Château Margaux

Schloss in Frankreich
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Das Château Margaux ist ein Weingut auf der Médoc-Halbinsel bei Bordeaux. Es erzeugt einen der berühmtesten Weine der Welt. Seit 1855 trägt Château Margaux den Titel Premier Grand Cru, eines "Ersten Großen Gewächses", den es sich im Médoc heute mit nur vier weiteren Châteaux teilt: Lafite, Latour, Mouton und Haut-Brion.

Château Margaux

Nach dem Wein vom Schloß Margaux, oder nach dem benachbarten gleichnamigen Ort Margaux soll die Enkelin Margaux des amerikanischen Autors Ernest Hemingway benannt worden sein.

Der Wein

 
Margaux 1961

Das Château Margaux erzeugt einen der teuersten Rotweine der Welt. Wie allgemein bei den Weinen von Margaux, deren unbestrittene Spitze er darstellt, stehen Bukett und Finesse im Vordergrund. Seiner Langlebigkeit tut dies aber keinen Abbruch; zur vollen Entfaltung benötigt er auch in kleineren Jahrgängen meist über zehn Jahre. Er legt dabei sogar an Körper zu.

Trotzdem muss man aber anmerken, dass das Chateau Margaux auch einer der umstrittensten Produzenten des Bordeaux ist. Viele Weinkenner sind der Überzeugung, dass Preis und Genuss in keinerlei Relation mehr stehen. In diesem Zusammenhang muss man auch sagen, dass diese Weine mehr gehandelt, also spekulativen Zwecken dienen, als dass sie getrunken werden.

Das Lagerpotenzial reicht aber noch weit darüber hinaus, wie der bekannte Weinautor Michael Broadbent bezeugt: Er gab einem 1987 verkosteten 1787er (!) Château Margaux seine Höchstbewertung von fünf Sternen:

„Bukett […] mit großer Reichhaltigkeit und Tiefe. […] mit einem sehr lebhaften, vollen Geschmack, perfekt in Gewicht, Länge und Abgang.“

Michael Broadbent: Broadbent's Weinnotizen

Als größte Jahrgänge der jüngeren Zeit gelten 1982, 1983, 1986, 1990, 1996, 2000 und 2005. Der Chateau Margaux-Rotwein von 1986 und der 1990er haben (Stand 2006) je einen Marktwert von ca. 500 Euro per Normalflasche. Andere, kleinere Jahrgänge sind preiswerter (1999er für ca. 165 Euro), andere jedoch noch weitaus teurer: der 1900er wird als nachweislich gut gelagerte Flasche für ca. 8.000 bis 10.000 Euro gehandelt.

Lagen und Weinbereitung

Das Château Margaux verfügt über eines der besten Terroirs des Médoc. Die Parzellen, auf denen der Château Margaux erzeugt wird, sind im Wesentlichen dieselben wie schon 1855. Sie befinden sich ausschließlich in der Gemeinde Margaux und sind teilweise leicht zur Gironde geneigt. Der Boden besteht aus einer 4 bis 11m tiefen, homogenen Schicht mittlerer bis feiner Kiesel, die in der Günz-Eiszeit von der Garonne abgelagert wurden. Er ist verhältnismäßig kalkhaltig und besitzt einen hervorragenden Wasserabzug. Die Weinreben werden dadurch zu einer besonders tiefen Wurzelbildung gezwungen.

Château Margaux verfügt über 265 ha Grundbesitz; die Anbaufläche für Wein beträgt insgesamt 99 ha. Davon sind 87 ha für den Rotwein reserviert. Der Anteil des Cabernet Sauvignon liegt bei 75%, 20% entfallen auf Merlot, den Rest teilen sich Cabernet Franc und Petit Verdot. 12 ha sind mit Sauvignon Blanc bestockt, hieraus wird der Weißwein Pavillon Blanc gekeltert.

Die Rotweinbereitung folgt der Tradition des Bordeaux: Drei Wochen auf der Maische in großen Holzbottichen, anschließend 18 bis 24 Monate Ausbau in neuen Eichenfässern. Der Château Margaux wird ungefiltert abgefüllt. In den Grand Vin kommen dabei lediglich zwischen 40 und 60% des Rotweines. Der Rest, vor allem der Ertrag junger Rebanlagen, wird unter dem Zweitetikett Pavillon Rouge verkauft.

