Edith Stein

deutsch-jüdische Philosophin und Autorin, katholische Nonne, Opfer des Holocaust (1891-1942)
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Edith Stein (* 12. Oktober 1891 in Breslau; † 9. August 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau), Ordensname „Schwester Teresia Benedicta a Cruce“, war eine deutsche Philosophin, Frauenrechtlerin und katholische Nonne jüdischer Herkunft. Sie wurde 1998 heilig gesprochen.

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Edith Stein um 1918

Leben

Kindheit und Ausbildung

 
Breslau 2006, Nowowiejska-Str. 38:
Das Haus in der ehemaligen Michaelisstraße, in dem Edith Steins Familie wohnte

Edith Stein wurde als jüngstes von sieben Kindern in eine jüdisch-orthodoxe Familie geboren. Ihre früh verwitwete Mutter ermöglichte allen Kindern eine solide Ausbildung; Edith unterbrach vierzehnjährig das Gymnasium in Breslau und lebte fast ein Jahr bei ihrer Schwester Else Gordon in Hamburg. Obwohl fromm erzogen, wandte sich Edith in dieser Zeit von den jüdischen Ritualen ab und bekannte sich zum Atheismus. An den Universitäten Breslau, Göttingen und Freiburg im Breisgau studierte Edith Stein vor allem Philosophie, Psychologie und Geschichte. Nach ihrer Doktorarbeit (1916) mit dem Thema Zum Problem der Einfühlung war sie bis 1918 wissenschaftliche Assistentin ihres Doktorvaters, des Philosophen Edmund Husserl in Freiburg. Obwohl mit Auszeichnung promoviert, wurde sie als Frau nicht zur Habilitation zugelassen. An der Universität Göttingen legte sie 1919 erfolglos die Habilitationsschrift Psychische Kausalität vor; in Breslau und Freiburg bewarb sie sich vergebens mit der philosophischen Abhandlung Potenz und Akt.

Konversion und Ordensbeitritt

Einen Wendepunkt in Edith Steins Leben bildete die Lektüre der Autobiografie der heiligen Theresa von Avila. Sie konvertierte daraufhin zum Katholizismus. Am 1. Januar 1922 ließ sie sich in Bad Bergzabern taufen und siedelte in die Pfalz über, wo sie Lehrerin an einer Mädchenschule der Dominikanerinnen in Speyer wurde.

Zwischen 1927 und 1933 hatte sie intensiven Kontakt zum Benediktinerkloster Beuron; 15 Aufenthalte sind nachgewiesen. Der Beuroner Erzabt Raphael Walzer hielt sie zunächst von ihrem Plan ab, dem Karmel (Orden der Karmelitinnen) beizutreten, und bat sie, mehr in der Öffentlichkeit zu wirken. Daher wechselte sie 1932 zum katholischen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster (Westfalen). Dort beschäftigte sie sich u.a. mit Thomas von Aquin. Am 14. Oktober 1933, der Vigil des Gedenktages ihrer Namenspatronin Teresa von Avila, trat sie in den Kölner Karmel ein und nahm ihren Ordensnamen an. Zwei Jahre später, 1936, ließ sich auch Ediths ältere Schwester Rosa (* 1883) taufen.

Verfolgung und Ermordung

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Edith Stein um 1935

Durch den Druck des Naziregimes erhielt Edith Stein als gebürtige Jüdin 1933 Lehrverbot und musste ihre Stelle in Münster aufgeben.

In einem Brief bat sie vergeblich Papst Pius XI., mit einer Enzyklika gegen die Judenverfolgung einzuschreiten. Kurz zuvor, am 1. April 1933 hatten die Nazis zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen („Deutsche, kauft nicht beim Juden“) und damit eine Pogromstimmung angefacht.

Um ihren Kölner Heimatkonvent nicht in Gefahr zu bringen, wechselte Edith Stein 1938 in die Niederlande zu einem Karmel im limburgischen Echt, der sie und ihre Schwester Rosa, die ihr 1940 folgte, aus unbekannten Gründen jedoch formell nicht aufnahm. Nach dem deutschen Überfall auf die Niederlande wurden beide am 2. August 1942 von der Gestapo verhaftet und in das Sammellager Westerbork gebracht. Von dort wurden beide am 7. August nach dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort am 9. August 1942 in der Gaskammer ermordet.

