Diskussion:Gender-Mainstreaming/Archiv/1
ab April 2004
- 2004 -
Kommentar zur Überarbeitung durch eine/n Anonyma/us
> selbst ExpertInnen sind in die Denkfalle geraten, Gender > Mainstreaming aus Frauensicht zu beurteilen und männliche Sichtweisen nicht > ausreichend zu berücksichtigen. (Vgl. Stiegler 2000)
Was ist denn daran eine "Denkfalle", wenn Frauen und Männer aus ihrer Sichtweise (der Frauenpolitik, der Männerpolitik), "gender mainstreaming" beurteilen?
> Selbst bei den Autoren von Wikipedia.org herrschen unterschiedliche Meinungen > aufgrund verschiedener politischer Vorstellungen. Je nach eigener Meinung > werden die speziellen Frauen und Männerthemen in den Vordergrund gestellt.
na, die letzte Fassung hielt sich ja deswegen an "offiziellen Texte", ich finde die Verwendung von "Denkfallen" (bezogen auf Frauen) schon wesentlich bedenklicher - mein Herr (Kollege), nehme ich an. ;-)
> Stiegler (2000) spricht von einem "Missbrauch" wenn mit Verweis auf das Gender > Mainstreaming Frauenbeauftragte abgeschafft oder Frauenfördermittel gekürzt > werden. (Womit Stiegler entgegen der klaren Definition der Europäischen > Gemeinschaft die Zielsetzung von Gender Mainstreaming politisch motiviert > umdeutet)
Text gelesen? Sie deutet nix um, sondern betrachtet Gender Mainstreaming aus Sicht der Frauen (-Politik).
Ich halte diese Änderungen einer/s Anonyma/us nicht sehr hilfreich, es gibt wohl auch keine Unstimmigkeiten wegen des Begriffes oder dem Prinzip an sich, sondern wohl eher, welche Konsequenzen Gender Mainstreaming hat, oder was sich dahinter verbirgt (vgl., aus Sicht der Frauenpolitik, Stiegler), siehe auch aktueller SPIEGEL-Titel ...
vielleicht mag wer meine Kommentare in einer neuen Version einarbeiten, sofern diese Akzeptanz finden.
Onkel.Tom 22:18, 20. Mai 2004 (CEST)
negative seiten
moin, ich geb zu mich regt das thema zusehr auf. vermutlich wegen der art wie ich auf das thema gestoßen wurde. eine selbsternannte feministin: "warum würdest du lieber zu einer ärztin gehen als zu einem arzt?" meine antwort war: "weil mir ärztin bislang kompetenter gegenüber getreten sind als männliche ärzte" und schon wurde ich zusammen gestaucht. ich verstand die welt nicht mehr. egal. was ich eigentlich wollte. eine neben erscheinung des gender mainstream führt zu dem unangnehmen nebeneffekt das so genannte gleichstellungsbeauftragte (geschlechtsneutral gemeint) in firmen eingespart werden. die firmen berufen sich auf ihre politik des gender mainstream und die damit verknüpfte defakto gleichbehandlung von frauen und männern. schade nur das diese gleichstellungsbeauftragte auch um die gleichstellung von behinderten und nicht behinderten und sogar zum teil für die gleichstellung von verschiedenen religionszugehörigkeiten zuständig waren. ich gehe mal davon aus das irgendjemand diesen artikel überarbeiten wird und es wäre gut wenn das auch darin einfließen könnte. bei der gelegenheit könnte diese bleiwüste auch mit einigen wikilinks aufgelockert werden. achso. fällt eigentlich die meinung der bundesministerin für frauen und & auch unter dieses theme? sie sagte in einem interview mal das sie gegen die gleichstellung der frauen und männer in der krankenversicherung wäre, so wie sie von EU ebende inzwischen angestrebt wird, und für die höhere belastung der frauen ist. schließlich würden frauen ja auch generell öffter zum artz laufen als es gleichaltrige männer machen. die gute lebt ganz nach dem motto nicht zahlen nach leistung sondern pauschale vorverurteilung. - cu AssetBurned 00:30, 30. Apr 2004 (CEST)
verschobene Kommentare aus dem Artikel
Selbst bei den Autoren von Wikipedia.org herrschen unterschiedliche Meinungen aufgrund verschiedener politscher Vorstellungen. Je nach eigener Meinung werden die speziellen Frauen und Männerthemen in den Fordergrund gestellt. Hilfreich ist bei diesem kontroversen Themen ein Blick auf frühere Wiki-Versionen. Siehe [1]
(Womit Stiegler entgegen der klaren Definition der Europäischen Gemeinschaft die Zielsetzung von Gender Mainstreaming politisch motiviert umdeutet)
Kommentare zu Inhalten gehören nicht in den Artikel, sondern können auf der Diskussionsseite eingebracht werden. --Lug 11:31, 22. Mai 2004 (CEST)
- 2005 -
Kritik
Ich halte es für sinnvoll, Gender Mainstreaming auch kritisch zu betrachten. Ob dazu aber ein Artikel in Cicero von Bettina Röhl die beste Grundlage bietet, halte ich für sehr fragwürdig. Deswegen habe ich den Kritikteil ersteinmal hierhin ausgelagert:
- In der Onlineausgabe von April 2005 der Akademikerzeitschrift CICERO skizzierte Bettina Röhl Gender Mainstreaming als "eine Art totalitärer Kommunismus in Sachen Sex und Geschlechterbeziehung". Röhl zufolge gehe es um Frauenbevorzugung und Männerbenachteiligung: "Von spezifischen Männerrechten oder dem Ausgleich von klassischen Männerbenachteiligungen, die es auch gibt, ist in den bisher veröffentlichten Texten zu GM an keiner Stelle die Rede. (...) Frauen in den Beruf und an die Macht, sprich in die Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Kultur. Männer an den Herd und in die traditionell zu 100 % von Männern besetzten Schwerstarbeiten, wie Untertagebau, Kampftauchen, Firefighter (die ausdrücklich von der Frauenministerin nicht genannt werden). Kinder in die Krippen, Mädchen in die GM- Förderprogramme, Jungs in die Gender Mainstream-Umerziehungsschule, wo sie die historischen Verbrechen der Männer an den Frauen büffeln. (...) Nur schwach kann GM verbergen, dass hier eine Art pseudowissenschaftlicher `Rassismus´ und letztlich auch Sexismus zwischen den Geschlechtern initiiert wird." Die Propagisten des Gender Mainstreaming seien "so wie die gescheiterten Kommunisten im Begriff, ihre Weltformel mit pseudowissenschaftlicher Massenliteratur zu unterlegen, in Gesetze zu pressen und lautlos in allen Ministerien zu implementieren". Röhl äußerte damit ähnliche Bedenken wie zuvor schon der Mainzer Universitätsprofessor Bock, der Gender Mainstreaming als ideologisch gut vorbereitete "totalitäre Steigerung von Frauenpolitik" analysierte.