Geschichte

Die Ursprünge des Gutes verlieren sich im Mittelalter, seine erste urkundliche Erwähnung fällt ins späte 15. Jahrhundert. Der eigentliche Weinberg wurde zwischen 1572 und 1582 vom damaligen Besitzer Pierre de Lestonnac durch systematische Käufe von Parzellen begründet. 1654 kam das Gut von Margaux durch Heirat in den Einflussbereich der führenden Bordelaiser Familie Pontac, der auch das Château Haut-Brion gehörte. Dessen Wein wurde als erster Bordeaux überhaupt unter dem Namen des Gutes verkauft. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts ist auch der Wein von Margaux unter seinem Namen in England bekannt, das bis 1900 das Hauptabnehmerland blieb. Die Weinbereitung machte im 18. Jahrhundert große Fortschritte. So wurden erstmals ausschließlich blaue Trauben für den Rotwein verwendet, und die Lese erfolgte erst, nachdem der morgendliche Tau abgetrocknet war. Zu den Liebhabern des Château Margaux zählten seinerzeit der britische Premierminister Robert Walpole sowie der amerikanische Botschafter und spätere Präsident Thomas Jefferson.

 
Uralte Weinflaschen auf Château Margaux

Die Französische Revolution brachte das Ende der dreihundertjährigen familiären Kontinuität des Gutes. Es wurde beschlagnahmt, konnte aber zunächst von der letzten Erbin der Familie zurückgekauft werden. Sie war mit dem Baron de Brane verheiratet, der jedoch in die Emigration ging. 1804 war sie angesichts der Schuldenlast gezwungen, das Gut zu verkaufen. Der neue Besitzer, der Baske Colonilla, ließ bis 1816 den klassizistischen Schlossbau errichten. In den folgenden 170 Jahren gingt das Château Margaux durch die Hände von Bankiers und Handelshäusern. 1921 gründeten die Besitzer eine Aktiengesellschaft, die Société vinicole de Château Margaux. Zum Schutz vor Fälschungen einigten sich die führenden Châteaus des Médoc 1924 darauf, ihren Wein ausschließlich auf dem Gut abzufüllen. In den schwierigen Jahren zwischen Weltwirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg wurde hiervon jedoch wieder abgewichen; erst seit 1950 verlässt kein Fasswein mehr das Château Margaux. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts setzte ein langsamer Niedergang des Château Margaux ein. Die Besitzerfamilie Ginestet griff zu wenig angesehenen Praktiken wie dem Verschnitt verschiedener Jahrgänge. Die Rezession in Folge der Ölkrise von 1973 erhöhte den Druck auf das Unternehmen Ginestet, so dass Château Margaux seit 1975 zum Verkauf stand.

Die heutigen Besitzer

 
Faßkeller von Château Margaux

Im Jahre 1977 erwarb schließlich der aus Griechenland stammende Unternehmer André Mentzelopoulos für 72 Millionen Francs das Château Margaux – einschließlich der noch im Keller liegenden Jahrgänge 1974, 1975 und 1976. Da es lange schon ein Gesetz gab, das die Premier-Châteaux zu den nationalen Kulturgütern zählt, musste der Käufer erst als Franzose eingebürgert werden, bevor er ins Grundbuch eingetragen wurde. Beraten vom berühmten Bordelaiser Önologen Émile Peynaud, investierte der neue Besitzer große Summen in Keller und Weinberg. Zur Verbesserung der Qualität des "Grand Vin" führte er wieder den Zweitwein „Pavillon Rouge“ ein. Der Jahrgang 1978 markiert die Renaissance des Château Margaux. André Mentzelopoulos starb jedoch bereits Ende 1980.

Seine Frau Laura und seine Tochter Corinne waren gezwungen, die Familie Agnelli aus Turin (Italien) als Teilhaber aufzunehmen. Nach dem Tod von Giovanni Agnelli, des "Avvocato" und jahrzehntelangen FIAT-Chefs, im Jahr 2003 wollten die Agnelli-Erben Kasse machen und boten Corinne Mentzelopoulos ihren 75 Prozent-Anteil zum Kauf an. Sie schaffte es, die Finanzierung hierfür auf die Beine zu bringen:

Der Kaufpreis der 75 Agnelli-Prozente soll 350 Mio. Euro betragen haben. Somit hat das Château Margaux einen ungefähren Wert von 500 Mio. Euro. Frankreichs teuerster Grundbesitz? Jedenfalls könnte Corinne Mentzelopoulos sich um den Spitzenplatz in der Liste der höchst verschuldeten Frauen bewerben. Aber die Einnahmen aus dem Vorab-Verkauf von jungem Wein (Subskription) werden diese Schuldenlast abtragen helfen.

Preisbetrachtung

Nur in wirklich ungünstigen Jahren ist der Wein des Château Margaux für weniger als 100 Euro zu haben – pro Normal-Flasche à 0,75 l. Er kann aber in sehr guten Jahren auch durchaus 250 oder 300 Euro kosten (wie der 2000er oder 2003er Jahrgang).

