Planwirtschaft beschreibt ein Wirtschaftssystem, bei der nach Analyse der bestehenden und zu erwartenden Bedürfnisse der Wirtschaftseinheit innerhalb der Planungsperiode eine voraus geplante Bereitstellung der erforderlichen Wirtschaftsgüter zur Deckung der Bedürfnisse erfolgt. Damit steht die Planwirtschaft im Gegensatz zu Wirtschaftsarten, die sich auf der zufälligen oder durch die Mechanismen des Marktes regulierten Güterproduktion und -verteilung begründen. Planwirtschaftliche Elemente finden sich in vielen Wirtschaftsordnungen, insbesondere in der Zentralverwaltungswirtschaft, wobei beide Begriffe fälschlich oft synonym verwendet werden. So wird Planwirtschaft für die Zentralverwaltungswirtschaft der ehemaligen UdSSR und anderer Staaten des Realsozialismus verwendet. Planwirtschaft beschränkt sich nicht nur auf Staaten; auch kleinere Wirtschafteinheiten wie Kommunen, Unternehmen und andere Gemeinschaften nutzen eine planwirtschaftliche Güterverteilung. Bereits in einfachen Subsistenzwirtschaften wird anhand des Nahrungsbedarfs während eines Erntezyklus die erforderliche Aussaat planwirtschaftlich festgelegt.
Theoretische Grundlagen
Die Planwirtschaft basiert auf dem Effizienzvorteil funktionierender Planung. Dies bedeutet, dass durch Bedarfplanung nur Güter in der jeweils erforderlichen Menge erzeugt werden, wie sie zur Deckung von Bedürfnissen benötigt werden. Die Verwendung von Ressourcen für nicht benötigte, also überflüssige Güter kann so vermieden werden, vorausgesetzt, die Menge der benötigten Güter ist im voraus kalkulierbar und wird im Planungszeitraum nicht verändert. Die Planung kann jedoch aufgrund der Knappheit der Güter nur eine optimal mögliche, aber keine vollständige Deckung aller Bedürfnisse ermöglichen. Der Effizienzvorteil funktionierender Planung diente z.B. Platon in dessen Staatsentwürfen, Thomas Morus alias Thomas More in dessen Utopia, Jean-Jacques Rousseau in seinen auf einem Gesellschaftsvertrag basierenden Staatsentwürfen oder Karl Marx bei seinen Entwürfen einer kommunistischen Gesellschaft als Ausgangspunkt für die Forderung nach einer planwirtschaftlichen Organisation auch größerer Gesellschaften, ganzer Staaten oder gar der Weltgesellschaft als Ganzes. Die Vorausplanung des gemeinsamen Bedarf, der Produktion sowie die Organisation und Aufteilung sollte entweder (z. B. bei Karl Marx) ein gemeinsamer Akt aller Gesellschaftsteilnehmer oder aber (bei Platon) die Aufgabe staatlicher Institutionen bzw. speziell verantwortlicher Personen sein.
Staatsform
Die Planwirtschaft ist nicht an eine Staatsform gebunden, jedoch begünstigen einzelne Staatsformen die Wahl der Planwirtschaft als gemeinschaftliche Wirtschaftsordnung, sowie die Ausprägung in eine zentrale oder dezentrale Planwirtschaft. Vorteilhaft für die Planwirtschaft sind Gemeinschaften, in denen ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen den Mitgliedern über die wirtschaftliche und politische Entwicklung besteht und in welcher der Lebensstandard weitgehend identisch ist. Da eine genaue Bedarfsplanung die umfassende Einbeziehung aller Gesellschaftsmitglieder bedingt, sind Staaten einer Direkte Demokratie bzw. des Kommunismus gegenüber Staaten mit zentraler Entscheidungsgewalt wie gegenüber monarchistischen, sozialistischen oder Staaten einer repräsentativen Demokratie bevorteilt. Die Existenz einer einflussreichen Autorität steigert zwar das Auftreten der Planwirtschaft, jedoch entstehen größere Fehler bei der Bedarfsplanung.
Wirtschaftssystem
Mit steigender Regulierung des Wirtschaftssystems durch einen Staat verbessern sich die Voraussetzungen für die Planwirtschaft. Problematisch ist deshalb die Abgrenzung zur Marktwirtschaft, da in allen Staaten mit marktwirtschaftlicher Wirtschaftsordnung Elemente der Planwirtschaft bestehen, welche die Mechanismen des Marktes außer Kraft setzen, so dass keine „reine“ Marktwirtschaft existiert - in den EU-Staaten z.B. in Form von Subventionen für Landwirtschaft und Bergbau. So sind zwar Wirtschaftsordnungen wie Anarchokapitalismus und Liberalismus/Neoliberalismus weitgehend planwirtschaftsfrei, jedoch bestehenden je nach vorhandener Staatsquote bereits Ansätze. Die Wirtschaftsordnung des Merkantilismus stellt eine Mischform aus beiden Wirtschaftsystemen dar.
