Sizilienexpedition

Feldzug der Athener 415 bis 413 v. Chr. im Peloponnesischen Krieg
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Die sizilische Expedition und die Belagerung von Syrakus durch eine athenische Streitmacht 415-413 v. Chr. endete mit einer vernichtenden Niederlage für Athen. Sie war ein tragischer "Höhepunkt" des Peloponnesischen Krieges und bedeutete für Athen den Anfang vom Ende in demselben.

Vorgeschichte

Im Herbst 416. v. Chr. bittet die sizilische Stadt Segesta (griechisch Egesta) Athen um Beistand im Konflikt mit Syrakus. Sie argumentieren, dass das mächtige Syrakus, wenn es erst ganz Sizilien beherrsche, bald seinen dorischen Verwandten auf dem Peloponnes zu Hilfe kommen und gegen Athen in den Krieg ziehen würde. Ein Eingreifen Athens sei also nichts als Notwehr, ein Präventivkrieg. Außerdem lockt Segesta mit Geld.

Nikias warnt vor dem Sizilienzug, man habe bereits genug Feinde, Sizilien sei groß und weit weg; das Risiko sei daher zu groß. Alkibiades, der den Nikiasfrieden ablehnt und sich von einem Sizilienzug Ruhm und Macht verspricht, plädiert dafür und überzeugt die Athener mit einer leidenschaftlichen Rede. Man beginnt mit der Ausrüstung einer gewaltigen Expeditionsflotte: 134 Trieren, 5.100 Hopliten, 480 Bogenschützrn, 700 Schleuderer, 30 Reiter; weiterhin 30 Frachter und 100 Kähne mit Getreide, dazu Bäcker, Steinmetze, Bauleute sowie Belagerungsgerät. Viele Handelsschiffe schließen sich der Flotte an. Den Befehl haben Nikias (gegen seine Willen), Alkibiades und Lamachos.

Die Überfahrt

Der Auszug der Flotte im Sommer 415 v. Chr. wird vom Hermenfrevel überschattet: in der Nacht zuvor werden in ganz Athen Hermes-Statuen verstümmelt. Man beschuldigt Alkibiades, doch ein Prozess wird verschoben, um die Expedition nicht zu verzögern.

Die Flotte setzt zunächst nach Italien über, wo die griechischen Städte die Aufnahme verweigern, aus Angst in den Krieg hineingezogen werden. Nach Segesta vorausgeschickte Schiffe kehren zur Flotte zurück und berichten, dass das versprochene Geld nicht vorhanden ist. Man beschließt, zunächst in Sizilien Verbündete für einen Angriff auf Syrakus zu suchen. Unterdessen wird Alkibiades nach Athen zurückberufen um sich einem Prozess wegen des Hermenfrevels zu stellen. Er flieht nach Sparta.

Die Flotte fährt die Küste Siziliens entlang, gewinnt Verbündete in Naxos und Katane, erobert Hykkara und widmet sich dem Sklavenhandel, während der Sommer verstreicht. Bei Syrakus kommt es zur ersten Feldschlacht mit dem syrakusischen Heer, die die Athener für sich entscheiden; da sich jedoch der Mangel an Kavallarie als schwerwiegend herausstellt; beschließt man in Katane und Naxos zu überwintern und Verstärkung abzuwarten. Syrakus schickt ein Hilfegesuch nach Korinth und Sparta, wo der Asylant Alkibiades die Spartaner aufstachelt und ihnen rät, nicht nur Syrakus beizustehen, sondern auch Dekeleia bei Athen zu besetzen. Sparta schickt kein Heer, beschließt aber die Entsendung des erfahrenen Generals Gylippos; Korinth beschließt die Entsendung einer Flotte.

Athen schickt dem Expeditionsheer 250 Reiter zur Verstärkung und Geld, um 400 weitere anzuwerben.

Die Belagerung

Im Frühling 414 v. Chr. ergreifen die Athener wieder die Initiative (zum letzten Mal) und nehmen die Belagerung von Syrakus in Angriff. Durch einen Handstreich gelingt es, das strategisch wichtige Epipolai ("Hochfeld") nördlich der Stadt einzunehmen. Dies ist die Voraussetzung, um die Stadt mit einem Belagerungsring zu umgeben und vom übrigen Festland abzuschneiden. Da man dank der starken Flotte auch die Seehoheit besitzt, hätte man alle Vorteile auf seiner Seite.

Unverzüglich baut man ein Fort am nördlichen Steilhang des Hochfelds (Labdalon), und ein weiteres, den "Ring" (so genannt wegen seiner Form) näher an der Stadt. Außerdem beginnt man, vom "Ring" ausgehend, in beiden Richtungen Belagerungsmauern zu errichten. Die Syrakuser versuchen, dies zu vereiteln. Zweimal bauen sie Gegenmauern, die senkrecht zur beabsichtigten Linie der athenischen Mauern verlaufen, beide werden von den Athenern zerstört. Es kommt dabei zu mehreren Scharmützeln; der Athener General Lamachos wird getötet; Nikias ist jetzt der alleinige Befehlshaber.

