Turkmenistan (turkmenisch Türkmenistan; auch als Turkmenien bezeichnet) ist ein Staat in Zentralasien am Kaspischen Meer.
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Amtssprache | Turkmenisch | ||||
Hauptstadt | Aşgabat | ||||
Staatsform | Republik | ||||
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef | komm. Staatsoberhaupt Vize-Ministerpräsident Gurbanguly Berdymuhammedow | ||||
Fläche | 488.100 km² | ||||
Einwohnerzahl | 5.042.920 (Stand Juli 2006) | ||||
Bevölkerungsdichte | 9,9 Einwohner pro km² | ||||
Währung | Manat | ||||
Unabhängigkeit | 27. Oktober 1991 | ||||
Nationalhymne | Garaşsız, Bitarap,Türkmenistanıň döwlet gimni | ||||
Zeitzone | TMT (UTC+5) | ||||
Kfz-Kennzeichen | TM | ||||
Internet-TLD | .tm | ||||
Telefonvorwahl | +993 | ||||
Geographie
Turkmenistan grenzt (im Uhrzeigersinn) an Kasachstan, Usbekistan, Afghanistan, den Iran und das Kaspische Meer.
Nahezu 80 % der Landfläche werden von der Wüste Karakum eingenommen, die sowohl aus Sand- als auch Geröllwüstengebieten besteht. Im Westen erstrecken sich die Hochebene von Türkmenbaşy und der Große Balkan (1880 m ü. NN). Dieser fällt in Richtung Süden zum Karakum-Kanal (Turkmenischer Hauptkanal) ab, auf dessen anderer Seite die Landschaft in das Kopet-Dag-Gebirge übergeht, das sich größtenteils im Iran befindet. Während Richtung Südosten nach Afghanistan noch einige Ausläufer des Gissargebirges aufragen, befindet sich der höchste Berg des Landes, der Ayrybaba (3139 m), an der östlichen Grenze zu Usbekistan.
Es herrscht überall kontinentales Klima mit extrem heißen und trockenen Sommern und kalten Wintern.
Siehe auch: Wetter in Turkmenistan
Bevölkerung
Das Land wird hauptsächlich vom Turkvolk der Turkmenen, aber auch von Usbeken und wenigen Russen bevölkert. In Turkmenistan schätzt man heute 65 Ethnien aus 120 Nationen.
Religionen
Etwa 89 % der Bevölkerung gehören dem Islam an (Sunniten der hanafitischen Rechtsschule). Etwa 8 % sind Angehörige der Russisch-Orthodoxen Kirche. Nur diese beiden Religionsgemeinschaften sind in Turkmenistan zugelassen. Zwar werden auch die Russisch-Orthodoxen Gemeinden misstrauisch beäugt, dennoch muss für sie Religionsfreiheit gewährleistet sein, da die Russen einen größeren Teil der Bevölkerung ausmachen. Daneben gibt es kleine christliche, jüdische (siehe Bucharische Juden) und Bahai-Gemeinden.
In Turkmenistan leben derzeit etwa 1000 ethnische Juden. Die meisten von ihnen ließen sich hier während des Zweiten Weltkriegs nieder. Sie waren Flüchtlinge aus der Ukraine. Zusätzlich leben dort auch noch die alteingesessenen sogenannten Bucharischen Juden. Allerdings gibt es in Turkmenistan keine Synagogen und jüdische Lehrer. Viele der turkmenischen Juden wanderten in den letzten Jahren nach Deutschland und Israel aus.
Außerdem sind in Turkmenistan einige Freikirchen tätig (vor allem die Siebenten-Tags-Adventisten und die Evangeliumschristen-Baptisten). Sie arbeiten unter denkbar schwierigen Bedingungen, da sie vom Staat verfolgt werden.
Diese christlichen Gemeinschaften sind in Turkmenistan besonders aktiv:
Lebensraum
Die Siedlungen beschränken sich meist auf Oasen, die im Süden versprengt über das Land verteilt sind.
Die größten Städte sind (Stand 1. Januar 2005): Aşgabat (797.900 Einwohner), Türkmenabat (234.828 Einwohner), Daşoguz (199.514 Einwohner) und Mary (114.690 Einwohner).
