommen, später geschlossen).
Modelle
Die wichtigsten Modelle am Markt sind zur Zeit (in Reihenfolge der Verbreitung):
- Mercedes-Benz Citaro (Niederflur) und Citaro LE (Tiefeinstieg)
- MAN Lion's City (Niederflur), Lion's City T (Tiefeinstieg) und Lion's Classic (Hochflur)
- Neoplan Centroliner (Niederflur, Midi und Doppeldecker) und Centroliner Evolution (Niederflur, Solo- und Gelenkbus)
- Solaris Urbino II, Urbino III (beide Niederflur) und Urbino LE (Tiefeinstieg)
- Volvo 7700 (Niederflur)
- Scania OmniCity (Niederflur) und OmniLink (Tiefeinstieg)
Ein Beispiel: Das Erfolgsmodell Mercedes-Benz O 405
Der O405 von Mercedes war und ist einer der am meisten eingesetzten Busse in Deutschland, man kann ihn den Bus der 80er und 90er Jahre nennen. Von ihm wurde mehrere Versionen produziert, darunter Gelenk- und Niederflurausführungen.