Telefonseelsorge

Service
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Die Telefonseelsorge ist ein Beratungs- und Seelsorgeangebot der evangelischen und der katholischen Kirche. Sie ist in Deutschland rund um die Uhr telefonisch unter den bundeseinheitlichen Rufnummern 0800- 111 0 111 und 0800- 111 0 222 und im Internet per Mail und Chat über www.telefonseelsorge.de erreichbar. Als einzige Einrichtung bietet sie Tag und Nacht flächendeckend ein telefonisches Gesprächsangebot für Menschen in Sorgen und Nöten an. Die Telefonseelsorge dient dabei als Krisendienst unmittelbar der Suizidprävention.

Geschichte der Telefonseelsorge

Die Idee einer Telefonseelsorge entstand zuerst in protestantischen Pfarrhäusern: 1892 erstmals in New York und dann 1953 in London wurden Pfarrer auf die steigende Zahl von Suizidversuchen und Selbsttötungen in ihren Großstädten aufmerksam. Sie boten ihre Telefonnummern in Zeitungsinseraten an, um diesen Menschen doch noch ein Gespräch, ein menschliches Ohr, ein Angebot zur Hilfe in ihrer Verzweiflung geben zu können. So gab der anglikanische Pfarrer einer Londoner Innenstadtgemeinde, Chad Varah, am 2. November 1953 in der "Times" die Anzeige auf: "Before you commit suicide, ring me up. Telephone Mansion House 9000". (Bevor Sie versuchen, Selbstmord zu begehen, rufen Sie mich an.) Aus der Initiative Einzelner wurde in England die Bewegung der "Samaritans", in Deutschland gründeten sich Mitte der 50er Jahre aus ähnlichen Motiven die ersten Telefonseelsorge-Stellen in Berlin, Kassel und Frankfurt. Im Jahr 2006 feiert die Telefonseelsorge Deutschland ihr 50jähriges Bestehen mit der Gründung der Berliner Stelle. In Deutschland haben sich zwei Dachverbände entwickelt. Die evangelische und die katholische Konferenz für Telefonseelsorge und Offene Tür, die in der gemeinsamen Evangelisch-Katholischen Kommission die Zusammenarbeit der 105 deutschen (meist ökumenischen) Telefonseelsorge-Stellen organisieren.

Grundsätze der Telefonseelsorge

  • Anonymität: Niemand, der anruft, wird nach seinem Namen gefragt. Jede und jeder kann anonym bleiben. Die Rufnummer der Anrufenden erscheint in keinem Display. Da das Telefonat gebührenfrei ist, hinterlässt es keine Datenspur, beispielsweise auf der Telefonrechnung. Auch die Telefonseelsorger/innen bleiben anonym.
  • Verschwiegenheit: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht.
  • Erreichbarkeit: Die Telefonseelsorge-Stellen sind Tag und Nacht erreichbar, auch an Wochenenden und Feiertagen, bundesweit.
  • Kompetenz: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge werden ausgewählt, ausgebildet, werden kontinuierlich weitergebildet und durch regelmäßige Supervision von Fachleuten begleitet.
  • Offenheit: Die Telefonseelsorge ist offen für alle Problembereiche, für alle Anrufenden in ihrer jeweiligen Situation. Sie ist da für alle Anrufenden – unabhängig von Konfession und Weltanschauung, von Nationalität, von Rasse oder Geschlecht.
  • Gebührenfreiheit: Für die Ratsuchenden entstehen keine Kosten. Die anfallenden Telefongebühren übernimmt die Deutsche Telekom AG als Partner der Telefonseelsorge. Im Internet fallen lediglich die eigenen Verbindungskosten der Ratsuchenden an.

Ehrenamtliche Mitarbeiter/innen

Dieses Beratungsangebot ist als 24-Stunden-Dienst nur durch die Mitarbeit von deutschlandweit über 7.000 Ehrenamtlichen möglich. Durch ihr Engagement gelingt es der Telefonseelsorge, bereits seit einigen Jahrzehnten rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres für Gespräche zur Verfügung zu stehen. Die Ehrenamtlichen erklären sich zu Beginn der Ausbildung bereit nach ihrer Ausbildung eine Mindestzahl von Jahren (meist 2 Jahre oder mehr) mitzuarbeiten. Die größte Zahl der Freiwilligen bleibt jedoch weit länger im Dienst. In manchen Stellen gibt es vereinzelt sogar Ehrenamtliche, die 20, 30, 40 Jahre und länger dabei sind.

Organisation der Telefonseelsorge in Deutschland

Die TelefonSeelsorge wird in Deutschland von der evangelischen und katholischen Kirche getragen. Dies geschieht derzeit in 105 selbständigen TS-Stellen durch über 7.000 ehrenamtliche und ca. 350 hauptamtliche Mitarbeiter/innen. Diese örtlichen Stellen sind in katholischer, evangelischer, vorwiegend jedoch in ökumenischer Trägerschaft. Rechtlich sind die Stellen sehr unterschiedlich konzipiert. Zum Teil sind die Telefonseelsorge-Stellen Dienststellen von Landeskirchen oder Diözesen, die selbst en| des Öffentichen Rechtssind. Häufig werden sie aber auch in der Form eines eingetragenen Vereins (e.V.) geführt. Als Träger fungieren insgesamt unterschiedliche Rechtsträger: Landeskirchen, Diözesen, Dekanate, Kirchenkreise vereinzelt auch Verbände der Diakonie und Caritas. Die Evangelisch-Katholische Kommission für TS und Offene Tür, die von den Vorständen der Evangelischen und der Katholischen Konferenz für TS und Offene Tür gebildet wird, ist Inhaberin des Markennamens Telefonseelsorge und verfügt über die Vergabe der beiden einheitlichen deutschlandweiten Rufnummern und über die Beratungsportal im Internet.

