Kyrill (gesprochen: "Kirill" [1], vom griechischen „der Herrliche“) ist der Name des Orkans, der am 18. Januar 2007 das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas beeinträchtigt und gegenwärtig mindestens elf Todesopfer – davon vier in Deutschland – forderte, zu erheblichen Sachschäden und zur vorzeitigen Schließung von Schulen sowie zu teilweisen Sperrungen von Autobahnen und Hochbrücken führte.
Das Tiefdruckgebiet, aus dem sich der Orkan entwickelt hat, entstand am 5. Januar 2007 über Neufundland und zog danach Richtung Osten. Es erreichte Mitteleuropa am 18. Januar 2007. Bereits zwei Tage zuvor war vom Deutschen Wetterdienst eine erste Unwettervorwarnung herausgegeben worden, später wurden für ganz Deutschland amtliche Unwetterwarnungen veröffentlicht.
Allgemeines
Als Sturm wird Wind bezeichnet, der mit Geschwindigkeiten ab ca. 75 km/h weht. Meteorologen rechnen allerdings nicht in km/h, sondern in Beaufort. Danach beginnt Sturm bei Windstärke 9. „Stürmischer Wind“ entspricht in der Meteorologie 62 bis 74 Stundenkilometern und kann Autos ins Schleudern bringen.
Windgeschwindigkeiten von 89 bis 102 km/h werden als „schwerer Sturm“ tituliert. Ab 103 Stundenkilometern wächst sich das „Wetter in Bewegung“, so die Definition der Meteorologen für Wind, zu einem orkanartigen Sturm aus. Dieser kann dann schon schwere Zerstörungen anrichten.
Alles über 118 km/h gilt als Orkan. Das entspricht auf der zwölfteiligen Skala des britischen Admirals Sir Francis Beaufort (1774-1857) Windstärke 12 und kann zu Verwüstungen führen. Tropische Wirbelstürme erreichen ab Windgeschwindigkeiten von 118 km/h die Klassifizierung eines Hurrikans.
Orkane entstehen vor allem im Herbst und Winter wegen der extremen Temperaturgegensätze zwischen Norden und Süden: Über dem Polargebiet herrschen Minusgrade, aus dem Süden zieht warme Luft heran. Kalte und warme Luftmassen prallen meist über dem Atlantik aufeinander (Okklusionen). Dabei wird viel Energie freigesetzt, die dann als Orkan über See und Land wirbelt.
Sturmverlauf
Das Zentrum des Sturms zog über Nordirland, Schottland und Schweden hinweg, doch auch die südlich gelegenen Regionen Mitteleuropas nördlich der Alpen waren betroffen. Der Sturm erreichte auf den britischen Inseln Windgeschwindigkeiten von mehr als 130 km/h (Spitze Lleyns) und führte zu weitreichenden Einschränkungen im morgendlichen Berufsverkehr. Unter anderem wurde die Zugverbindung zwischen Cardiff und London Paddington eingestellt, auf der East Coast Main Line wurde im reduzierten Fahrplan gefahren.
Vorbereitungen auf den Sturm
Um Unglücke zu vermeiden, wurden in ganz Europa vielfältige Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Um auf durch den Sturm verursachte Schäden und Unglücke rasch reagieren zu können, wurden zudem zahlreiche staatliche und infrastrukturelle Einrichtungen und Unternehmen personell verstärkt.
Am Flughafen London-Heathrow und am Flughafen Frankfurt am Main fielen zahlreiche Flüge aus, da auf Grund der Sturmböen die Staffelungsabstände der Flugbewegung erhöht werden mussten und die Kapazitäten der Flughäfen überlastet wurden. [2][3]
Deutschland
Am Mittag des 18. Januars wurde die 1000 Meter lange, 60 Meter hohe Talbrücke Reichenbach der A71 im Thüringer Wald gesperrt, da hier bereits in der Vergangenheit immer wieder Lkw umgeweht wurden und von der Brücke zu stürzen drohten. [4] Diese Brücke ist nicht gegen Wind geschützt und stellt daher bei Sturm ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Nachmittags wurde die Kennedy-Brücke in Bonn sicherheitshalber gesperrt. Gegen 18 Uhr folgte die Werratalbrücke (A7). In Düsseldorf wurde am frühen Abend auch die Rheinknie-Brücke gesperrt.
In vielen Schulen fiel präventiv der Unterricht ganz oder zumindest teilweise aus. Darüber hinaus wurde es den Eltern in Berlin freigestellt, ihre Kinder aufgrund der Unwetterwarnungen zuhause zu behalten.[5] In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen sahen sich die Kultusministerien gezwungen, landesweit an Schulen den Nachmittagsunterricht abzusagen, um den Schülern eine sichere Heimfahrt vor dem Eintreffen des Sturms zu ermöglichen. Den Schulleitern in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen und Thüringen wurde es freigestellt, den Nachmittagsunterricht an ihren Schulen abzusagen. So fiel auch in diesen Bundesländern an den meisten Schulen der Nachmittagsunterricht aus, um das Risiko für die Schüler zu minimieren. Sogar Kindergärten wurden früher geschlossen. Auch an den Universitäten in Bayern wurde der Lehrbetrieb teilweise vorzeitig eingestellt.