-- TillWe 14:34, 1. Apr 2005 (CEST)
Ich halte es auch für sinnvoll, Gender Mainstreaming kritisch zu betrachten und halte den Artikel Bettina Röhls hierbei in keiner Weise für fragwürdig. Deshalb habe ich ihn wieder eingelagert. Wenn ich mir die Versionsgeschichte dieses Eintrags anschaue, stelle ich fest, dass auch zuvor jede Kritik am Gender Mainstreaming getilgt wurde - selbst wenn sie von professoraler Seite wie von Prof. Michael Bock erfolgte. Auch diesmal wurde ja nicht nur die Kritik verschoben, sondern auch die beiden kritischen Links gelöscht. Insofern wundert es mich nicht, dass dem Gender-Mainstreaming von verschiedenen Seiten totalitäre Aspekte zugeschrieben werden. Am besten, die Bevölkerung macht sich überhaupt keine Gedanken darüber, ob auch nur eine Gegenmeinung existiert, ob das Regierungshandeln in irgendeiner Weise kritisch betrachtet werden könnte. Da sagt man halt, man fände Kritik eigentlich "sinnvoll", um dann ohne weitere Begründung kritische Einschätzungen zu unterbinden. Wollen wir vorher bei den Initiatoren des GM anfragen, welche Form von Kritik denn genehm wäre? Wohl kaum. Ein Wikipedia-Artikel, der bei einem umstrittenen Vorhaben nur die Einschätzungen seiner Befürworter zeigt, ist untragbar. - Uli
- Dann schau Dir mal an, ob die aus meiner Sicht deutlich klarere und weniger einseitige Fassung des Kritik-Abschnittes in der jetzigen Version "tragbar" ist. -- TillWe 11:51, 2. Apr 2005 (CEST)
Auf den Punkt bringen
Es wäre sehr hilfreich, wenn die Bedeutung von "Gender Mainstreaming", am Anfang des Artikel, kurz zusammengefasst wäre.
Dieses riesige EU-Zitat versteht doch kein Mensch!
(Vorstehender Beitrag vom 11:42, 1. Aug. 2005 (CET) stammt von 84.191.5.220 (Beiträge) – siehe bitte Signatur. Nachtrag 2007-01-20 23:28)
Kritik?
Sacht ma Leutz, der offensichtliche Widersinn am GS ist doch, dass es unterschiedliche Behandlung der Geschlechter betont - im Gegensatz zur vollständigen Blindheit gebenüber dem Geschlecht und anderen unverschuldeten Eigenschaften einer Person, die allein eine gerechte Behandlung des Einzelnen gewährleisten kann. Gibt es keine "prominenten" zitierfähigen Quellen, die diese Kritik formulieren und entsprechend im Artikel angeführt werden könnten? 213.73.67.244 21:00, 24. Dez 2005 (CET) (zZ nicht eingeloggt, frohe Weihnachten noch unso)
- Nicht alles, was man nicht versteht oder nicht verstehen will ist widersinnig. Und die prominenten Kritker sind doch genannt.--Barb 22:11, 24. Dez 2005 (CET)
- Ich finde es etwas überheblich, Kritik einfach als Unverständnis abzutun. Im übrigen bekomme ich den Eindruck, dass Du einige Seiten quasi unter "Überwachung" hast, und darin alle Dir ideologisch nicht genehmen Aussagen sofort rückgängig machst. Der Zeitabstand gestern war keine 2 Stunden! 213.73.114.150 12:04, 25. Dez 2005 (CET)
- Nicht alles, was man nicht versteht oder nicht verstehen will ist widersinnig. Und die prominenten Kritker sind doch genannt.--Barb 22:11, 24. Dez 2005 (CET)
Beispiele
Seit wann ist es Sinn einer Enzyklopädie, Werbung für Ministerien zu machen? Bitte selbst Beispiele finden, Absatzweises zitieren fliegt raus! --Negerfreund 16:46, 26. Dez 2005 (CET)
- Worauf antwortest Du hier? Kontext unklar. Gruß 213.73.68.101 17:18, 26. Dez 2005 (CET)
- Das gesamte Kapitel "Beispiele" besteht nur aus Zitaten von Ministeriumstexten. Die Einleitung auch. Das ist Schrott. Entweder jemand versteht das, und schreibt es im Sinne einer Enzyklopädie. Oder niemand versteht es, dann sollte es erst recht raus. --Negerfreund 17:30, 26. Dez 2005 (CET)
Ich fange mal mit der Definition an, vielleicht steigt ja jemand mit ein. --Negerfreund 17:44, 26. Dez 2005 (CET)
Zum Revert
1) Es ist schlicht falsch, dass Gender Mainstreaming ein Begriff der EU ist. Er wird lediglich von der EU auch gebraucht. [2] 2) Es ist auch falsch, dass GM ein Kampfbegriff ist, es handelt sich vielmehr um ein recht klobiges und technisches Wortgebilde, dass von Politikern von PDS bis CDU verwendet wird. Oder kannst Du mit irgendeine Quelle nennen, wo GM als Kampfbegriff bezeichnet wird?
