Die Schachpartie Botwinnik – Capablanca, Amsterdam 1938 wurde am 22. November 1938 in der elften Runde des AVRO-Turniers in Amsterdam zwischen Michail Botwinnik (Weiß) und José Raúl Capablanca (Schwarz) gespielt. Sie ist die bekannteste Partie des späteren Schachweltmeisters Botwinnik, ihre Schlusskombination ist weltbekannt und wurde in vielen Schachbüchern abgedruckt. Botwinnik, der zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang seiner Karriere stand, belegte in dem stark besetzten Turnier den dritten Platz hinter Reuben Fine und Paul Keres und etablierte sich damit in der Weltspitze.
Anmerkungen zur Partie
- 1.d2-d4 Sg8-f6 2.c2-c4 e7-e6 3.Sb1-c3 Lf8-b4
Die Nimzowitsch-Indische Verteidigung, ECO Code E49. Botwinnik wählt mit seinem nächsten Zug ein System, das nach dem polnischen Großmeister Akiba Rubinstein benannt ist.
- 4.e2-e3 d7-d5 5.a2-a3 Durch das geschehene d7-d5 kann Weiß jederzeit seinen nun entstehenden Doppelbauern auflösen.
Lb4xc3+ 6.b2xc3 c7-c5 7.c4xd5 e6xd5 8.Lf1-d3 0-0 9.Sg1-e2 b7-b6 10.0-0 Lc8-a6
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Ein guter Zug, um den gefährlichen Läufer d3 abzutauschen, der ansonsten an einem Angriff auf den schwarzen König mitwirken könnte.
- 11.Ld3xa6 Sb8xa6 12.Lc1-b2 Dd8-d7 13.a3-a4 Tf8-e8
Dies ist ein positioneller Fehler. Besser wäre 13. ... cxd4 14.cxd4 Tfc8 gewesen, mit Gegenspiel auf der c-Linie.
- 14.Dd1-d3 c5-c4
Dieser Zug leitet eine Offensive am Damenflügel ein. Capablanca möchte seinen Springer von a6 über b8, c6, a5 nach b3 umgruppieren. In der Partie zeigt sich aber, dass der weiße Angriff im Zentrum und am Königsflügel gefährlicher ist. Daher wäre laut Botwinnik 14. ... Db7 besser gewesen.
- 15.Dd3-c2 Sa6-b8 16.Ta1-e1 Sb8-c6
Besser wohl 16. ... Sh5, worauf Botwinnik 17.h3 f5 18.Lc1 Sc6 19.f3 Sa5 20.g4 spielen wollte.
- 17.Se2-g3 Sc6-a5
Falls Schwarz stattdessen 17. ... Se4 spielt, so entzieht Weiß mittels 18.Sh1 seinen Springer einem Abtausch und vertreibt anschließend mittels 19.f3 den schwarzen Springer wieder von seinem Vorposten.
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Der von Botwinnik im weiteren umgesetzte Plan Sg1-e2-g3, f2-f3, e3-e4, womit Weiß ein gefährliches Bauernzentrum errichtet und sich Angriffsaussichten am Königsflügel sichert, wurde in einzelnen Partien schon vom polnischen Schachmeister Akiba Rubinstein entdeckt. Systematisch entwickelt und häufig erfolgreich angewandt hat ihn der Russe Botwinnik, nach dem er auch gelegentlich benannt wird.
- 18.f2-f3 Sa5-b3 19.e3-e4 Dd7xa4
Beide Seiten haben ihren strategischen Plan ausgeführt. Schwarz gewann am Damenflügel einen Bauern, während Weiß den Vormarsch seines e-Bauern durchgesetzt hat.
- 20.e4-e5 Sf6-d7 21.Dc2-f2
Botwinnik hielt dies wegen der Drohung 21. ... Sbd5 für erzwungen, später wurde jedoch festgestellt, dass Weiß auch mit dem Zug 21.Te2 in Vorteil kommen konnte.
