Einkommensteuer (Deutschland)

Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen
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Die Einkommensteuer (Abkürzung: ESt) ist eine Steuer, die auf das Einkommen natürlicher Personen (also auch Bürger mit einer anderen Staatsbürgerschaft), die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben oder auch deutsche Staatsbürger (die im Ausland leben), erhoben wird. Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen. Die Rechtsgrundlage befindet sich im Einkommensteuergesetz (EStG).

In der Einkommenssteuer bleibt das Existenzminimum steuerfrei. Nur das über dem Existenzminimum liegende Einkommen wird versteuert.

Die Einkommenssteuer setzt als Ausgleichsinstrument stark zeitverzögert an. Nach dem Einkommensvorfall verstreicht meist ein bis zwei Jahre bis der Staat die Steuern der Steuerpflichtigen erhält. Die Übersicht über Einkommens- und Vermögensverteilung in der Gesellschaft durch aufgearbeitete Statistiken Statistisches Bundesamt ist also nur nach einer Periode von mindestens drei Jahren möglich. Im Jahr 2003, der Hart-IV Gesetzgebung, waren die neuesten Einkommensteuerstatistiken aus dem Jahr 1995. Die neusten Statistiken liegen derzeit für das Jahr 2001 vor.

Erhebungsformen der Einkommensteuer sind die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer (im Volksmund: Zinsabschlag), die Bauabzugsteuer, die Aufsichtsratsteuer. Sie werden auch als „Quellensteuern" bezeichnet, da sie direkt an der Quelle abgezogen werden.

Eine ebenfalls zugelassenene, sprachlich korrektere Schreibweise ist Einkommenssteuer mit Fugen-s, die in der offiziellen Recht(s)sprache jedoch nicht verwendet wird.

Einkommensteuer in Deutschland

Geschichte

Die kirchlichen Personalzehnten, (decimae personales) des Mittelalters waren erste Ansätze zur Personalbesteuerung. Im 17. Jahrhundert kam der preußische Kopfschoß. Die erste deutsche Einkommensteuer moderner Art wurde 1811 bis 1813 in Ostpreußen erhoben. Sie war schon 1808 von Freiherr vom Stein in Anlehnung an die englische income tax von 1799 ursprünglich als Kriegsabgabe empfohlen worden. 1820 führte Preußen unter Karl August Fürst von Hardenberg eine Klassensteuer ein. Die Steuerstaffelung orientierte sich dabei nach der Gruppierung der Stände. Diese Steuer wurde 1851 für die höheren Einkommen von einer klassifizierten Einkommensteuer abgelöst und 1891 unter Finanzminister Miquel durch eine Einheits-Einkommensteuer mit Erklärungspflicht und Progression ersetzt. Diesem Vorbild folgten bis zum Ersten Weltkrieg alle deutschen Bundesstaaten, nachdem Hessen bereits im Jahr 1869 und Sachsen schon 1874 zu einer allgemeinen Einkommensteuer übergegangen waren. Im Zuge der Finanzreform von Matthias Erzberger zu Beginn der Weimarer Republik entstand 1920 eine einheitliche Reichseinkommensteuer.

Seit Beginn der neunziger Jahren sind erhebliche Umbaumassnahmen im Einkommenssteuerrecht vorgenommen worden. Betroffen waren Kapitalerträge aus Vermögenseinkommen, die der Steuerbürger aufgrund des Bankengeheimnisses in den Achtzigern nicht angeben brauchte. Seit der Einführung der Quellensteuer kann der Steuerpflichtige nicht mehr der Einkommenssteuer durch Nichtangabe von Vermögenseinkommen entweichen. Eine weitere Umbaumassnahme lag in der Zusammenführung von Existenzminimum und der sozialen Mindestsicherung bei Sozialhilfe, Arbeitslosigkeit oder Minderverdiensten bei Selbständigen und Arbeitnehmern.

