Chaldäer

semitische ethnische Gruppen in Mesopotamien
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Chaldäer (aramäisch kaldo; hebräisch kasdîm, babylonisch Kar-Dunjasch) ist der Name eines Volkes im Altertum, das von der Küste des Persischen Golfes her gegen Babylonien vordrang. Die Chaldäer waren Semiten. Ihr Siedlungsgebiet soll im weitesten Sinne dem des heutigen Kuwait entsprochen haben.

Die bei Xenophon erwähnten Chaldäer in den Bergen Armeniens haben mit den Chaldäern Babyloniens nichts zu tun. Hingegen hat das Wort durch die chaldäischen Astronomen des babylonischen Reiches seine Zweitbedeutung im Sinne von Sterndeuter erhalten.

Geschichtlicher Überblick

Seit der Zeit des Königs Salmanassar II. (um 1025 v. Chr.) lassen sich praktisch alle assyrischen Könige, die nach Babylonien ziehen, aus Quellen der aramäischen Chaldäer bestätigen. Während der Regierungszeit Tiglatpilesers III. (745-727 v. Chr.) ist Babylonien von den Chaldäern überlaufen.

Die wichtigsten Staaten sind: Bit-Yâkin (das eigentliche Stammland am Meer), Bit-Dakuri, Bit-Adini, Bit-Amukkani, Bit-Schilani, und andere.

Wie es damals üblich war, gingen die Reiche Mesopotamiens wechselhafte "Bündnisse" gegeneinander ein. König Ukinzir (griechisch Chinzeros, 731-729 v. Chr.) eroberte das Land Babylonien, wurde aber von Tiglatpileser III. entthront und gefangen gesetzt.

Ein anderer mächtiger Chaldäerfürst, Merodach-Baladan von Bit-Yâkin wurde mit Hilfe der Elamiter (aus dem Reich Elam) und Aramäer König von Babylon und behauptete sich zwischen 721 und 710 v. Chr. gegen Sargon II. und im Jahr 702 v. Chr. nochmals mehr als 9 Monate gegen Sanherib, ehe er von diesem unweit von Kisch in der Nähe von Babylon besiegt wurde.

Erst unter ihrem aramäischen König Nabopolassar gelangten die Chaldäer zur vollen Herrschaft über Babylonien, dessen Thron Nabopolassar 626 v. Chr. bestieg. Dies markiert den Beginn des so genannten Neubabylonischen Reiches. Seit Nebukadnezar II. beginnen Babylonien und Chaldäa zu verschmelzen.

In späterer Zeit wird das Wort „Chaldäer“ gleichbedeutend mit Sterndeuter oder Wahrsager benutzt, vermutlich wegen der Gelehrtenschulen in Orchoe, Borsippa und Sippara.

Die heutigen Chaldäer mit aramäischem Ursprung (Aramäer) sind Angehörige der mit Rom unierten chaldäischen Kirche. Sie leben zu größten Teil im Irak, wo die meisten chaldäisch-aramäischen Christen der chaldäischen Kirche angehören. Nach den Arabern und Kurden bildeten sie die drittgrößte Volksgruppe im Land.


Religion

Antike Religion

Die Chaldäer besaßen eine polytheistische Weltanschauung, über die nicht viel bekannt ist. Sicher ist, dass das Volk ausgeprägt an Dämonen glaubte:

„Gegen den Kopf des Menschen richtet seine Macht der verfluchte Asak, gegen das Leben der Menschen der grausame Nemtor, gegen den Hals des Menschen der schändliche Utuk, gegen die Brust des Menschen der verderbenbringende Alu, gegen die Eingeweide des Menschen der böse Ekim, gegen die Hand des Menschen der schreckliche Gallin.
(aus: Alfred Lehmann, Aberglaube und Zauberei von den ältesten Zeiten bis in die Gegenwart, 1925)

