Verfassung der Vereinigten Staaten

zentrale Kodifizierung der politischen und rechtlichen Grundordnung der USA
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Die Verfassung der Vereinigten Staaten vom 17. September 1787 legt die politische und rechtliche Grundordnung der Vereinigten Staaten fest. Sie sieht eine föderale Republik im Stil eines Präsidialsystems vor, in der der Präsident sowohl Staats- als auch Regierungschef ist. Das politische System zeichnet sich durch eine oft als “checks and balances” bezeichnete strikte Gewaltenteilung aus, in der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung getrennt voneinander agieren, sich aber auch gegenseitig kontrollieren.

Unterzeichnung der Verfassung der Vereinigten Staaten mit George Washington, Benjamin Franklin und Alexander Hamilton (v.r.n.l. im Vordergrund)

Die Verfassung der Vereinigten Staaten ist eine der ältesten demokratischen Verfassungen, die heute noch in Kraft sind[1]. Inhaltliche Konzepte wie die Gewaltenteilung, ein verbindlicher Grundrechtekatalog durch die Bill of Rights und das Bekenntnis zu Recht und Gesetz dienten als Vorbild für viele moderne Verfassungen, darunter auch für die Australiens von 1897, Japans von 1947 und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland von 1949.

Die Verfassung löste mit ihrer Ratifikation 1789 die vorher bestehenden Konföderationsartikel ab. Sie wurde von den zwölf ehemaligen britischen Kolonien entworfen, die am Verfassungskonvent in Philadelphia teilnahmen. Rhode Island, die 13. Kolonie, hatte keine Delegation entsandt.[2]

Geschichte

 
Die Konföderationsartikel waren der Vorläufer der Verfassung

Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges bildeten die dreizehn Kolonien zuerst unter den Konföderationsartikeln 1781 einen losen Staatenbund mit einer schwachen Zentralregierung, die nur aus dem Kontinentalkongress als ständiger Versammlung bestand. Der Kongress konnte keine Steuern erheben und war bei der Ausführung seiner Beschlüsse von den einzelnen Staaten abhängig, da ihm selbst weder eine ausführende noch eine rechtssprechende Gewalt zur Seite standen. Ferner hatte der Kongress keinen Einfluss auf Einfuhrzölle und andere Handelsbarrieren zwischen den Staaten. Der Text der Konföderationsartikel konnte nur mit der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten geändert werden. Die Staaten maßen der zentralen Regierung nur eine geringe Bedeutung zu und entsandten oft erst gar keine Abgeordneten, so dass der Kongress für lange Zeiträume beschlussunfähig blieb.[3]

Bereits fünf Jahre nach Verabschiedung der Konföderationsartikel trafen sich im September 1786 Vertreter aus fünf Staaten zur Annapolis Convention, um nötig Änderungen von Artikeln insbesondere zur Verbesserung des zwischenstaatlichen Handels zu besprechen. Sie beschlossen, zur Erarbeitung von Verfassungsänderungen eine Versammlung von Vertretern aller Mitgliedsstaaten einzuberufen. Der Kontinentalkongress unterstützte diesen Plan formell am 21. Februar 1787. Alle Staaten außer Rhode Island akzeptierten die Einladung und entsandten Delegierte zum Verfassungskonvent, der am 25. Mai 1787 die Arbeit aufnahm.

Obwohl der Kongressbeschluss nur die Ausarbeitung von Änderungen an den bestehenden Konföderationsartikeln vorsah, entschlossen sich die 55 Delegierten stattdessen dazu, eine neue Verfassung auszuarbeiten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu tagen. Um die Vorschläge der Delegierten zu erklären und die neuen Verfassungsinhalte zu verteidigen, veröffentlichten Alexander Hamilton, James Madison und John Jay die Federalist Papers, die bis heute als wichtige Kommentare der Verfassung angesehen werden.

Eine der schärfsten Debatten während des Konvents bezog sich auf die Kompetenzen des Kongresses und seine Zusammensetzung. Ein am 29. Mai vorgestellter und von Madison unterstützter, als Virginia-Plan bezeichneter Vorschlag sah vor, ein zweikämmeriges Parlament zu schaffen, dessen Mitglieder im Verhältnis zu den Bevölkerungsgrößen in den Bundesstaaten gewählt werden sollten. Die erste Kammer sollte die Abgeordneten der zweiten wählen. Mit dieser Regelung sollte die Bedeutung der Regierungen in den Bundesstaaten zugunsten der ihrer Bevölkerung verringert werden. Gleichzeitig sollte damit auch verhindert werden, dass einige wenige bevölkerungsschwache Staaten Gesetze blockieren könnten, die von einer Bevölkerungsmehrheit unterstützt wurden.

Die gegenteilige Position fand sich am 15. Juni in William Patersons New-Jersey-Plan: der Kongress sollte wie bisher mit gleichberechtigter Vertretung aller Staaten weiter bestehen, aber zusätzliche Kompetenzen erhalten. Beiden Vorschlägen sahen vor, dass Gesetze des Kongresses Vorrang vor denen der Bundesstaaten haben sollten. Die Lösung fand sich am 27. Juni im Connecticut-Kompromiss, der die verhältnismäßige Vertretung des Virginia-Plans mit der gleichen Verteilung der Sitze des New-Jersey-Plans in zwei getrennten, aber gleichberechtigten Kammern verband.

 
Syng inkstand, das Tintenfass, das bei der Unterzeichnung des Verfassungsentwurf von den Delegierten benutzt wurde.

Ein weiterer lang umstrittener Punkt war die Frage, welche Rolle die ausführende Gewalt spielen und wer sie ausfüllen sollte. Verschiedene Varianten, vom einzelnen Gouverneur bis zu einer Art Regierungsausschuss, jeweils vom Kongress gewählt, wurden besprochen. Die Delegierten, noch immer vom vor wenigen Jahren beendeten Unabhängigkeitskrieg beeinflusst, lehnten anfangs eine starke nationale ausführende Gewalt aufgrund der Nähe zur britischen Monarchie ab. Die Idee einer mehrköpfigen Regierung mit geteilten Kompetenzen wurde allerdings ebenso verworfen, wie der im Virginia-Plan enthaltene Vorschlag eines Beratungsgremiums für den Präsidenten. Die Einigung erfolgte am 4. September. Die Staaten würden Wahlmänner bestellen, die einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten für eine vierjährige Amtszeit wählen. Die Aufgabe des Präsidenten wäre die Ausführung der Gesetze und Kontrolle des Kongresses mithilfe eines Vetorechtes.[4] Eine direkte Wahl des Präsidenten wurde als inpraktikabel abgelehnt.