Der Subskriptionspreis für den Grand Vin vom Château Margaux 2005 beträgt derzeit fast 600 Euro. Dieses Preisbild entsteht, wie bei den meisten Waren, durch Angebot und Nachfrage. Warum diese Preise für diesen Wein bezahlt werden, ist durch logische Betrachtung nur zum Teil nachvollziehbar. Allerdings spielt auch die Weinspekulation eine große Rolle. Die Aussicht auf schwindelerregende Wertsteigerungen oder einen anders nicht sicherstellbaren Hochgenuss lassen Weinliebhaber, Sammler und Spekulanten für Spitzenweine aus Spitzenjahren extrem hohe Preise zahlen.

Château Margaux schreibt in seiner Imagebroschüre, dass die Qualität aus dem Terroir entsteht, aus Mikroklima und Boden. Auch in der Verarbeitung und in der Sorgfalt der Behandlung der einzelnen Pflanze und Rebe liegt die Qualität eines Weines begründet, ebenso wie in einer fehlerlosen, sehr erfahrenen Kellertechnik, bei der alles zu Gebote steht, was gesetzlich erlaubt ist, um nach französischem Recht feinsten Wein zu machen. Diese Sorgfalt kann man jedoch beim Anbau hochwertiger Weinen voraussetzen. Die Pflanzen sind im Durchschnitt 30 Jahre alt, was etwa dem Gesamtdurchschnitt aller Pflanzen im Bordelais entspricht.

Neue Eichenholzfässer sind ebenfalls gleich und werden in der Gegend bei den selben Händlern gekauft bzw. zu einem geringen Teil in der hauseigenen Küferei hergestellt. Es gibt somit keinen realen qualitativen, ökotrophologischen oder önologischen Grund, warum ein Wein vom Château Margaux das 30-fache kostet wie der Wein aus der nächsten Weinrebe des angrenzenden Châteaus.

Wie so oft bei einem Markenkult sind es der Name, das Prestige, die Spekulation des Zwischenhandels und teils die Unwissenheit sowie ein rücksichtsloser Gebrauch von Superreichtum vereinzelter Käufer und Zwischenhändler, welche ein solches Preisbild erzeugen.

Erwartet wird auch für das Level der Premier Crus, dass sich Preise von 600 Euro für eine Einzelflasche nicht durchhalten lassen werden; die Arrivage der 2005er Weine im Frühjahr und Sommer 2007 könnte es vielleicht bereits erweisen. Dann eben müssen die Zwischenhändler, die große Kontingente zu Extrempreisen buchten und anzahlten (oft mit nur 10 oder 15% des Tranchenwertes), den Wein vor der Auslieferung voll bezahlt haben. Die Vermutung in Insiderkreisen geht, dass nicht jeder Optionszahler auch seine Tranche voll bezahlen können wird, weil er schlicht das Geld dafür nicht hat und auch den nötigen Kredit nicht bekommen wird. Dann könnte die Spekulationsblase platzen: die Fälle von dann eventuell notleidenden und unter pari weitervermittelten Kontrakten könnte einen Dominoeffekt purzelnder Preise auslösen. Wer auf die Arrivage gewartet hat, könnte somit für seine Geduld belohnt werden. Beispiele günstigerer Arrivagen sind bekannt: Prototyp einer überhitzten Spekulation war der Weinjahrgang 1997, der zur Arrivage knapp zwei Jahre später vereinzelt deutlich unter 90% des Subskriptionspreises im Endverbraucherhandel verfügbar wurde, da sich herumgesprochen hatte, dass die Qualitätskurve von 1994 über 1995 und 1996 (Hochqualität mit raketenartig gestiegenen Höchstpreisen) keinen weiteren Aufwärtstrend hatte, und der 1997er krass überbezahlt erschien. Heute werden die 1997er im Rahmen ihrer Qualität gehandelt: durchaus annehmbarer, guter Wein, aber nicht berauschend. Bezahlbare Preise – ganz im Gegensatz zur damaligen Subskription. Viele Weinkenner sagen sich: der 2005er mag sehr guter Wein sein – aber 600 Euro ist er nicht wert. Russen aus St. Petersburg oder Chinesen aus Hongkong mögen das anders sehen – die Zeit wird es erweisen.

Spekulation ist keine Einbahnstraße. „Zum Aussteigen wird nicht geklingelt.“ (André Kostolany).

Literatur

Nicholas Faith: Château Margaux. Kreativ-Verlag, Egg-Zürich 1989, ISBN 3-906622-19-3