Österreich
In Österreich geht man davon aus, dass vor allem Vorarlberg und die Alpennordseite von den bis zu 140 km/h schnellen Winden betroffen sein werden. Vorarlberg und Tirol haben für Donnerstag und Freitag Sturmwarnungen herausgegeben. In Vorarlberg, Niederösterreich und Wien wurden Krisenstäbe eingerichtet, um Einsatzkräfte im Ernstfall effizient koordinieren zu können. In Wien stehen 500 Feuerwehrleute für den Sturmeinsatz bereit. Sollte es schwerere Folgen geben, kann um weitere 500 aufgestockt werden. In den Schulen Oberösterreichs wurde am Nachmittag "sturmfrei" gegeben. Der Stromversorger Energie AG Oberösterreich stellte 400 bis 500 Mitarbeiter zum Bereitschaftsdienst bei Stromausfällen bereit.[6]
Auswirkungen
Großbritannien
In Großbritannien kamen durch den Orkan vier Menschen ums Leben. In der Grafschaft Shropshire starb der Geschäftsführer des Flughafens Birmingham International, als ein abgebrochener Ast die Windschutzscheibe seines Wagens durchschlug. [7][8] Ein weiterer Autofahrer kam in Berkshire ums Leben, als ein Baum auf sein Fahrzeug stürzte. [9] Ein LKW-Fahrer verlor in North Yorkshire sein Leben, als sein Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und sich überschlug. [7] In Stockport (Greater Manchester) wurde eine Frau von einer umstürzenden Mauer erschlagen.[7]
Im Ärmelkanal geriet das Containerschiff MSC Napoli in Seenot und musste von der Besatzung aufgegeben werden.[2] Das Schiff sank später. Der Fährverkehr zwischen Dover und Calais wurde zeitweise eingestellt, und auch auf den anderen Fährverbindungen im Ärmelkanal kam es zu Behinderungen. [10]
Niederlande
Auf dem Universitätsgelände der Universität von Utrecht stürzte ein Kran auf ein Gebäude. In Den Haag gingen aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten Schaufensterscheiben zu Bruch.[11] In Amsterdam musste der Hauptbahnhof wegen Schäden am Dach gesperrt werden.[12]
Deutschland
In Deutschland verunglückte auf der Bahnstrecke Elmshorn - Westerland ein InterCity der Deutschen Bahn, als er gegen einen vom Sturm umgestürzten Baum fuhr. Es entstand nur Sachschaden.[12] Am späten Nachmittag stellte die Deutsche Bahn den Bundesfernverkehr auf weiten Strecken sowie den Regionalverkehr in Nordrhein-Westfalen komplett ein. Am frühen Abend dann wurde der Bahnbetrieb im Norden und Westen Deutschlands sowie der gesamtdeutschen Fernverkehr komplett eingestellt, da immer mehr Strecken durch umgestürzte Bäume gesperrt werden mussten.[13] Später am Abend musste auch der restliche Regionalverkehr bundesweit eingestellt werden.[3]
In Baden-Württemberg fuhr ein Autofahrer beim Versuch, einem umgestürzten Baumstamm auszuweichen, in ein entgegenkommendes Fahrzeug und kam beim Aufprall ums Leben.[3] In München wurde ein 18 Monate altes Kind von einer aus der Verankerung gerissenen Terassentür getroffen und starb infolge der schweren Verletzungen in einem Krankenhaus.[3] Im Landkreis Augsburg wurde ein 73-jähriger Mann von einem Scheunentor erschlagen. [14]
Die Deutsche Bahn stellte um 19:30 wegen des Orkans "Kyrill" bundesweit den gesamten Zugverkehr ein.Referenzfehler: Es fehlt ein schließendes </ref>
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Als Konsequenz des Orkans fällt in manchen Gegenden Deutschlands, unter anderem in Oberbayern und Schwaben, am darauffolgenden Freitag der Schulunterricht aus[15].
Quellen
- ↑ Website der Aktion "Wetterpate" an der FU Berlin, die die Namen vergibt [1]
- ↑ a b CNN "26 flee sinking ship as storm batters UK", 18. Januar 2007
- ↑ a b c d Der Spiegel: "Das Neueste von 'Kyrill' auf einen Blick", 18. Januar 2007
- ↑ Freies Wort, 18. Januar 2007
- ↑ „Schulbesuch bei extremer Wetterlage: Eltern entscheiden“, 18. Januar 2007
- ↑ ORF „Bericht Absagen und Verspätungen, 18. Januar 2007“
- ↑ a b c BBC News: "BBC News: Four dead as UK struck by storms", 18. Januar 2007
- ↑ BBC News: "BBC News: Man dies as storms batter region", 18. Januar 2007
- ↑ BBC News: „BBC News: England battered by wind and rain“, 18. Januar 2007
- ↑ BBC News: „England battered by wind and rain“, 18. Januar 2007
- ↑ ORF: "'Schwere Schäden durch Orkan Kyrill, 18. Januar 2007
- ↑ a b n-tv: "'Kyrill' wird stärker, 18. Januar 2007
- ↑ Bahn.de: „Erwarteter Sturm in Orkanstärke hat Auswirkungen auf den Zugverkehr“, 18. Januar 2007
- ↑ WEB.DE-Nachrichten: „Orkan "Kyrill" hat bereits sieben Opfer gefordert“, 18. Januar 2007
- ↑ [2]