Die Delegierten beendeten am 17. September 1787 mit einem Schlusswort Benjamin Franklins, Delegierter des Staates Pennsylvania, ihre Arbeit. Franklin erklärte, dass auch der endgültige Entwurf nicht vollständig zufriedenstellend sei, man aber nie Perfektion erreichen könne. Er unterstützte die neue Verfassung und bat auch alle Kritiker, sie anzunehmen.[5] Franklin ist der einzige Gründervater der Vereinigten Staaten, der neben der Verfassung auch die Unabhängigkeitserklärung und den Friedensvertrag mit dem Königreich Großbritannien unterzeichnete.

Die dreizehn Staaten stimmten der Verfassung in der folgenden Reihenfolge zu:

  Datum Staat Stimmen Zustimmung
Ja Nein
1 7. Dezember 1787 Delaware 30 0 100 %
2 12. Dezember 1787 Pennsylvania 46 23 67 %
3 18. Dezember 1787 New Jersey 38 0 100 %
4 2. Januar 1788 Georgia 26 0 100 %
5 9. Januar 1788 Connecticut 128 40 76 %
6 6. Februar 1788 Massachusetts 187 168 53 %
7 28. April 1788 Maryland 63 11 85 %
8 23. Mai 1788 South Carolina 149 73 67 %
9 21. Juni 1788 New Hampshire 57 47 55 %
10 25. Juni 1788 Virginia 89 79 53 %
11 26. Juli 1788 New York 30 27 53 %
12 21. November 1789 North Carolina 194 77 72 %
13 29. Mai 1790 Rhode Island 34 32 52 %

Eine Originalausfertigung des ursprünglich verabschiedeten Verfassungstextes wird vom Nationalarchiv der Vereinigten Staaten in Washington, D.C. verwahrt.

Übersicht

Auch wenn die Verfassung seit ihrer Annahme 27 Mal verändert wurde, sind die fundamentalen Prinzipien heute die Gleichen wie 1787. Die Verfassung sieht eine republikanische Regierungsform vor, die auf Recht und Gesetz basiert. Die Gewaltenteilung trennt das Regierungssystem in drei separate Bereiche: Exekutive, Legislative, und Judikative. Jedem Bereich stehen eigenständige Kompetenzen zu, die jedoch von den anderen Bereichen eingeschränkt werden. So ist es dem Kongress beispielsweise möglich, mit entsprechender Mehrheit in beiden Kammern den Präsidenten des Amtes zu entheben.[6] Als Gegengewicht kann der Präsident Gesetze des Kongresse durch sein Veto aufhalten.[7]

Die Verfassung versteht sich selbst als „oberstes Gesetz des Landes“[8]. Im Urteil zum Fall Marbury v. Madison hat der Oberste Gerichtshof diesen Satz als Festlegung einer Rangordnung zwischen den Gesetzen interpretiert. Verabschieden der Kongress oder die Bundesstaaten Gesetze, die sich im Widerspruch mit der Verfassung befinden, so hat der Gerichtshof die Kompetenz, diese als verfassungswidrig und damit nichtig zu erklären. Die Verfassungen der Bundesstaaten sind ebenso der Verfassung des Bundes unterworfen.

Die Befugnisse der in der Verfassung vorgesehenen Amtsträger sind begrenzt. Ihre offiziellen Handlungen müssen mit der Verfassung und geltendem Recht übereinstimmen. Gewählte Vertreter können nur so lange amtieren, wie sie in regelmäßigen Intervallen von der Bevölkerung wiedergewählt werden. Ernannte Amtsträger dienen gewöhnlich so lange, wie die ernennende Person oder das ernennende Organ es wünscht. Die einzigen Ausnahmen sind die Richter des Obersten Gerichtshofs und der Bundesgerichte, die der Präsident mit Zustimmung des Senats auf Lebenszeit ernennt.

Inhaltliche Einflüsse

 
1957 errichtete die American Bar Association in Runnymede ein Monument, um die Bedeutung der Magna Carta für das amerikanische Recht und die Verfassung herauszustellen.

Historiker haben aufgrund der vielfältigen Quellenlage eine Vielzahl von Einflüssen auf die Verfassung identifiziert. So basierten viele Verfassungskonzepte auf gesellschaftlichen Vorstellungen der Antike und Regierungstraditionen der britischen konstitutionellen Monarchie. Die Verfassung stützte sich in ihrem Rechtsverständnis beispielsweise auch direkt auf den 39. Artikel der Magna Carta von 1215:

„Kein freier Mann soll verhaftet, gefangen gesetzt, seiner Güter beraubt, geächtet, verbannt oder sonst angegriffen werden; noch werden wir ihm anders etwas zufügen, oder ihn in's Gefängnis werfen lassen, als durch das gesetzliche Urtheil von Seinesgleichen, oder durch das Landesgesetz.[9]

Die englische Bill of Rights von 1689 diente ebenso als Quelle für den Grundrechtekatalog der Verfassung. Das in den ersten Zusatzartikeln verankerte Gebot der Geschworenengerichte, das Recht auf Waffenbesitz und das Verbot der grausamen und außergewöhnlichen Bestrafung gehen auf dieses Dokument zurück.

Andere Quellen waren auch die Werke Charles de Secondat, Baron de Montesquieu, in welchen er ein Regierungssystem mit Gewaltenteilung skizzierte, und die Geschichte der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, die 1781 schon zwei Jahrhunderte lang eine geschriebene Verfassung hatte. So sagte Benjamin Franklin „in der Liebe zur Freiheit und ihrer Verteidigung war die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande unser Vorbild“[10] während John Adams anmerkte, die Ursprünge beider Republiken ähnelten sich so sehr, dass die Geschichte der einen nur eine Abschrift der anderen zu sein scheint[11].