Es war Edith und Rosa Stein nicht mehr möglich gewesen, aus Echt in den Schweizer Karmel Le Pâquier zu fliehen. Anscheinend hatten die dortigen Nonnen die Gefährdung nicht klar genug erkannt, so dass zuviel Zeit mit der Beschaffung der notwendigen Dokumente und der Unterkünfte verstrich. Es wird aber auch berichtet, dass Edith Stein eine privilegierte Rettung für sich selbst ablehnte.


Würdigung

Bedeutung

Edith Stein gilt als eine der Patroninnen Europas. Sie ist die erste katholische Märtyrerin jüdischer Abstammung, die kanonisiert wurde. Am 1. Mai 1987 wurde sie von Papst Johannes Paul II. selig und am 11. Oktober 1998 heilig gesprochen. Dieser dezidierte katholische Anspruch auf Person und Werk wird von unabhängigen Linken wie feministischen Stimmen auch kritisch gesehen und als Vereinnahmung hinterfragt, denn Edith Stein hatte einen weiten gedanklichen Horizont, der sich keinesfalls im katholischen Dogma erschöpfte.

Sie hat auch ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Volk nie verleugnet, obgleich ihre Angehörigen ihr die starke Bindung an die Kirche vor allem nach 1933 als Verrat vorwarfen.

Die plastische Darstellung der Heiligen im Petersdom in Rom hat ebenfalls Kritik ausgelöst, da an der Statue Kreuz und Thorarolle symbolisch vermengt werden, was vor dem Hintergrund eines angespannten jüdisch-katholischen Dialogs teilweise als realitätsfern bewertet wird.

Ehrungen

 
Edith-Stein-Denkmal in Köln

Edith-Stein-Preis

Der Edith-Stein-Preis wird vom Göttinger Edith-Stein-Kreis alle zwei Jahre an Persönlichkeiten, Gruppierungen und Institutionen verliehen, die sich grenzüberschreitend sozial engagieren. Er besteht aus einer Medaille mit der Inschrift „Unsere Menschenliebe ist das Maß unserer Gottesliebe“ und 5000 €. Dem verantwortlichen Kuratorium gehören beide Amtskirchen sowie die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit an.

Werke in Auswahl

  • Zum Problem der Einfühlung. Dissertation, Halle 1917
  • Potenz und Akt. 1931
  • Endliches und ewiges Sein, Hauptwerk, vollendet 1937, postum: Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 1950
  • Kreuzeswissenschaft. Studie über Johannes vom Kreuz, Neuauflage: Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2003
  • "Aus dem Leben einer jüdischen Familie", Aufl./Jahr: 1. Aufl. 2002 Herder Verlag

Literatur

  • Waltraud Herbstrith: Edith Stein. Bilder des Lebens. München : Kaffke, 2. Aufl. 1982.
  • Johannes Schaber, OSB: Phänomenologie und Mönchtum. Max Scheler, Martin Heidegger, Edith Stein und die Erzabtei Beuron; in: Holger Zaborowski & Stephan Loos (Hg.): Leben, Tod und Entscheidung. Studien zur Geistesgeschichte der Weimarer Republik, Berlin 2003
  • Matthias Böckel: Edith Stein und das Judentum. 2. Aufl., Paqué, Ramstein 1991, ISBN 3-88765-022-0
  • Christian Feldmann: Edith Stein. Reinbek : Rowohlt, 2004, ISBN 3-499-50611-4
  • Joachim Feldes: Auf den Spuren Edith Steins durch Koeln. Frankenthal/Köln 2005
  • Bernhard Bumb/Joachim Feldes: Auf den Spuren Edith Steins durch Speyer. Speyer 2006
  • Joachim Feldes: Edith Stein und Schifferstadt. Schifferstadt 1998
  • Joachim Feldes: Im Kreuz ist Hoffnung. Der Kreuzweg mit Edith Stein. Frankenthal, 3. Auflage 2001
  • Joachim Feldes: Following Edith Stein's Footprints through Cologne. Frankenthal/Köln 2005

Ständig aktualisierte Literaturliste auf www.edith-stein.com

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