Corps Frankonia-Prag zu Saarbrücken
Das Corps Frankonia Prag zu Saarbrücken ist eine studentische Verbindung, welche seit 1861 besteht. Das Corps hat die Couleur blutrot-weiss-gelb, welche im Band zusammen mit einer dunkelroten Mütze getragen werden. Die Füchse (Mitglieder im 1. Semester) tragen ein Band in den Farben blutrot-gelb. Als schlagende Studentenverbindung wird die Tradition des Mensurfechtens gepflegt.


Das Corps Frankonia ist dem Toleranzprinzip verpflichtet und enthält sich jeglicher politischer Stellungnahme. In seinen Reihen finden sich Akademiker unterschiedlicher politischer Anschauungen, Glaubensrichtungen und Nationalitäten. Das Corps ist eine lebenslange Gemeinschaft auf demokratischer Grundlage, die sich als Freundschaftsbund sieht. Im Corps haben Geselligkeit und ernsthaftes Studium die gleiche Bedeutung.
Geschichte
Das Corps Frankonia Prag wurde am 01.03.1861 als Landsmannschaft Polytechnia an der Deutschen Technischen Hochschule zu Prag gestiftet. Die Farben waren zuerst blutrot-silber-gelb mit schwarzen Mützen. Die Stifter waren vorher Mitglieder der schwarzen Vereinigung "Bierherzogtum Lichtenhain" (gegr. 1859). Diese Vorverbindung war nach der 1848'er Revolution die erste behördlich geduldete studentische Korporation. Aus der Lichtenhain gingen auch die späteren Verbindungen Rugia, Moldavia I, Austria (heute Corps), Albia und Carolina ( beide sp. Burschenschaften) hervor. Dies war möglich, nachdem die kaiserlich- österreichische Aufsichtsbehörde das Verbot studentischer Verbindungen im Jahre 1860 aufgehoben hatte.
Im Jahre 1862 erfolgte die Umbenennung in Corps "Frankonia" und der Wechsel zu den heute geltenden Farben blutrot-weiss-gelb (auf goldener Perkussion) mit dunkelroten Mützen. Im Sommersemester wurden zudem erst dunkelrote und später weisse Stürmer getragen.
Der Wahlspruch lautet: "Ehre, Freiheit, Biedersinn!"
Der Name Frankonia wurde angenommen, da die meisten Stifter aus dem Egerland kamen, welches traditionell nach Mundart und Volkstum zum fränkischen Kulturkreis eingeordnet wurde. Rot-weiss sind dabei die Farben des Kronlandes Böhmen, als auch die des Frankenlandes; rot-gelb sind bis heute auch noch die Stadtfarben von Prag.
In den 60er Jahren wurde ein technischer SC gebildet, dem sich noch die Corps Suevia und Constantia angeschlossen haben. Daneben gab es den akademischen SC mit den Corps Austria, Rugia, Cheruscia und Moldavia I. Diese Trennung wurde später ab 1880 aufgehoben, als die Technische Hochschule den gleichen Rang wie die Universität einnahm. Allerdings waren in der Zeit lediglich das Corps Austria und das Corps Suevia dauerhaft von Bestand.
Es bestanden gute Beziehungen zu WSC - Corps in Freiberg, Dresden und München. Die Mensur wurde bis 1877 auf Prager Comment gefochten, dh. mit einer Plempe (Säbelkorb mit gerader Klinge); danach wurde die Waffe vom heute noch gültigen Korbschläger abgelöst. Der bekannte "Rasende Reporter" Egon Erwin Kisch - ein profunder Kenner des Prager Verbindungslebens - schrieb einst eine Abhandlung über das dortige Mensurwesen ("Aus Prager Gassen und Nächten").
Das Corps Frankonia genoss ein hohes Ansehen und hatte Einfluss auf die Entwicklung des Corpsstudentums an den Hochschulen in Brünn, Graz, Innsbruck und Wien. So wurde Ende der 70'er Jahre des 19. Jahrhunderts erstmals ein Zusammenschluss aller Corps der Donaumonarchie in einem gemeinsamen Dachverband, dem Melker Seniorenconvent möglich.
Im Jahre 1878 suspendierte das Corps Frankonia aus Nachwuchsmangel, da alle studierenden Aktiven zum österreichischen Militärdienst in Bosnien einberufen wurden. Eine Rekonstitution gelang 1879, aber schon ein Jahr später musste der Aktivenbetrieb wieder eingestellt werden.
In der folgenden Zeit kam es zu einem Zuwachs der Burschenschaften, während das Prager Corpsstudententum einen Rückgang erlebte. Durch den aufgestauten Hass der tschechischen Bevölkerung gegen die Deutschen, bevorzugten deutsche Studenten die eher betont national ausgerichteten Verbindungen.
So kam es oft zu gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Tschechen und Deutschen. Nicht selten drangen auch tschechische Randalierer in die Kneiplokale der Verbindungen ein und verwüsteten diese. Das Schimpfwort für den deutschen Studenten war damals "Burszaki".