Gelegentlich wird vermutet, dass die egalitären Grundsätze des indianischen Irokesenbundes ebenfalls einen gewissen Einfluss auf die Verfassung hatten. Eine zu diesem Zweck eingesetzte Delegation hatte den Auftrag, sich über das komplexe irokesische Bündnisrecht zu informieren.[12] Das Ausmaß dieses Einflusses wird jedoch unter Historikern unterschiedlich bewertet.[13] [14]

Präambel

„Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet, unseren Bund zu vervollkommnen, die Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für die Landesverteidigung zu sorgen, das allgemeine Wohl zu fördern und das Glück der Freiheit uns selbst und unseren Nachkommen zu bewahren, setzen und begründen diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.“

Die Präambel der Verfassung besteht aus einem einzigen Satz, der das Dokument und seinen Zweck vorstellt. Die Präambel verleiht selbst keine Macht und verbietet auch keine Handlungen, sondern erklärt nur den Hintergrund und Sinn der Verfassung. Ein Gottesbezug findet sich bewusst nicht, da die Verfassung ein rein säkulares Dokument ist. Die Präambel, insbesondere die ersten drei Worte “We the people”, ist einer der am häufigsten zitierten Abschnitte der Verfassung.

Verfassungsartikel

Der Kern der Verfassung gliedert sich in sieben Artikel. Die Gliederung spiegelt in den ersten drei Artikeln im Wesentlichen die Grundzüge der Gewaltenteilung wider.

Gesetzgebende Gewalt

Der erste Artikel beschreibt die gesetzgebende Gewalt, die vom Kongress ausgefüllt wird. Der Kongress besteht aus zwei Kammern: einem direkt von der Bevölkerung der Bundesstaaten auf zwei Jahre gewählten Repräsentantenhaus und einem von den Regierungen der Bundesstaaten für sechs Jahre ernannten Senat. Beide Kammern sind im Gesetzgebungsverfahren weitestgehend gleichberechtigt. Jedes Gesetzesvorhaben muss von beiden Kammern in gleicher Form gebilligt werden, bevor es dem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt wird. Der Kongress hat weitreichende Kompetenzen unter anderem in den Bereichen Haushaltsrecht, Einbürgerungsrecht, Handelsrecht sowie Patent- und Urheberrecht.

Ausführende Gewalt

Der zweite Artikel beschreibt das Amt des Präsidenten: die Macht des Amtes, Qualifikationen für das passive Wahlrecht und die Art und Weise der Präsidentschaftswahl. Es legt auch die Aufgaben des Vizepräsidenten fest, die hauptsächlich darin bestehen, das Amt des Präsidenten zu übernehmen, wenn dieser unfähig wird, es selbst auszuüben oder zurücktritt. Der Vizepräsident nimmt als Präsident des Senats eine Doppelfunktion wahr, hat dort aber nur im Falle eines Patts ein Stimmrecht. Der Artikel enthält auch die Bestimmungen zum Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten und Vizepräsidenten.

Rechtsprechende Gewalt

Der dritte Artikel bestimmt die Rechtsprechung des Bundes. Der Artikel verlangt die Errichtung eines Obersten Gerichtshofs, überlässt die weitere Gestaltung des Gerichtssystems allerdings dem Kongress. Richter werden auf Lebenszeit ernannt, können aber bei groben Verstößen vom Kongress ihres Amtes enthoben werden. Weiter wird hier festgelegt, dass alle Strafprozesse mithilfe von Geschworenen durchgeführt werden müssen, welche Straftaten als Verrat gelten und welche Einschränkungen bei deren Bestrafung zu beachten sind.

Föderale Struktur

Der vierte Artikel regelt die Beziehungen zwischen Bund und Bundesstaaten untereinander. In diesem Artikel finden sich beispielsweise die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung (engl. full faith and credit) von Rechtsakten und das Verbot der Diskriminierung gegen Bürger anderer Bundesstaaten. So kann ein Bürger Arizonas in Ohio zum Beispiel für die gleiche Straftat nicht anders bestraft werden als ein einheimischer Bürger.

Andererseits sind die Bundesstaaten zur gegenseitigen Rechtshilfe, zur Gewährleistung der allgemeinen Freizügigkeit aller Bürger und zur Wahrung einer republikanischen Regierungsform verpflichtet. Ebenso bestimmt dieser Artikel die notwendigen Schritte zur Schaffung und Aufnahme neuer Bundesstaaten. Darüber hinaus erhält der Kongress erhält die Befugnis, eigenständig über den Verkauf und die Benutzung von bundeseigenem Land zu bestimmen und Gesetze für Territorien zu erlassen, die nicht zu einem Bundesstaat gehören. Schließlich wird die Bundesregierung verpflichtet, die Bundesstaaten gegen Invasionen zu schützen.

Verfassungsänderungen

Der fünfte Artikel regelt das Verfahren zur Verfassungsänderung. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Kongresses und die Zustimmung von drei Vierteln der Bundesstaaten nötig. Eine Beschränkung hinsichtlich des Inhalts solcher Änderungen ähnlich der Ewigkeitsklausel besteht mit einer Ausnahme nicht: die gleichberechtigte Vertretung der Bundesstaaten im Senat kann nur mit Zustimmung aller betroffenen Bundesstaaten erfolgen. Beispielsweise wäre eine Verfassungsänderung mit dem Ziel, die Stimmen im Senat nach Bevölkerungsstärke ähnlich dem deutschen Bundesrat umzuverteilen, nur mit Zustimmung aller Staaten möglich. Insgesamt gab es bisher 27 Verfassungsänderungen.

Rechtsstruktur und Übergangsbestimmungen

Der sechste Artikel bestimmt, dass die Verfassung und die Gesetze und Verträge, die darunter fallen, das höchste Recht der Vereinigten Staaten ausmachen. Als Übergangsbestimmung legt der Artikel auch fest, dass die Schulden des Kontinentalkongresses auch nach Ratifikation der Verfassung bestehen bleiben. Ferner schreibt der Artikel für alle Abgeordneten, Senatoren, Bundesbeamten und Richter einen Amtseid auf die Verfassung vor.

