Kurpfälzische Dialekte

Untergruppe der vorderpfälzischen Dialekte
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Kurpfälzisch (auch Badisch-Pfälzisch) ist eine Untergruppe der zur rheinfränkischen Dialektgruppe gehörenden vorderpfälzischen Dialekte und die einzige rechtsrheinische Dialektgruppe des Pfälzischen. Lexikographisch erfasst und bearbeitet werden die kurpfälzischen Dialekte vom Badischen Wörterbuch.

Verbreitung und Abgrenzung

Das Kurpfälzische wird in der rechtsrheinischen Kurpfalz gesprochen, der Unterschied zum linksrheinischen Vorderpfälzischen ist minimal. Eigentlich sind die Vorderpfalz und die Kurpfalz als ein Sprachraum zu sehen, umrahmt von den eher singenden Versionen in Odenwald und Pfälzer Wald. Das kurpfälzische Sprachgebiet erstreckt sich von Mannheim und Viernheim im Norden über Weinheim, Heidelberg und Wiesloch nach Bruchsal im Süden; im Osten reicht es in den badischen Odenwald hinein über Neckargemünd bis nach Eberbach, Mosbach und Sinsheim.

In den östlichen Teilen des badischen Odenwaldes spricht man einen südrheinfränkischen Dialekt, das so genannte Odenwäldische. Der auffälligste Unterschied zwischen dem kurpfälzischen Dialekt und dem ähnlich aufgebauten, aber trockener klingenden Dialekt des hessischen Odenwaldes (Odenwälderisch) im Norden ist das typische kurpfälzische "Singen", das oft die Betonung am Ende eines Satzes oder gemeinhin unbetonter Satzteile ansteigen lässt.

Im Südosten grenzt das Kurpfälzische an das Ostfränkische im nördlichen Württemberg, im Süden an das südfränkische (Nordbadische). Allerdings ist die Abgrenzung des Kurpfälzischen nach Süden und Osten nicht ganz eindeutig festgelegt. Linguistisch korrekt ist es die Speyerer Linie, Mainlinie oder "appel/apfel-Linie", die das Mitteldeutsche vom Oberdeutschen trennt (siehe auch unten), allerdings klassifizieren die meisten Bewohner der Gebiete um Sinsheim, Bruchsal und Mosbach, die zur historischen Kurpfalz gehörten, ihren Dialekt selbst als Kurpfälzisch.

Einflüsse des Rotwelschen und des Jiddischen. So ist es einem Kurpfälzer recht unproblematisch, das jiddische Radioprogramm aus Israel zu verstehen. Auch mit den Amischen (USA) ist eine Verständigung relativ einfach.

Besonderheiten in der Aussprache

Dabei ist das Kurpfälzische von seinen Nachbardialekten stark beeinflusst und weicht so teilweise vom restlichen Pfälzisch ab; für "ich" wird großenteils "isch" verwendet, wie westlich des Rheins ausschließlich, aber auch wie im Badisch-Schwäbischen "i".

Der für das Westmitteldeutsche und Pfälzische so typische Erhalt des "p" in Wörten wie "Palz", "Parrer", "Appl", Peif", "Pund", "Plaum" im Gegensatz zum hochdeutschen "pf" infolge der Zweiten Lautverschiebung ist im Kurpfälzischen als Übergangsdialekt von Ort zu Ort verschieden: In Schwetzingen und Heidelberg heißt es "Appl", "Plaum" und "Pund", in Leimen, Nußloch, Wiesloch und Hockenheim schon "Apfl", in St. Leon-Rot, Oberhausen-Rheinhausen und Bammental auch "Pflaum", in Dielheim, Tairnbach, Mühlhausen, Bad Schönborn und Sinsheim dann auch "Pfund". Diese und andere kleinräumige Unterschiede sind für Fremde oft sehr verwirrend, allerdings gibt es auch hier Tendenzen zur regionalen Vereinheitlichung des gesprochenen Dialekts.

In einigen Dialekten gibt es ein langes offenes o, das hochdeutschem au bzw. ei entspricht (Wiedergabe gelegentlich mit å, Bsp. Da Borris Begga kummt vun Låme). Auch ein nasaliertes offenes o kommt vor (Wiedergabe mit ã, Bsp. Gebb net so ã - Gib nicht so an).