Daher der Revert. über eine Kürzung des EU-Zitats kann man gerne reden.--Davidl 18:53, 26. Dez 2005 (CET)
- Hallo Davidl, erstmal Danke, dass Du hier bist. Ich sehe das alles recht entspannt, solange wir uns richtung Klarheit bewegen. Und ein Artikel der primär aus Zitaten von Polits besteht, kann nciht klar sein ;-)
- Im Detail: 1) Wenn das nicht ein EU-Begriff ist, dann sollte die Definition auch nicht mir deren Zitaten voll sein. 2) Ein "klobiges und technisches Wortgebilde" ist vielleicht auch ein Kampfbegriff? Vielleicht gibt es ja eine saubere Definition, und wir kennen Sie nicht. Bis es soweit ist, stehe ich auf dem Standpunkt: Klobiger Begriff von Politikern, unklar, undefiniert, primär zur Budget-Schöpfung=-> Kampfbegriff. --Negerfreund 22:35, 26. Dez 2005 (CET)
- Hallo Ihr 2, ich mache mir mal Gedanken, wie man das besser schreiben kann. Gebt mir etwas Zeit, schlagt Euch nicht, und haltet die Admins fern :-)) Julia69 10:19, 27. Dez 2005 (CET)
Neue Definition
Habe mal nen neuen Weblink eingefügt. Könnte Basis für eine neue Def werden? Julia69 11:44, 27. Dez 2005 (CET)
Ich habe mal einen Formulierungsvorschlag gemacht. Den letzten Satz über die Kritik kann man von mir aus auch gerne streichen. Dem Wunsch, die Politzitate rauszunehmen, wurde entsprochen. "Kampfbegriff" sollte so lange nicht rein, wie nicht klar ist, wer warum GM als Kampfbegriff bezeichnet. --Davidl 12:35, 27. Dez 2005 (CET)
- Das ging ja schneller als das Brezelbacken. Merci! Julia69 13:10, 27. Dez 2005 (CET)
- Full ack! --Negerfreund 19:45, 27. Dez 2005 (CET)
- 2006 -
Toter Weblink
Bei mehreren automatisierten Botläufen wurde der folgende Weblink als nicht verfügbar erkannt. Bitte überprüfe, ob der Link tatsächlich down ist, und korrigiere oder entferne ihn in diesem Fall!
- http://www.genanet.de/329.0.html/
- In Gender Mainstreaming on Sun Jan 22 04:31:24 2006, 404 Not Found
- In Gender Mainstreaming on Mon Jan 30 00:23:04 2006, 404 Not Found
--Zwobot 00:24, 30. Jan 2006 (CET)
Relevanz von MANNdat
Arne Hoffmann schreibt dazu: "www.manndat.de: Neben dem Berliner Männerrat vermutlich DIE Schaltstelle der deutschen Männerbewegung." siehe http://www.arnehoffmann.com/lieblings.php
(nicht signierter Beitrag von 84.73.155.162 (Diskussion) --Barb 21:29, 19. Feb 2006 (CET))
Als Oberguru des Maskulismus in D findet Arne Hoffmann die selbstverständliczh wichtig. Sie haben trotzdem eine sehr geringe gesellschaftliche Relevanz. Dass Arne Hoffmann, der nun auch nicht grad zu den führenden geistigen Köpfen Deutschlands gehört, die kennt und wichtig findet ist wohl kaum ein Zeichen gesellschaftlicher Relevanz. --Barb 21:29, 19. Feb 2006 (CET)
Arne Hoffmann ist doch sicher keine neutrale Quelle im Sinne von Wikipedia:Neutralität. Wenn Du zeigst, dass FAZ, SZ, NZZ, Standard, Zeit, Frankfurter Rundschau, ARD, ZDF, 3 Sat, Spiegel, Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Merkur, Le monde, El pais, Times oder sonst eine seriöse Quelle die Kritik ernst nimmt, dann habe ich überhaupt nichts dagegen, dass das rein kommt. --Davidl 21:31, 19. Feb 2006 (CET) PS, der Artikel ist jetzt erstmal für IPs gesperrt.
- Das ist wieder ein Beispiel für willkürliche Kriterienanwendung durch die politisch interessierten Kreise hier. Anorak 07:00, 20. Feb 2006 (CET)
Hast du eigentlich auch mal was Neues auf Lager? Im Idealfall Fakten? Du hast auf Deiner Benutzerseite selber zugegeben, dass du keine Ahnung vom Thema hast, aber eine Meinung [3]. Leider nichts Neues. . --Barb 12:24, 20. Feb 2006 (CET)
Feministinnen und Feministen?
