JavaOS

Betriebssystem
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JavaOS ist ein von Sun Microsystems entwickeltes Betriebssystem auf Basis einer Java Virtual Machine (JVM).

Im Unterschied zu verbreiteten Systemen wie Unix-Derivaten oder Windows, die überwiegend in C/C++ implementiert werden, sind bei JavaOS große Teile der plattformunabhängigen Schicht – darunter Gerätetreiber, Netzwerk‑, Grafik- und Fenstersystem – in Java realisiert.[1][2] Seit 2003 führt Sun JavaOS als „legacy technologies“ und empfiehlt eine Migration auf die Java ME‑Konfiguration CDC.[3]

Geschichte

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JavaOS wurde auf der ersten JavaOne-Konferenz im Juni 1996 offiziell vorgestellt. Sun demonstrierte ein JavaOS‑Terminal mit MicroSPARC‑II‑Prozessor; als Minimalanforderung wurden 512 kB ROM und 128 kB RAM genannt.[4]

1997 veröffentlichte Sun ein Whitepaper, das die Schichtenarchitektur (Mikrokernel, JVM, Java‑Treiber, Grafik-/Fenstersystem, Netzwerkklassen) beschreibt und typische Speicherprofile angibt: Eine vollständige Network‑Computer‑Konfiguration (inklusive HotJava‑Browser, Bibliotheken, Fonts) benötigt etwa 4 MB ROM/Flash bzw. Festplattenspeicher und 4 MB RAM; JavaOS und HotJava allein belegen weniger als 2,5 MB RAM.[1][2]

Am 1. April 1998 kündigten Sun und IBM eine Kooperation zu JavaOS for Business an;[5] am 5. August 1998 wurde die Plattform ausgeliefert (zunächst für Intel‑x86‑Hardware) und zielte auf zentral administrierbare Thin Clients.[6]

Ebenfalls 1998 berichtete Wired, dass Hitachi JavaOS in 30.000 Set‑Top‑Boxen einsetzt und bis Ende 1999 200.000 Geräte plant.[7]

Im August 1999 bestätigte IBM die Einstellung der gemeinsamen Weiterentwicklung von JavaOS for Business; als Gründe wurden u. a. Performance‑Verbesserungen der JVM auf bestehenden Betriebssystemen genannt.[8][9]

Systemarchitektur

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JavaOS ist schichtenorientiert aufgebaut; plattformspezifische und plattformunabhängige Komponenten können unabhängig voneinander aktualisiert werden.[1]

  • Mikrokernel & Speichermanager: Bootvorgang, Interrupt-/Trap‑Handling, Thread‑Verwaltung, DMA-Unterstützung.[1]
  • Java Virtual Machine: Bytecode‑Interpreter, Class Loading, Speicherverwaltung, Bytecode‑Verifier; optimiert für geringe RAM‑Budgets.[1]
  • Gerätetreiber: vollständig in Java implementiert, portabel erweiterbar.[1][2]
  • Netzwerkklassen: TCP/IP, UDP, ICMP; DNS/NIS zur Namensauflösung; DHCP und Reverse ARP zur Adressvergabe; Administration via SNMP; NFS‑Client.[1][2]
  • Grafik- und Fenstersystem: Umsetzung des AWT‑API in Java (Zeichenoperationen, Fonts, Fensterverwaltung).[1]
  • Java Application Environment (JAE): erlaubt die Ausführung identischer Applets/Anwendungen auf anderen JVM‑Plattformen.[1]

Hardwareunterstützung und Ressourcenbedarf

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JavaOS wurde u. a. auf SPARC, ARM/StrongARM, PowerPC und IA‑32 (x86) portiert.[1][4]

  • Demo-Minimum (1996): 512 kB ROM / 128 kB RAM.[4]
  • NC-Konfiguration (1997): ca. 4 MB ROM/Flash bzw. Festplatte und 4 MB RAM; JavaOS + HotJava < 2,5 MB RAM.[1][2]
  • Sehr kleine Konfiguration ohne Grafik/Netzwerk: ~128 kB RAM / 512 kB ROM (Dr. Dobb’s).[2]

Sekundärquellen im deutschsprachigen Raum nennen ähnliche Größenordnungen.[10][11]

Arbeitsumgebung

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Das grafische Subsystem und der Fenstermanager basieren auf dem AWT‑API; als Benutzeroberflächen wurden u. a. der HotJava‑Browser und HotJava Views eingesetzt.[1]

Einsatzgebiete

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JavaOS richtete sich an eingebettete Systeme und Network Computer. Einsatzbeispiele sind Set‑Top‑Boxen (Hitachi) sowie zentral verwaltete Kiosk‑/POS‑Terminals und Suns JavaStation.[7][6]

Ablösung / Zukunft

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Sun bezeichnete JavaOS ab 2003 als Alttechnologie („legacy technologies“) und empfahl die Migration auf CDC/CLDC der Java‑ME‑Plattform. Diese Konfigurationen definieren JVM‑Profile und APIs, stellen jedoch kein vollwertiges Betriebssystem dar.[3][12]

Literatur

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  • Tom Clements; Charles Mirho: Inside the JavaOS Operating System. Addison-Wesley, Reading (MA) 1999, ISBN 0-201-18393-5 (englisch).

Siehe auch

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  • JNode – Java-basiertes Open-Source-Betriebssystem
  • ChorusOS – von Sun übernommenes Mikrokernel-Betriebssystem
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l Sun Microsystems: JAVAOS™: The Standalone Java™ Application Platform. (PDF) In: Produkt-Whitepaper. 13. Oktober 1997, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  2. a b c d e f Jacob Filipp: JavaOS: An Operating System for Small Devices. In: Dr. Dobb’s Journal (Archiv). 1996, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  3. a b CDC FAQ – What is the migration path for the PersonalJava, EmbeddedJava and JavaOS technologies? In: java.sun.com. 4. November 2006, archiviert vom Original am 4. November 2006; abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  4. a b c Elinor Mills; Kristi Essick: JavaOne: Sun unveils JavaOS and licensees. In: InfoWorld. 26. Juni 1996, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  5. Sun, IBM join to announce JavaOS for Business. In: InfoWorld. 1. April 1998, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  6. a b Ted Smalley Bowen; Dana Gardner: JavaOS for Business arrives from Sun, IBM. In: InfoWorld. 5. August 1998, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  7. a b Chris Oakes: Java Wins First Set-Top OS Role. In: Wired. 9. Juni 1998, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  8. ComputerWorld: IBM, Sun axe thin-client JavaOS. In: LinuxToday (Zitat aus Computerworld). 25. August 1999, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  9. Stephen Shankland: Sun, IBM decaffeinate JavaOS. In: CNET News.com. 23. August 1999, archiviert vom Original am 16. August 2011; abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  10. JavaOS – Ein Betriebssystem für Intranets? In: TU Chemnitz (Archiv). 1997, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 22. Juli 2025.
  11. JavaOS. In: Operating-System.org. November 2001, abgerufen am 22. Juli 2025.
  12. CDC Java Runtime Environment – Introduction. In: Oracle Help Center. Abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).