Diskussion:Blauer Montag
blau machen
das das mit dem montag zusammenhängt, dafür gibt's keinen anhaltspunkt. wieso sollten die färber sonntags gefärbt haben? --W!B: 08:24, 12. Jul 2006 (CEST)
- Stimmt. Habe diesen Teil rausgenommen - im Buch "Wie Farben Wirken" von Eva Heller wird zB erklärt, warum diese Erklärung sehr unwahrscheinlich ist.
- Ich habe gelesen der Ausdruck "blau machen" käme daher dass die Anwohner an den Tagen an denen blau gefärbt wurde, des Gestankes wegen die Dörfer verliessen, also blau machten. ---Nicor 15:12, 24. Nov. 2006 (CET)
Blau sein
- Traditionell wurde der Farbbrühe zur besseren Farbentwicklung Urin beigemischt, wobei als „Handwerksregel“ galt, dass die Färbung noch besser gelang, wenn die Färber reichlich Alkohol getrunken hatten. Angeblich hat sich daraus der gebräuchliche Begriff „blau sein“ entwickelt, was jedoch falsch ist: „Blau sein“ ist die Verballhornung eines jiddisch-hebräischen Ausdrucks für "im Nichts sein".
klingt zwar gut, konnt ich aber nirgendwo verifizieren (das Blau sein, das mit den Urin ist dort sauber verankert), weder hab ich einen jiddischen, noch einen hebräischen ausdruck gefunden, der dem entspricht
- quellen:
- Liste deutscher Wörter aus dem Hebräischen
- http://home.tiscalinet.ch/ingridmkaufmann/DeuHebr.htm Deutsch-Hebräisch Wörterbuch
ich werd noch im jiddischen weitersuchen --W!B: 08:24, 12. Jul 2006 (CEST)
- Die Zurueckfuehrung von blau ("betrunken") und -- wie derzeit im Artikel -- von blau machen ("nichts tun, sich einen arbeitsfreien Tag goennen") auf das (angebliche) Saufen der Blaufaerber scheint mir keineswegs "gut verankert", sondern eher selbst eine Schnapsidee zu sein, fuer die ich auch keine wissenschaftliche Quellen kenne, sondern nur Webseiten, die das so oder so aehnlich erzaehlen. Zwar ist richtig, dass in historischen Farbrezepturen der zu verwendende Urin oft als Urin von regelmaessigen Bier- oder Weintrinkern spezifiziert wurde (wenn besonders saurer Urin benoetigt wurde), dazu sehr informativ der Artikel "Urin" in Thomas Brachert, Lexikon historischer Maltechniken (2001). Dass die Urinspender zu diesem Zweck eigens Alkohol gereicht bekamen, darf man aber fueglich bezweifeln: es waere die denkbar teuerste (und zugleich eine de facto wirkungslose, aber das wusste man noch nicht) Methode gewesen, um den pH Wert des Urins zu senken, waehrend Urin doch gerade wegen seiner kostenlosen oder niedrigpreisigen Verfuegbarkeit als Alternative (oder Zugabe) zu teureren Mittel wie z.B. Essig verwendet wurde. Mal ganz abgesehen von der Frage, ob fuer das Blaufaerben Urin nicht eher als alkalischer Zusatz (d.h. Urin mit moeglichst hohem pH-Wert) benoetigt wurde. In etwas anderer Form wird die Blaufaerberstory von der Webseite www.seilnacht.de erzaehlt [1], die auch den Ausdruck blauer Montag hierauf zurueckfuehren will:
- Zur Herstellung des Farbstoffes wurden die Blätter des Färberwaids in Kübeln mit menschlichem Urin vergärt. Durch die Zugabe von Alkohol wurde der Gärungsprozess verstärkt. Da Alkohol aber teuer war, tranken die Färber viel Alkohol, der dann im Urin angereichert war. Zum Färben der Stoffe wurden diese meist sonntags für mindestens 12 Stunden in das Färbebad eingetaucht. Die blaue Farbe auf den Textilstücken ergab sich jedoch erst, wenn diese längere Zeit an die Luft gehängt wurden. Immer wenn die Färbergesellen am Montag betrunken daneben lagen, um auf das Ergebnis zu warten, wusste jeder, dass blau gefärbt wurde, die Färber waren "blau" und machten "blau". Auch der Begriff "blauer Montag" findet hier seinen Ursprung.