Unterdessen nimmt die Athener Flotte den Hafen ein. Drei Tage sind seit Beginn der Belagerung vergangen. Die Mauern machen schnelle Fortschritte. Bei ihnen handelt es sich um "doppelte" Mauern, es sind eigentlich zwei Mauern mit einem Zwischenraum, so daß die Belagerer sich zusätzlich gegen Entsatzversuche vom sizilianischen Festland wehren können. Der Abstand zwischen den Mauern wird, je näher man dem Hafen kommt, allmählich verbreitert, um letztendlich einen großen Teil(1000 m) des Strands des Hafenbeckens einzuschließen. So findet die ganze athenische Flotte Platz innerhalb des ummauerten Bereichs.

Die Syrakuser sehen keine Hoffnung mehr und erwägen die Kapitulation. Doch dazu kommt es nicht. Denn kurz bevor das letzte Stück der nördlichen Mauer fertig ist (die Steine liegen schon an ihrem Platz) und somit die Abriegelung komplett wäre, trifft Gylippos ein. Der spartanische General war zunächst nach Himera in Nordsizilien gefahren und hatte ein Heer (3.000 Mann) auf die Beine gestellt.

Gylippos greift Labdalon an und erobert das dortige Fort. Die Syrakuser beginnen mit dem Bau einer Gegenmauer (die Steine liegen ja schon bereit), von der Stadt nach Labdalon. Die Athener wollen dies verhindern, es kommt zu einer Schlacht, Gylippos siegt und die Syrakuser bauen ihre Mauer fertig. Die Schließung des athenischen Ringes um Syrakus ist damit endgültig vereitelt, die Vorentscheidung ist gefallen.

Die Belagerung der Belagerer

Nikias schickt einen Brief nach Athen, in dem er erklärt, dass die Belagerer nun selbst zu Belagerten geworden seien. Da nämlich die Ummauerung der Stadt gescheitert sei, könnten die Syrakuser frei zwischen der Stadt und dem übrigen Land frei verkehren, während die Athener auf den ummauerten Bereich und den Hafen beschränkt seien. Er fordert die Erlaubnis zur Heimkehr oder aber beträchtliche Verstärkung. Athen beschließt letzteres.

Syrakus erhält Verstärkung aus Sparta, Korinth und Sizilien (ganz Sizilien ergreift inzwischen Partei für Syrakus); die syrakusische Flotte wird aufgerüstet, während der Winter vergeht.

Im Frühjahr 413 v. Chr. wagt die mit 25 korinthischen Trieren verstärkte syrakusische Flotte eine Schlacht gegen die (traditionell überlegene) Athener Flotte im Hafen, die die Athener gewinnen. Gleichzeitig jedoch erobert Gylippos mit dem Syrakuser Heer ein drei Athener Außenposten, die die Hafeneinfahrt kontrollieren, womit sich die Lage der Athener weiter verschlechtert.

Die Syrakuser nehmen inzwischen Neuerungen an ihren Trieren vor: sie verstärken den Bug mit zusätzlichen Streben, um ein Bug-auf-Bug-Rammen zu ermöglichen. Dazu muss man wissen, dass die üblich Taktik von Trieren darin bestand, den Gegner mit dem Rammsporn in die Seite zu rammen, niemals jedoch in den Bug (letzteres nannte man "Steuermannstorheit"). Zum seitlichen Rammen ist aber Raum zum Manövrieren erforderlich, daran jedoch mangelt es im Syrakuser Hafenbecken. Dank des verstärkten Bugs können die Syrakuser nun also den frontalen Rammstoß wagen. Zwei Schlachten im Hafen zeigen, dass dies tatsächlich funktioniert.

Während die Syrakuser eine dritte Schlacht vorbereiten, trifft Demosthenes mit der Verstärkung für die Athener ein: 73 Trieren mit 5.000 Hopliten und vielen Peltasten. Nikias und die Seinen schöpfen wieder Mut.

Die Athener unternehmen einen nächtlichen Angriff auf das Hochfeld (in der Hoffnung die nördliche Mauer doch noch vollenden zu können). Dieser endet jedoch im Chaos und mit einer Athener Niederlage.

Das Ende

Demosthenes empfiehlt nun die Heimkehr nach Athen. Jetzt ist es jedoch Nikias, der zögert. Erst bald darauf als die Syrakuser weitere Verstärkung erhalten, ist auch Nikias einverstanden, man rüstet zur Heimfahrt. Als jedoch alles bereit ist zur Abfahrt, gibt es eine Mondfinsternis. Die Athener sind verunsichert und beschließen, 27 Tage abzuwarten.