Gerhard Mercator

Mathematiker, Geograf, Kartograf (1512–1594)
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Gerhard Mercator (eigentlich Gerard De Kremer, latinisiert: Gerardus Mercator) (* 5. März 1512 in Rupelmonde, Flandern; † 2. Dezember 1594 in Duisburg) war ein belgischer Mathematiker und Kartograf, der schon zu Lebzeiten als der Ptolemäus seiner Zeit angesehen wurde.

Gerhard Mercator
Gerhard Mercator; Statue im Parc du Petit Sablon in Brüssel

Mercator sah sich selbst mehr als wissenschaftlichen Kosmografen, und nicht als jemand, der seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung und dem Verkauf von Karten verdienen musste. Seine Produktion war nicht gerade sehr umfangreich: Wir kennen nur ein Globen-Paar, fünf Wandkarten und eine unvollendete Kosmographie. Die meisten seiner Werke sind heute in der Schatzkammer des Kultur- und Stadthistorischen Museum der Stadt Duisburg ausgestellt.

Mercator lebte seit 1552 in Duisburg. Er schuf die erste Europakarte (1562) und das erste Kartensammelwerk, den Atlas ("Atlas sive Cosmographicae Meditationes de Fabrica Mundi et Fabricati Figura", 1595).

Die neue Universität in Duisburg, heute Universität Duisburg-Essen, war bis zur Fusion mit der Universität Essen nach dem Kartografen Gerhard-Mercator-Universität benannt. Zu der am Campus Duisburg bestehenden Mercator School of Management passt der Name besonders gut, weil Mercator auf Latein Kaufmann bedeutet. Des Weiteren sind ein Duisburger Gymnasium, ein Veranstaltungs- und Kongresszentrum (Mercatorhalle), ein Einkaufszentrum in Duisburg-Meiderich sowie ein Moerser Berufskolleg nach ihm benannt, ebenso die südliche Ringstraße Mercatorstraße/Kremerstraße in der Duisburger Innenstadt.


Frühe Jahre

Gerhard Mercator wurde 1512 unter dem Namen Gerard De Cremer (sein Name ist latinisiert: Krämer = Händler = Mercator) in der flämischen Stadt Rupelmonde, südwestlich von Antwerpen geboren und war deutscher Abkunft. Seine Eltern stammen aus dem jülischen Gangelt. Er ging zur Schule beim Humanisten Georg Macropedius der Bruderschaft des Gemeinen Lebens in Herzogenbusch, wo er eine klassische Ausbildung in den Fächern Latein, Griechisch, Logik, Grammatik und Rhetorik genießt. Am 29. August 1530 schrieb er sich zum Studium an der Katholieke Universiteit Leuven ein. 1532 schließt er das Studium mit dem Grad eines Magisters ab. Sowohl die Ausbildung an der Schule in Herzogenbusch als auch das Studium wurde Mercator von einem wohlhabenden Onkel finanziert.

Inzwischen hatte er sich auf die Kunst des Kupferschnittes spezialisiert. Er wurde dermaßen tüchtig, dass der Werkzeughersteller Gaspard van der Heyden ihn ganz oder teilweise mit der Anfertigung der Kupferplatten für den neuen Erden- und Himmelsglobus des Leidener Mathematikers Gemma Frisius beauftragte. Beide Werke, die ungefähr um 1537 erschienen, sind die ältesten von Mercator bekannten.

Selbstständige Werke

Bald nach diesem Werk im Dienst seines Lehrmeisters veröffentlichte Mercator selbstständig kurz nacheinander eine Wandkarte vom Heiligen Land, Amplissima Terrae Sanctae Descriptio (6 Blätter, 1537), eine kleine Weltkarte in herzförmiger Projektion, Orbis Imago (1538), und eine Wandkarte von Flandern Exactissima Flandriae Descriptio (9 Blätter, 1540); in diesem Jahr veröffentlichte er darüber hinaus ein Buch über Kursivschrift, Literarum latinarum, quas italicas, cursoriasque vocant, scribendarum ratio, bestehend aus 52 Blättern im Holzschnitt.

Mercator war der erste der die Kursivschrift 'italic' auf Landkarten verwendete. Es verbesserte die Optik der Karten dermaßen, dass es bis in das 19. Jahrhundert hinein üblich blieb, Namen auf Karten in kursiver Schrift zu schreiben.

Im Jahr 1541 setzte er seine Arbeit mit einem Erden-Globus fort. Danach hören wir eine Zeit lang nichts mehr von seiner Arbeit auf dem Gebiet der Kartografie. Mercator hatte Probleme mit den Behörden und der katholischen Kirche und wurde unter anderem der Ketzerei beschuldigt, 1544 sogar für etwa sieben Monate eingekerkert. Proteste des Löwener Klerus und der Universität (unter anderem von deren Rektor, der selbst Inquisitor war) halfen Mercator, diese gefährliche Lage zu überwinden. Erst 1551 folgte eine neue Ausgabe, ein Himmels-Globus, als Gegenstück zum Erden-Globus.

