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Jinotega (Stadt)

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Jinotega ist die Hauptstadt des Departamento de Jinotega im Norden Nicaraguas.

Die Stadt hat eine Bevölkerung von rund 53.000 Einwohnern (Berechnung 2006) und liegt auf ca. 1078 üNN.

Etymologie

Der Name Jinotega stammt aus der Nahuatl-Sprache vom Wort Xinotencatl. Über die Bedeutung dieses Wortes sind die Linguisten uneinig. Es wird als „Stadt der ewigen Männer“ oder „Nachbarn des Jiñocoabos“ gedeutet, wobei Jiñocoabos ein Balsambaumgewächs (Bursera simaruba) ist. Eine Entsprechung für die Bedeutung „Nachbarn“ wäre die deutsche Endung „hausen“ bei Wohnortsnamen, z.B. in "Dornholzhausen", "Recklinghausen" usw.

„Nachbar der Jiñocoabos“ scheint aus zwei entscheidenden Gründen die korrekte Auslegung zu sein: Auch wenn heute Jinotega eine kleine Stadt ist, ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Ureinwohner ihren Wohnort als Stadt angesehen oder gar als solchen bezeichnet hätten, zumal belegt ist, dass bei der Ankunft der Spanier in dieser Region Nicaraguas im 17. Jahrhundert, Jinotega lediglich ein bedeutungsloser Weiler war.

Fauna und Flora

In Jinotega wächst der oben erwähnte Jiñocoabo-Baum (Bursera simaruba), ein Balsambaumgewächs, den die Ureinwohner Jinotegas sehr verehrten und große medizinischen Eigenschaften zuschrieben. Der Jiñocoabo-Baum ist auch heute noch sehr verbreitet in der Umgebung Jinotegas, wo er wie eh und je an den Hängen der Stadt Jinotega wächst.

Romantische Dichter haben der Stadt Jinotega den wohlkingenden, den klimatischen Gegebenheiten wiedergebenden Namen „Ciudad de las Brumas“ (Stadt der Nebel) gegeben. Aufgrund der gnadenlosen Abholzung der Umgebung hat sich seit den letzten drei Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts das Klima drastisch zum Negativen verändert, sodass der Nebel, den man früher jeden Morgen als natürlichen Deckmantel über der Stadt sehen konnte, heute eigentlich fast nur noch eine vergangene Naturerscheinung ist.

Wirtschaft

Als Hauptstadt des Departamento de Jinotega entwickelte sich die Stadt Jinotega als sein Handelszentrum. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts entstand in der Stadt Jinotega ein reges Handelsleben: die Nationalregierung hatte im 19. Jahrhundert ein Gesetz mit dem Ziel verabschiedet, ausländische Investoren zum Kaffeeanbau in Nicaragua zu motivieren. Englische, deutsche, dänische und nordarmerikanische Unternehmer ließen sich daraufhin in Jinotega nieder. Manche eröffneten Handelshäuser, wo die Kaffeeproduzenten ihre Ernte gegen importierter Ware tauschen konnten. Es entstand auch ein kleines Industrieleben, so etwa die Brausegetränkefabrik, die man im Volksmund „Chibolas“ (Murmel) nannte, da der Glasflaschenverschluss durch eine Glaskugel luftdicht verschlossen war, die man dann eindrücken musste, um die Flasche zu öffnen. Jinotega bekam auch ein Casino nach Wiener Art.

Ende der 1920er Jahre wurde Jinotega zu Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Leuten von Sandino (im Volksmunde "los Bandoleros" genannt) und den nordamerikanischen Okkupationstruppen (im Volksmunde "los marinos yankis" genannt). Diese Ereignisse beeinträchtigten die Wirtschaft des Departamentos und der Stadt Jinotega empfindlich. Als Nicaragua am 8. Dezember 1941 Deutschland den Krieg erklärte, wurden alle Deutschen und viele ihrer Angehörigen in sogenannten „Konzentrationslagern“ nach Managua gebracht. Ihre Geschäfte und Kaffee-Haziendas wurden auf Anordnung von Somoza durch Regierungspersonal besetzt und nach Kriegsende die meisten davon konfisziert. Viele Deutsche starben kurz danach. Andere verließen Jinotega und siedelten in Managua und andere Städte oder verließen Nicaragua ganz. Die Wirtschaft Jinotegas erlitt dadurch einen herben Schlag.