Ratifikation

Der siebte Artikel enthält als Schlussbestimmungen die Voraussetzungen für die erfolgreiche Ratifikation der Verfassung. Der Entwurf sollte erst dann rechtskräftig werden, wenn mindestens neun Staaten in speziellen Versammlungen zugestimmt hatten. Dies geschah am 21. Juni 1788, als New Hampshire als neunter Staat zustimmte. Als der Kontinentalkongress vom Ergebnis der Abstimmung erfuhr, wurde ein Übergangsplan erarbeitet, unter dem am 4. März 1789 die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen konnte.

Entwicklung der Verfassung

 
Schematische Darstellung des Verfahrens zur Verfassungsänderung

Das Verfahren zur Verfassungsänderung fällt vergleichsweise kompliziert aus. Einerseits gingen die Delegierten des Verfassungskonvents davon aus, dass die Verfassung ohne Möglichkeit zur Änderung nicht lange bestehen könnte. Es war abzusehen, dass sich das Land insbesondere in Richtung Westen stark vergrößern würde und sich dabei Umstände ergeben könnten, die zur Zeit des Verfassungskonvent nicht vorhersehbar waren. Andererseits wollten sie aber auch sicherstellen, dass solche Änderungen nicht zu leicht fielen, um undurchdachte oder übereilte Vorschläge zu verhindern. Zum Ausgleich dieser beiden Ziele und auch, um eine größere Flexibilität zu ermöglichen, wurde die Einstimmigkeit, die in den Konföderationsartikeln vorherrschte, durch eine qualifizierte Mehrheit ersetzt. Dabei wurden zwei verschiedene Verfahren geschaffen, mit denen Verfassungsänderungen vorgeschlagen werden können.

Einerseits können Änderungsvorschläge direkt vom Kongress eingebracht werden, andererseits kann der Kongress auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der Staaten einen neuen Verfassungskonvent einberufen. In beiden Fällen müssen erarbeitete Änderungen dem Kongress zur Verabschiedung vorgelegt werden, wofür die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Stimmen in beiden Kammern benötigt wird. Anschließen müssen die Änderungen auch in drei Vierteln der Bundesstaaten durch das jeweilige Parlament oder eine gesonderte einberufene Volksversammlung ratifiziert werden, bevor sie in Kraft treten.

Im Unterschied zu den Verfassungen vieler anderen Staaten wird der neue Text nicht in den alten eingearbeitet, sondern am Ende angehängt. Dies hat sich als Tradition nach der Verabschiedung der Bill of Rights herausgebildet, deren Inhalt dem ursprünglichen Verfassungstext in der Form von zehn neuen Artikel folgt. [15]

Neben Änderungen am Verfassungstext, hat sich die Bedeutung der Verfassung auch aufgrund von Gerichtsurteilen des Obersten Gerichtshofs geändert. Wie in Common-Law-Systemen üblich, sind dessen Entscheidungen als Präzedenzfälle von gewichtiger Bedeutung, da sie für spätere Entscheidungen vorgeben, wie Gesetzestexte zu interpretieren sind. Das Selbstverständnis des Gerichtshofs als Hüter der Verfassung erlaubt es dem Gerichtshof auch, für andere Gerichte bindende Interpretationen der Verfassung aufzustellen. Da solche Fälle immer auch die aktuellen rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten widerspiegeln, ergibt sich damit eine pragmatische Möglichkeit der Verfassungsänderung durch Richterrecht statt der Veränderung des eigentlichen Textes. Im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte haben Gerichtsfälle, die sich mit so unterschiedlichen Themen wie der staatlichen Regulierung von Radio und Fernsehen oder den Rechten von Angeklagten in Strafprozessen befassten, wiederholt Veränderungen der Interpretation eines Verfassungsabschnitts hervorgerufen, ohne dass dem eine formelle Verfassungsänderung zu Grunde lag.

Vom Kongress verabschiedete Bundesgesetze zur Ausführung der Verfassungsbestimmungen erweitern und verändern die Interpretation der Verfassung auf ebenso subtile Weise. Ähnliches gilt für eine große Anzahl von Verwaltungsverordnungen, die in Bezug auf Verfassungsbestimmungen erlassen werden. Die verfassungsrechtliche Bedeutung solcher Gesetze und Verordnungen wird schließlich von den Bundesgerichten im Rahmen der ständigen Rechtsprechung festgelegt.

18. Jahrhundert

 
Die Bill of Rights, der Grundrechtekatalog der Verfassung

Bereits in der ersten Sitzungsperiode des Kongresses schlug James Madison einen Grundrechtekatalog vor, der der Verfassung als zusätzliche Artikel hinzugefügt werden sollte. Der Katalog entstand als Antwort auf Kritik an der Verfassung, die besonders von einigen Bundesstaaten und bedeutenden historischen Persönlichkeiten wie Thomas Jefferson geäußert wurde. Der Hauptpunkt der Kritik war, dass sich die starke nationale Regierung ohne weitere verfassungsrechtliche Beschränkungen in eine Tyrannei verwandeln könnte. Zwölf Zusatzartikel wurden zur Bill of Rights zusammengefasst und vom Kongress im September 1789 den Bundesstaaten zur Ratifikation unterbreitet. Zehn der zwölf Artikel wurden bis Dezember 1791 von einer ausreichenden Anzahl Bundesstaaten ratifiziert und sind seitdem Bestandteil der Verfassung. Einer der beiden übrigen Artikel blieb bis zur Zustimmung Alabamas 1992 unratifiziert und ist heute als 27. Zusatzartikel bekannt. Er beschränkt die Erhöhung von Diäten innerhalb einer Legislaturperiode. Der zweite vorgeschlagene Artikel, welcher theoretisch immer noch ratifiziert werden könnte, befasst sich mit der erneuten Sitzverteilung im Repräsentantenhaus nach jeder Volkszählung. Kentucky ist seit 1792 der letzte Bundesstaat, der den Artikel ratifizierte.