Verbreitung und Status des Dialekts

Von der älteren Bevölkerung auf dem Land wird der angestammte Dialekt wie selbstverständlich gesprochen, Hochdeutsch wird zwar nicht als Fremdsprache empfunden, aber in der Aussprache nicht immer perfekt beherrscht und nur bei Bedarf halbwegs gesprochen. Jüngere Leute bevorzugen eine je nach Gesprächssituation mehr oder weniger abgeschwächte, vereinfachte Dialektform. In größeren Städten, allen voran Heidelberg, ist der Dialekt aufgrund der zahlreichen zugezogenen Einwohner ("Neigschneide") auf dem Rückzug, wird von vielen Jüngeren auch nicht mehr gut verstanden und als Merkmal der ungebildeteren Bevölkerung angesehen. Bei den meisten gebürtigen Kurpfälzern ist aber die Herkunft auch noch an der Klangfarbe des gesprochenen Hochdeutsch erkennbar, was auch für viele andere Regionen Deutschlands (z. B. Schwaben) oder für Österreich gilt; ein prominentes Beispiel ist der aus Leimen stammende Boris Becker. Eine Förderin des Kurpfälzischen war die Mannheimerin und Heidelbergerin Elsbeth Janda, die unter anderem dem Schlabbinsche im SWR/ARD-Werbefernsehen, einer Hundedame an der Seite von Äffle und Pferdle, ihre Stimme lieh.

Besonderheiten im Wortschatz

Typisch kurpfälzische Ausdrücke sind z. B.:

  • ab(b)a, aw(w)a - Nein!, Ach was!
  • abba - nein
  • Agga - der Acker
  • alla (eher im Norden) / alle (eher im Süden) - Auf geht's! (von französisch aller = gehen)
  • alla - eben, also (alla gut = also gut)
  • alleweil - die ganze Zeit, soeben
  • als (Adv.) - üblicherweise / manchmal (ich geh' als in de Leewe = ich gehe manchmal in das Lokal "Zum Löwen")
  • anders / anderster / onnaschta - , anders, verschieden (von)
  • Aniliner = jemand der bei der BASF arbeitet (Badische ANILIN und Sodafabrik)
  • Appl, der - Apfel
  • Atzel - Elster
  • awwl (in der Gegend um Heidelberg ausschließlich: awweil) - eben, jetzt, heutzutage ("alleweil")
  • babbl net - erzähl (mir) nichts
  • babble - sprechen, reden
  • Babblwasser - Alkoholisches Getränk (Sprechwasser)
  • Bääm, die - die Bäume
  • Bell - Pappel
  • Benseniggl (sehr häufig auch: Belseniggl) - Nikolaus, Weihnachtsmann ("Pelznickel")
  • berschde - bürsten (umgangssprachlich auch für Geschlechtsverkehr)
  • Bettschisser - Löwenzahn (Pflanze), wegen der abführenden Wirkung
  • Bix - Büchse, auch eine sexuell ausschweifende Frau
  • Blaschda - Pflaster (z.B. Heftpflaster, Straßenpflaster)
  • Bluntz, die - dumme kuh, abwertend für Frau, auch für einen Homosexuellen
  • Bobbes - Popo
  • Bobbele - Baby, Kleinkind, auch: Püppchen, Puppe
  • Bongart - Kind (abwertend!) von Bankert
  • Borschd - herangereifter junger Mann (Bursche)
  • Botschamba aus französisch pot de chambre - Nachttopf
  • bressiere / bressiare - eilig sein, sich beeilen (von französisch presser)
  • Bruda - Bruder
  • Brulle - Murmeln
  • Bruusl - die Stadt Bruchsal
  • Buu (sing.), Buwe (pl.) - Bube(n), Junge(n)
  • Dachhaas - Katze (von Dachhase)
  • Dachkandl - die Dachrinne
  • dahäm - daheim, zu Hause
  • Dande - Tante
  • dawedda - dagegen (dawieder)
  • die 19 - die neunzehnte Straße westlich des alten Meßplatzes = Lupinenstraße = kleine 'Fußgängerzone', Jugendliche unter 18 haben dort keinen Zugang ;-) - "Sperrbezirk"
  • Dilldabbe / Dilledabb - ungeschickter Mensch
  • Disch, der - Tisch
  • Dochda - Tochter
  • Dollbohrer - ungeschickter Mensch (auch als Schimpfwort)
  • Dorschd - Durst
  • Dorschdl - jemand, der gerne und viel Alkohol trinkt (von Durst)
  • Droddwaa - Gehweg (von französisch trottoir)
  • dottelisch / dottlisch - weich (von Dotter)
  • Dullewaudel - törichte Frau (Schimpfwort)
  • Dutt - Tüte
  • Duwwak - Tabak
  • ebband (sehr oft auch: ebba) - jemand
  • ebbes - etwas
  • Eemenze - Ameisen
  • Eischhännsche, Eischhändl - Eichhörnchen
  • Elwedridsche - in den pfälzischen Wäldern heimisches Fabelwesen, ähnlich dem bayerischen Wolpertinger ("Elwedridsche fonge" - nichts (Rechtes) tun)
  • Erwäd, die - die Arbeit (Erwebstätigkeit)
  • Fladderrouse / Dindeblumme / Dinderouse / Schlabbadullä - Klatschmohn (je nach Ort verschieden)
  • fuddle - Ein Dribbling beim Fußball. Auch: Fußball spielen
  • Gaaß / Geeß - Ziege ("Geiß")
  • Gaul - Pferd
  • Geelerriewe - Gelbe Rüben, also: Karotten
  • Ghannsdrauwe / Ghonnsdraawe - Johannisbeeren ("Johannistrauben")
  • Gnaams; Immes - Tagesration Nahrung
  • Gosch - Mund (abwertend beim Menschen), Maul eines Tieres
  • Grumbeer ("Grundbirne"), auch: Kadoffl - Kartoffel
  • Grusslbeer - Stachelbeere
  • gschtoppt - gefüllte Geldbörse (von gestopft)
  • Guudheer - Eichelhäher
  • Guudsl - Bonbon
  • Haffe(n) - Topf ("Hafen")
  • ha jo - Zustimmung 'aber ja'
  • Hannebembl / Hannebambl / Honebombl, der - läppischer (nicht ernst zu nehmender) Mensch
  • hawwe - haben
  • heewe - halten ("heben")
  • Herrgoddskäfferle / Ghannsvejjele - Marienkäfer ("Johannisvöglein")
  • hew(w)e - haben
  • Hewwl / Howwl, der - Der Hobel, auch: ein ungehobelter, grober Mensch
  • Hinggl, das - Huhn
  • hinnavozisch - (hintervotzig), frech, falsch
  • hoddisch - schnell, eilig ("hurtig")
  • Hoschbes - störrischer, unbeholfener, ungeschickter Mensch; auch ein Mensch, der unüberlegt schnell handelt
  • Husai / Budslin / Hoggelen - Kiefernzapfen
  • Hutzel (s.), Hutzle (pl.) - Tannen- Kieferzapfen
  • iwwl - übel
  • iwwerzwersch - übermütig
  • kä Sau - Kein Mensch (keine Sau)
  • Kärrisch / Kärsch, die - Kirche
  • Käärschl, das - kleines Auto (von Karre)
  • Kerscheplotzer - Ein Kirschkuchen (Blechkuchen)
  • Kerwe - Kirchweih, Kirmes
  • Keschde - Maronen, Eßkastanien
  • Klicker, der oder die - Murmel(n) (auch: Hoden)
  • Klickerles spielen - Mit Murmeln spielen
  • Knoddl - kleines dickliches Mädchen
  • Konztrauben - Johannisbeeren
  • Krattler - ausländischer Mitbürger, meist maghrebinischer Herkunft
  • Kussäng (Betonung auf der ersten Silbe) - Cousin