- Demnach haetten die Waidknechte, wenn ich das richtig verstehe, wohl keine "Handwerksregel" befolgt, sondern den eigentlich direkt beizumischenden Alkohol fuer sich selbst abgezweigt und erst auf dem Weg ueber die eigene Verdauung dem Gemisch zugefuehrt, was menschlich verstaendlich, aber ebenfalls nicht unbedingt im Sinne einer oekonomisch wirtschaftenden Farbindustrie gewesen waere.
- Wenn der Ausdruck blauer Montag seit 1550 (laut Kluge) belegen laesst, historisch plausibel auf die liturgische Farbe der Quatember-Gedaechtnismessen zurueckzufuehren ist und den arbeitsfreien Montag der Handwerker bezeichnet, dann reicht das vollkommen aus, auch den offenbar wesentlich juengeren Ausdruck blau machen daraus abzuleiten, zumal letzterer Ausdruck keinen inhaltlichen Bezug zum Trinken von Alkohol hat (auch wenn der arbeitsfreie Tag natuerlich gerne dafuer genutzt wird).
- Kluges Eytmologisches Woerterbuch der deutschen Sprache leitet "blau machen" in diesem Sinn aus dem "blauen Montag" ab, waehrend Kluge fuer "blau" = betrunken vermutet: "stammt wohl aus 'blau vor den Augen', 'blau sehen' u.ä. (wofür wir heute schwarz sagen), bezeichnet also das Schwindelgefühl des Betrunkenen." Nun ja.
- Zur Frage der jiddischen Etymologie: Siegmund A. Wolf, Woerterbuch des Rotwelschen (1. Ausg. 1956), no. 524 "blau", geht aus von jidd. lo, lau, "nicht(s), nein, ohne" als Etymon fuer Rotwelsch lau, "böse, schlecht, überhaupt Bezeichnung des Negativen", und erklaert (Anmerkung: die Abkuerzung "rw" bei Wolf bedeutet "rotwelsch"):
- Aus jidd. belo »ohne« und aus welo, welau, dem rw lau, lo mit vorgesetzter jidd. Verstärkungspartikel, ergab sich rw blau sehr schlecht, sehr böse, sehr schlimm, garnicht(s), überhaupt nicht(s).
- Was dann volksetymologisch mit dem deutschen Farbwort "blau" gleichgesetzt worden sein und neben anderen Redensarten auch blau machen "garnichts machen, nicht arbeiten" ergeben haben soll. Wolf gibt zwar auch die Bedeutung "betrunken" an, fuehrt aber nicht naeher aus, ob und, wenn ja, wie sie in diese Entwicklung eingeordnet werden koennte. Die jidd. Herkunft von rotwelsch lau (und damit u.a. auch der umgangssprachlichen Redensart fuer lau "fuer nichts, ohne Bezahlung") ist m.E. akzeptabel, waehrend ich mir nicht so sicher bin, ob das auch fuer Woplfs Herleitung von rotw. und deutsch redensartlich blau gelten kann. Immerhin beantwortet es aber wohl die oben von W!B: gestellte Frage nach dem angeblich jiddischen Etymon.
- Meine Frage: kennt jemand eine wissenschaftliche (gedruckte) Quelle fuer die Blaufaerber-Story? Wenn sich das nicht irgendwie stuetzen laesst, sollten wir diese Story loeschen oder als "on dit" ausweisen und im uebrigen die Erklaerungsweise von Kluge fuer "blau machen" uebernehmen.--Otfried Lieberknecht 00:26, 10. Dez. 2006 (CET)
- neinnein, das blaumachen in bezug zur oxidation von Indoxyl zu Indigotin in der Indigo/Waid-färbererei steht ja ausser frage und ist bestens belegt, und auch die verwendung von (meist „fauligem“, also entsäuertem - dafür etwas müffigen) Urin zur enzymatischen spaltung von Indicanin zu Indoxyl, ungeklärt tatsächlich die alkoholverwendung, fragwürdig ist der zusammenhang zu „blau sein“ via Alkohol -- W!B: 18:24, 17. Dez. 2006 (CET)
- Noch mal ganz langsam fuer mich zum Mitverstehen: was fuer ein "Blaumachen" genau soll fuer das Faerberwesen bestens belegt sein?
- 1) Der Montag -- oder ein anderer Tag? -- als derjenige Wochentag, an dem regelmaessig die Trocknung und damit verbunden die Oxidation und eigentliche Blaufaerbung stattgefunden haette, und an dem die Faerber deshalb nichts zu tun gehabt haetten? Falls das belegt waere, saehe ich gerne einen solchen Beleg.
- 2) Der Zusatz von Alkohl zur Kuepe, direkt oder sogar ueber den Urin der Faerber? Das nennst Du selbst fragwuerdig.