Der erste Zusatzartikel gewährt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und das Petitionsrecht. Dieser Artikel verbietet auch die Errichtung einer Staatsreligion durch den Kongress und beschützt die individuelle Religionsfreiheit.

Die Bedeutung des zweiten Zusatzartikels ist heftig umstritten, da er sich auf das amerikanische Waffenrecht bezieht. Im Gegensatz zu den anderen Zusatzartikeln wurde dieser nur in wenigen Fällen angewendet, so dass seine Auslegung nicht eindeutig geklärt ist. Der dritte Zusatzartikel verbietet es der Regierung, Soldaten ohne Zustimmung der Besitzer in privatem Wohnraum einzuquartieren. Wie beim zweiten Zusatzartikel gibt es auch hier nur wenige Entscheidungen, die diesen Artikel interpretierten, bisher wurde er noch in keinem Fall vor dem Obersten Gerichtshof angewendet.

Der vierte Zusatzartikel verhindert staatliche Durchsuchungen, Verhaftungen und Beschlagnahmungen ohne richterlichen Befehl oder probable cause, also der berechtigten Annahme, dass eine Straftat begangen wurde. Der Oberste Gerichtshof leitete von diesem und anderen Artikeln in der Entscheidung Griswold v. Connecticut ein allgemeines Recht auf die Wahrung der Privatsphäre ab, das auch ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch beinhaltet. Der fünfte Zusatzartikel erlaubt Strafprozesse für Verbrechen nur in Folge einer Anklage (engl. indictment) durch eine Grand Jury, verbietet die Mehrfachanklage für dieselbe Straftat und das Verhängen von Strafen ohne ordentlichen Gerichtsprozess (due process). Er konstituiert ein Zeugnisverweigerungsrecht für den Beschuldigten. Dieser Artikel bestimmt auch, dass privates Eigentum vom Staat nicht ohne Entschädigung enteignet werden darf.

Die sechste, siebte und achte Zusatzartikel regeln das Justizsystem des Bundes. Der sechste Zusatzartikel verlangt, dass Strafprozesse in angemessener Geschwindigkeit ablaufen (speedy trial) müssen, dass der Beschuldigte ein Recht auf ein Verfahren vor einem Geschworenengericht und einen Rechtsbeistand hat und dass die Zeugen in der Anwesenheit des Beschuldigten vernommen werden müssen. Der siebte Zusatzartikel enthält das Recht auf ein Verfahren vor einem Geschworenengericht für Zivilprozesse mit einem Streitwert über $20. Schließlich verbietet der achte Zusatzartikel unverhältnismäßige Kautionen und Geldstrafen sowie grausame und ungewöhnliche Bestrafungen. Der Oberste Gerichtshof bestimmte 1966 im Urteil zum Fall Miranda v. Arizona, dass allen Beschuldigten vor der Vernehmung oder Verhaftung ihre im fünften und sechsten Zusatzartikel verbrieften Rechte vorzulesen sind, die seitdem auch als Miranda-Rechte bezeichnet werden.

Der neunte Zusatzartikel erklärt, dass die aufgelisteten Bürgerrechte nicht als abschließend interpretiert werden sollen und die Bevölkerung auch noch weitere, nicht in der Verfassung aufgezählte Rechte hat. Das Recht auf die Wahrung der Privatsphäre wird von vielen als ein solches Recht gesehen. Nur wenige Fälle vor dem Obersten Gerichtshof haben sich auf diesen Artikel bezogen. Der zehnte Zusatzartikel legte schließlich fest, dass die Kompetenzen, die dem Bund nicht explizit von der Verfassung zugewiesen oder den Bundesstaaten entzogen wurden, weiterhin bei den Bundesstaaten und ihrer Bevölkerung liegen. Damit sollte ein Gleichgewicht zwischen der Bundesregierung, den Bundesstaaten und der Bevölkerung geschaffen werden. Tatsächlich hat dieser Zusatzartikel aber keinerlei rechtliche Bedeutung mehr, seitdem der Oberste Gerichtshof im Fall Garcia v. San Antonio Metropolitan Transit Authority entschied, dass Fragen bezüglich dieses Artikels nicht mehr von der Rechtsprechung beantwortet werden würden.[16]

Der elfte Zusatzartikel beschränkt die Zuständigkeit der Bundesgerichte in Klagen zwischen Bürgern eines Bundesstaats gegen einen anderen Bundesstaat. Der Artikel war eine Reaktion auf den Fall Chisholm v. Georgia, in dem der Oberste Gerichtshof erklärte, Bundesstaaten könnten vor Bundesgerichten von Bürgern anderer Bundesstaaten verklagt werden. Der Artikel stellte die Souveränität der Bundesstaaten her, die traditionell solche Klagen verhinderte.

19. Jahrhundert

 
Der 15. Zusatzartikel gab ehemaligen Sklaven das aktive Wahlrecht.

Die Präsidentschaftswahl 1800 löste eine viermonatige Verfassungskrise aus, als sowohl Thomas Jefferson als auch Aaron Burr im Electoral College 73 Stimmen erhielten. Bei Stimmengleichheit schrieb der ursprüngliche Verfassungstext vor, dass das Repräsentantenhaus bestimmen sollte, welcher der beiden Kandidaten Präsident werden würde. Der unterlegene Kandidat würde als Vizepräsident amtieren. Die Krise konnte erst nach 35 Nachwahlgängen beendet werden, aus denen Jefferson als Sieger hervorging. Die im 12. Zusatzartikel vorgeschlagenen Änderung sah vor, dass die Wahlmänner zukünftig getrennt eine Stimme für den Präsidenten und eine Stimme für den Vizepräsidenten abgeben würden. Der Artikel trat 1804 rechtzeitig vor der anstehenden nächsten Präsidentschaftswahl in Kraft.