Aus Konsistenzgründen zum verlinkten Wiki-Einntrag Feminismus sollte hier nur die weibliche Form genannt werden. Anorak hat zwar in seinen Revert insofern recht, dass Feminismus keine biologische Eigenschaft ist, aber der explitzite Hinweis auf männliche Feministen an dieser Stelle wäre nur angebracht, wenn zumindest von einen bedeutenden männlichen Feministen die Kritik des Satzes vertreten wird. --Hetzi 17:18, 18. Mär 2006 (CET)
Sollte nicht auch der CEWS-Newsletter 4 mit Schwerpunktthema GM bzw. CEWS-Newsletter 5 mit Nachträgen zu 4 bzw. Kritk zu GM in die Linkliste mit aufgenommen werden? Oder wird diese damit zu lange? Die jetztigen 12 liegen auch schon weit über den eigentlich gewünschten 5! --Hetzi 18:01, 18. Mär 2006 (CET)
- Erklärung: Ich lese die Formulierung "Feministinnen und Feministen" als ironischen Rekurs auf das Binnen-I; eine stilistische Auflockerung, die trotzdem kein POV ist, deswegen fände ich es schön sie zu behalten. Inhaltlich gemeint ist offenbar "Personen, die den Feminismus vertreten", wobei deren Geschlecht keine Rolle spielt. Dass es zwischen männlichen und weiblichen Vertretern des Feminismus systematische Unterschiede im Standpunkt geben sollte, ist mir jedenfalls noch nie aufgefallen. Anorak 20:04, 18. Mär 2006 (CET)
Beitrag in der FAZ vom 19.06.2006
- Gender Mainstreaming
- Politische Geschlechtsumwandlung
- Von Volker Zastrow
- 20. Juni 2006
Die Bundesregierung verfolgt derzeit mehrere Projekte von "Gleichstellung" und "Gleichbehandlung". Deshalb gibt es in der Union und den ihr nahestehenden Wählerschichten erhebliche Bewegung. Unionspolitiker in Bund und Ländern, auch zahlreiche Abgeordnete in der gemeinsamen Fraktion von CDU und CSU deuten die hinter beiden Projekten spürbare Bewegungsrichtung als unerklärliche und letztlich anonyme Strömung des Zeitgeistes. Viele wissen auch aus eigener Erfahrung, was Umfragen immer neu belegen: daß die überwältigende Mehrheit der Mütter in Deutschland gern halbtags, aber nur ungern ganztags arbeiten würde. Und doch verabschieden die beiden stark geschrumpften Volksparteien ein gerade auf das Gegenteil zielendes Gesetz. Abgeordnete mit einem herkömmlichen Familienbild (Vater, Mutter und Kinder bilden die Familie) fragen sich fast verzweifelt, woher das alles kommt und warum es, obwohl kaum jemand dafür zu sein scheint, gleichsam unwiderstehlich über die Politik hereinbricht.
Die vor allem von der Familienministerin von der Leyen (CDU) durchgesetzte Gleichstellungspolitik verfolgt mehrere Ziele. In den Vordergrund wird das von vielen jungen Eltern, zumal Müttern, drängend empfundene Problem der "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" gestellt. Die geplanten Veränderungen gehören aber haushalts- und gesetzestechnisch teilweise auch zum Ministerium für Arbeit und Soziales, das vom vormaligen SPD-Vorsitzenden Müntefering geführt wird. Denn der eigentliche, aber selten offen dargelegte Zweck dieser Politik ist die Erhöhung der Frauenerwerbsquote. Die Gleichstellung von Mann und Frau soll durch die Vollbeschäftigung beider verwirklicht werden.
Auch von der sogenannten Gleichbehandlungspolitik sollte man meinen, daß sie ganz allgemein der Bürgerrechtspolitik zugehört. Doch die Antidiskriminierungs-Richtlinie der Europäischen Kommission, welche das Gleichbehandlungsgesetz, um mehrere Merkmale, vor allem das der "sexuellen Orientierung", wesentlich erweitert, nun in deutsches Recht überführen soll, stammt aus dem Brüsseler Kommissariat für Beschäftigung und Soziales, dessen Zuständigkeiten ungefähr mit denen des Müntefering-Ministeriums übereinstimmen. Das Brüsseler Kommissariat verantwortet die Definition der Gleichstellung als Vollbeschäftigung, die ideologischen Grundlagen dieser Definition und das Verfahren zur Einspeisung und Durchsetzung dieser Politik in ganz Europa. Der Erfolg wird durch die "neue gestraffte offene Koordinierungsmethode" der EU-Politik gemessen und überwacht, die, dem betriebswirtschaftlichen Controlling nachgebildet, tief in die Politik der Mitgliedstaaten hineinreicht.
Den Namen des erwähnten Verfahrens kennt kaum eine Frau in Deutschland, obwohl es angeblich ihren ureigensten Interessen dient: "Gender Mainstreaming". Es ist schwer, diesen Begriff ins Deutsche zu übersetzen. Man findet in den zahlreichen Publikationen darüber keinen Versuch einer solchen Übersetzung, auch nicht auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums. Es unterhält seit Oktober 2003 unter dem Dach des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Berliner Humboldt-Universität ein sogenanntes "GenderKompetenzZentrum". Auch dieses bietet keine Übersetzung für "Gender Mainstreaming". Die Unverständlichkeit ist also gewollt. "Politische Geschlechtsumwandlung" wäre die treffendste Übersetzung. Aber das ist keine mehrheitsfähige Forderung.
- Radikalität und Zärtlichkeit
Der Begriff "Gender" stammt aus der Sexualpsychologie. Er entsprang dem Bemühen, sprachlich mit der Transsexualität umzugehen: mit der leidvollen Selbstwahrnehmung mancher Menschen, dem anderen Geschlecht anzugehören, in einem falschen Körper zu stecken. Daraus entwickelte sich die Vorstellung eines vom biologischen Geschlecht (im Englischen: sex) abgelösten emotionalen oder metaphysischen Geschlechts (gender). Diese Grundidee wurde von der Homosexuellenbewegung übernommen. Gender wurde zur Sammelbezeichnung für das "soziale Geschlecht" weiterentwickelt, das den Menschen ihre "Zwangsheterosexualität" zuweise. Geschlecht ist demnach sowohl eine ideologische Hypothese als auch eine gesellschaftspolitische Konstruktion. Die Theorie wurde hauptsächlich von Feministinnen erarbeitet und erweitert.
Der Zusammenhang von Feminismus und Lesbenbewegung wird öffentlich verbrämt, dabei ist er nachgerade zwingend. Denn während homosexuelle Männer auch ohne Frau und Kinder in der sogenannten "patriarchalischen" Gesellschaft erfolgreich sein konnten, bot sich diese Möglichkeit homosexuellen Frauen kaum. Ihnen drohte die Abwertung als "alte Jungfer"; berufliche Bildung, Aufstieg und Anerkennung waren für sie erheblich schwerer zu verwirklichen als für den alleinstehenden Mann. Der Zusammenhang zwischen Frauen- und Lesbenbewegung, der in der Politik der großen Koalition als Gleichstellungs- und Gleichbehandlungspolitik aufscheint, ist also durchweg biographischer Natur.