Qualitätssicherung

Sowohl die technischen Bedingungen als auch das Anrufverhalten von Menschen und ihre Probleme verändern sich im Laufe der Zeit. Um die Qualität der Arbeit zu gewährleisten, muss somit eine ständige Auseinandersetzung mit den Fragen der Zeit stattfinden. Dies findet auf Verbandsebene unter anderem durch internationale oder nationale Kongresse, Weiterbildungen und Fachtagungen der Mitarbeiter statt. In den Stellen vor Ort bzw. bei regionalen und überregionalen Treffen werden hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen regelmäßig weitergebildet und supervidiert. Darüber hinaus gibt es nationale und internationale Standards zur Auswahl, Aus- und Weiterbildung sowie Supervision der Mitarbeiter/innen.

Internationale Vernetzung

Die Telefonseelsorge gehört dem internationalen Dachverband IFOTES an. In der Ethik Charta von IFOTES sind die internationalen Grundsätze der Telefonseelsorge festgehalten. Über diese internationalen Regeln hinaus gibt es Regelungen der nationalen Verbände sowie Satzungen und Konzeptionen der einzelnen Stellen. Diese dienen dazu die Idee der Telefonseelsorge entsprechend der nationalen und regionalen Gegebenheiten zeitgemäß zu verwirklichen und konkrete Mindeststandards zu gewährleisten.

Seelsorge und Beratung auch im Internet

Auch im Internet hat die Telefonseelsorge Pionierarbeit geleistet. Sie bietet neben Gesprächen am Telefon auch Beratung und Seelsorge per Mail und Chat an. Schon 1995 waren einzelne Stellen der TelefonSeelsorge mit einem Beratungsangebot im Internet vertreten. Damit gehört die TelefonSeelsorge zum ältesten Beratungsdienst im deutschsprachigen Internet. Mit über 250 Internetberater/innen in über 30 Stellen (Stand: September 2004) stellt die Telefonseelsorge auch im Internet eine zentrale Anlaufstelle für Menschen mit Problemen, in Krisen und mit Selbstmordabsichten dar.

Anonymität und Datenschutz

Seit der Digitalisierung des Telefonnetzes setzen sich die Verantwortlichen der Telefonseelsorge aktiv mit den Fragen des Datenschutzes auseinander, um für die Anonymität und Sicherheit der Ratsuchenden wirksam eintreten zu können. So stellen der mögliche Einzelverbindungsnachweis und das Internet große Herausforderungen für eine anoyme Beratung dar. Auch auf politischer Ebene hat sich die Telefonseelsorge diesbezüglich mit Erfolg eingestzt. Mittlerweile wird der anonyme und unbeobachtbare Zugang zum telefonischen Beratungsangebot sogar durch ein Bundesgesetz (§ 97 des Telekommunikationsgesetzes in der aktuellen Fassung von Juni 2004 TKG) gewährleistet. Darüber hinaus hat die Telefonseelsorge aber auch bei der Online-Beratung ein umfassendes Sicherheitskonzept realisiert und das Sewecom-Projekt für sichere Internetkommunikation mit initiert. Die staatlichen Gesetze von Bund und Ländern gelten bei der Telefonseelsorge nichtunmittelbare, da dieser Bereich von den Kirchen eigens geregelt wird (Kirchlicher Datenschutz). Zuständig sind somit die Datenschutzbeauftragten der örtlichen kirchlichen Träger, je nachdem, ob es sich um eine Dienststelle des jeweiligen (Erz-)Bistums bzw. der Landeskirche oder um eine rechtlich eigenständige Einrichtung wie einen eingetragenen Verein handelt.

Aubildung

Die Ausbildung zum / zur ehrenamtlichen Telefonseelsorgerin / zum Telefonseelsorger findet in den Stellen vor Ort, entsprechend der Rahmenrichtlinien der Dachverbände statt. Vor der Ausbildung wird ein Auswahlverfahren durchgeführt, das Einzelgespräche und Gruppenverfahren enthalten kann. Die Ausbildung dauert in Regel ein Jahr und beeinhaltet Selbsterfahrung als Auseinandersetzung mit den eigenen Problemen und Lebensthemen und befaßt sich mit Gesprächsführung in einem helfenden Gespräch. Die fachlichen Schwerpunkte (tiefenpsychologisch, gestalttherapeutisch, systemisch usw.) können in den einzelnen Stellen differieren. Fachliche Basis der Ausbildung ist dabei insgesamt die klientenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers und die darin formulierten förderlichen Grundhaltung für ein helfendes Gespräch. Die fachlich fundierte Ausbildung in Gesprächsführung und die supervisorische Begleitung und Weiterbildung der Ehrenamtlichen macht die Tätigkeit bei der Telefonseelsorge für viele Menschen interessant. Interessierte können sich an ihre nächstgelegene örtliche Stelle wenden. In den nachfolgenden Links ist eine Karte und ein Liste der deutschen Telefonseelsorge-Stellen zu finden.