Frankonia Prag selber betrachtete sich zwar als eine deutsche Studentenverbindung, hatte aber auch wie viele andere Corps Mitglieder mit polnischem, ungarischem und jüdischem Familienhintergrund. Ausschlaggebend war vielmehr das Bekenntnis zur deutschen Kultur und Sprache.
1897 bot sich die Chance, das Corps in Wien wiederaufzutun, was aber dann verworfen wurde. Allerdings unterstützten die Alten Herren die leider nur kurzlebigen Corps Gothia und Palaio-Austria Prag.
Nach dem 1. Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Staates Österreich-Ungarn wurde die Situaton für den deutschen Studenten in Prag schwieriger. Trotzdem gelang 1921 die Rekonstitution mithilfe ehemaliger Prager Kadetten unter der Aegide von AH v. Brehm (sp. EM). Die meisten Mitglieder stammten aus dem sogenannten Sudetenland und den ostschlesischen Gebieten. Viele kamen aber auch aus dem Deutschen Reich zum Studium an die deutschsprachige Prager Karls-Universität und die Deutsche Technische Hochschule.
Im November 1922 erfolgte die Aufnahme des Corps Frankonia in den SC zu Prag und damit in den KSCV (Kösener Senioren- Convents- Verband). Zusammen mit Corps Suevia Prag wurde bis 1938 der Prager Seniorenconvent gebildet. Das Corps Austria wechselte bereits 1919 seinen Standort nach Frankfurt a. Main.
Das Corps Frankonia Prag hatte wie die anderen Prager Verbindungen kein eigenes Haus. Man traf sich in einem der Prager Altstadtlokale, wo ein Kneipraum angemietet wurde. Die meiste Zeit war das "Goldene Kreuzl" in der Nekazanka ut. die Heimat des Corps.
Die tschechoslowakische Polizei genehmigte die Austragung der studentischen Mensuren, allerdings musste stets ein Gendarm anwesend sein. Zu diesen tschechischen Polizisten hatten die Verbindungen allerdings stets ein gutes Verhältniss und sie wurden als Beobachter zu echten Experten.
Die Situation in der Tschechoslowakei war auch nach 1918 durch eine starke Antipathie und Diskriminierung gegenüber der deutschen Gesellschaft geprägt. Die Deutschen stellten 26% der Bevölkerung in dem jungen Staat, waren aber in vielen Dingen benachteiligt. Es kam auch auf akademischen Boden zu einem Eklat, als die Regierung verlangte, dass die Deutsche Karls-Universität der tschechischen Universität alle Rektorsinsignien ausliefern und auf ihr Stiftungsdatum 1348 verzichten sollte.
Im Jahre 1938 erfolgte der Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich und bald darauf die zwangsweise Auflösung aller studentischen Korporationen,wie es auch schon in Deutschland seit 1935 vollzogen wurde. Der Nationalsozialismus sah keine Notwendigkeit in der Erhaltung autonomer studentischer Gruppen mit eigenen demokratischen Strukturen.
Nach Kriegsende wurden die alten deutschen Hochschulen (TH und Karlsuniversität) durch den tschechoslowakischen Staat aufgelöst. Dies ging mit der Vertreibung von über 3 Millionen Deutschen aus ihrer angestammten jahrhundertealten Heimat einher.
Die Alten Herren sammelten sich zuerst in Bayern, um dann im Jahre 1954 die Rekonstitution des Corps an der jungen Universität des Saarlandes in Saarbrücken zu wagen. Das Unterfangen war nicht einfach, zumal fast alle Alten Herren ihren Besitz bei der Vertreibung aus dem Osten verloren haben und gerade eine neue Existenz aufbauten.
Seit über 50 Jahren schlossen sich dem Corps wieder viele Studenten an, die der Gemeinschaft ein Leben lang verbunden geblieben sind. Mit der Zeit wurde das Corps Frankonia Prag auch an seiner neuen Hochschule heimisch.
Im Jahre 1968 konnte das grosszügige Corpshaus in der Gustav- Bruch- Srasse 8 in Saarbrücken erworben werden, welches neben Gesellschaftsräumen 5 Zimmer für Studenten bietet. Das Corps setzt sich zur Zeit aus ca. 15 studierenden Aktiven und Inaktiven sowie 100 Alten Herren zusammen.
Berühmte Mitglieder
- Karl Hans Strobl, *1877; +1946 (Corps Austria Prag, Corps Frankonia Brünn, Corps Frankonia Prag, Corps Saxonia Wien), Schriftsteller.
- Werner Ranz, *1893; +1970 (Corps Normannia Berlin, Corps Saxonia Kiel, Corps Frankonia Prag), Rechtsanwalt. Justizrat. Studentenhistoriker.
- Prof. Werner von Koch, +1910 (Corps Frankonia Prag), Rektor der kaiserlich-russischen Technische Hochschule Riga, Staatsrat.
- Henning Hoffsten, *1944 (Corps Frankonia Prag), Schauspieler, Oberstudienrat.