Er kann aber nicht offenbart werden, da die Interessen von Lesben gerade in der bedeutsamen Frage von Ehe und Familie mit denen anderer Frauen keineswegs übereinstimmen. Schon in den siebziger Jahren zeigte sich, daß ein offen lesbischer Feminismus in der damaligen Frauenbewegung keine Durchschlagskraft gewinnen konnte, etwa am Beispiel der Zeitschrift "Courage". Dagegen hat die zurückhaltendere "Emma" bis heute überlebt. Niemand kann ihrer Herausgeberin Alice Schwarzer absprechen, eine begnadete Interessenpolitikerin zu sein - wahrscheinlich die in Deutschland erfolgreichste.
Sie und ihre Zeitschrift verschleiern den hier geschilderten Zusammenhang, und zwar im Laufe der Zeit eher zu- als abnehmend. In Wendungen wie "Radikalität und Zärtlichkeit" läßt er sich allenfalls erahnen. Gelegentlich hat aber auch Alice Schwarzer daran erinnert, daß die Initialzündung zur Gründung der "Emma" der Itzehoer Strafprozeß (1973/74) gegen das lesbische Paar Judy Anderson und Marion Ihns gewesen ist, die den Ehemann Ihns' hatten ermorden lassen: Dies sei ein wahrer Hexenprozeß gewesen, "der in dieser Phase der ,neuen Zärtlichkeit' abrechnete mit der Frauenliebe". So hieß es damals auch schon auf den Flugblättern protestierender Frauengruppen und in einem von Alice Schwarzer 1974 für "konkret" verfaßten Aufsatz.
"Neue Zärtlichkeit" war Alice Schwarzers damaliger Schlüsselbegriff für weibliche Homosexualität. Sie kämpfte erklärtermaßen gegen ein "Männermonopol auf Frauenliebe und -sexualität" und teilte offenbar die damals in den einschlägigen Kreisen verbreitete Auffassung, daß "praktisch jede Frau", wie etwa Barbara Schleich im "Vorwärts" schrieb, "von Natur aus bisexuell ist und daß allein der Rollendrill mit der damit verbundenen Fixierung auf den Mann bei den meisten Frauen homoerotische Neigungen verschüttet". Wenn also Alice Schwarzer seinerzeit von "Erpressung und Drill auf den Mann" schrieb, wußten Lesben, was gemeint war - aber man konnte es, wie ihren misandrischen Bestseller "Der kleine Unterschied", natürlich auch anders deuten, in einem allgemeineren Sinne feministisch. In dieser Zeit bezeichnete Alice Schwarzer Hausfrauen und Mütter noch als "Sklavinnen". In ihrem jüngsten Interview nennt sie Hausfrauen Gefangene eines "feudalistischen Systems". Der von der Kenntnis mittelalterlicher Verhältnisse ungetrübte Gebrauch des Wortes "Feudalismus" verweist auf eine weitere der Wurzeln des heutigen Feminismus, nämlich in der radikalen Linken. Erst wenn man all das bedenkt, kann man Alice Schwarzers Begeisterung darüber ganz auskosten, daß jetzt "die konservative Familienministerin die rot-grüne Familienpolitik nicht nur fortsetzt, sondern weitertreibt".
Auf der Internetseite des Familienministeriums wird das zuvor noch zurückhaltend dargebotene Gender Mainstreaming inzwischen prominenter präsentiert. Bei flüchtiger Lektüre gewinnt man den Eindruck, es gehe darum, Frauen wie Männern gleichermaßen zur Durchsetzung ihrer Wünsche zu verhelfen; bunte Bildchen wie aus Immobilienprospekten zeigen junge Fotomodelle mit glücklichen Zähnen. Forscht man ein wenig weiter, wird man damit vertraut gemacht, daß der Begriff "Gender" sowohl "gesellschaftlich als auch sozial und kulturell geprägte Geschlechtsrollen" bezeichne, die als "veränderbar" charakterisiert werden.
Daß sie verändert werden sollen, schwingt mit, wird aber zunächst nicht gesagt. Der Sinn bleibt dunkel, denn die Reihung der Adjektive ist abstrus: "gesellschaftlich" und "sozial" bedeutet dasselbe, während "kulturell" und "sozial" nicht gegeneinander abgegrenzt werden kann. In einschlägigen Gender-Texten wird hier das Adjektiv "traditionell" benutzt: gemeint sind also offenbar herkömmliche oder überkommene Vorstellungen vom Geschlecht.
Sodann erfährt man, daß vom Familienministerium aus das "Gender Mainstreaming" als sogenannte "geschlechtersensible Sichtweise" ressortübergreifend in die Arbeit der Bundesregierung "implementiert", eingespeist, worden ist. Dabei ist das schon erwähnte "GenderKomepetenzZentrum" behilflich. Doch auch dessen öffentliche Selbstdarstellung macht es nicht einfach, einen Begriff davon zu bekommen, was "Gender Mainstreaming" eigentlich bedeuten soll, wie man es übersetzen könnte, wer diesen Begriff oder seine Theorie eigentlich erdacht hat. Erst wenn man tiefer hinabtaucht, stößt man auf Material zur feministischen Theorie und "aktuelle Erkenntnisse der Geschlechterforschung zum Beispiel zu Männlichkeit, Weiblichkeit und Intersexualität".
Die bedeutendsten intellektuellen Leitfiguren dieser Forschung sind der 1984 an Aids-Folgen verstorbene französische Philosoph Michel Foucault (geboren 1926) sowie die in Berkeley lehrende Amerikanerin Judith Butler (1959). Foucaults Aneignung durch den Feminismus ist verschiedentlich bemerkt worden, in erster Linie handelt es sich dabei aber um die Übernahme der Körper- und Identitätstheorien eines homosexuellen Mannes durch homosexuelle Frauen. Judith Butler ist auch dabei maßgeblich, spätestens seit Beginn der neunziger Jahre hat sie sich als eine Meisterdenkerin des Gender-Begriffs und seiner Fortentwicklung in der "Queer-Theorie" etabliert. Diese wird treffend als "inclusive umbrella label for all gendernauts and sexual outlaws, a cover-all term for lesbians, bisexuals, gays and transgendered people" beschrieben: als ein gemeinsamer Schirm für alle "Gendernauten" und sexuell Gesetzlosen, ein Dach für Lesben, Bisexuelle, Schwule und "Hinübergeschlechtliche", wie "transgendered people" in der Szene scherzhaft übersetzt wird - die Ausdrücke "Transvestit" und "Transsexueller" sind dort verpönt.
