In der Biophysik sind Biophotonen spezielle Lichtquanten, die als ein Teil einer von lebenden Systemen ausgehenden schwachen elektromagnetischen Strahlung aufgefaßt werden. Die physiologische Bedeutung dieses Phänomens ist wissenschaftlich umstritten.
Geschichte
In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts schlug der russische Biologe Alexander Gurwitsch nach Experimenten mit keimenden Zwiebeln vor, daß lebende Zellen eine sehr schwache Lichtstrahlung abgeben. Er nannte sie "mitogenetische Strahlung", und zwar aufgrund seiner Vermutung, dass diese Strahlung die Zellteilung (Mitose) auslösen könne. Nur eine Stimme fehlte Gurwitsch, der sich auch einen Namen in der Embryologie gemacht hatte, zum Nobelpreis. Wegen der aufkommenden Biochemie, die das Zellwachstum durch Hormone gesteuert sah (sieht), wurde die "mitogenetische Strahlung" in der Folge vergessen.
Verschiedene experimentelle Hinweise auf eine "ultraschwache Photonenemission (UPE)" von biologischen Systemen blieben in der Folgezeit weitgehend unbeachtet. Sie ließen zum größten Teil kaum noch Zusammenhänge zur ursprünglichen Entdeckung Gurwitschs erkennen. Die Quelle dieser "dark luminescence" wurde, soweit man die Existenz überhaupt anerkannte, auf spontane "imperfections" des Zellstoffwechsels (Oxidations- und Radikalreaktionen) zurückgeführt. Eine biologische Bedeutung wurde bezweifelt.Hauptwiedersacher von Gurwitschs Theorien war der Biochemiker Alexander Holländer. Er und andere Wissenschaftler behaupteten das die Entdeckung solange zweifelhaft bliebe bis die Strahlung "objektiv" gemessen sei.
1954 gelang es den italienischen Astronomen L. Colli, U. Facchini et al. die Lichtemission aus Pflanzenzellen direkt zu messen indem sie einen Photonenverstärker bauten um weit entfernte Sterne sichtbar zu machen. Diesen Richteten sie aber auch auf biologische Proben wie Blätter, Weizen-, Mais- und Bohnenkeime und entdeckten eine konstante aber schwache Photonenemmision.
In den 1970er Jahren wiesen mehrere Wissenschaftler, zunächst Metcalf und Quickenden [1], erneut Photonenstrahlung aus biologischem Gewebe nach. Kurze Zeit später publizierten auch andere, unter anderem der deutsche Physiker Fritz-Albert Popp an der Universität Marburg, die Existenz einer Photonenstrahlung, die er , um Biolumineszenz auszuschließen und in Anlehnung an diesen Begriff Biophotonen nannte. Popp fand Wellenlängen zwischen 200 und 800 nm mit kontinuierlichem Spektrum, sowie Intensitäten von wenigen bis einigen hundert Quanten pro Sekunde und pro Quadratzentimeter Oberfläche, von allen untersuchten lebenden biologischen Objekte. Popp schlug ferner vor, dass diese Strahlung, wie bei Laserlicht, kohärent sei. Zu dieser letzten Hypothese liegen wowohl theoretische als auch experimentelle Studien in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften vor, zum Beispiel:
- F.A.Popp and K.H.Li: Hyberbolic Relaxation as a Sufficient Condition of a Fully Coherent Ergodic Field, International Journal of Theoretical Physics 32 (1993), 1573-1583.
- F.A.Popp and Y.Yan: Delayed luminescence of biological systems in terms of coherent states, Physics Letters A 293 (2002), 93-97.
- F.A.Popp, J.J.Chang, A.Herzog, Z.Yan and Y.Yan: Evidence of non-classical (squeezed) light in biological systems. Physics Letters A 293 (2002), 98-102.
Weitere Publikationen, die den Beweis erbringen und inzwischen von renommierten Wissenschaftlern in peer-reviewed papers oder Monographien reputierter wissenschaftlicher Verlage akzeptiert und zitiert werden, können nach Belieben hinzugefügt werden.