Die Chaldäischen Orakel

Die sogenannten Chaldäischen Orakel stellen eine Heilslehre dar, in der orientalische Elemente mit platonischen Vorstellungen vermischt erscheinen. Dieses gegen Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus in Hexametern abgefasste theosophische Offenbarungsbuch ist selbst nicht erhalten. Aus den erhaltenen Resten lässt sich schließen : Die Hierarchie der chaldäischen Göttern gipfelt in einem Gott, dem „Vater“, der als das eine, erste und jenseitige Feuer gekennzeichnet wird. Der Vater ist zugleich Intellekt, er hat sich (der Sinnenwelt) entzogen und wirkt allein durch den zweiten Intellekt und durch seinen Willen. Zahlreichen Zwischenwesen, vor allem den Engeln und den sogenannten Iynges, ist die Aufgabe übertragen, zwischen Gott (intelligible Welt) und Mensch (Sinnenwelt) zu vermitteln. Die menschliche Seele hat ihren Ursprung im göttlichen Vater. Wenn sie sich dieser Herkunft erinnert, vermag sie ihre irdische, körperliche Bindung zu lösen und dem göttlichen Licht zuzustreben. Eine solche dem Licht zustrebende Seele unterliegt nicht mehr dem Schicksal, sie entgeht der Verführung durch die bösen Dämonen und kann ihren Aufstieg zu Gott vollenden. In Gott findet sie Erlösung und Ruhe. Die Chaldäischen Orakel haben den Neuplatoniker Jamblich stark beeinflusst in seinem Werk de mysteriis.

Die Chaldäische Kirche

Die Chaldäische Kirche wurde im Jahre 1830 gegründet als eine Abspaltung der alten heiligen apostolischen Kirche des Ostens. Die Liturgie- und Theologiesprache der Chaldäischen Kirche ist eine Spätform des Aramäischen. Da jedoch ein Großteil der Gläubigen Arabisch spricht, wird das Arabische zunehmend zum Lesen von Gebeten, Bibelstellen und einigen Liturgischen Formeln benutzt sowie die Heilige Messe oft zweisprachig gestaltet. In Irak gibt es auch zwei chaldäische Schwesterngemeinschaften: die Schwestern vom Heiligen Herzen und die Töchter von der Makellosen Maria. In der Chaldäischen Kirche gibt es zudem Mönche, die missionarisch tätig sind: die chaldäischen Mönche gründeten ursprünglich ihre Klöster in der Bergregion im Norden des Irak, wo sie die kurdischen Dörfer besuchten und dies auch heute noch tun, in Schulen als Lehrer unterrichten und Religionsunterricht geben. Aus den Bergen kamen sie nach Mosul und schließlich nach Bagdad, wo sich heute der Sitz des Generaloberen befindet. Die chaldäischen Mönche haben heute 400 Klöster im Irak und eines in Rom sowie eine Mission in Amerika. Heute leben in Irak über 700.000 chaldäische Christen. Etwa ebenso viele leben in chaldäischen Diasporagemeinden auf der ganzen Welt.

Der momentane Patriarch von Babylon und Oberhaupt der chaldäischen Kirche ist Mar Emmanuel Karim Delly.

"Chaldäer" als Synonym für Sterndeuter

Als "Chaldäer" werden im Sprachgebrauch der ersten vor- und nachchristlichen Jahrhunderte auch die sternkundigen Berater und Wissenschafter in Mesopotamien bezeichnet, über die man in Israel seit dem babylonischen Exil genaueres wußte (siehe auch Buch Daniel). Sie waren häufig von persischer oder medischer Herkunft, hatten aber ihr Wirkungsfeld von Mesopotamien und Arabien bis Anatolien und die Mittelmeerküsten.

Die Chaldäer verstanden sich u.a. auf Kalenderrechnung und pflegten eine astronomische Symbolsprache zur Darstellung komplexer Zusammenhänge. Im Einflussbereich Babylons hatten sie auch eine religiöse Funktion - vor allem weil man die Planetenbahnen mit ihren unerklärlichen Schleifenbewegungen als Willensäußerung von Gottheiten deutete, die es zu ergründen galt. Unter den Juden war es aber verpönt, Sterndeuterei zu betreiben, wodurch das Wort „Chaldäer“ einen negativen Beigeschmack erhielt.

Siehe auch