Kurt Gerron

deutscher Schauspieler, Regisseur und Sänger (1897-1944)
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Kurt Gerron (eigentl. Gerson) (* 11. Mai 1897 in Berlin; † 15. November 1944 in Auschwitz) war ein deutscher Schauspieler und Regisseur.

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Kurt Gerron als Schauspieler im Film Kurt Gerron's Karussell (1923)

Leben

Die Anfänge: Theater, Stummfilm, Kabarett

Kurt Gerron war durch die Uraufführung von Bert Brechts und Kurt Weills Sensationserfolg „Die Dreigroschenoper” (1928) berühmt geworden. Er spielte den Moritatensänger, der „Die Moritat von Mackie Messer” sang, sowie die Rolle des Polizeichefs Tiger Brown.

Große Erfolge: Der Tonfilm

Rolle des Zauberkünstlers in Der blaue Engel 1930.

Flucht und Exil

Mit seiner Frau und seinen Eltern floh Gerron nach Paris, von da über Österreich und Italien nach Amsterdam. Nach der Besetzung der Niederlande spielte Gerron noch eine Weile an der "Schouwburg", die nun "Joodsche Schouwburg" hieß, bis das gesamte Ensemble in das KZ Theresienstadt deportiert wurde.

1941 fielen er und seine Familie der Gestapo in die Hände. Sie wurden in das holländische Durchgangslager „Westernbork”, später ebenfalls nach Theresienstadt deportiert.

Gerrons Freund Peter Lorre hatte noch versucht, ihn rechtzeitig nach Hollywood zu holen. Doch Gerron lehnte ab, wohl, weil ihm die deutsche Sprache zum Arbeiten notwendiges Handwerkzeug war. Er hoffte wohl auch auf den Umschwung in Deutschland, wie viele der in die lediglich benachbarten Niederlande emigrierten Juden.

Das Ende: Theresienstadt

In Theresienstadt erkannte ein SS-Mann Gerron, der in einem Nazi-Propagandastreifen durch Ausschnitte aus seinen Filmrollen als Prototyp des "minderwertigen Juden" vorgeführt worden war, und schlug den ihm arglos Entgegentretenden brutal zusammen. Gerron erholte sich wieder und spielte zunächst für das Ghetto-Kabarett von Theresienstadt, welches wie auch andere Einrichtungen geschaffen wurde, um den erwarteten Besuchern vom Roten Kreuz ein "Musterlager" vorzeigen zu können und die Weltöffentlichkeit über die wahre Situation der Juden hinwegzutäuschen. Als dieses perfide Spiel geklappt hatte, wurde Gerron gezwungen, an der Inszenierung des Filmes Theresienstadt mitzuwirken, der schließlich während des Krieges nicht mehr zur Ausstrahlung kommen sollte und später als „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ bekannt wurde.

Einige Überlebende kreideten Gerron seine Mitwirkung an diesem Machwerk an, andere, vor allem solche, die er durch Besetzung für den Film vor der Deportation nach Auschwitz zu retten suchte, zeigten Verständnis für seine Pseudo-Kollaboration. Gerron selbst schien geglaubt zu haben, dass ihn die Mitwirkung an dem Film vor der Vernichtung durch die Nazis bewahren könnte. Er wurde jedoch noch vor Abschluss der Dreharbeiten nach Auschwitz deportiert, wo er bereits am Tage seines Eintreffens von Mithäftlingen erschlagen wurde.

Filmografie

Als Mitwirkender

Stummfilme

Tonfilme

Als Regisseur

  • Der Liebe Lust und Leid (Uraufführung: Oktober 1926)
  • Der Stumme von Portici (Uraufführung: 13. Mai 1931)
  • Meine Frau, die Hochstaplerin (Uraufführung: 18. September 1931)
  • Es wird schon wieder besser (Uraufführung: 6. Februar 1932)
  • Ein toller Einfall (Uraufführung: 14. Mai 1932)
  • Der weiße Dämon (Uraufführung: 19. November 1932)
  • Heut' kommt's drauf an (Uraufführung: 17. März 1933)
  • Kind, ich freu' mich auf dein kommen (beendet durch Erich von Neusser; Uraufführung: 26. Juni 1933)
  • Une femme au volant (Frankreich 1933)
  • Incognito (Frankreich 1933)
  • Bretter, die die Welt bedeuten (Österreich; Uraufführung: 1. Februar 1935)
  • Het mysterie van de Mondscheinsonate (Niederlande; Uraufführung: 7. November 1935)
  • Merijntje Gijzen's jeugd (Niederlande; Uraufführung: 17. September 1936)
  • Eeen dag bij de A.V.R.O. (Dokumentarfilm; Niederlande 1936)
  • Drie wenschen (Niederlande; Uraufführung: 9. Dezember 1937)
  • Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet (Beteiligung bis zum Abtransport nach Auschwitz, dort ermordet am 15. November 1944)

Siehe auch

Dokumentarfilm

  • Kurt Gerron - Gefangen im Paradies/Prisoner of paradise von Malcolm Clarke und Stuart Sender, USA, 2002. Äußerst negative Bewertung: [1]
  • "Kurt Gerrons Karussell" von Ilona Ziok D. 1998 mit Ben Becker, Ute Lemper, Max Raab, Roy Kift usw.

Fortwirken

Viktor Rotthaler bezeichnet Gerron (neben Fritz Grünbaum) als einen jüdischen Künstler, dem Dani Levy in Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler ein Denkmal gesetzt hat: Er bekommt in Levys Phantasie noch eine kleine Gnadenfrist. Den Trainingsanzug, den Gerron in Theresienstadt getragen hat, trägt nun Hitler höchstpersönlich. Es wird Gerron sein, der Grünbaum ... bestätigen wird, dass das Lager Sachsenhausen, wie von Grünbaum gewünscht, aufgelöst wurde. Mit vorgehaltener Pistole wird man ihn zu dieser letzten großen Lüge seines Lebens zwingen.

Literatur

  • Karl Prümm; Barbara Felsmann: Kurt Gerron (1897-1944) Gefeiert und gejagt. Das Schicksal eines deutschen Unterhaltungskünstlers. Berlin 1992
  • Zaich, Katja B. ”Ein Emigrant erschiene uns sehr unerwünscht.” K.G. als Filmregisseur, Schauspieler und Cabaretier in den Niederlanden In: Exilforschung – Ein internationales Jahrbuch. Hg. Claus-Dieter Krohn, Lutz Winckler, Irmtrud Wojak, Wulf Koepke, Band 21: Film und Fotografie. Text & Kritik, München 2003 ISBN 3883777463