- 21. ... g7-g6 22.f3-f4 f7-f5 23.e5xf6
Weiß öffnet seinen Figuren Angriffslinien und lässt Schwarz nicht zu einer Blockade mittels Sf8 nebst Se6 kommen.
- 23. ... Sd7xf6 24.f4-f5 Te8xe1 25.Tf1xe1 Ta8-e8
Schwarz versucht sich durch Abtausch zu entlasten. Nach 26.fxg6 hxg6 kann der Springer f6 nicht genommen werden, weil der Turm auf e1 hängt, und nach 27.Txe8+ nimmt der Springer auf e8 zurück und entzieht sich so dem Angriff durch die weiße Dame.
- 26.Te1-e6 Te8xe6
26. ... Kg7 geht nicht wegen 27.Txf6 Kxf6 28.fxg6+ Kxg6 29.Df5+ Kg7 30.Sh5+ Kh6 31.h4 Tg8 32.g4 Dc6 33.La3 mit entscheidendem Angriff.
- 27.f5xe6 Kg8-g7 28.Df2-f4 Da4-e8
Es drohte 29.Sh5+ gxh5 30.Dg5+, daher kehrt die schwarze Dame zur Verteidigung zurück.
- 29.Df4-e5 De8-e7
Auf 29. ...Sa5 folgt 30.Lc1 mit der Drohung Lh6+. Später stellte sich heraus, dass Schwarz nur mit dem Zug 29. ... h6 noch remisieren konnte, etwa nach 30.La3 Dd8! 31.Se2 Sa5 32.e7 Dd7 33.Db8 Se8 34.Sf4 Kf7 35.Dd8 Df5! 36.Dxd5+ Dxd5 37.Sxd5 Sc6 mit ausgeglichenem Spiel.
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In dieser Stellung findet Botwinnik die entscheidende Kombination: Er opfert seinen untätigen Läufer b2, um die schwarze Dame abzulenken. Botwinnik gab freimütig zu, dass er die Varianten nicht bis zum Ende durchrechnen konnte und seiner Intuition vertraute.
- 30.Lb2-a3!! De7xa3
Wenn Schwarz das Opfer mittels 30. ... De8 ablehnt, führt 31.Dc7+ Kg8 32.Le7 Sg4 33.Dd7 Da8 34.Ld6 zum Gewinn für Weiß.
- 31.Sg3-h5+ g6xh5 32.De5-g5+ Kg7-f8 33.Dg5xf6+ Kf8-g8 34.e6-e7
Die Umwandlung des weißen Bauern ist nicht aufzuhalten. Schwarz kann lediglich versuchen, ein Remis durch Dauerschach zu erreichen. Botwinnik berichtet, dass Capablanca versuchte, einen selbstsicheren Eindruck zu machen, um seinen jungen Gegner noch zu verwirren.
- 43. ... Da3-c1+ 35.Kg1-f2 Dc1-c2+ 36.Kf2-g3 Dc2-d3+ 37.Kg3-h4 Dd3-e4+ 38.Kh4xh5 De4-e2+ 39.Kh5-h4 De2-e4+ 40.g2-g4 De4-e1+ 41.Kh4-h5 1-0
Damit sind die Schachs der schwarzen Dame erschöpft, Capablanca gab auf und im Spielsaal brandete Applaus auf.
Die Partie erhielt den Schönheitspreis des Turniers. Der sowjetische Meister Grigori Löwenfisch bezeichnete sie als Kunstwerk höchsten Ranges.
Literatur
- Erich Carl: AVRO-Weltturnier 1938. Edition Marco, Berlin 1988. ISBN 3-924833-09-5. S. 104 - 107
- Garri Kasparow: My great predecessors. Band 2. Gloucester Publishers, London 2003. ISBN 1-85744-342-X. S. 125 - 129