Und damit endlich ist man beim theoretischen Kern des "Gender"-Begriffs. Er meint nämlich keineswegs die Existenz sozialer Geschlechterrollen und deren Merkmale: also eine Banalität, an die feministische Klassikerinnen wie Betty Friedan noch anknüpften. Vielmehr behauptet "Gender" in letzter Konsequenz, daß es biologisches Geschlecht nicht gebe. Die Einteilung der Neugeborenen in Jungen und Mädchen sei Willkür, ebensowohl könnte man sie auch nach ganz anderen Gesichtspunkten unterscheiden, etwa in Große und Kleine. Daher liege bereits in der Annahme der Existenz von Geschlecht eine letztlich gewalthafte Zuweisung von Identität: die "heterosexuelle Matrix".
Diese eher philosophische Hypothese widerstreitet der ursprünglichsten Wahrnehmung und Empfindung der meisten Menschen, den Religionen und naturwissenschaftlicher Forschung. Schon ihre sprachliche Anwendung führt zu bizarren, in sich widersprüchlichen Ergebnissen. Wenn bei Luther "ein Weib empfängt und gebiert ein Knäblein", so macht daraus Dorothea Erbele-Küster, die nach Gender-Maßgaben die Bibel in "gerechte Sprache" übersetzt, eine Frau, die "Samen hervorbringt und einen männlichen Nachkommen gebiert".
- Zielstrebigkeit und Ignoranz
Derlei Elaborate und Ideen können dazu verleiten, die dahinterstehenden Personen mit ihren Bedürfnissen und Absichten nicht ernst zu nehmen. So wirken Verachtung und Verbrämung zusammen. Deshalb verschwinden die Ziele und Methoden des Gender Mainstreaming im ebenfalls mißachteten "Gedöns" (Gerhard Schröder) der Frauen- und Familienpolitik hinter einer doppelten Nebelwand. Zielstrebigkeit auf der einen, Ignoranz auf der anderen Seite konstituieren eine "hidden agenda". Aber was sind Ziele und Methoden? Das Ziel greift hoch hinaus: Es will nicht weniger als den neuen Menschen schaffen, und zwar durch die Zerstörung der "traditionellen Geschlechtsrollen". Schon aus diesem Grunde muß das als Zwangsbegriff verneinte "Geschlecht" durch "Gender" ersetzt werden. Und möglichst schon in der Krippenerziehung soll mit der geistigen Geschlechtsumwandlung begonnen werden. Der neue Mensch ist historisch schon mehrfach als Ziel ausgegeben worden; auch die damit zusammenhängende Methode ist aus der Geschichte bekannt: das sogenannte Kaderprinzip, das zunächst für die Führung der Napoleonischen Wehrpflichtigenarmee ersonnen und von den russischen Bolschewiki nach dem Sturz des Zaren zum sozialrevolutionären Herrschafts- und Steuerungsinstrument weiterentwickelt wurde. Kaderpolitik will von oben nach unten auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen alle Entscheidungen ihren Maximen unterwerfen. Die Institutionen werden von linientreuen Kadern durchdrungen, die überall ein Prinzip der "Parteilichkeit" zur Anwendung bringen. Im Feminismus wird das beispielsweise "parteiliche Mädchenarbeit" genannt. Gender Mainstreaming wird von der Spitze beliebiger Organisationen her als sogenanntes "Top-down"-Prinzip durchgesetzt. Es soll auf allen Ebenen bei allen Entscheidungen verwirklicht werden. Agenturen des Gender Mainstreaming schulen etwa Beamte in der Anwendung der Gender-Perspektive. "Damit gibt es", wie Dr. Barbara Stiegler von der Friedrich-Ebert-Stiftung erläutert, "keine Person in einer Organisation, die sich diesem Prinzip nicht verpflichtet fühlen muß."
Eine solche Organisation ist zum Beispiel die Bundesregierung. Sie hat sich unter Bundeskanzler Schröder auf das Gender Mainstreaming verpflichtet. Im Jahr 2000, mitten in ihrer ersten Wahlperiode, ersetzte die rot-grüne Regierung die "Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien" durch eine vollständig neue. In deren erstem Kapitel "Allgemeines" stehen nur zwei Paragraphen. Der erste bestimmt den Geltungsbereich, der zweite die "Gleichstellung von Frauen und Männern" als "durchgängiges Leitprinzip" nach der Methode des "Gender Mainstreaming".
Weder in der umfangreichen Veröffentlichung des Kabinettsbeschlusses über die "Leitbilder" der Bundesregierung zur Modernisierung von Staat und Verwaltung vom 1. Dezember 1999 noch in der Ankündigung der neuen Geschäftsordnung (federführend: Brigitte Zypries, damals Staatssekretärin im Innenministerium) war davon die Rede gewesen. Erst mit dem endgültigen Kabinettsbeschluß am 26. Juli 2000 bekundete die damalige Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) öffentlich: "Ich freue mich, daß in der neuen Geschäftsordnung das ,Gender-Mainstreaming'-Prinzip verankert wurde." Vom Familienministerium war die Initiative ausgegangen. Der Aufsatz, den Brigitte Zypries der neuen Geschäftsordnung in der "Zeitschrift für Gesetzgebung" widmete, weist dem Gender Mainstreaming nur nachrangige Bedeutung zu.