Siehe auch: Liste der Städte in Turkmenistan
Geschichte
Alexander der Große eroberte das Gebiet im 4. Jahrhundert v. Chr. auf seinem Weg nach Indien. 150 Jahre später errichtete das Partherreich seine Hauptstadt in Nisa, einem Gebiet um das heutige Aşgabat. Im 7. Jahrhundert n. Chr. nahmen die Araber die Region ein, wodurch die Bevölkerung mit dem Islam und der Kultur des Nahen Ostens in Berührung kam. Um diese Zeit entwickelte sich die Seidenstraße zu einem wichtigen Handelsweg zwischen Asien und Europa. Schon bald wurde das Gebiet des heutigen Turkmenistan als Chorasan bekannt, als der Kalif der Abbasiden, Al-Ma'mun, Merw zu seiner Hauptstadt erhob. Mitte des 11. Jahrhunderts versuchten die Seldschuken über Turkmenistan in Afghanisten einzufallen. Das Seldschukenreich zerfiel im späten 12. Jahrhundert und die Turkmenen verloren ihre Unabhängigkeit als Dschingis Khan auf seinem Weg nach Europa die Kontrolle über die Regionen östlich des Kaspischen Meeres erlangte. Die nächsten sieben Jahrhunderte lang lebten die Turkmenen unter verschiedenen Herrschern und führten fortwährend Stammeskriege untereinander. Über die turkmenische Geschichte vor der russischen Besetzung im 19. Jahrhundert ist wenig bekannt. Als die Turkmenen aus dem Gebiet der Mangyşlak-Halbinsel in das heutige Kasachstan bis an die Grenzen des Iran und in das Becken des Amudarja wanderten, festigten sich die Stammestraditionen und entwickelten sich weiter, wodurch sie die ersten Ansätze des heutigen turkmenischen Nationalbewusstseins bilden.
Bis 1894 hatte das Russische Reich die Herrschaft über Turkmenistan erlangt. Die durch die Oktoberrevolution von 1917 in Russland folgende politische Unruhe führte schließlich zur Ausrufung der Turkmenischen Republik als eine der 15 Republiken der Sowjetunion im Jahre 1924. Zu dieser Zeit wurden die heutigen Staatsgrenzen Turkmenistans gezogen.
Mit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 wurde Turkmenistan ein eigenständiger Staat. Der frühere Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Saparmyrat Nyýazow, führte den Staat bis zu seinem Tod im Dezember 2006 als Staats- und Regierungschef mit Hilfe des Militärs und eines sehr aktiven Geheimdienstes äußerst rigoros und etablierte dabei einen allgegenwärtigen Personenkult.
Wenige Stunden nach seinem Tod regelte der Sicherheitsrat in Turkmenistan die kommissarische Nachfolge. Er bestimmte den Vizeministerpräsidenten Gurbanguly Berdymuhammedow zum Übergangspräsidenten. Gemäß der Verfassung hätte eigentlich Parlamentspräsident Öwezgeldi Ataýew die Amtsgeschäfte übernehmen sollen. Der Sicherheitsrat habe seine Kandidatur aber abgelehnt, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittle, meldete die russische Agentur Interfax.
Politik
Staatsform und Regierung
Turkmenistan wurde bis vor kurzem von seinem Präsidenten Saparmyrat Nyýazow (starb am 21. Dezember 2006), der sich – Atatürk zum Vorbild nehmend – Türkmenbaşy („Oberhaupt der Turkmenen“) nennen ließ, despotisch regiert. Er ließ sich zum Präsidenten auf Lebenszeit wählen. Weltweit für Aufsehen sorgt der um ihn und seine Familie entfachte Personenkult, der sich unter anderem darin äußert, dass Monate umbenannt wurden und jetzt den Namen des Präsidenten und seinen Familienmitgliedern entsprechen. Oppositionsparteien sind in Turkmenistan verboten.
Der Präsident ließ außerdem Theater verbieten und in Schulen dürfen ausschließlich seine Werke behandelt werden. Nach seinem Tod am 21. Dezember hätte wie von der Verfassung vorgesehen der Parlamentspräsident Öwezgeldi Ataýew die Rolle des Staatsoberhauptes übernehmen sollen, der Volksrat des Landes jedoch ernannte den bisherigen Vize-Ministerpräsidenten Gurbanguly Berdymuhammedow zum Übergangspräsidenten. Begründet wurde dies mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Ataýew.
In den letzten Jahren reduzierte der Türkmenbaşy die Sozialausgaben des Staates. 2004 wurden 15 000 Ärzte gekündigt und im Frühling 2005 alle Krankenhäuser außer in der Hauptstadt geschlossen. Die Kindersterblichkeit beträgt 70 Kinder auf 1000 Neugeborenen (Russland ~ 15, USA ~ 6). Anfang 2006 wurden drastisch Renten und Behindertenzuschüsse gekürzt.
Außenpolitik
Turkmenistan ist Mitglied der UNO, ECO, OIC und OATCT. Es hat sich außenpolitisch für neutral erklärt. Unter anderem bedingt durch seine Regierungsform befindet sich Turkmenistan politisch in einer relativen internationalen Isolation.