In Folge des Sezessionskrieg wurden drei Zusatzartikel verabschiedet, die sich alle mit der Sklavenproblematik in den Vereinigten Staaten auseinandersetzte. Der dreizehnte Zusatzartikel schaffte 1865 die Sklaverei ab und verlieh dem Kongress ausdrücklich das Recht, die Abschaffung gesetzlich durchzusetzen. Der vierzehnte Zusatzartikel definierte 1868 das Staatsbürgerschaftsrecht neu. Von nun an hatte jeder Mensch, der in den Vereinigten Staaten geboren wurde, automatisch die volle Staatsbürgerschaft. Gleichzeitig verbietet der Artikel den Entzug von individuellen Rechten und Privilegien ohne ordentliches Gerichtsverfahren. Der Artikel enthält schließlich auch ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot, das im 20. Jahrhundert während der Bürgerrechtsbewegung von besonderer Bedeutung war. Der fünfzehnte Zusatzartikel verfügte 1870, dass die Beschränkung des aktiven Wahlrechts aufgrund der Rasse, Hautfarbe oder früherem Sklavenstatus gegen die Verfassung verstößt.

Jahrhundertwende bis Erster Weltkrieg

 
Das Frauenwahlrecht wurde 1919 mit dem 19. Zusatzartikel eingeführt.

Die Verfassung wurde 1913 mit dem sechzehnte Zusatzartikel geändert, um dem Kongress das Recht zu geben, eine direkte Einkommensteuer zu erheben. Bis 1913 war die Bundesregierung auf Einnahmen aus Einfuhrzöllen und gewissen Verbrauchssteuern angewiesen. Versuche des Kongresses, eine direkte Einkommensteuer einzuführen, scheiterten vor der Verfassungsänderung mehrfach beim Obersten Gerichtshof, so beispielsweise 1895 im Fall Pollock v. Farmers' Loan & Trust Co.

Ebenfalls 1913 wurde der siebzehnte Zusatzartikel vorgeschlagen, der die Art und Weise der Senatorenwahlen verändern sollte. Der ursprüngliche Verfassungstext bestimmte, dass die Senatoren von den Parlamenten der Bundesstaaten ernannt werden. Während des 19. Jahrhunderts nutzten Oregon und einige andere Staaten ihre gesetzgeberischen Kompetenzen, um ihre Senatoren per Volksabstimmung zu bestimmen. Bis 1912 hatten 29 Bundesstaaten dieses Verfahren eingeführt. Die ein Jahr später gebilligte Verfassungsänderung sah nun vor, alle Senatoren direkt von der Bevölkerung der Bundesstaaten wählen zu lassen. Das Recht, bei Rücktritt, Tod oder Amtsenthebung eines Senators einen Ersatz zu ernennen, wurde auf die Gouverneure der Bundesstaaten übertragen.

Im Zuge der „Progressiven Ära“ verabschiedete der Kongress 1919 den achtzehnte Zusatzartikel, mit der die Produktion sowie der Verkauf, Transport, Import und Export alkoholischer Getränke verboten wurde. Zuständig für die Durchsetzung des Verbots waren der Kongress und die Bundesstaaten. Der 22 Jahre später verabschiedete einundzwanzigste Zusatzartikel hob die Alkoholprohibition wieder auf und gab die Regulierungskompetenz über alkoholische Getränke an die Bundesstaaten zurück.

Ein weiteres Anliegen der Progressives war das Frauenwahlrecht. Die Verfassung sah ursprünglich nur vor, dass bei Wahlen des Kongresses und des Präsidenten jeder das aktive Wahlrecht hat, der in seinem Bundesstaat für die größte Parlamentskammer aktiv wahlberechtigt war. Damit stand es den Bundesstaaten frei, Bevölkerungsgruppen ihren eigenen Gesetzen entsprechend von der Wahl auszuschließen. Die Verfassung wurde bereits 1870 geändert, um Rasse, Hautfarbe und ehemaligen Sklavenstatus als Ausschlussmerkmal zu verbieten. Trotz anfänglichen Widerstands Präsident Woodrow Wilsons kam 1919 mit dem neunzehnten Zusatzartikel das Geschlecht als verbotenes Ausschlussmerkmal hinzu.

Weltwirtschaftskrise bis Zweiter Weltkrieg

 
Franklin D. Roosevelt, vierfacher Präsident 1932–1945

Die durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöste Große Depression war das entscheidende Wahlkampfthema während der Präsidentschaftswahl 1932. Der amtierende Präsident Herbert Hoover sprach sich gegen staatliche Einflüsse aus und setzte glücklos auf den amerikanischen Individualismus und eine natürliche wirtschaftliche Verbesserung. Franklin D. Roosevelt gewann die Wahl im November 1932 mit 89% der Stimmen im Electoral College, konnte aber aufgrund der Bestimmungen der Verfassung erst zum 4. März 1933 sein Amt antreten. Gleichzeitig hatte Hoover nur noch wenig politischen Rückhalt, so dass das Regierungsgeschäft faktisch zum Erliegen kam. Eine ähnlich kritische Situation ereignete sich auch 1861, als mehrere Südstaaten nach der Wahl Abraham Lincolns die Vereinigten Staaten verließen, Lincoln aber erst im März als Präsident darauf reagieren konnte. Der 1933 ratifizierte 20. Zusatzartikel sah nun vor, dass die Amtseinführung bereits am 20. Januar des Jahres nach der Wahl stattfinden sollte. Gleichzeitig hob der Artikel auf, dass die vor der Wahl amtierenden Abgeordneten und Senatoren noch einmal zu einer Zwangssitzungsperiode zusammen kommen mussten.

Bis zur Ratifizierung des 22. Zusatzartikels enthielt die Verfassung keine Begrenzung, wie oft ein Präsident wiedergewählt werden konnte, auch wenn eine höchstens einmalige Wiederwahl Tradition war. Präsident Franklin Roosevelt brach während der Präsidentschaftswahl 1940 im Schatten des gerade ausgebrochenen Zweiten Weltkriegs mit dieser Konvention. Roosevelt konnte sich auf eine breiten Rückhalt in der Bevölkerung stützen und gewann die Wahl mit 55% der Direktstimmen und 85% der Stimmen im Electoral College. Eine vierte Wiederwahl gewann Roosevelt zum Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs 1944. Nach Ende des Krieges setzte sich der neugewählte Kongress zum Ziel, die Tradition wiederherzustellen und die Anzahl der möglichen Wiederwahlen zu begrenzen. Die Verfassungsänderung enthielt eine Begrenzung der Amtszeit auf maximal acht Jahre, mit einer Ausnahme für Vizepräsidenten, die nicht durch eine Wahl zum Präsidentenamt aufrückten.

