Mumie

Mensch oder Tier, dessen Haut und Organe konserviert wurden
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Als eine Mumie bezeichnet man einen tierischen oder menschlichen Körper, der durch physikalische oder chemische Verhältnisse vor Verwesung geschützt ist und in seiner allgemeinen Form erhaltenen bleibt. Der Prozess der Entstehung einer Mumie wird als Mumifizierung, das Endergebnis als mumifiziert bezeichnet. Damit eine Mumie entstehen kann, muss der natürliche bakterielle Verwesungsvorgang aufgehalten werden. Dies kann durch Sauerstoffmangel, Trockenheit, Kälte oder Chemikalien erreicht werden.

Eine ägyptische Mumie im Britischen Museum, London

Archäologisch ist die Definition von Mumie schwierig, da ursprünglich nur ägyptische Leichen als Mumien bezeichnet wurden. Für einige andere Einzelfunde (z.B. Paracas oder aus der Thule-Kultur) hat sich der Begriff "Mumie" etabliert, doch andere, die ebenfalls mumienähnliche Eigenschaften aufweisen (wie z.B. der Ötzi), fallen nie in diese Kategorie. Der Begriff "Mumie" ist für die archäologische Wissenschaft nicht verbindlich definiert. Meist wird der Begriff in Deutschland vermieden, da er zu sehr mit ägyptischen Funden in Verbindung gebracht wird.

Etymologie

Das Wort Mumie dürfte vom arabischen mumiyah abgeleitet sein, was Bitumen bedeutet. Man glaubte lange Zeit, dass die Ägypter ihre Mumien mittels Bitumen konservierten, doch die schwarze Masse, die man gefunden hatte, waren nur die verwendeten Öle und Harze, die sich im Laufe der Jahrtausende verändert hatten.

Natürliche Mumien

Natürliche Mumien werden erzeugt

  • durch trockene, gut geheizte Räume (wie etwa in der Kapuzinergruft von Palermo),
  • durch Trockenheit des Bodens am Begräbnisort, z. B. in der Sahara (weiße Mumien), in der peruanischen Wüste oder dem Altai-Gebirge,
  • wenn der Leichnam an einem sehr kalten Ort (z. B. Gletscher oder Taiga) begraben ist und gleichsam "eingefroren" wird,
  • durch einen kalten austrocknenden Luftzug, wie im Bleikeller des Doms zu Bremen oder auf dem Großen St. Bernhard,
  • durch mineralische Bestandteile des Bodens (z. B. Alaungehalt),
  • durch feuchte, luftabgeschlossene Bedingungen (Moore),
  • generell durch Luftabschluss.

Künstliche Mumien

Aus Ägypten

Unter den künstlichen Mumien, die durch besondere Präparation mit fäulniswidrigen Stoffen erzeugt werden, sind die ägyptischen Mumien seit alter Zeit berühmt.

Schon Abdul Latif, ein arabischer Reisender des 12. Jahrhunderts, berichtet, dass man die nach Myrrhe duftenden Mumien in Ägypten zu medizinischen Zwecken verkaufe. Noch im 16. Jahrhundert und im Anfang des 17. Jahrhunderts wurde in Europa ein schwungvoller Handel damit betrieben, da sie als ein vorzügliches Heilmittel gegen Brüche, Wunden und Kontusionen galten; selbst Ende des 19. Jahrhunderts sollen in deutschen Apotheken noch vereinzelt Mumien nachgefragt worden sein.

Die Mumien liegen in den ägyptischen Gräbern zum Teil in Sarkophagen oder in Särgen, welche nicht selten die äußere Form einer Mumie haben; namentlich gilt dies von dem innersten Kasten, welcher oft nur aus einer Art von Pappe gemacht ist; sie sind mit einer außerordentlichen Menge von Binden aus Leinwand, dem Byssus der Antike, in seltenen Fällen aus Baumwolle, fest umwickelt, und der Kopf ist mitunter durch einen Hypocephalos gestützt.

In anderen Gräbern, z. B. in thebanischen Volksgräbern, liegen die Mumien uneingesargt in Haufen zu Hunderten und Tausenden. Sie sind lang gestreckt, mit den Händen über der Brust oder über der Schoßgegend gekreuzt oder mit eng an der Seite liegenden Armen, Frauen zuweilen in der Stellung der Venus von Medici.