Viele geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer und Selbständige hatten ein Gesamteinkommen, das trotz Arbeitstätigkeit kaum höher, manchmal sogar geringer, als das von Sozialhilfeempfängern war. Dies wurde in der Bevölkerung als ungerecht empfunden, so dass die Hartz IV- Gesetze im Bundestag verabschiedet wurden. Eine größere Gerechtigkeit in den Fragen existentieller Mindestsicherung und Besteuerung von Arbeitseinkommen und familiäre Sicherheit ist auch Thema der gegenwärtigen Grundeinkommensdiskussion.

Aktuelle Rechtslage

Die zu zahlende Einkommensteuer ergibt sich durch Anwendung des Steuertarifs auf das zu versteuernde Einkommen. Zuständig für Festsetzung und Erhebung der Einkommensteuer ist nach § 19 Abgabenordnung regelmäßig das Finanzamt, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Welche Gebietskörperschaft Anspruch auf die vereinnahmten Steuern erheben kann, regelt das Zerlegungsgesetz.

Das zu versteuernde Einkommen wird wie folgt ermittelt:

 
Einkommensteuer-Veranlagung
Ermittlung der Einkünfte für das Jahr 2005 aus den Einkunftsarten (§ 2 I EStG)
1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft   [§13 - 14a EStG]
2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb              [§15 - 17  EStG]
3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit        [§18       EStG]	
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit   [§19 - 19a EStG]
5. Einkünfte aus Kapitalvermögen             [§20       EStG]
6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung  [§21 - 21a EStG]	
7. Sonstige Einkünfte                        [§22 - 23  EStG]
= Zwischensumme
+ Hinzurechnungsbetrag
./. ausgleichsfähige negative Summe der Einkünfte
= Zwischensumme 	 

= Summe der Einkünfte

./.  Altersentlastungsbetrag für vor dem 2. Januar 1941 Geborene (§ 24a EStG)
./.  Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, 1.308 €	
./.  Freibetrag für Land- und Forstwirte, 670 € / 1.340 €

= Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE)

./.  Verlustabzug (Höchstbetrag beachten!)
./.  Sonderausgaben, die nicht Vorsorgeaufwendungen sind
./.  Vorsorgeaufwendungen, einschließl. Altersvorsorge
./.  Freiwillige zusätzliche Altersvorsorge
./.  Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art
./.  zumutbare Belastung von ...... % des GdE	./.
./.  Unterhalt an bedürftige Personen
./.  Ausbildungsfreibetrag
./.  Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt
./.  Behindertenpauschbetrag
./.  Hinterbliebenen-Pauschbetrag
./.  Pflege-Pauschbetrag
./.  Kinderbetreuungskosten
./.  Abzugsbetrag für Förderung des Wohneigentums
+ hinzuzurechnende Einkünfte nach Außensteuergesetz

= Einkommen

./.  Freibeträge für ..... Kinder, je Kind 3.648 + 2.160 €
./.  Härteausgleich

= Zu versteuerndes Einkommen 2005

Jahressteuer nach Grund-/Splittingtabelle - siehe auch Einkommensteuertarif
+ Jahressteuer nach Sonderberechnung
./.  Steuerermäßigungen
+   Hinzurechnungen

= Festzusetzende Jahressteuer 2005

./.  geleistete Vorauszahlungen
./.  anzurechnende Kapitalertragsteuer
./.  anzurechnende Lohnsteuer

= Einkommensteuernachzahlung/-erstattung für 2005

Kassenmäßiges Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer 1991-2004 Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
Jahr Veranlagte ESt in Mrd. € in % vom Gesamtsteueraufkommen
1991 21,2 6,3%
1995 7,2 1,7%
2000 12,2 2,6%
2001 8,8 2,0%
2002 7,5 1,7%
2003 4,6 1,0%
2004 5,4 1,2%
Kassenmäßige Steuereinnahmen der veranlagten Einkommensteuer & Lohnsteuer 1987-2003 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Jahr Lohnsteuer & Veranlagte ESt in Mrd. € in % vom Gesamtsteueraufkommen
1987 99,636 41,58%
1991 130,741 39,48%
1995 151,699 36,44%
2000 179,374 35,70%
2001 173,400 35,85%
2002 174,314 36,36%
2003 172,036 35,87%

Ermittlung

Bei der Ermittlung der individuellen Einkommensteuer wird in Deutschland versucht das Gerechtigkeitsprinzip zu waren. Es soll horizontale Gerechtigkeit gewahrt werden, das heißt gleiches Einkommen, soll zu gleicher Steuerlast führen, ebenso soll vertikale Gerechtigkeit gewahrt werden, das heißt je höher die relative Leistungsfähigkeit, desto höher die Steuerlast.