  • Lagg(e)l - starker, grober, furchteinflößender oder flegelhafter, ungebildeter, unhöflicher Mensch (Schimpfwort); im Heidelberger Sprachraum auch für einen körperlich großen Menschen verwendet
  • Lappeduddl / Leppeduddl, der - läppischer, kindischer Mensch
  • Lappjägl, der - läppischer Mensch
  • letz - Wenn jemand nicht letz ist, ist er nicht verkehrt. d. h. er ist in Ordnung
  • Leewe, der - Löwe
  • Loddl - Lottel (liederlicher Mensch)
  • Lodsch - behäbige Frau
  • Lullatsch - großer Mann (langer Lullatsch)
  • Lumbehaafe - Ludwigshafen ("Lumpenhafen?")
  • Maadlin / Meedle / Määdln usw. - Mädchen (Plural)
  • Määrbs / Mürbs - Kaffestückchen (von mürbe, also: Mürbeteig)
  • Mannem - die Stadt Mannheim, südliche Aussprache
  • Mess, die - Kirmes z.B. Mannemer Mess - Mannheimer Kirmes
  • Metzlsupp, die - Metzelsuppe also eine beim Schweineschlachten (Metzeln = töten) sofort anfallende Wurstsuppe
  • Monnem - die Stadt Mannheim, nördliche Aussprache
  • Moschd, der, der - Most vergorener oder unvergorener Fruchtsaft
  • Moschdkopp, der - Quadratschädel = Großer Kopf
  • Mudda - Mutter
  • Muggebadsch auch: Miggebatsch - Fliegenklatsche
  • Mus - Marmelade z.B.: Himbeermus = Himbeermarmelade
  • Migge / Mugge, die - Stubenfliegen
  • Negga - der Fluß Neckar
  • Newwl - Nebel
  • Oggseaag - Spiegelei ("Ochsenauge")
  • Ohreschlechde - Pocken
  • olwa - ungeschickt; grobschlächtig; unförmig
  • Olwaniggl - ungeschickter Mensch
  • Päsching, der - Pfirsisch
  • Paif, die - Pfeiffe
  • paife - pfeiffen
  • Palz - die Pfalz
  • Parra - Pfarrer
  • Pedder(isch) - Patenonkel
  • Peffa - Pfeffer
  • Peterle - Petersilie
  • Puhl - Jauche
  • Pund - Pfund "500 Gramm"
  • Quadratschädel, der - Moschdkopp = großer Kopf
  • Quedsche - Zwetschken, Pflaumen
  • Quedschkommod - Ziehharmonika, Akkordeon (von quetschen)
  • Rai - der Fluß Rhein
  • du Rindsbeidl - du Idiot
  • Rieweniggl - grober, brutaler Mensch
  • Roschd, der - Rost (rostiges Metall)
  • Rooschd, der - Rost (Bratrost)
  • rumbixe - fremdgehen (siehe Bix)
  • Rußniggl, der - schwarzer Mensch (eigentlich Schornsteinfeger, auch Mitbürger schwarzer Hautfarbe)
  • schasse - jagen (von französisch chasser)
  • Schdaffl - (Außen-)Treppe, meist aus Stein oder Terrazzo
  • Schdä (s.), Schdäna (pl.) - Stein, Steine - auch Schdoi
  • scheel - begriffsstutzig (bischd scheel? = begreifst / siehst Du das nicht?)
  • scheppere - scheppern, kleppern, Lärm machen
  • Scheier - Scheune
  • schepp / schepps - schief
  • Schesslong - Sofa (von französisch chaise longue)
  • Schickse, die - aufgedonnerte Frau
  • Schlappgosch - Dialektsprecher (von schlapper Mund)
  • Schlappjergl, der - Schlaffer, läppischer, nicht ernst zu nehmender Mensch
  • schlofe - schlafen
  • Schlumpl, die - Eher weniger hübsche Frau (von Schlampe?)
  • Schnawwl, der - Schnabel
  • schneegisch - wählerisch
  • Schniss - Schnute, deprimierter Gesichtsausdruck
  • Schnooge - Schnaken, eigentlich: Stechmücken (Culex pipiens), Bremsen
  • Schnoogeribbsche - dünner Mensch
  • Schnorres - Schnurrbart, Schnauzbart
  • Schnubbe, der - Schnupfen
  • Schobbe - (schopfen?) ein Glas mit Getränk, vorzugsweise ein Glas Bier oder Wein
  • Schobfe, der - Schuppen, einfache Hütte, Unterstand
  • Schwesda, die - Schwester
  • Seiher - Sieb
  • sell (selli, seller) - dieses/diese/dieser, jenes/jene/jener
  • Silwa - das Silber Metall
  • Sinse - die Stadt Sinsheim
  • sisch dummle - sich beeilen ("tummeln")
  • Trottwa - Gehsteig (von französisch trottoir)
  • uffsteige - aufstehen ("aufsteigen")
  • Ungl - Onkel
  • uze / uuze - foppen, veräppeln, hereinlegen, spotten
  • Vänne - die Stadt Viernheim
  • Vadda - Vater
  • Weck, der - Wecke, also: Brötchen
  • weeschd, woosch - Weißt Du?
  • Weffz(e) - Wespe
  • Welschkorn (alt)- Mais (von welschem Korn)
  • Woi - Wein
  • Woinem - die Stadt Weinheim
  • Zores, der - aus dem Jiddischen Ärger, Krach
  • zowwle - herumzupfen, (an de Hoor zowwle = an den Haaren ziehen)
  • Zwiwwl, Zwiwwle - Zwiebel, Zwiebeln
  • jemanden zwiwwle - jemanden schikanieren
  • Zonnigl, der - zum Zorn neigender Mensch

Anmerkungen: Einige dieser Begriffe sind nur in einzelnen Ortschaften gebräuchlich. Viele von ihnen sind noch der älteren Generation geläufig, sonst aber im Verschwinden begriffen und werden durch dem Standarddeutschen nähere Wörter ersetzt. Weil eine Verbreitung auch in Nachbardialekten bzw. im ganzen süddeutschen Raum möglich ist, werden einige auch unter Odenwälderisch, Odenwäldisch, Süd-Rheinfränkische Dialektgruppe, Schwäbische Dialekte etc. aufgeführt.

Siehe auch

Mannemerisch | Pfälzische Dialekte | Pfälzer Mundartdichter