Als Tortenwurf bezeichnet man den Wurf einer Torte ins Gesicht eines Menschen, meist zur Erzielung von Lachern beim Publikum. Hierbei ist zwischen einem in Slapstick-Komödien verwendeten so genannten Tortengag und einem politischen Tortenattentat bzw. einer Tortung zu unterscheiden.
Tortenwürfe in der Unterhaltungsbranche: Tortengag, Tortenschlacht
Tortenwürfe in Gesichter wurden von der frühen Stummfilmzeit bis weit in die Epoche des Tonfilms hinein als regelmäßiges und damals auch zuverlässig effektives Element filmischen Slapsticks eingesetzt, unter anderen in den Werken der Marx-Brothers, von Stan Laurel und Oliver Hardy sowie später auch von Jerry Lewis. Auch im Varieté des 19. Jahrhunderts waren gelegentlich Torten geworfen worden. Im Lauf der Jahre wurde dieses Motiv so stark beansprucht, dass Rezipienten den Tortenwurf als klischeeartiges Stilmittel juvenilen Brachialhumors wahrzunehmen lernten; seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ziehen Filmemacher Tortenwürfe daher praktisch nur noch als Hommage oder als eine Art ironisches Bekenntnis zur eigenen künstlerischen Anspruchslosigkeit heran (Spielfilm The Nutty Nut mit Stephen Kearney).
Eine detaillierte Anleitung mit allerlei Varianten wird von der britischen Komikertruppe Monty Python im Film Monty Python Live at the Hollywood Bowl plastisch vorgetragen.
Werfen eine größere Anzahl an Leuten gleichzeitig mit Torten, so nennt man das eine Tortenschlacht. Der Film Das große Rennen rund um die Welt enthält die größte Tortenschlacht, die jemals gedreht wurde.
In Zeiten von traschigem Bourlevardjournalismus like BiZZ und Co. bewerfen sich nicht mehr die Protagonisten mit Torten. Die Tortung betrifft die Akteure selbst und wird in Medien wie Youtube abgefeiert.
Tortenwürfe als politische Ausdrucksform: Tortenattentat, Tortung
Unter Tortenattentat oder Tortung versteht man einen Akt handgreiflicher Aktionskunst, Kommunikationsguerilla oder handgreiflichen politischen Protests, bei dem eine Person öffentlichen Lebens im öffentlichen Raum mit einer Torte beworfen wird oder diese ins Gesicht gedrückt bekommt. Tortenwürfe als Mittel der Bloßstellung von Menschen, die vom jeweiligen Tortenwerfer als abgehoben oder ignorant empfunden werden, sind bereits für die 1960er dokumentiert und scheinen seit damals kontinuierlich zunehmender Beliebtheit zu erfreuen. Das Wort „Tortung“ selbst ist hauptsächlich in Österreich gebräuchlich. Die meisten anderen Länder und Sprachen haben kein eigenes Wort für diese Ausdrucksform etabliert, die französische Sprache allerdings kennt die Begriffe „entarteur“ und „entartiste“ für den Urheber einer Tortung.
Für Deutschland ist die Torte als politisches Kampfmittel bis zum Jahr 1968 zurück verfolgbar. Damals wollten Fritz Teufel und seine Kommilitonen ein Café besuchen, dessen Besitzer diese jedoch nicht als Gäste haben wollte. Er rief die Polizei, die Bedrängten verteidigten sich mit der reichlichen Auslage des Cafébesitzers, die aus zahlreichen Torten bestand. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) erinnerte in folgenden Jahren an die Tortenschlacht von Hannover.
Der erste einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewordene politisch motivierte Tortenwurf war der des belgischen Komikers Noël Godin gegen die französische Schriftstellerin und Filmregisseurin Marguerite Duras 1969. Der Medienerfolg seiner Aktion ermutigte Godin dazu, die Tortung zu seinem künstlerischen Markenzeichen machen. Der bis heute aktive Godin und sein Freundeskreis torteten in den folgenden Jahrzehnten eine Vielzahl von national und international Prominenten. Godins bisher häufigstes Ziel ist der Philosoph und Jetsetter Bernard-Henri Lévy, den er zum Opfer von mittlerweile sechs Tortungen werden ließ. Mit einer Mehrfachtortung des Softwaremagnaten Bill Gates erlangte eine von Godin angeführte Tortergruppe 1998 schließlich selbst internationale Bekanntheit. Godin tritt bei seinen Aktionen gelegentlich unter dem Pseudonym „Georges Le Gloupier“ auf; seine Mitarbeiter bezeichnen sich als die „Pâtissiers sans frontières“. In Form von Gruppierungen wie „Al Pieda“, die „Biotic Baking Brigade“ oder „Les Entartistes“ fand Godin Nachahmer in mehreren Ländern.
Opfer politischer Tortenwürfe
- Walter Baier, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Österreichs. Er wurde am 20. November 2004 auf einer Arbeitstagung seiner Partei getortet. Motiv für diese Aktion war der Verkauf des Ernst-Kirchweger-Hauses, einer von verschiedenen linken Initiativen genutzten Parteiimmobilie, an eine von diesen Initiativen als rechtsradikal gesehene Immobiliengesellschaft. Die Tortung zog keine Berichterstattung in reichweitenstarken Medien nach sich.