- Tatsaechlich bestens belegt, soweit ich sehe, ist nur der Zusatz von urina putrida zur Kuepe, und zwar offenbar wegen der alkalischen Wirkung, die man herkoemmlich durch die Enthaltung von Wein- und Biergenuss zu verstaerken geglaubt haette. Der Zusatz von Urin tut aber nichts zur Sache, wenn er nicht fuer die Zufuehrung des Alkohols belegt werden kann.
- Wenn also nicht wenigstens Punkt 1 zu belegen -- und dafuer idealerweise auch das Wort "blau machen" oder "blaumachen" -- zu belegen ist, dann muesste Dein "neinnein" eigentlich als "jaja" zu verstehen und die Faerberstory aus dem Artikel zu loeschen sein. Oder habe ich etwas uebersehen? --Otfried Lieberknecht 01:53, 18. Dez. 2006 (CET)
- Noch mal ganz langsam fuer mich zum Mitverstehen: was fuer ein "Blaumachen" genau soll fuer das Faerberwesen bestens belegt sein?
- ad 1) a) die tatsache, dass in der Küpenfärberei zwischen dem eigentlichen Färbevorgang und dem erscheinen der blauen Farbe etliche stunden vergehen, ist belegt. die Stoffe werden dabei zum "trocknen" aufgehängt, während die farbe von gelb ins blau umschlägt, die färber „machen“ derweilen „blau“ - die quellen der artikel Indigo und Küpenfärberei könnten dahingehend auf genau fundstelle überprüft werden, das wird erfahrungsgemäß etwas dauern
- b) dass das ein montag oder irgend ein anderer bestimmter tag ist, ist meines wissens nicht nachweisbar
- ad 2) a) alkohol in der Gärungsküpe scheint keinen sinnvollen technischen grund zu haben
- b) wie Du sagst, lässt sich pH-neutraler urin "billiger" herstellen als mit alkohol (ist urina putrida lat. für „fauler Urin“?) werden wir im artikel Urin nachfragen, der ist exzellent recherchiert
- c) alkohol und urin ist wohl ein mythos. er hält sich tapfer, also vielleicht gab es den brauch wirklich, etwa 10l Bier pro mann, damit er gscheit pissen kann - mittelalterliches bier hatte ausserst niedrigen alkoholgehalt, ich glaub so um 0,5%, und war auf vielen handwerklichen baustellen frei verfügbar oder anderweitig innungsmässig vorgeschrieben, belegt sind die 10l tagesbedarf etwa für klöster (quelle fehlt mir aber), aber alkohol und färbersgesellen, das ist zwar plausibel denkbar, aber vorerst reine mutmassung
- d) ein zusammenhang zwischen „blau machen“ und „blau sein“ lässt sich wohl ausschliessen
- passt das so? vielleicht verwirrt Dich auch nur, dass die zwei verschiedenem sachverhalte „Blauer Montag“ und „Blau machen“ in einem artikel dargestellt sind - was irgendwie nahelegt, sie hätten eine gemeinsame wurzel. das hat aber nur reine aufräumgründe, weil eben früher noch „Blau sein“ dabei war. tatsächlich könnte man das Blau machen auch in einem anderen artikel oder bei Indigo, Indigopflanze oder Küpenfärberei unterbringen, aber dort fand es sich bisher keinen sinnvollen platz - gruß -- W!B: 16:36, 18. Dez. 2006 (CET)
- ad 1) a) die tatsache, dass in der Küpenfärberei zwischen dem eigentlichen Färbevorgang und dem erscheinen der blauen Farbe etliche stunden vergehen, ist belegt. die Stoffe werden dabei zum "trocknen" aufgehängt, während die farbe von gelb ins blau umschlägt, die färber „machen“ derweilen „blau“ - die quellen der artikel Indigo und Küpenfärberei könnten dahingehend auf genau fundstelle überprüft werden, das wird erfahrungsgemäß etwas dauern
- Vielen Dank fuer Deine Erlaeuterung. Zu Deinem Punkt 1.a: Ueber die technische Prozedur des Faerbens und Trocknens gibt es keinen Dissens, aber fuer die Etymologie ist entscheidend, ob die Untaetigkeit der Blaufaerber (falls sie ueberhaupt untaetig blieben) waehrend des Trocknens und Blauwerdedens der Farbe als "blau machen" bezeichnet wurde. Zu 2.b: ja, urina putrida ist lateinisch fuer "fauligen Urin". In den historischen Rezepturen zur Farbherstellung wird die gewuenschte saure respektive alkalische Wirkung herkoemmlich ueber die Angabe des Alters (urina recenta: frischer Urin; urina antiqua: alter, abgestandener Urin; urina antiqua putrida: alter, fauliger Urin) bestimmt und oft bei Bedarf von besonders saurem Urin auch der von Weintrinkern empfohlen. Ich fasse also mal zusammen:
- 1) Blauer Montag fuer "arbeitsfreier Montag": Seit 1550 sprachlich bezeugt, arbeitsfreier Tag des Handwerks, der wegen der liturgischen Farbe der an diesem Tag abgehaltenen Quatember-Gedaechtnismessen fuer verstorbene Zunftmitglieder als "blau" bezeichnet wurde. Kein Zusammenhang mit dem Blaufaerberwesen.