Interpretation
Alle Objekte, ob biologisch oder nicht, geben Schwarzkörperstrahlung ("black-body radiation") ab. Diese wurde bei den Messungen der Photonenstrahlung berücksichtigt und seriös eliminiert. Auch klassische Biolumineszenz, die um einiges intensiver als die gemessene Photonenstrahlung ist, scheidet als Erklärung aus. Die Art der Photonenstrahlung wird offenbar vom Zustand der Zelle(n)(mit)bestimmt. Ob die Photonenstrahlung ein zufälliges Nebenprodukt des Stoffwechsels ist, oder ob sie einen steuernden Zweck erfüllt, kann zwar als weiterhin "umstritten" abgetan werden. Jedoch korreliert die Vorstellung eines alle molekularen Vorgänge in biologischem Material regulierenten Photonenfeldes mit der Theorie der kohärenten Zustände in biologischen Systemen von Ilya Progogine, von dem er auch für seine These Unterstützung bekam. Deshalb wurden von Popp Zusammenhänge zwischen der Photonenemission von biologischer Materie, dem Zellwachstum, sowie Regulations- und Kommunikationsvorgängen vorgeschlagen. Popp wies im übrigen nach, daß sich einzelne Biophotonenquellen immer im Kohärenzvolumen der Zelle finden und deshalb überhaupt nicht lokal nachgewiesen werden können.
Zusammen mit einer Gruppe von Wissenschaftlern, unter anderem aus ausländischen staatlichen Universitäten und Forschungsinstituten, erforschten und erforschen Popp und Kollegen im internationalen Institut für Biophysik (IIB) bei Neuss nicht nur die Eigenschaften der Strahlung, sondern gehen unter Einschluss der Anregung mit weißem und farbigem Licht, so auch mit Lasern der sogenannten ("verzögerten Lumineszenz", "delayed luminescence") und damit verbundenen verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten nach. Unter diesen Wissenschaftlern befindet sich Lev Beloussov, ein Enkel Alexander Gurwitschs, der an der Moskauer Staatsuniversität einen Lehrstuhl für Embryologie hat. Dieses Gebiet gehört nach internationalem Verständnis zur "Biophotonics", einem Begriff, der zum ersten Mal von Beloussov und Popp in vollem Einklang zur späteren Verwendung dieses Begriffes vorgeschlagen und eingeführt wurde. Die Gruppe von Popp arbeitet an Verfahren für die Anwendung ihrer Lehre in der Qualitätsanalyse von Lebensmitteln, bei der Beobachtung von Umwelteinflüssen, in der Bio-Indikation, in der Analyse von Unterschieden in Geweben (zum Beispiel zwischen gesunden und Tumorgeweben), in den Bemühungen um ein tieferes Verständnis von Krankheiten. Die Gruppe versteht ihre Tätigkeit als ganzheitlichen Ansatz zur Erklärung biologischer Phänomene lebender Systeme, insbesondere der Kommunikations- und Regulationsvorgänge in Zellen und Zellpopulationen - wie Wachstum und Differenzierung, einschließlich physikalischer Fragen zum Verständnis des Bewußtseins.
Literatur
- Marco Bischof: Biophotonen: Das Licht in unseren Zellen ISBN 3861500957
- Fritz-Albert Popp: Die Botschaft der Nahrung. Unsere Lebensmittel in neuer Sicht ISBN 3596114594
- Fritz-Albert Popp: Biologie des Lichts. Grundlagen der ultraschwachen Zellstrahlung ISBN 382632692X
- L.Beloussov and F.A.Popp (eds.): Biophotonics. Proc.Int.Conf.Moscow State University 1994, Bioinform-Services, Russia 1995.
- J.J.Chang, J.Fisch and F.A.Popp (eds.), Biophysics: Biophotonics. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht-Boston-London 2003.
- F.A.Popp and L.Beloussov (eds.): Integrative Biophysics: Biophotonics, Kluwer Academic Publishers, Dordrecht-Boston-London 2003.
- X.Shen and R.van Wijk (eds.):Biophotons and Biophotonics. Springer, Berlin-New York, 2004.
Weblinks
Links, die bei der kritischen Beurteilung dieses Artikels helfen können
- Stiftung Insel Hombroich Der Sitz des International Institute of Biophysics e.V., "Die Insel ist urweiblich"
- Interview mit Fritz-Albert Popp z.B. mit Informationen, warum er aus seiner Sicht seinen Lehrstuhl verloren hat