Duisburg

 
In Duisburg erinnern vor allem zahlreiche Globen an das Leben und Werk Gerhard Mercators. Dieser hier steht am südlichen Stadteingang in Huckingen (Richtung Düsseldorf)

Durch die Heilige Inquisition verfolgt (Mercator war Anhänger der Reformation), zog er mit vierzig Jahren 1552 zusammen mit seiner Familie nach Duisburg in den damals vereinten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg, in denen Herzog Wilhelm der Reiche ein labiles konfessionelles Gleichgewicht erasmianischer Prägung zu halten suchte und bedeutende Gelehrte in seine Nähe zog. Vielleicht hatte Mercator auch von der beabsichtigten Gründung einer Universität gehört. Die Universität wurde allerdings erst knapp hundert Jahre später, im Jahre 1655, eröffnet.

In Duisburg erwarb Mercator ein Haus sowie Grundstücke außerhalb der Mauern der Stadt. Drei Jahre lang, von 1559 bis 1562 lehrte er am Duisburger akademischen Gymnasium Geometrie, Mathematik und Kosmologie, bis er etwa um 1563 von Herzog Wilhelm dem Reichen von Jülich-Kleve-Berg zum herzoglichen Kartografen ernannt wurde. Ab 1562 unterwies Marcator auch Johannes Corputius, der 1566 die bekannte, nach ihm benannte exakte Stadtansicht Duisburgs fertigte.

Mercator verließ Duisburg nie mehr. Er starb dort 1594 als angesehener und reicher Mann. Sein Grab befindet sich in der Salvatorkirche zu Duisburg.

Die Mercator-Projektion

Aus der Duisburger Periode kennen wir nur vier Wandkarten:

  • Europæ descriptio, eine Wandkarte von Europa aus 1554 in 15 Blättern (159 × 132 cm). Mit dem Erscheinen dieser Karte wurde das schon lange überholte Ptolemäische Weltbild weitgehend korrigiert. Die gegenseitige Position der Europäischen Länder ist zum ersten Mal korrekt dargestellt. Für anderthalb Jahrhunderte diente Mercators Europa-Karte als Maßstab.
  • eine Karte von Lothringen 1563/1564.
  • Angliæ, Scotiæ et Hiberniæ nova descriptio, eine Wandkarte der Britischen Inseln in acht Blättern von 1564.
  • Nova et aucta orbis terræ descriptio ad usum navigantium emendate accomodata, 1569, die große Wandkarte der Welt in 21 Blättern mit einer Gesamtgröße von 134 × 212 cm.

Diese letzte Karte kann mit Recht Mercators Meisterwerk genannt werden. Es ist die erste Weltkarte, bei der eine winkeltreue Projektion verwendet wurde.

Datei:Mercator-projektion.png
Mercator-Projektion

Zu Mercators Zeiten war es nötig, winkeltreue Karten für die Navigation in der Seefahrt zu haben. Nur Globen können gleichzeitig eine flächen-, winkel- und längengetreue Abbildung der Erde bieten. Diese drei Eigenschaften kann eine Karte nicht gleichzeitig erfüllen. Deswegen waren Mercators Karten, die die Erde als erste in einer winkeltreuen Darstellung auf die Ebene projizierten, so wichtig, dass die winkeltreue Kartenprojektion nach ihm Mercator-Projektion genannt wird. Der größte Nachteil dieser Projektion ist, dass in der Nähe der Pole starke Verzerrungen auftreten. Die Pole selbst konnten so gar nicht abgebildet werden.

Kosmographie

Nach der Ausgabe der Weltkarte verlegte Mercator sich mehr und mehr auf die Herstellung einer Kosmographie. Mercator hatte große Pläne: Ein riesiges kosmographisches Werk über die Schöpfung, deren Ursprung und dessen Geschichte.

Die ersten Ideen dafür schrieb er 1569 in der Einleitung zu seiner Chronologia. Die Kosmographie würde aus fünf Teilen bestehen:

  • Die Schöpfung der Welt. Nach seinem Tod herausgegeben als Einleitung zum Atlas (1595).
  • Beschreibung des Himmels (nie erschienen)
  • Beschreibung der Länder und Seen in drei Teilen:
    • Moderne Geographie. Der Atlas, unvollendet, siehe unten;
    • Ptolemäus' Karten. Herausgegeben 1578;
    • Antike Geographie. (nicht realisiert).
  • Genealogie und politische Geschichte. Nur erschienen als begleitende Texte zu den Karten im Atlas.
  • Chronologie. (Herausgegeben im Jahr 1569).

Mercator wurde seine wissenschaftliche Einstellung zum Schicksal. Immer wieder verschob er in der Hoffnung auf neue Informationen die Herausgabe seines Werks. Der kartografische Teil seiner Kosmographie wurde daher nur teilweise vollendet.

Zuerst wurde seine Ptolemäus-Ausgabe von 1578 angefertigt. Mercator sah diese Ausgabe bloß als Darstellung der Welt nach den Ideen der klassischen Autoren. Die 28 Ptolemäischen Karten sind nie in einem anderen Atlas eingefügt, während sie noch im Jahr 1730 (!) neu herausgegeben worden sind.