- 2) blau machen in der Bedeutung "nichts tun, seiner Arbeit nicht nachgehen":
- A) Nach Kluge wie oben aus dem blauen Montag abzuleiten.
- B) Nach Wolf aus jidd. belo ("ohne") vermittelt durch rotwelsch lo, lau, verstaerkend welo, welau > blau ("sehr schlecht, sehr böse, sehr schlimm, garnicht(s), überhaupt nicht(s)") abzuleiten als "nichts tun".
- C) Nach einer alternativen These abzuleiten aus dem (angeblichen) Nichtstun der Blaufaerber waehrend des Trockens und Blauwerdens der Waid- oder Indigofarbe, in dieser Bedeutung aber fuer das Faerberwesen sprachlich vorlaeufig nicht belegt. Im uebrigen kein Zusammenhang mit dem angeblichen Alkoholgenuss der Faerber oder dem tatsaechlichen Zusatz von Urin zur Kuepe.
- 3) blau sein fuer "betrunken sein":
- A) Nach Kluge moeglicherweise aus "blau vor den Augen", "blau sehen" als (so offenbar nicht belegten) Bezeichnungen oder Deutungen des Schwindelgefuehls bei Trunkenheit.
- B) Von Wolf wie 2 mit rotwelsch blau in Verbindung gebracht, aber nicht explizit aus dem gleichen jiddischen Stamm wie 2.B abgeleitet. Denkbar waere immerhin (und von Wolf wahrscheinlich so gemeint), dass "betrunken" mit rotwelsch blau im Sinne von "schlecht, nutzlos, boese" bezeichnet worden sein koennte. In diesem Sinn womoeglich der Erklaerung von Kluge 3.A vorzuziehen.
- C) Nach einer alternativen These daraus abzuleiten, dass die Blaufaerber zur Erreichung geeigneten Urins fuer die Kuepe Alkohol getrunken oder Alkohol, der als direkter Zusatz fuer die Kuepe gedacht gewesen sei, fuer sich selbst abgezweigt haetten und davon selber "blau" geworden waeren. Faktisch und sprachlich vorlaeufig unbelegt, ausserdem erscheint es faktisch als ein solcher Quatsch, dass man nach Belegen wohl nicht gross zu suchen braucht.
- --Otfried Lieberknecht 17:20, 20. Dez. 2006 (CET)
Ich habe den Abschnitt "Blau machen" jetzt ueberarbeitet, die Etymologien von Kluge und Wolf eingefuegt und die Faerberstory auf den -- wenn ueberhaupt -- etymologisch relevanten Kern reduziert. Erklaerungen zu "blau sein" (im Sinne von "betrunken") habe ich dabei entfernt, mithin auch das Thema Urin/Alkohol als Zusaetz zur Faerberkuepe. Die Faerberstory habe ich als "in der Sprachwissenschaft nicht vertretene" Erklaerungsweise qualifiziert, es waere aber schoen, wenn vielleicht doch noch jemand aus wissenschaftlicher Literatur oder historisch aussagekraeftigen Primaerquellen dazu etwas beibringen koennte -- insbesondere die fuer die Etymologie postulierte Arbeitsruhe der Blaufaerber waehrend des Trocknungsvorgangs (und fuer die angebliche Herleitbarkeit des Ausdrucks Blauer Montag) der Montag als ueblicher Tag des Trocknungsvorgangs stehen bisher nur als wilde Behauptungen im Raum.--Otfried Lieberknecht 13:37, 17. Jan. 2007 (CET)
Bei Gelegenheit kann auch mal unter diesem Lemma gesucht werden. --Markus Schweiß| @ 12:07, 31. Okt. 2006 (CET)
- ?, was hat das damit zutun? dort fand ich nichts über „blaumachen“ -- W!B: 18:06, 17. Dez. 2006 (CET)