- Maurice Bejart, Choreograf
- Willie Brown, Bürgermeister von San Francisco
- Patrick Bruel, Sänger und Schauspieler
- Carl XVI. Gustaf, König von Schweden
- Rudi Carrell, Entertainer
- Jean Charest, kanadischer Politiker
- Jean-Pierre Chevènement - durch Noël Godin
- Jean Chrétien, Premierminister
- Bill Clinton - durch Noël Godin
- Daniel Cohn-Bendit – wurde 1998 durch französische CNT Aktivisten „getortet“
- Stéphane Dion, Umweltminister
- Jörg Dräger – wurde als Hamburger Wissenschaftssenator 2004 aus Protest gegen die Einführung von Studiengebühren an der Uni Hamburg „getortet“
- Marguerite Duras, Schriftstellerin und Regisseurin
- Pim Fortuyn – wurde von niederländischen Antirassisten während des Wahlkampfes 2002 durch vier mit Kot gefüllten Torten „getortet“
- Milton Friedman, Ökonom
- Peter Gaethgens – wurde als Präsident der Hochschulrektorenkonferenz aus Protest gegen die Einführung von Studiengebühren 2005 an der Uni Tübingen „getortet“
- Bill Gates - durch Noël Godin
- Jean-Luc Godard, Filmemacher
- Hilmar Kabas, Obmann der Wiener Freiheitlichen. Kabas wurde am 18. April 2000 während eines live übertragenen Fernsehinterviews im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung in Favoriten getortet. Allgemeiner Auffassung zufolge sollte die Kabas' Tortung Protest gegen seine von politischen Gegnern als fremdenfeindlich empfundene Politik ausdrücken. Der Urheber der Tortung bestätigte diese Auffassung einige Tage später in einem Zeitungsinterview und gab darüber hinaus an, aus einem spontanen Impuls heraus gehandelt zu haben.
- Ralph Klein, Premier von Alberta
- Mickey Kodak, der Wiener Ragga/Dancehall-DJ wurde auf einer von ihm selbst veranstalteten Party während seines DJ-Sets getortet. Grund waren mehrere gegen Homosexuelle gerichtete Aussagen auf Werbeflugzetteln für seine Veranstaltungen.
- Helmut Kohl, deutscher Bundeskanzler
- Bernard-Henri Lévy, Philosoph – wurde bereits siebenmal durch Noël Godin „getortet“
- Paul Martin, Premierminister
- Ueli Maurer, Präsident der Schweizerischen Volkspartei
- Edward Mountbatten-Windsor britischer Aristokrat
- Daniel Patrick Moynihan, US-amerikanischer Minister und Senator
- Pierre Pettygrew, Außenminister
- Patrick Poivre d'Arvor, Fernsehmoderator
- Allan Rock, Justizminister
- Ségolène Royal, französische Politikerin, potentielle Präsidentschaftskandidatin für 2007
- Nicolas Sarkozy, französischer Innenminister
- Sylvester Stallone, Schauspieler
- Bernhard Vogel – sprach 2001 als Ministerpräsident von Thüringen in den Räumen der „Landsmannschaft Rhenania“, er wurde von Antifaschisten „getortet“
- Georg Winckler, Rektor der Universität Wien. Winckler wurde am 20. Januar 2004 während einer Podiumsdiskussion zum Thema Bildungspolitik getortet. Als Hintergrund dieser Handlung wird eine Kontroverse zwischen Winckler und lokalen Funktionären der Österreichischen Hochschülerschaft vermutet. Winckler hatte eine neutrale bis vorsichtig positive Haltung zu den von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer geplanten Universitätsreformen eingenommen und die Studentenvertretung seiner Universität zu entsprechenden Gesprächen eingeladen; die Studentenvertretung, die die Gehrers Vorhaben als indiskutabel ablehnte, hatte Winckler für seine Haltung unter anderem als „autoritär“, „demokratiefeindlich“ und „korrupt“ bezeichnet, ihm verschiedene „Ultimaten“ gestellt und eine Besetzung des Rektorats organisiert. Die Tortung verursachte beträchtlichen medialen Widerhall. Während die Aktion von einer Mehrheit der Studenten als kontraproduktiv empfunden worden sein dürfte, wurde sie von der Studentenvertretung in einer Reihe von folgenden Presseaussendungen nicht ausdrücklich abgelehnt; dieser Aufassungsunterschied trug nach Ansicht mancher Kommentatoren zur seit Jahrzehnten sukzessive zunehmenden Entfremdung zwischen Hochschülerschaft und Hochschülern bei. Winckler selbst nahm die Tortung mit Humor auf. In der gleichen Veranstaltung wurde auch der einflussreiche Sektionschef des Bundesministeriums, Sigurd Höllinger getortet.
- Gerrit Zalm, Finanzminister
- Sebastinan Höffner Bizz Moderator Die Tortung richtet sich gegen Boulevardjournalismus in jeglicher Form, der nicht pressegesetzkonform durchgeführt wird.
Sonderform Puddingattentat
Das „Puddingattentat“ konnte sich im Gegensatz zum Tortenattentat nicht durchsetzen. Bereits 1967 planten Berliner Studenten ein Puddingattentat gegen den US-Vizepräsidenten Humphrey, dieses konnte von der Polizei verhindert werden. Als einzig erfolgreich durchgeführtes Puddingattentat ist der „Anschlag“ auf den Alt-68er Bernd Rabehl bekannt, dieser wurde 1999 von Studenten wegen seiner rechten Ansichten und Äußerungen mit Pudding attackiert.