Zwischen den Beinen oder Händen, seltener in den Achselhöhlen, findet man bei den Vornehmeren religiöse Handschriften auf Papyrus, besonders aus dem Totenbuch, womit bei Ärmeren die Mumienbinden beschrieben sind. Am Bauch und auf der Brust, häufiger noch zwischen den Binden finden sich kleinere Amulette; die Mumien von Vornehmern sind oft mit Schmucksachen aus Gold und edlen Steinen, Halsbändern, Ringen, Ohrringen, Skarabäen, Amuletten und Götterfiguren geschmückt. Bei einigen hat man auch Kränze aus Blättern und Blumen von oft wunderbarer Erhaltung und Ketten von Beeren gefunden.

Brust- und Bauchhöhle sind leer, durch Leinwandballen voneinander getrennt und mit einer harten, schwarzen, harzigen Substanz angefüllt. Die weiblichen Brüste finden sich nicht selten mit Leinwand ausgestopft oder mit Harz ausgegossen.

 
Hundemumien
 
Mumienporträt aus Fayum (2. Jh.)
 
Mumie aus der Ptolemäerzeit mit hölzernem Sarkophag

Die Mumien sind von den antiseptischen, harzigen und aromatischen Stoffen, mit welchen sie behandelt wurden, so vollständig durchdrungen, dass sie eine dunkelgelbe, rötliche, braune oder schwarze Farbe und einen nicht unangenehmen, aromatischen Geruch angenommen haben.

Die linke Hand ist fast immer mit Ringen oder Skarabäen geschmückt. Die Mumien der späteren Zeit sind teilweise schwarz und schwer und bilden mit den Binden eine unförmliche Masse. Schon der arabische Gelehrte Abdul Latif erzählt von Goldstückchen, welche sich auf den Mumien fänden, und in vielen Museen hat man Exemplare, welche Vergoldung im Gesicht, auf den Augenlidern, auf den Lippen, an den Geschlechtsteilen, an Händen und Füßen zeigen.

Mariette hat beobachtet, dass die Mumien von Memphis schwarz, ausgetrocknet und sehr zerbrechlich sind, während die von Theben gelb, matt glänzend und oft noch geschmeidig sind, was auf eine verschiedenartige Behandlungsweise hindeutet. Auch wurden Tiere, besonders Katzen und Hunde mumifiziert und als Grabbeigaben verwendet. In der ägyptischen Spätzeit, besonders in der 25. Dynastie, gewann der Tierkult eine solche Bedeutung, dass große Friedhöfe mit Tiermumien entstanden.

Die Art der Behandlung und Ausstattung ist bei den Mumien je nach Zeit, Ort und natürlich auch nach dem Stand eine sehr verschiedene gewesen. Anfangs wurden nur Königsmumien einbalsamiert, mit dem Fortschreiten des Alten Reiches konnten auch Beamte sich mumifizieren lassen. Das einfache Volk konnte nur durch die Eigenschaft des Wüstensandes getrocknet werden (wie alle Mumien in der prädynastischen Zeit). Die Mumifizierungstechnik bestand ursprünglich aus der Entnahme der inneren Organe und dem Einlegen des Körpers in eine Natronlösung. Die Körper wurden jedoch nicht sehr gut konserviert, so dass man schließlich zu Natronsalz überging.

Abgesehen von den archäologischen Rückschlüssen gibt es Berichte durch Herodot und Diodor, nach denen es bei den alten Ägyptern drei Arten der Einbalsamierung gab: die erste habe 1 Talent gekostet, die zweite 20 Minen, die dritte sei vergleichsweise preiswert gewesen.