Mitte der 1960er Jahre hat der Unternehmer Asunción (Chón) Molina Rodríguez eine Kaffee-und Mais-Verarbeitungsfabrik aufgebaut. Unter seinen Produkten fand man, fachmännisch im Vakuum verpackt, gemahlenen Kaffe sowie Mais-Chips und Tortillas, die allesamt nach ganz Mittelamerika exportiert wurden. Die Fabrik beschäftigte über 200 Personen. Nach der Machtergreifung der Sandinisten 1979 wurde die Fabrik enteignet, verkam und verschwand. Ein Bruder von Asunción namens Porfirio Molina Rodriguez gründete eine kleine Konservenfabrik „Conservas La Cabaña“, die bis heute existiert.

Die wirtschaftliche Entwicklung Jinotegas konzentriert sich heute auf den Kaffeanbau und die Viehzucht. Die Elekroenergieproduktion Jinotegas ist vital für das ganze Land Nicaragua. Der Handel in der Stadt Jinotega selbst, aber auch in anderen wichtigeren Städten des Departamentos, haben sich in den letzten 10 Jahren stark entwickelt. Auch der Export von Edelhölzer und Bauholz spielt eine bedeutende Rolle.

Zwischen 1962 und 1964 wurde unter französischer und italienischer Kooperation der Stausee Lago de Apanás gebaut. Dazu wurden drei wichtígen Flüsse des Departamento angestaut: Río Tuma, Río Mancotal und Río Jigüina.

Die Straße, die die Stadt Jinotega mit der Stadt Matagalpa verbindet, wurde Anfang der 1950er Jahre fertiggestellt. Bei „Santa Lastenia“ erreicht sie den höchsten Punkt aller Straßen Nicaraguas.

Tourismus

Erst seit Anfang unseres Jahrhunderts hat Jinotega angefangen, den Tourismus als potentielle Wirtschaftsbranche zu entdecken und anzukurbeln. Inzwischen gibt es in Jinotega zwei Hotels und mehrere Restaurants. In unmittelbarer Nähe der Stadt wurde 2002 ein Grundstück als privates Naturreservat anerkannt. Dort entsteht nun ein Botanischer Garten mit dem Ziel den Ökotourismus anzukurbeln und der Wissenschaft zu dienen.

In der Stadt selbst sind nur wenige Sehenswürdigkeiten vorhanden. Die katholische Kirche (Iglesia San Juan) im Stadtzentrum wurde 1805 gebaut und 1882 wieder aufgebaut. Der Bau der heutigen Kirche erfolgte als Kathedrale im neoklassizistischen Stil mit barockisierenden Versatzstücken und wurde 1952 begonnen und 1958 vollendet. Ursprünglich hatte sie einen vollständig aus Holz geschnitzten Altar von Don Luis Lezama, der aber wegen des Holzwurms durch einen neuen ersetzt wurde.

Literatur

  • Julián N. Guerrero y Lolita Soriano: Monografía de Jinotega. IAI 1966 + 2006; in deutscher und spanischer Sprache
  • Simeón Jarquín Blandón: Jinotega-Recopilación Histórica. IAI Berlin; in deutscher und spanischer Sprache
  • Simeón Rizo Gadea: Nicaragua en mis recuerdos. In spanischer Sprache
  • Thomas Belt: The Naturalist in Nicaragua. 1888; in englischer und spanischer Sprache
  • René Moser:Nicaragua. In französischer, englischer, deutscher und spanischer Sprache; 1974; ISBN 2-85518-008-2
  • Götz Freiherr von Houwald:Deutsches Leben in Nicaragua-Auswanderer-Schicksale. IAI 1986; ISBN 3-925-290-60-5

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