Quadratwurzel

mathematische Funktion
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Unter der Quadratwurzel einer Zahl versteht man in der Mathematik eine Zahl, deren Quadrat gleich der gegebenen Zahl ist. Das Symbol für die Quadratwurzel aus ist . Dabei wird die Zahl beziehungsweise der Rechenausdruck unter der Wurzel als Radikand bezeichnet. Weniger verbreitet ist die ausführlichere Schreibweise . Außerdem kann man die Quadratwurzel als Potenz ausdrücken. ist gleichwertig zu . Zum Beispiel ist wegen die Quadratwurzel .

Vorbemerkung zu den Definitionen

Bei der formalen Definition der Quadratwurzel sind zwei Probleme zu berücksichtigen:

  • Im Allgemeinen existieren zwei verschiedene Zahlen, deren Quadrate mit einer vorgegebenen Zahl übereinstimmen. Beispielsweise wäre wegen   auch die Zahl -3 ein möglicher Kandidat für die Quadratwurzel aus 9.

Das Symbol für die Quadratwurzel wurde zum ersten Mal während des 16. Jahrhunderts benutzt. Es wird vermutet, dass das Zeichen eine modifizierte Form des kleinen r ist, das als Abkürzung für das lateinische Wort "radix" (Wurzel) steht. Ursprünglich wurde das Symbol dem Radikanden vorangestellt; die waagerechte Verlängerung fehlte. Noch Carl Friedrich Gauß verwendete daher Klammern für kompliziertere Wurzelausdrücke und schrieb zum Beispiel   anstelle von  .

Im Englischen wird die Quadratwurzel als "square root" bezeichnet, weshalb in vielen Programmiersprachen die Bezeichnung "sqrt" für die Quadratwurzelfunktion verwendet wird.

Quadratwurzeln aus reellen Zahlen

 
Schaubild der Quadratfunktion (rot und blau). Durch Spiegelung allein der blauen Hälfte an der 1. Winkelhalbierenden entsteht das Schaubild der Quadratwurzelfunktion (grün).

Definition: Die Quadratwurzel   einer nicht-negativen reellen Zahl   ist diejenige nicht-negative reelle Zahl  , deren Quadrat   gleich   ist.

Gleichwertig dazu kann die reelle Quadratwurzel als Funktion so definiert werden: Sei

 

die Einschränkung der Quadratfunktion auf die Menge der nichnegativen reellen Zahlen. Die Umkehrfunktion dieser Funktion q heißt Quadratwurzelfunktion  .

Bemerkungen

  • Zu beachten ist, dass die Quadratfunktion   für alle reellen Zahlen definiert, aber nicht umkehrbar ist. Sie ist weder injektiv noch surjektiv.
  • Die Einschränkung q der Quadratfunktion ist umkehrbar und wird durch die reelle Wurzelfunktion umgekehrt. Da nur nichtnegative reelle Zahlen als Bilder von q auftreten, ist die reelle Wurzelfunktion nur für diese Zahlen definiert.
  • Durch die vor der Umkehrung gemachte Einschränkung von q auf nichtnegative reelle Zahlen sind die Werte der Quadratwurzelfunktion nichtnegative Zahlen. Die Einschränkung der Quatratfunktion auf andere Teilmengen von  , in denen verschiedene reelle Zahlen stets verschiedene Quadrate haben, würde zu anderen Umkehrfunktionen führen, diese werden aber nicht als reelle Quadratwurzelfunktion bezeichnet.

Eigenschaften und Rechenregeln

Die Eigenschaften der Quadratwurzelfunktion ergeben sich aus den Eigenschaften der Quadratfunktion für nichtnegative reelle Zahlen:

  •  , für  
  •  , für  
  •   d.h. die Quadratwurzelfunktion ist streng monoton wachsend.
  •   gilt mit dem reellen Betrag für beliebige reelle Zahlen a,
  • dagegen gilt   nur für nichtnegative a.
  • Die Quadratwurzelfunktion ist auf   differenzierbar, dort gilt  .
  • An der Stelle 0 ist sie nicht differenzierbar, ihr Schaubild besitzt dort die senkrechte Tangente  .
  • Sie ist auf jedem abgeschlossenen Teilintervall   ihres Definitionsbereichs Riemann-integrierbar, eine ihrer Stammfunktionen ist  .

Berechnung von Quadratwurzeln aus reellen Zahlen

Selbst dann, wenn die Quadratwurzel aus einer natürlichen Zahl gezogen werden soll, ist das Ergebnis häufig eine irrationale Zahl, deren Dezimalbruchentwicklung also ein nicht-periodischer, nicht abbrechender Dezimalbruch ist. Die Berechnung einer Quadratwurzel, die keine rationale Zahl ist, besteht also darin, einen Näherungswert ausreichender Genauigkeit zu bestimmen. Dazu gibt es eine Reihe von Möglichkeiten:

  • Intervallschachtelung: Dieses Verfahren ist recht leicht zu verstehen, wenn auch in der praktischen Durchführung sehr mühsam.