Nach der ersten Art, welche die Körperformen am besten konservierte, wurden zunächst von den "Paraschisten" durch einen Seiteneinschnitt, der mit steinernem Messer geschehen musste, die Eingeweide herausgenommen, welche in den so genannten Kanopenvasen besonders einbalsamiert und beigesetzt wurden. Porphyrius berichtet, sie seien in den Nil geworfen worden, doch da die Vollständigkeit des Körpers im ägyptischen Glauben eine so große Rolle spielt, kann man diese Nachricht als unzuverlässig zurückweisen. Das Gehirn wurde vermittelst eines Hakens durch die Nase herausgezogen. Danach wurde der Leichnam mit Palmwein und aromatischen Ölen gewaschen und mit Myrrhen und Kassie angefüllt, oder er wurde mit so genanntem Natron, einem von dem jetzt Natron genannten verschiedenen alkalischen Salzen, imprägniert und danach mit Harzen und anderen aromatischen und fäulniswidrigen Stoffen angefüllt, worauf man ihn 70 Tage trocknen ließ und ihn dann in Binden wickelte.

Die Einbalsamierung der zweiten Art geschah ohne Seiteneinschnitt, indem man, nach Entleerung der Baucheingeweide durch den After, den Leichnam mit Zedernöl anfüllte. Dies Verfahren dauerte ebenfalls 70 Tage; da es nur durch Herodot berichtet wird, ist unklar, ob es sich um eine weniger sorgfältige Begräbnispraxis für niedere Stände handelt oder ob die Mumifizierungsfähigkeiten generell in der Spätzeit abnahmen.

Die Einbalsamierung der dritten Art bestand im Waschen mit einer geringeren Flüssigkeit (Syrmaia) und Einsalzung. Diese betrug wahrscheinlich nicht die vollen 70 Tage, da es sich um ein weniger sorgfältiges Begräbnis für die ärmlicheren Menschen handelte.

Hierbei ist zu beachten, dass diese Schriftsteller lange nach dem Höhepunkt der Mumifizierungskunst lebten. Als sie Ägypten bereisten (5. bzw. 1. Jh. v. Chr.), war die gebräuchliche Mumifizierungspraxis auf einem jämmerlichen Stand. So ist ihre Darstellung mit Vorsicht zu genießen.

Die ägyptischen Mumien wurden, bes. im England des 19. Jh., häufig vor Publikum ausgewickelt, z.B. von Pettigrew. Aus dieser Zeit ist zum ersten Mal der Begriff Ägyptomanie bekannt. Vorher wurden sie auch oft als Brennmaterial benutzt (Mark Twain).

Das Landesmuseum Württemberg in Stuttgart erarbeitet derzeit für 2007 eine große Landesausstellung über ägyptische Mumien, von der auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse erwartet werden.

Aus anderen Kulturen

Außer den alten Ägyptern verstanden sich auch die Guanchen auf den Kanarischen Inseln auf die künstliche Erhaltung; ihre Mumien sind in Ziegenfelle eingenäht und gut erhalten. Anscheinend trockneten die Körper vor allem durch die luftdichte Verpackung der Felle; ganz geklärt ist es nicht. Ähnliche Fälle gibt es in Mexiko und Peru, wo z. B. in Paracas die Cavernen-Kultur ihre Verstorbenen in unzählige Lagen dicker Stoffe wickelte und auf diese Weise konservierten. Peruanische Mumien finden sich in hockender Stellung, mit beiden Händen das Gesicht verdeckend [1].

Auch bei den birmanischen Priestern besteht die Sitte der Einbalsamierung, welche meistens mit dem Glauben an ein Wiederaufleben der toten Körper zusammenhängt.

Strittig ist die Frage der Mumifizierung bei den Chinchorro (Chile): sie entfleischten den Körper, stützten die Knochen mit Stöcken, und überzogen sie mit einer Art Gips. Darauf klebten sie die Haut und bestrichen die Haut schwarz. Dies bedeutet, das ca. 80 % des ursprünglichen organischen Materials nicht erhalten war bzw. beachtet wurde.

Weiterhin wurde Mumifizierung weniger erfolgreich im mittelalterlichen Japan unter den Fujiwara-Herrschern oder bei den buddhistischen Mönchen (Selbstmumifizierung durch Flüssigkeitsverweigerung) praktiziert.