Um dieses zu erreichen bedient man sich der linearen Progression (auch: indirekte Progression). Das heißt, mit steigendem Einkommen steigt auch der Steuersatz, der Steuersatz steigt aber konstant.

Mathematisch kann dies wie folgt definiert werden:

Ist S der Steuerbetrag und B die Bemessungsgrundlage (das der Rechnung zu Grunde liegende Einkommen), so ergibt sich der Steuerbetrag als Funktion in Abhängigkeit von B

 

Das Verhältnis von S zu B ergibt den Steuersatz s.

 

Der Steuersatz s steigt nun mit steigendem Einkommen. Seine erste Ableitung, der Grenzsteuersatz (s') ist also positiv (s'>0)

  beziehungsweise  

Der Anstieg des Steuersatzes ist dabei jedoch konstant, das heißt es ist egal, ob das Einkommen von 10.000 auf 15.000 ansteigt oder, ob es von 20.000 auf 30.000 ansteigt. Die zweite Ableitung (s'') ist also gleich Null (s''=0).

 

Die Einkommensteuer–Funktion kann in Deutschland in vier Zonen getrennt werden:

  1. Grundfreibetrag: Ein Einkommen von 7.664 € pro Jahr bleibt steuerfrei; es wird nur jeder zusätzliche € versteuert.
  2. Zone der ersten linearen Progression: Hier gelten die oben definierten mathematischen Regeln.
  3. Zone der zweiten linearen Progression. Wie 2., jedoch ist hier der Grenzsteuersatz (s') größer als bei 2.
  4. Spitzensteuersatz: Ab einem Jahreseinkommen von ≥ 52.052 € zahlt man den Spitzensteuersatz von (derzeit) 42%.

Dabei ist anzumerken, dass jeder, also auch die Spitzenverdiener, die 52.052 € oder mehr verdienen, Anspruch auf die Grundentlastung hat. Das heißt es wird nicht jeder € mit 42% besteuert, sondern nur jeder € über einem Jahreseinkommen von 52.051€. Darunter wird jeder € so besteuert, als wäre das Einkommen nur so hoch. Das heißt der 49.000te € wird besteuert, als wäre das Einkommen 49.000 € hoch, der 30.000te € wird versteuert, als wäre das Gehalt nur 30.000 € hoch, ..., der 7.664te € wird mit dem Eingangsteuersatz von 15% besteuert und jeder € unter 7664€ wird gar nicht besteuert (Grundfreibetrag -> siehe 1.). Das durch diese Vorgehensweise gesparte Geld, nennt man Grundentlastung, sie kann durch das Ehegattensplitting im Idealfall verdoppelt werden. Siehe Hauptartikel: Ehegattensplitting

Kritik

Das deutsche Einkommensteuerrecht steht seit Jahren in der Kritik: zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen führen zu Intransparenz. Ein wichtiger Eckpunkt aller Einkommensteuerreform-Konzepte ist die Steuervereinfachung. Ausnahmen und Sonderregelungen sollen eingeschränkt und abgeschafft werden, um mit den dadurch freiwerdenden Mitteln die Steuersätze zu senken, was allerdings nicht ohne Weiteres bedeutet, dass die Einkommensteuer dadurch allgemein sinken muss. Vielmehr soll diese Vereinfachung zwar zu mehr Transparenz, aber auch zu mehr Einnahmen führen, die von der Mehrheit der Steuerzahler getragen werden.

Zitate

  • Am schwierigsten zu verstehen ist in der Welt die Einkommensteuer. (Albert Einstein)

Siehe auch

Einkommensteuererklärung, Lohnsteuerklasse, Negative Einkommensteuer, Schwarzarbeit, Leistungsfähigkeitsprinzip, Steuerhinterziehung, Bierdeckelsteuer

Deutschland

Österreich

Schweiz