Bürgerrechtsbewegung und Kalter Krieg

 
Der 25. Zusatzartikel regelt seit 1965 die Nachfolge des Präsidenten

Gemäß Artikel II der Verfassung wird der Präsident von Wahlmännern gewählt, die von den einzelnen Bundesstaaten bestimmt werden. Ein Wahlrecht für die Bewohner des District of Columbia war nicht vorgesehen, genausowenig wie für die anderen Territorien der Vereinigten Staaten, die zu keinem Bundesstaat gehörten. Der 1961 ratifizierte 23. Zusatzartikel änderte diese Regelungen und teilte dem Regierungsbezirk genausoviele Wahlmänner zu, wie dem bevölkerungsschwächsten Bundesstaat zustanden.

Um das Verbot einer Einschränkung des Wahlrechts für Schwarze aufgrund ihrer Hautfarbe, wie im 15. Zusatzartikel festgelegt, zu umgehen, gingen eine Reihe von Bundesstaaten dazu über, von allen Bürgern Kopfsteuern zu erheben. Nichtzahlung dieser Steuern führte zum Verlust des Wahlrechts. Die entsprechenden Gesetze enthielten dabei aber meist Regelungen, die jeden von der Zahlung der Steuer ausnahmen, dessen Vorfahren in einem bestimmten vor dem Sezessionskrieg liegenden Jahr wahlberechtigt waren. Damit wurde die meist sehr hohen Steuern faktisch nur von ehemalige Sklaven und Einwanderer eingezogen. Der 24. Zusatzartikel verbot diese Steuern 1962 im Verlauf der Bürgerrechtsbewegung.

Im Gegensatz zu parlamentarischen Systemen sieht die Verfassung der Vereinigten Staaten keine Möglichkeit vor, außerhalb der festen Wahltermine einen neuen Kongress oder einen neuen Präsidenten zu wählen. Als Konsequenz muss die Nachfolgeregelung bei Rücktritt, Amtsunfähigkeit oder Tod des Präsidenten oder Vizepräsidenten vergleichsweise umfangreich geregelt werden, wie dies 1965 mit dem 25. Zusatzartikel geschah. Der Artikel sieht vor, dass der Vizepräsident zum Präsidentenamt aufrückt, wenn selbiges vakant ist. Gleichzeitig wird dem Präsident das Recht gegeben, mit Zustimmung beider Kammern des Kongresses einen neuen Vizepräsidenten zu ernennen, sollte dieses Amt leer stehen. Neben der Nachfolgeregelung bestimmt der Artikel auch, dass der Präsident seine vorübergehende Amtsunfähigkeit erklären kann. Ebenso kann das Kabinett mehrheitlich beschließen, dass der Präsidenten amtsunfähig ist. In beiden Fällen übernimmt der Vizepräsident die Regierungsgeschäfte, bis der Präsident seine eigene Amtsfähigkeit erklärt, zurücktritt, des Amtes enthoben wird oder verstirbt.

Die Vorgaben des 25. Zusatzartikels wurden bereits kurz nach der Verabschiedung angewandt, als 1973 Vizepräsident Spiro Agnew aufgrund eines politischen Skandals zurücktrat und Präsident Richard Nixon Gerald Ford zu seinem neuen Vizepräsidenten ernannte. Mit Nixons Rücktritt im Zuge der Watergate-Affäre 1974 wurde Ford Präsident und ernannte Nelson Rockefeller zum Vizepräsidenten. Der Artikel kommt auch zur Anwendung, wenn sich der Präsident längeren medizinischen Operationen unterziehen muss, so durch Präsident Ronald Reagan 1985 und Präsident George W. Bush 2005.

Während des Vietnamkriegs sprachen sich einige Politiker, darunter mehrere Kongressabgeordnete und Präsident Lyndon B. Johnson, dafür aus, jedem Bürger ab achtzehn Jahren das aktive Wahlrecht für Kongress- und Präsidentschaftswahlen zu geben. Dies ging einher mit der zu dem Zeitpunkt laufenden Wehrpflicht, die den Einzug aller Männer ab achtzehn Jahre vorsah. Der 26. Zusatzartikel, der diese Neuregelung enthielt, wurde 1971 vom Kongress verabschiedet und trat im selben Jahr in Kraft.

Nicht ratifizierte Änderungsvorschläge

Seit 1789 wurden dem Kongress über 10.000 Vorschläge zur Verfassungsänderung vorgelegt, in den letzten Jahrzehnten gab es pro Sitzungsperiode zwischen 200 und 300 solcher Vorschläge. Die wenigsten überstehen die Ausschussarbeit und werden vom Kongress verabschiedet. Einige Male wurde auch das Verfahren zur Einberufung eines Verfassungskonvents angewandt, bisher allerdings ohne Erfolg. In zwei Fällen – ein Vorschlag zur Neuregelung der Sitzverteilung 1960 und ein Vorschlag zur Beschränkung der Staatsverschuldung in den 1970ern und 1980ern – fehlten nur zwei Bundesstaaten für die für einen Verfassungskonvent notwendige Mehrheit.

Der 18. Zusatzartikel ist der einzige, der ausdrücklich durch einen anderen (den 21. Zusatzartikel) aufgehoben wurde. Dieser Vorfall galt für viele als ein wichtiges Argument gegen die relativ komplizierte Art der Verfassungsänderung, um solche kurzlebigen Artikel zu verhindern.