Selbstmumifizierung praktizierten auch taoistische Mönche im 5. und 6. Jahrhunderts nach Chr. in China. Sie wollten "Unsterblichkeit" erlangen. Dabei wurden körperliche Vorgänge durch Meditationstechniken zu kontrollieren gelernt und die Ernährung umgestellt. Den Tod führten die Mönche dann herbei, indem sie durch das Trinken von Lackbaumsaft ihre Verdauungsorgane versiegelten. Die Körper wurden danach durch Dämpfe getrocknet und wiederum mit Lack versiegelt.

Am 24. Februar 1921 wurde das sogenannte Mädchen von Egtved gefunden. Der Fund stammt aus der älteren Bronzezeit, etwa 1400 v. Chr. Das Mädchen lag in einem großen Eichensarg. Durch Untersuchungen der Zähne wurde ihr Alter auf 16-18 Jahre geschätzt wurde. Das sog. Egtved Pigen ist nur in Weichteile und Zähnen erhalten. Außerdem befanden sich in einem Stoffbündel die Knochen eines fünf- bis sechsjährigen Kindes. Im Sarg waren weiterhin eine Sommerblume, einige Bronzebeigaben, ein Eimer aus Baumrinde und ein Kuhfell.

Die am besten erhaltenen Mumien der Welt wurde 1972-73 in Mawangdui in der zentralchinesischen Provinz Hunan gefunden: die Gelenke sind noch weich, Blutentnahme ist möglich. Die Mumifizierung wurde jedoch nicht durch Entnahme von Körperteilen oder Austrocknung herbeigeführt und scheint von verschiedenen Faktoren abzuhängen (Bestattung in kühler Erde; mehrere luftdicht abschließende, ineinander verkantete Särge; eine rote Flüssigkeit im Sarg). Die Lady von Dai stammt aus der Han-Dynastie.

In neuerer Zeit mit den Mitteln der fortgeschrittenen Chemie, würde man, wenn darauf Wert gelegt würde, ebenso vollkommene Mumien erzeugen können wie im alten Ägypten, wie unter anderem Brunnetti in Padua mit seinen künstlich versteinerten Leichen bewiesen hat. Harrison in England hat nach äygptischer Methode einen Leichnam konserviert.

Bekannte Mumien

aus Ägypten

aus anderen Ländern

Siehe auch: Lebendige Buddhas

Bekannte Fundstätten

Varia

In dem Heilsystem des Paracelsus und seiner Nachfolger spielten neue Mumien, die man aus den Körpern von Gehenkten wie denjenigen lebender Menschen bereitete, eine große Rolle, ebenso im Volksglauben über Hexen, indem man durch Benutzung derselben den Lebenden schaden zu können glaubte (siehe Bildzauber, Voodoo). Daher die noch heute im Volk lebendige Vorsicht, Haare und Nägelabschnitte zu verbrennen, damit sie nicht in böse Hände fallen können.

Mumien finden als Untote in zahlreichen Horrorfilmen Verwendung. In dem Klassiker Die Mumie von 1932 (und dessen Remakes von 1959 und 1999) spielt eine Mumie sogar die Hauptrolle. Es gibt auch ein Rollenspiel des White Wolf-Verlags, Mummy: The Resurrection, in welchem man in die Rolle eines solchen Untoten schlüpft.

Siehe auch

Commons: Mumien – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Reiß und Stübel, Das Totenfeld von Ancon in Peru, Berlin 1887

Literatur

  • Alan Gardiner: Egypt of the Pharaos (1962), deutsch als: Geschichte des Alten Ägypten, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart
  • Hans Georg Wunderlich: Wohin der Stier Europa trug (1975), englisch als: The Secret of Crete, Efstathiadis Publ., Anixi Attikis
  • Mircea Eliade: Histoire des croyances et des idées religieuses (1976), Ed. Pavot, Paris, deutsch als: Geschichte der religiösen Ideen, Herder Verlag, Freiburg, 5 Bde.
  • Jan Assmann: Tod und Jenseits im alten Ägypten (München: Beck, 2001)
  • Milan Racek: Die nicht zu Erde wurden - Kulturgeschichte der konservierenden Bestattungsformen (Wien: BV, 1985)
  • Renate Germer: Mumien (Artemis & Winkler, 2001)

Benno Meyer-Hicken: " Über die Herkunft der MUMIA genannten Substanzen und ihre Anwendung als Heilmittel" (Kiel, Diss. 1978)