Beispiel (Näherungswert für  ):
Aus   und   folgt, dass   zwischen 1 und 2 liegen muss.
Daher probiert man  ,   usw. durch.
Aus   und   erkennt man, dass   zwischen 1,4 und 1,5 liegen muss.
Fortsetzung dieses Verfahrens mit immer mehr Nachkommastellen liefert schließlich einen Näherungswert mit der gewünschten Genauigkeit:  

 
 

Quadratwurzeln aus komplexen Zahlen

Die komplexe Funktion „Quadriere z“,   besitzt genau wie die reelle Quadratfunktion keine Umkehrfunktion, denn sie ist nicht injektiv, man kann aber analog zu den reellen (nicht-negativen) Quadratwurzeln komplexe Quadratwurzelfunktionen definieren, indem man eine Einschränkung des Definitionsbereichs von q auf eine Teilmenge D der komplexen Zahlen vornimmt, auf der q injektiv ist. Je nachdem, welche Teilmenge man dafür auswählt, erhält man als Umkehrung unterschiedliche Zweige der Quadratwurzelfunktion.

Der Hauptzweig der komplexen Quadratwurzelfunktion ergibt sich, wenn man als Definitionsbereich von q

 

zugrundelegt, dies ist die obere Halbebene der komplexen Zahlenebene, wobei von deren Rand nur die nichtnegativen reellen Zahlen zu DH gehören. Die Einschränkung von q auf DH ist eine bijektive Abbildung von DH auf die komplexen Zahlen, daher ist ihre Umkehrfunktion, der Hauptzweig der Quadratwurzel auf ganz   definiert. Den Wert dieser Umkehrfunktion,   nennt man den Hauptwert der Quadratwurzel von z.

Ist   in Polarkoordinaten gegeben,  , dann haben die Quadratwurzeln (alle Zweige) die Darstellungen

 

wobei   die Werte 0 oder 1 annehmen kann und  , die reelle (nichtnegative) Quadratwurzel ist. Für n=0 ergibt sich der Hauptwert von  , der Hauptwert   ist also diejenige Lösung von   mit dem kleinsten Argument. Wenn mit   eine bestimmte komplexe Zahl gemeint ist, dann ist es dieser Hauptwert.

Der Betrag der beiden Wurzeln ergibt sich demnach als die Wurzel aus dem Betrag der komplexen Zahl. Beim Hauptwert, der Lösung mit   wird das Argument  („der Winkel von z“, s.u.) halbiert. Die andere Lösung (für  ) ergibt sich geometrisch durch Punktspiegelung dieses Hauptwerts am Ursprung.

Das Argument einer komplexen Zahl   ist der orientierte Winkel   in der komplexen Zahlenebene, die Punkte sind  ,   und   in reellen Koordinaten. Im Bild zum folgenden Beispiel sind das Argument von z und das Argument von w1 farbig gekennzeichnet.

Beispiel: Berechnung einer komplexen Quadratwurzel

(Quadratwurzeln aus  ):

 

Zunächst werden Betrag und Argument des Radikanden ermittelt.

 
 
  (2. Quadrant!)

Eine der Wurzeln (der Hauptwert) ergibt sich aus

 
 

Die andere Wurzel erhält man durch Vorzeichenumkehr:

 

Quadratwurzeln modulo n

Auch im Restklassenring   lassen sich Quadratwurzeln definieren. Ganz analog zu den reellen und komplexen Zahlen heißt   eine Quadratwurzel von  , wenn gilt:

 

Allerdings muss man sich zur Berechnung von Quadratwurzeln modulo n anderer Methoden bedienen als beim Berechnen reeller oder komplexer Quadratwurzeln.

Um die Quadratwurzeln von   modulo   zu bestimmen, geht man folgendermaßen vor:

Zuerst bestimmt man die Primfaktorzerlegung von  :

 

und bestimmt die Lösungen modulo der jeweiligen Primpotenzen  . Diese Lösungen setzt man schließlich mit dem Chinesischen Restsatz zur gesuchten Lösung zusammen.

Berechnung von Quadratwurzeln modulo einer Primzahl p

Für Primzahlen   ungleich 2 geschieht das Berechnen der Quadratwurzeln zu   so:

Um zu testen, ob   überhaupt eine Quadratwurzel in   hat, verwendet man das Legendre-Symbol

 

denn es gilt

 .

Im ersten Falle besitzt   keine Quadratwurzel in   und im zweiten Fall nur die Quadratwurzel 0. Der interessante Fall ist also der dritte Fall, und daher nehmen wir im folgenden an, dass   ist.

Berechnung für den Fall p = 3 mod 4

Ist das Legendre-Symbol  , dann sind

 

die 2 Quadratwurzeln von   modulo  .

Berechnung für den Fall p = 1 mod 4

Ist das Legendre-Symbol  , dann sind

 

die 2 Quadratwurzeln von   modulo  . Hierbei wählt man r dergestalt, dass das Legendre-Symbol

 

ist. Dazu einfach verschiedene Werte von r durchprobieren. Die Folge   ist rekursiv definiert:

 .