Von den 33 Verfassungsänderungen, die der Kongress den Bundesstaaten zur Ratifikation vorlegte, sind sechs an der Mehrheitsschwelle gescheitert, davon könnten vier theoretisch immer noch angenommen werden. Seit dem 18. Zusatzartikel enthielt jeder Vorschlag außer dem 19. und dem nicht ratifizierten Kinderarbeitsartikel eine ausdrückliche zeitliche Beschränkung für die Ratifikation. Für die folgenden Vorschläge steht die Ratifikation noch aus:

  • Das Congressional Apportionment Amendment, vom ersten Kongress am 25. September 1789 vorgeschlagen, sollte eine Formel für die Bestimmung der Sitzanzahl im Repräsentantenhaus nach jeder Volkszählung festlegen. Dieser Vorschlag enthält keine zeitliche Beschränkung und könnte theoretisch noch angenommen werden. Allerdings ist die beschriebene Formel hinfällig, da sie nur bei einer Bevölkerungszahl von bis zu zehn Millionen funktionierte, eine Zahl, die die Vereinigten Staaten schon vor langer Zeit überschritten haben.
  • Das Titles of Nobility Amendment wurde vom elften Kongress am 1. Mai 1810 vorgeschlagen und hätte jedem amerikanischen Bürger, der einen ausländischen Ehren- oder Adelstitel annimmt, automatisch die Staatsbürgerschaft entzogen. Einige sind der Meinung, dass dieser Vorschlag eigentlich von genügend Bundesstaaten ratifiziert wurde und nur aufgrund einer Verschwörung nicht als rechtskräftig angesehen wird. Dieser Vorschlag enthält ebenfalls keine zeitliche Beschränkung.
  • Das Corwin Amendment, vom 36. Kongress am 2. März 1861 verabschiedet, hätte es der Bundesregierung verboten, Verfassungsänderungen zum Zwecke der „Einmischung in die oder Abschaffung der internen Institutionen der Bundesstaaten“ vorzuschlagen, was hauptsächlich der Beibehaltung der Sklaverei dienen sollte. Nur zwei Bundesstaaten (Ohio und Maryland) ratifizierten es vor dem Sezessionskrieg, eine dritte Ratifikation durch Illinois ist umstritten. Dieser Vorschlag enthält keine zeitliche Beschränkung, seine Bestimmungen würden aber wahrscheinlich aufgrund des 13., 14. und 15. Zusatzartikels als gegenstandslos angesehen werden.
  • Eine Verfassungsänderung zur Regulierung der Kinderarbeit durch die Bundesregierung wurde vom 68. Kongress am 2. Juni 1924 vorgeschlagen. Der Vorschlag ist inzwischen gegenstandslos, da der Oberste Gerichtshof dem Kongress seitdem diese Kompetenz bereits unter bestehendem Verfassungsrecht zugeschrieben hat. Auch dieser Vorschlag enthält keine zeitliche Beschränkung.
  • Das Equal Rights Amendment, das die Rechtsgleichheit der Geschlechter vorsah, wurde vom 92. Kongress am 22. März 1972 vorgeschlagen. Es wurde von 35 Bundesstaaten ratifiziert und lief am 30. Juni 1982 aus, da die Schwelle zu diesem Zeitpunkt 38 - drei Viertel der 50 Bundesstaaten - betrug.
  • Das District of Columbia Voting Rights Amendment, das den Regierungsbezirk für die Zwecke der Sitzverteilung im Kongress wie einen Bundesstaat behandelt hätte, wurde vom 95. Kongress am 22. August 1978 verabschiedet. Der Vorschlag lief am 22. August 1985 aus, weil ihn nur 16 Bundesstaaten ratifizierten.

Quellen

  1. http://www.gpoaccess.gov/constitution/index.html, die älteste ist die Verfassung der Republik San Marino, die im Jahre 1600 in Kraft trat
  2. http://www.loc.gov/rr/program/bib/ourdocs/Constitution.html
  3. http://memory.loc.gov/cgi-bin/ampage?collId=lljc&fileName=032/lljc032.db&recNum=6&itemLink=r?ammem/hlaw:@field(DOCID+@lit(jc0321))%230320001&linkText=1
  4. http://memory.loc.gov/cgi-bin/query/r?ammem/hlaw:@field(DOCID+@lit(fr002146))
  5. http://www.yale.edu/lawweb/avalon/debates/917.htm und folgende
  6. Artikel I, Abschnitte 2 und Artikel II, Abschnitt 4
  7. Artikel I, Abschnitt 7
  8. Artikel VI
  9. “No free man shall be arrested, or imprisoned, or deprived of his property, or outlawed, or exiled, or in any way destroyed, nor shall we go against him or send against him, unless by legal judgement of his peers, or by the law of the land.”
    http://www.verfassungen.de/gb/gb1215.htm
  10. “in love of liberty and in the defense of it, [the Republic of the United Provinces] has been our example”, http://www.netherlands-embassy.org/article.asp?articleref=AR00000379EN
  11. “the originals of the two Republics are so much alike that the history of one seems but a transcript from that of the other”, http://www.nationarchive.com/Summaries/v101i2626_17.htm
  12. Lippuner, Heinz, „Demokratie aus indianischer Hand? Unsere Bundesverfassung und das Great Law of Peace der Irokesen-Konföderation“, in: Kleine Schriften des Museumsvereins Schaffhausen 99/5; zum egalitären Aufbau des Irokesenbundes vgl. weiterhin: Thomas Wagner, Der Irokesenbund als egalitäre Konsensdemokratie, http://www.graswurzel.net/297/iro.shtml
  13. Rakove, Jack, “Did the Founding Fathers Really Get Many of Their Ideas of Liberty from the Iroquois?”, http://hnn.us/articles/12974.html
  14. Cook, Brian, “Iroquois Confederacy and the Influence Thesis”, http://www.campton.sau48.k12.nh.us/iroqconf.htm
  15. http://usconstitution.net/constfaq_a8.html#Q144
  16. http://caselaw.lp.findlaw.com/scripts/getcase.pl?court=US&vol=469&invol=528

Literatur

  • Angela Adams (Hrsg.): Die Entstehung der Vereinigten Staaten und ihrer Verfassung, Dokumente 1754 - 1791. Lit-Verlag, Münster 1995. ISBN 3-8258-2530-2
  • David P. Currie: Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. Metzner, Frankfurt am Main 1988. ISBN 3-7875-5352-5
  • Robert L. Maddex: The U.S. Constitution A to Z. CQ Press, Washington D.C. 2002. ISBN 1-56802-699-4

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