Verletzungen der Menschenrechte
Die russische Minderheit wird aus religiösen, kulturellen und historischen Gründen benachteiligt und nach Meinung von einigen Interessengemeinschaften unterdrückt. Ohnehin gilt das Regime von Turkmenistan wegen der herrschenden Willkür in allen Bereichen des täglichen Lebens und der schweren Menschenrechtsverletzungen zusammen mit Nordkorea und Myanmar als eine der derzeit schlimmsten Diktaturen. Sie gründet auf einem durch den Präsidenten propagierten, eng ausgelegten Nationalismus, begleitet von dem bizarre Auswüchse hervorbringenden Personenkult. Innenpolitisch wird dies durch das Militär und den Geheimdienst gestützt, außenpolitisch durch Isolation (keine Reisefreiheit, kein Internet) und durch die Bereicherung einer dem Regime treuen Gesellschaftsschicht aufgrund des Gasexports.
Informationsfreiheit
Laut Reporter ohne Grenzen rangiert Turkmenistan auf der Liste der Pressefreiheit knapp hinter Eritrea und vor dem internationalen Schlusslicht in puncto Informationsfreiheit, Nordkorea.
Verwaltungsgliederung
Turkmenistan ist in fünf Provinzen (welaýatlar, Singular welaýat) und den Hauptstadtdistrikt Aşgabat unterteilt. Die Provinzen sind:
Infrastruktur
Das Land ist ein Wüstenstaat. Die Verkehrsströme verlaufen gebündelt entlang der ehemaligen Seidenstraße in Ost-West-Richtung von Samarqand (Usbekistan) über Aşgabat nach Türkmenbaşy am Kaspischen Meer.
Zudem plant die turkmenische Regierung die Anlegung eines künstlichen Sees in der Karakumwüste. Die Fertigstellung des Projektes wird 2010 erwartet. Die Seefläche soll geschätzte 3500 km² betragen.
Wirtschaft
Wirtschaftlich arbeitet Turkmenistan mit zahlreichen Ländern zusammen, die Interesse an den reichen Erdgas- und Erdölvorkommen Turkmenistans haben, unter anderem mit Russland (und dadurch indirekt auch mit Deutschland), der Türkei und den USA. Turkmenistan verfügt über die weltweit drittgrößten Erdgasreserven, was dem Land bald nach seiner Unabhängigkeit einen vergleichsweise hohen Wohlstand sicherte (siehe auch Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-Pipeline).
Von der Härte des Regimes und den sozialen Problemen wird damit abgelenkt, dass z. B. Gas und Licht für die Bevölkerung frei sei, was es nirgendwo anders gäbe. Russland ist ein wichtiger Abnehmer von Gas, das somit auch in Westeuropa ankommt. Über den Umfang der turkmenischen Reserven, die ohne größere ausländische Investitionen nicht erschlossen werden können, besteht jedoch erhebliche Unsicherheit.
Die einzige internationale Fluggesellschaft des Landes ist Turkmenistan Airlines. Ein großes Problem des Staates ist der hohe Grad an Korruption. Er belegt einen der untersten Plätze in der Statistik der Transparency International.
Literatur
- Markus Wehner: Im Reich des großen Führers: Turkmenistan – eine zentralasiatische Despotie. In: Osteuropa, 2001 H. 2, S. 127–134
- [Anonym]: Ein Volk. Ein Reich. Ein Turkmenbaschi. [mit vielen Abb.], In: „GEO“, 2005, H. 11, S. 152–176
- Peter Böhm: Der graueste Flecken auf Erden. Die Weltwoche; 11. August 2005, Nr. 32, S. 34
Weblinks
- Linksammlungen zu Turkmenistan des Osteuropa-Netzwerks
- Spiegel-Jahrbuch, Online-Länderlexikon
- Länder- und Reiseinformationen des Auswärtigen Amtes
- Reisebericht durch Turkmenistan (umfangreich bebildert)
- Fotos und Erlebnisse von Franz Kölbl in Turkmenistan
- Liste der Distrikte Turkmenistans (englisch)
- Erkin Türkmenistan - Free Turkmenistan - Swobodnyj Turkmenistan Dreisprachige Site (russisch, englisch, turkmenisch) von Gegnern des Nyýazow-Regimes. Umfassende Informationen, das meiste allerdings in russischer Sprache.
- Artikel zur Zusammenarbeit der Deutschen Bank mit der Regierung Turkmenistans
- Oh, du mein Turkmenbaschi – Führerkult in Turkmenistan Bericht des Schweizer Fernsehens
- Artikel in der Zeitschrift GEO