 
Karte Europas von Gerhard Mercador

Erst im Jahr 1585, fünfzehn Jahre nach der Ausgabe des Theatrum, kam Mercator mit einer unvollendeten Ausgabe seiner 'modernen Geographie'.

Das Kartenbuch enthält 51 Karten: 16 von Frankreich, 9 von den Niederlanden und 26 von Deutschland. Von diesen Ländern hatte er die zuverlässigsten Beschreibungen. Jeder Teil hat ein eigenes Titelblatt: Galliae Tabulae Geographicae, Belgii Inferioris Geographicae Tabulae und Germaniae tabulae geographicae. Das ganze hatte noch keinen Titel.

Im Jahr 1589 folgten 22 Karten von Südosteuropa, Italiae, Sclavoniae et Graeciae tabulae geographicae. Mercator hatte leider nicht die Möglichkeit, gemäß seiner ursprünglichen Planung seine Tabulae Geographicae zu einem richtigen Weltatlas mit einem Umfang von etwa 120 Karten zu erweitern.

Ein Jahr nach seinem Tod gab sein Sohn Rumold Mercator eine Ergänzung mit 34 Karten heraus. Hierin befinden sich 29 von Gerhard Mercator gravierte Karten der fehlenden Teile Europas (Island, die Britischen Inseln und die nord- und osteuropäischen Länder).

„Atlas“

 
Titelkupfer zum dreibändigen Atlas Mercators, das ein Jahr nach dessen Tod von seinem Sohn Rumold veröffentlicht wurde und in dem erstmalig die Bezeichnung „Atlas“ auftaucht.

Rumolds "vollständige Ausgabe" hat ein eigenes Titelblatt und Vorwort. Der Titel lautet Atlas sive Cosmographicae Meditationes de Fabrica Mundi et Fabrica Figura (Atlas oder kosmographische Meditationen über die Schöpfung der Welt und die Form der Schöpfung).

Die Wahl dieses Titels erklärte Mercator in einer Einleitung, deren Veröffentlichung jedoch von der katholischen Kirche verboten und erst 1993 aus dem Lateinischen übersetzt wurde. Danach ist der Name nicht, wie bis dahin angenommen, von dem Titan Atlas entliehen, weil dieser die Welt auf seinen Schultern hielt, sondern sollte an den – mindestens ebenso mythischen – König Atlas von Mauretanien erinnern, den er sich offensichtlich zum Vorbild nahm: „Meine Bestimmung ist es also, es diesem Atlas nachzutun, einem in Belesenheit, Menschlichkeit und Weisheit so herausragendem Mann, wie von einem hohen Wachturm aus die Kosmografie zu betrachten, so weit meine Kraft und Fähigkeit es erlauben, um zu sehen, ob ich möglicherweise durch meinen Fleiß einige Wahrheiten in noch unbekannten Dingen finden kann, welche dem Studium der Weisheit dienen könnten.“

Der Atlas ist auf dem Titelblatt von Mercators Atlas mit einem Himmels- und Erden-Globus abgebildet.

Übrigens wurde der Titan Atlas als Weltenträger schon früher auf dem Titelblatt dargestellt, das Lafreri um 1570 seinen IATO-Atlanten voranstellte, an Mercators Originalität kann also gezweifelt werden.

Der Atlas beginnt mit einer Biografie von Gerardus Mercator des Duisburger Magistrats Walter Ghim und folgt dann mit dem ersten Teil: Mercators Werk über die Schöpfung Mundi Creatione et Fabrica Liber. Die 107 Karten bilden dann den zweiten Teil.

In Duisburg wurde ihm auf dem Rathausvorplatz 1878 ein Denkmal gesetzt.

Museen und Ausstellungen

  • Das weltweit einzige dedizierte Mercator-Museum befindet sich in Sint-Niklaas (Belgien). Es zeigt das Leben und Wirken des Mercator.
  • Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg (zeigt Mercators Werk in einem eigenen Bereich mit wertvollen Karten, Büchern und Globen.)
  • Mercator-Atlanten in der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen, Campus Duisburg: Dauerausstellung ab dem 29. Januar 1997

Literatur

  • Nicholas Crane, Der Weltbeschreiber. Gelehrter, Ketzer, Kosmograph - Wie die Karten des Gerhard Mercator die Welt veränderten; München (Droemer Knaur) 2005 ISBN 3-426-27224-5
  • Wolfgang Scharfe (Hg.), Gerhard Mercator und seine Zeit; (=Duisburger Forschungen 42); Duisburg (Braun) 1996
  • John Vermeulen, Zwischen Gott und See: Roman über das Leben und Werk des Gerhard Mercator; Zürich (Diogenes) 2005 ISBN 3-257-06495-0
  • Rienk Vermij (Hg.), Gerhard Mercator und seine Welt; Duisburg (Mercator-Verlag) 1997 ISBN 3-87463-254-7
Commons: Gerardus Mercator – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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