Wirtschaftliche Entwicklung
Eine besonders niedrige Entwicklungsstufe (s.h.Entwicklungsländer) begünstigt die Planwirtschaft, da wenige unterschiedliche Güter (z. B. Nahrung, Möbel, Kleidung) zuerst benötigt werden. Durch effiziente Planung können diese unabhängig von Schwankungen des Marktes angeboten werden. Da wenige unterschiedliche Güter produziert werden, erleichtert eine geringe Zahl an Einflussgrößen die Planung. Der Mangel an komplexen Gütern ist unerheblich, da vorrangig Grundbedürfnisse zu sichern sind. Bei einer besonders hohen wirtschaftlichen Entwicklungsstufe einer Gesellschaft kann die Planwirtschaft aufgrund der geringen Knappheit der Gütern eine gerechte Verteilung sichern. Künstliche Verknappungen durch marktwirtschaftliches Handeln einzelner Wirtschaftssubjekte wird vermieden.
Die Planwirtschaft benötigt nicht zwingend Wertaufbewahrungsmittel zum Beispiel in Form von Geld, da keine zwingende Notwendigkeit für einen Tausch von Gütern besteht. Die Verteilung von Gütern kann allein durch eine planmäßige Zuteilung erfolgen oder durch die freie Nutzung der Güter. Da eine Planwirtschaft für den Import und Export von Gütern mit dem Ausland auf prognostizierbare Mengen angewiesen ist, beeinflussen marktwirtschaftliche Störungen wie Spekulationen mit Gütern die Planwirtschaft negativ. Ein Außenhandel mit ebenfalls planwirtschaftlich organisierten Ländern zu konstanten Mengenfestlegungen ist günstiger. Bei der praktischen Umsetzung der Planwirtschaft wird aus verschiedenen Gründen oft keine optimale Planung erreicht.
Formen der Planwirtschaft
Zentralverwaltungswirtschaft (zentrale Planwirtschaft)
Ein typisches Beispiel für eine zentral verwaltete Wirtschaftsordnung war die Zentralverwaltungswirtschaft der UdSSR und anderer Staaten des so genannten Realsozialismus. Wesentliche Merkmale der Wirtschaft dieser Staaten waren die Verstaatlichung der Produktionsmittel und Firmen, die zentrale Steuerung des Wirtschaftsprozesses, die Festlegung von Preisen und Löhnen und ein stabiles Außenhandelsmonopol. Der Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche befand sich in genossenschaftlichem Besitz, wobei die Landwirtschaft aber genauso der staatlichen Planung unterstand. Obgleich diese Wirtschaftsordnung auf einer sich marxistisch-leninistisch nennenden Ideologie fußte, verwirklichte die Zentralverwaltungswirtschaft in der Realität nicht die von Karl Marx angestrebte gemeinsame Planung mit Beteiligung aller Gesellschaftssubjekte, sondern eine Steuerung durch besondere Funktionäre. Siehe auch Hauptartikel Zentralverwaltungswirtschaft.
Dezentrale Planwirtschaft
In einer dezentralen Planwirtschaft liegt die Verantwortlichkeit für die Bedarfsplanung eigenverantwortlich bei jeder einzelnen Wirtschaftseinheit. Dieser Bedarf wird mit den anderen Wirtschaftseinheiten abgestimmt, die so ihre Produktion festlegen.
Eine solche Vorausplanung von Bedarf und Produktion findet ganz selbstverständlich sowohl in kleinen vorzeitlichen Gesellschaften (Sippen, Dorfgemeinschaften, ...) als auch im Innenverhältnis faktisch jedes Unternehmens statt, wobei letzteres jedoch ein normaler Bestandteil der Marktwirtschaft ist und deshalb nicht als Planwirtschaft im herkömmlichen Sinne bezeichnet wird. Ein Beispiel ist das frühere Marktsozialistische Jugoslavien.
Private Planwirtschaft
Planwirtschaft findet sich prinzipiell in jedem Unternehmen. Mit zunehmender Unternehmensgrösse stehen die wenigen Entscheider vor den gleichen Problemen die aus der staatlichen Planwirtschaft bekannt sind. Sie versuchen die Unkalkulierbarkeit ihres Absatzmarktes mittels verschiedener Maßnahmen kalkulierbar zu machen. Dazu gehören zum Beispiel: Werbung, Konkurrenzbeseitigung, Patente auf Technik und Geschäftsmethoden, Korruption.
Zieldefinition privatwirtschaftlicher Unternehmen ist anders als bei Staatswirtschaften nicht die Bedürfnisbefriedigung sondern die Kapitalmehrung. Da Kapitalmehrung nicht zwingend die Bedürfnisbefriedigung der Menschen voraussetzt, kann es regional und global zu Versorgungsengpässen kommen, wenn nicht eine ausreichende Anzahl von konkurrierenden Wettbewerbern am Markt tätig ist.
Kriegswirtschaft
Im Fall von Konflikten organisieren Staaten ihre Kriegswirtschaft oft planwirtschaftlich, da ein freier Markt für Waffen einen hohen Gleichgewichtspreis bedingt, der hohe Staatsausgaben erfordert bzw. einen Mangel an Waffen erzeugt.