Im Koalitionsvertrag war es noch nicht einmal enthalten. Und in die Wahlprogramme von SPD und Grünen wurde es erst 2002, also nach seiner Einführung, aufgenommen. Eine durchgreifende politische Maxime, die dem bereits vorhandenen Gleichstellungsartikel 3 des Grundgesetzes eine andere Bedeutung unterschiebt, wurde ohne jede öffentliche Debatte eingeführt. Da es sich um die Geschäftsordnung der Regierung handelt, gab es auch keinen Parlamentsbeschluß. Erst seither taucht die Verpflichtung der Politik auf das Gender Mainstreaming in Parteiprogrammen - noch nicht in denen der Union - und Koalitionsverträgen auf: auch in dem der großen Koalition, also mit Zustimmung der Union, die mit dem Familienministerium seither zugleich die Schaltzentrale des Gender Mainstreaming übernommen hat.
Der Begriff wird also zunehmend öffentlich gemacht, meist aber als schlichte Gleichstellungspolitik verkauft - wenn nicht gar als Erweiterung der Gleichstellung zugunsten von Männern, beispielsweise im Strahlenschutz. In Wahrheit ist das Konzept eine Antwort des Feminismus der frühen neunziger Jahre auf die dort als weithin gescheitert wahrgenommene Gleichstellungspolitik durch Frauenbeauftragte, Quoten und sogenannte frauen- oder mädchenspezifische Maßnahmen wie etwa den von Alice Schwarzer und der "Emma" propagierten "Girl's-Day". Gender Mainstreaming soll aber diese Formen parteilicher Frauenpolitik nicht etwa abschaffen, sondern in eine "Doppelstrategie" einschmelzen.
Eingang in die Politik fand das Gender Mainstreaming in Deutschland zunächst in den Gewerkschaften, die auch weiterhin bei seiner Implementation wie auch anderer feministischer Inhalte eine wichtige Rolle spielen. In der internationalen Politik gelang es als erstes, das Gender Mainstreaming mit Hilfe der Vereinten Nationen in der Entwicklungszusammenarbeit durchzusetzen - also wiederum in einem als randständig wahrgenommenen Bereich -, sodann, seit 1993, als Auflage bei der Vergabe von Mitteln des EU-Strukturfonds. Den wenn auch öffentlich nahezu unbeachteten Durchbruch erreichte das Gender Mainstreaming bei der von den Vereinten Nationen ausgerichteten Weltfrauenkonferenz in Peking 1995. Sie wurde von sogenannten NGOs, Nichtregierungsorganisationen, gestaltet. Der Begriff ist unsinnig, weil einerseits eigentlich nichtstaatliche Organisationen gemeint sind und weil solche Interessengruppen andererseits in vielen westlichen Ländern von der öffentlichen Hand finanziert werden. Auch die deutschen Frauenlobbys konnten für die Vorbereitung und Durchführung der Pekinger Konferenz auf beträchtliche Unterstützung des Familienministeriums zurückgreifen, das damals von der 29 Jahre alten thüringischen CDU-Politikerin Claudia Nolte geführt wurde. Sie hatte 1994 Angela Merkel als Ministerin abgelöst.
Die Pekinger Weltfrauenkonferenz verabschiedete neben ihrem umfangreichen Bericht auch eine sogenannte "Aktionsplattform", in der das Gender Mainstreaming enthalten war ("an active and visible policy of mainstreaming a gender perspective in all policies and programmes"). Fast wäre das Projekt gescheitert, weil noch der Entwurf auch den Schutz der "sexuellen Orientierung" verlangte, also der (weiblichen) Homosexualität - hierfür war die Zustimmung des Vatikans und der meisten muslimischen sowie der südamerikanischen Länder nicht zu erlangen. Daß schließlich die Annahme des Berichts in der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 8. Dezember 1995 (Resolution 50/42) zustande kam, wurde auch mit dem Argument begründet, daß die sogenannte Aktionsplattform nur Empfehlungscharakter und keine völkerrechtlich bindende Wirkung entfalte - also mit ihrer Unverbindlichkeit.
Doch mit dem entgegengesetzten Argument, der Verbindlichkeit der Zustimmung zu dieser Resolution, wurde das Gender Mainstreaming umgehend in die Politik der Europäischen Union eingeführt. Bereits am 22. Dezember 1995 beschloß der EU-Ministerrat das "Mainstreaming" in einem Aktionsprogamm, eine "Kommissarsgruppe zur Chancengleichheit" wurde eingerichtet. Im darauffolgenden Februar erging eine Mitteilung der EU-Kommission über das "Mainstreaming" unter der "gender perspective". Im Amsterdamer Vertrag, praktisch einer Neugründung der Union, wurde das Prinzip in Artikel 3 Absatz 2 niedergelegt ("bei allen ihren Tätigkeiten"), zugleich wurde die EU in Artikel 12 ermächtigt, Diskriminierungen aufgrund der "sexuellen Orientierung" zu bekämpfen. Auch hier gingen also Gleichstellungs- und Gleichbehandlungspolitik wieder Hand in Hand.
Vorangetrieben wurde diese Politik nicht zuletzt von der heute 52 Jahre alten sozialdemokratischen Europa-Abgeordneten "Lissy" Gröner aus Langenfeld in Bayern. Frau Gröner ist seit 1989 im Europaparlament. Sie nahm als seine Berichterstatterin an der Weltfrauenkonferenz in Peking teil. Sie ist Mitglied des Gleichstellungsausschusses und - in diesem Zusammenhang kaum weniger bedeutsam - stellvertretendes Mitglied des Haushaltsausschusses, sodann der interfraktionellen Gruppen für "Gay and Lesbian Rights" und "Reproduktive Gesundheit" sowie der Deutsch-Griechischen Gesellschaft. Frau Gröner koordiniert die Frauenpolitik der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, sie ist Ko-Berichterstatterin für das im Aufbau befindliche europäische "Genderinstitut". Sie hat zwei erwachsene Kinder und ist geschieden. Sie lebt, wie es auf ihrer Homepage heißt, "in Lebensgemeinschaft", ihr Wikipedia-Eintrag gibt an, daß sie seit 2005 mit einer Frau verheiratet sei.