Rechenbeispiel für   und  :

Nach obiger Formel sind die Quadratwurzeln von   gegeben durch

 

Für   findet man durch Probieren den Wert  , denn es ist

 

Die Werte für   und   ergeben sich zu

 

Einsetzen dieser Werte ergibt

 

das heißt 15 und 22 sind die beiden Quadratwurzeln von 3 modulo 37.

Quadratwurzeln aus Matrizen

Als Wurzel einer quadratischen Matrix   bezeichnet man alle Matrizen  , die mit sich selbst multipliziert   ergeben:

      ist Wurzel von  

(Anmerkung: man findet auch Quellen, in denen   die Wurzel von   ist, wenn  )

Man schreibt die Wurzel von   auch als  .

Anzahl existierender Wurzeln

Wie auch bei der Wurzel aus reellen oder komplexen Zahlen ist die Wurzel aus Matrizen nicht unbedingt eindeutig. So besitzt die Nullmatrix nur eine Wurzel, während beispielsweise die Einheitsmatrix   unendlich viele Wurzeln besitzt, nämlich unter anderem   für  .

Zudem gilt wie bei den reellen oder komplexen Zahlen, dass wenn   eine Wurzel aus   ist, dann ist   dies ebenfalls.

Geometrische Interpretation von Wurzeln

Betrachtet man die Matrix   als lineare Transformation, das heißt, als eine Transformation, die Punkte   im Vektorraum in andere Punkte   überführt, dann kann man die Wurzel   als die Transformation interpretieren, die man zweimal durchführen muss um   in   zu transformieren.

Beispiel:

Man nimmt die zweidimensionale Rotationsmatrix mit dem Winkel  :

 

Dann ist eine Wurzel von   die Rotationsmatrix mit dem Winkel   (oder auch mit dem Winkel  ). Mit der ersten Multiplikation von   mit   erreicht man eine Drehung um den halben Winkel und mit der zweiten Multiplikation noch einmal.

Berechnung einer Wurzel

Man kann zwei Wurzeln einer Matrix   der Größe   leicht bestimmen, wenn   eine Diagonalmatrix ist oder sich zumindest in eine Diagonalform überführen lässt (siehe Diagonalisierung).

Fall 1: Diagonalmatrix

Im ersten Fall ist eine Wurzel einfach zu bestimmen, indem von jedem Element auf der Diagonalen die Wurzel bestimmt wird:  

Für jedes der   Diagonalelemente kann man das Vorzeichen beliebig wählen, sodass man   verschiedene Lösungen erhält.

Da die Matrix   auch negative Werte auf der Diagonalen besitzen kann, können die Wurzeln dementsprechend komplexe Zahlen beinhalten. Diagonalmatrizen mit negativen Diagonaleinträgen können jedoch auch reelle Wurzeln besitzen; diese sind dann selbst jedoch keine Diagonalmatrizen, zum Beispiel ist

 

Fall 2: diagonalisierbare Matrix

Ist die Matrix   keine Diagonalmatrix, kann man sie ggf. in Diagonalform überführen:

Man bestimmt die Matrizen   und   mit  . Die Matrix   besteht aus den Eigenvektoren der Matrix   als Spalten. Die Matrix   ist eine Diagonalmatrix mit den zugehörigen Eigenwerten auf der Diagonalen.

Eine Wurzel der Matrix   berechnet sich dann wie folgt:

 

Da   eine Diagonalmatrix ist, lässt sich ihre Wurzel wie oben beschrieben berechnen. Auch hierbei ist zu beachten, dass die Diagonalmatrix negative Eigenwerte beinhalten kann, wodurch die Wurzel komplex wird. Da man auch hier wie in Fall 1 für jedes der   Diagonalelemente der Matrix   das Vorzeichen beliebig wählen kann, erhält man auch hier   verschiedene Lösungen.

Fall 3: Nicht diagonalisierbare Matrix

Ist die Matrix   nicht diagonalisierbar, lässt sich mit dem gezeigten Verfahren keine Wurzel berechnen. Dies bedeutet nicht, dass   keine Wurzel besitzt: So ist beispielsweise die Scherungs-Matrix   nicht diagonalisierbar, besitzt jedoch die Wurzel  .

Positiv definite symmetrische Matrizen

Betrachtet man nur positiv definite symmetrische Matrizen, so ist die Wurzelbildung eindeutig: Jede positiv definite symmetrische Matrix   besitzt eine eindeutig bestimmte positiv definite symmetrische Wurzel  . Man erhält sie, indem man   mithilfe einer orthogonalen Matrix diagonalisiert (dies ist nach dem Trägheitssatz von Sylvester stets möglich) und dann wie oben die Diagonalelemente durch ihre Wurzeln ersetzt; dabei ist jedoch stets die positive Wurzel zu wählen. Die Eindeutigkeit folgt daraus, dass die Exponentialabbildung ein Diffeomorphismus vom Vektorraum der symmetrischen Matrizen auf die Teilmenge der positiv definiten symmetrischen Matrizen ist.

Siehe auch