Diskussion
Vorteile aus Sicht der Befürworter
Effizientes Wirtschaften
In der Theorie der Befürworter über die Planwirtschaft wird die Produktion dem ermittelten Bedarf an Gütern (und nicht, wie in der Marktwirtschaft, der Zielsetzung des maximalen Gewinns) angepasst. Vorhandene Produktionsmittel würden theoretisch (aus Sicht der Konsumenten) optimal ausgenutzt. Technische Entwicklungen werden koordiniert, Parallelentwicklungen minimiert. Überproduktion wird vermieden. Jedes Gut befriedigt ein Bedürfnis anstatt die Bedürfnisbefriedigung an das Vorhandensein von Geld zu knüpfen, was im Kapitalismus zu Überproduktion von Waren bei vorhandenen Bedürfnissen aber Geldmangel führt.
Ersparung von Arbeit, Transportarbeit und Energie
Beachtliche Teile der aufgewendeten Arbeit im Kapitalismus sind nur immanent notwendig aber nicht für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse überhaupt. Darunter fällt beispielsweise die Arbeit im Handel (wo nur Kauf und Verkauf vermittelt werden), das Bankgewerbe, Versicherungen, Werbung usw.
Transportarbeit und Energie: In der Marktwirtschaft versuchen z.B. deutsche Produzenten Autos in Japan und japanische Produzenten Autos in Deutschland zu verkaufen. Fast der gesamte kapitalistische Welthandel und alles was damit verbunden ist (Transportarbeit, Transportmittel, Energieverbrauch und Umweltbelastung) existiert nur wegen der Konkurrenz von privaten Unternehmen ist also in der Planwirtschaft überflüssig.
Verlässlichkeit
Durch Vorausplanen ist theoretisch die zur Verfügung stehende Menge eines Gutes in der Zukunft bekannt.
Güterverteilung
Die Verteilung der Güter kann durch Planung festgesetzt werden. Eine Beachtung von einer Vielzahl von Kriterien ist möglich (volkswirtschaftlich, sozial, politisch usw.) Dadurch ist z.B. der gezielte Aufbau von Produktionsmittel oder die Entwicklung einer bestimmten Region bzw. einer Stadt gut steuerbar, aber auch die Bereitstellung von dem Gemeinwohl dienenden Gütern bzw. Gütern des Grundbedarfs.
Nachteile aus Sicht der Kritiker
Mangelnde Flexibilität
Es besteht nur eine geringe Flexibilität, da „in einer solchen Wirtschaft Anweisungen und Planvorgaben der staatlichen Planungsbehörden verbindlich sind und keine oder nur ganz geringe Entscheidungsspielräume bestehen.“[1]
Komplexität
Die wachsende Anzahl Parameter einer Planwirtschaft mit steigender Größe erschweren die Planung. Die Planenden können so nicht über alle Parameter informiert sein und falsche (ineffiziente) Entscheidungen treffen.
Grenzen der Bedarfsplanung
Nicht jeder Bedarf kann bei der Planung erkannt werden, Mangel oder Überschuss des Gutes sind die Folge.
Steuerungsfähigkeit
Nach dem österreichischen Wirtschaftswissenschaftler Ludwig von Mises macht die Planwirtschaft „jegliche Wirtschaftsrechnung“ unmöglich, da es „ohne Privatbesitz an den Produktionsmitteln“ „keine Marktpreise für diese Faktoren geben“ könne. Ohne sie gebe es „keinen Anhalt darauf“, „ob die Verwirklichung eines bestimmten Projekts tatsächlich das materielle Wohlbefinden steigern würde, oder ob sie im Gegenteil die Befriedigung dringenderer Bedürfnisse – d. h. von Bedürfnissen, die vom Verbraucher als dringender angesehen werden – gefährdet, weil sie anderen Bereichen knappe Produktionsfaktoren entzieht.“ Nur die „unermüdliche Erfindungsgabe“ eines Geschäftsmanns und dessen „Hang zu Neuerungen“ hindere „alle Wirtschaftseinheiten daran, in träge bürokratische Routine zu verfallen.“[2]
Marktwirtschaft und Planwirtschaft
Der Marxismus geht von der mechanistischen Annahme aus, dass im Kapitalismus mit der Zeit immer mehr Unternehmen weltweit fusionieren bzw. übernommen werden (Feindliche Übernahme). Schließlich würden diese Übernahmen zu einem einzigen globalen „Weltkonzern“ führen, der zwangsläufig eine marktbeherrschende Stellung einnimmt. Dieser Zustand würde sich auch auf Dauer nicht von Kartellämtern verhindern lassen, weil er sich logisch zwingend aus dem Wettbewerb ergäbe. Das Herausbilden der verschiedenen Unternehmen zu einem einzigen Weltkonzern würde somit schließlich dazu führen, dass sich die Marktwirtschaft selbstständig in eine „kapitalistische Planwirtschaft“ entwickelt.
Quellen
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Das Lexikon der Wirtschaft, Grundlegendes Wissen von A bis Z. Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim, 2004, ISBN 3-89331-503-9.
- ↑ Ludwig von Mises: Die Bürokratie, ISBN 3896653164.