In der Europäischen Kommission sind Gleichberechtigung und Gleichstellung seit 1999 beim Kommissar für Beschäftigung und Soziales angesiedelt. Das geht mit der sogenannten Lissabon-Strategie einher, die einen Kompromiß zwischen wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen darstellt. Sie definiert Beschäftigungspolitik zugleich als Sozialpolitik, die Gewerkschaften sicherten sich Mitwirkungsrechte. Unter diesen Hut kam dann auch die Gleichstellungs- und mit ihr die Gleichbehandlungspolitik. Schon der am 19. Juli 1995 neu gefaßte Ausschuß für Chancengleichheit sicherte die Mitwirkung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden, außerdem gehörten ihm "zwei Vertreter(innen)" der Europäischen Frauenlobby als "Beobachter" an. Deren Geschäftsführende Generalsekretärin, praktisch Vorsitzende, war seit 1992 die Deutsche Dr. Barbara Helfferich, und sie war es auch, die diese "Beobachter"-Tätigkeit über die Jahre hin mit wechselnder Begleitung wahrnahm.
- Quellen der Menschlichkeit
Als die Griechin Anna Diamantopoulou 1999 Kommissarin für Beschäftigung und Soziales wurde, erhielt Frau Helfferich in ihrem Kabinett die Zuständigkeit für Gleichstellung und "Anti-Diskriminierung". Das öffentliche Bild von Frau Diamantopoulou ist vor allem durch ihren entschiedenen Einsatz für feministische Belange und für die Antidiskriminierungs-Richtlinien der EU sowie deren Durchsetzung in den Mitgliedstaaten geprägt worden. Sonst werden EU-Kommissare selten bekannt. Barbara Helfferich nennt ihre frühere Kommissarin anerkennend ein "politisches Tier"; obwohl von Haus aus Wirtschaftspolitikerin, trat Anna Diamantopoulou in Beschäftigungsfragen, dem Kernbereich ihres Kommissariats, jedoch nicht hervor. Der Einfluß Frau Helfferichs auf die Politik dieser inzwischen ausgeschiedenen Kommissarin ist beträchtlich gewesen. Das gute Einvernehmen läßt sich auch daran ablesen, daß Barbara Helfferich danach als Sprecherin beim Umweltkommissar Stavros Dimos in einer sonst fast nur mit Griechen besetzten Behördenleitung untergekommen ist.
Bis dahin, in den letzten anderthalb Jahrzehnten, war Barbara Helfferich eine der wichtigsten "Netzwerkerinnen" des deutschen Feminismus. Sie hat Politik im Blut: Karl Helfferich und Walther Schücking gehören zu ihren Vorfahren. 1956 wurde sie in der münsterländischen Hansestadt Warendorf geboren, wo ihre Mutter später das erste Frauenhaus gründete. Sie hat sich schon früh dem Feminismus zugewandt; in ihrer Generation, so sagt sie, gehe das gar nicht anders: "Ich bin und bleibe Feministin." Dabei beruft sie sich auf Betty Friedan; die lesbischen Feministinnen sieht sie seit den Auseinandersetzungen der Siebziger marginalisiert. Die sexuelle Orientierung Alice Schwarzers hält sie einerseits für allgemein bekannt und andererseits für unmaßgeblich. Parteipolitisch steht sie den Grünen nahe. Sie ist geschieden und bedauert, kinderlos zu sein. Zu Beginn ihres Berufslebens wollte sie Kriegsberichterstatterin werden.
Ihre Bedeutung für den Feminismus läßt sich indirekt auch daran ablesen, daß die Europäische Frauenlobby seit 2004 kräftig von der EU alimentiert wird. Als Frau Helfferich 1992 als Lobbyistin in Brüssel begann, gab es außer ihrer Stelle noch eine halbe weitere. Im April 2004 hat das Europäische Parlament der Europäischen Frauenlobby durch einen Basisrechtsakt einen "Betriebskostenzuschuß" gewährt, für den diese Organisation, da sie allein in dem Programm namentlich erwähnt wird, keinerlei weitere Anstrengungen mehr zu unternehmen braucht. Zuvor mußte sie Jahr für Jahr um ihr anfangs etwa 300000 Mark umfassendes Budget kämpfen. Von den insgesamt 3,3 Millionen Euro des aktuellen Aktionsprogramms für Gleichstellungsorganisationen kassiert die Lobby die Hälfte. Sie hat mithin wie eine Behörde quasi einen Haushaltstitel erworben. Der Hinweis auf Lissy Gröner erübrigt sich wohl.
Am "Gender Budgeting" liest die Bewegung inzwischen ihren Erfolg ab. Aber maßgebliches gesellschaftliches Ziel bleibt nach wie vor die von Alice Schwarzer angestrebte Abschaffung der Hausfrau, genauer: der Hausfrau und Mutter, deren Doppelaufgabe mit einer zusätzlichen Vollzeitberufstätigkeit kaum zu vereinbaren ist. Dieses mit der traditionellen Familie untrennbar verknüpfte Rollenbild ist ein urgewaltiger Topos in Kunst, Literatur und Religion, der im Innersten der meisten Menschen beim Gedanken an die eigene Mutter widerhallt. Daß auch eine andere Sicht möglich ist, zeigt etwa die Persiflage der Hausfrau und Mutter durch den 1991 infolge seiner Aids-Infektion verstorbenen Sänger der Rockgruppe "Queen", Freddie Mercury, in dem Lied "I Want To Break Free" in Dralonkittelschürze und Lockenwicklern am Staubsauger. Die Europäische Union bringt dieselbe Idee in der Lissabon-Strategie auf eine andere Formel: danach bleiben die "human resources" (im Deutschen gern mit "Humankapital" übersetzt, wörtlich "die menschlichen Quellen") von Frauen, die nicht lohnabhängig vollbeschäftigt sind, schlicht und einfach ungenutzt.
- Text: F.A.Z., 19.06.2006, Nr. 139 / Seite 8
(Vorstehender unsignierter Beitrag vom 14:05-14:06, 21. Jun 2006 (CEST) stammt von 194.95.179.182 • Beiträge) Nachtrag [i].