Rickettsien

Gattung der Familie Rickettsiaceae
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Rickettsia
Vorlage:Taxonomy
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Vorlage:Divisio: Proteobacteria
Vorlage:Classis: Alpha Proteobacteria
Vorlage:Ordo: Rickettsiales
Vorlage:Familia: Rickettsiaceae
Vorlage:Genus: Rickettsia
Wissenschaftlicher Name
Rickettsia
da Rocha-Lima, 1916
Vorlage:Speciesen

Bakterien der Gattung Rickettsia sind parasitäre Organismen, die sich in vielen Zecken, Flöhen, Milben, und Läusen als Vektoren (Überträger) finden.

Beim Menschen verursachen sie eine ganze Reihe von Krankheiten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern, die medizinisch zur Gruppe der Rickettsiosen zusammengefasst werden. Als Beispiele seien genannt Fleckfieber (syn. Typhus exanthematicus), Rickettsienpocken, Brill-Zinsser-Krankheit, Boutonneuse-Fieber (Mittelmeer-Zeckenfleckfieber) und das Rocky-Mountain-Fleckfieber. Wie Viren gedeihen Rickettsien als intrazelluläre Parasiten ausschließlich in lebenden Zellen. Auf diese Weise gelingt es ihnen, dem Immunsystem ihrer Wirte zu entgehen. Die Bezeichnung "Rickettsien" wird häufig für alle Mitglieder der Ordnung der Rickettsiales verwendet.

Namensgebend ist der Pathologe Howard Taylor Ricketts (18711910), der u. a. das Rocky-Mountains-Fleckfieber erforschte, dessen Erreger er im Blut infizierter Menschen und in der als Vektor aktiven Viehzeckenart nachweisen konnte. 1909 reiste er nach Mexiko-Stadt, mit dem Ziel den Typhus zu erforschen. Dabei infizierte er sich mit Rickettsien, so dass er 1910 an der Erkrankung verstarb.

Rickettsien sind unbewegliche, gram-negative, hochgradig polymorphe (= vielgestaltige, pleomorphe) Organismen, die keine Sporen bilden. Häufig handelt es sich um runde (= Kokken) bis ovale Bakterien mit einem Durchmesser von 0.1 µm; sie können auch als Stäbchen (1-4 μm lang) oder Faden-artig (10 μm lang) auftreten. Gelegentlich bilden sie Ketten, meist kommen sie jedoch einzeln oder in Paaren vor. Als obligatorische intrazelluläre Organismen, hängt das Überleben der Rickettsien völlig von ihrer eukaryotischen Wirtszelle (meist Endothelzellen) ab, in deren Zytoplasma sie eindringen müssen um vor dem Abwehrsystem des Wirts geschützt zu sein. Auch die Vermehrung durch Querteilung findet im Inneren der Wirtszelle statt. Die Freisetzung der Bakterien erfolgt anschließend durch Abschnürung aus der Zellmembran (Exozytose) oder durch Lyse, wodurch die Wirtszelle zerstört wird.

Aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Wirtszelle können die Parasiten im Labor nicht in künstlichen Nährmedien gehalten werden. Man züchtet sie daher entweder in biologischen Geweben oder Embryo-Kulturen (typischerweise werden Hühnerembryonen verwendet). Wegen ihrer Zellabhängigkeit und ihres reduzierten Stoffwechsels, wurden Rickettsien in der Vergangenheit als Mikroorganismen häufig irgendwo zwischen den Viren und den echten Bakterien eingruppiert, gleichsam als eine "Zwischenspezies".

Die Mehrzahl aller Rickettsien ist empfindlich gegenüber Antibiotika der Tetracyclin-Gruppe. In feuchten Medien erfolgt eine Abtötung bei 50°C in 15 Minuten. Auch mit herkömmlichen Desinfektionsmitteln lassen sich die Pathogene wirksam zerstören.

Gruppierung

Bezüglich ihrer Eigenschaft als Humanpathogen werden Rickettsien gewöhnlich in folgende drei Gruppen gegliedert:

  • Zeckenbissfieber(spotted fever)
Bez. d. Organismus   verursachte Krankheit Vorkommen
R. rickettsii Rocky-Mountains-Fleckfieber westliche Hemisphäre
R. akari Rickettsien-Pocken USA, frühere Sowjetunion
R. conorii Boutonneuse-Fieber ("afrikanisches Zeckenbissfieber")  
leichter Verlauf: Lymphadenitis,   
stark ausgeprägte Primärläsion, Exanthem
Mittelmeer-Länder, Afrika, Südwestasien, Indien
R. sibirica Sibirian tick typhus ("nordasiatisches oder sibirisches Zeckenbissfieber") Sibirien, Mongolei, nördliches China
R. australis Australian tick typhus ("australisches Zeckenbissfieber") Australien
R. japonica Japanisches Fleckfieber Japan
  • Fleckfieber(typhus)
Bez. d. Organismus   verursachte Krankheit Vorkommen
R. prowazekii Klassischer Typhus exanthematicus, Brill-Zinsser-Krankheit, klassisches Fleckfieber weltweit
R. typhi murines Fleckfieber (endemischer Typhus) weltweit
  • Tsutsugamushi (scrub typhus) Gruppe (Anm.: Bezeichnung unklar!)
Bez. d. Organismus   verursachte Krankheit
R. tsutsugamushi
(jetzt eine eigene
Gattung, Orientia)
Tsutsugamushi-Krankheit (scrub typhus);   
schwerer Verlauf: Enzephalitis, Lymphadenitis,   
stark ausgeprägte Primärläsion, Exanthem
SW-Asien, nördliches Australien, Pazifische Inseln

Mechanismus der Zellinvasion

Wie es Rickettsien gelingt, in eukaryotische Zellen einzudringen, war bislang ein Rätsel. Wissenschaftlern vom Institut Pasteur in Paris ist es Ende 2005 gelungen anhand von Rickettsia conorii zwei am Eindringvorgang beteiligte Schlüsselproteine zu identifizieren. Es handelt sich um das bakterielle Protein OmpB und um das Säugerprotein Ku70, das sich normalerweise im Zellkern von Säugetierzellen findet. Offensichtlich kann es aber auch zur Zellmembran wandern, wo es vom Rickettsien-eigenen rOmpB festgehalten und zum Eindringen in die Zelle genutzt wird. Die Wissenschaftler bezeichneten rOmpB aufgrund dieser "verräterischen" Eigenschaft auch als "molekularen Handlanger" der Rickettsien.

PMID: 16360032