Christoph Scheiner SJ (* 1575 in Markt Wald bei Mindelheim in Bayerisch-Schwaben; † 18. Juli 1650) war Jesuitenpater, Optiker und Astronom in Ingolstadt und gilt als Mitentdecker der Sonnenflecken.

Leben
Lehrjahre
Scheiner besuchte ab Mai 1591 das Gymnasium der Jesuiten in Augsburg. Nach erfolgreichem Abschluß desselben trat er am 26. Oktober 1595 in den Jesuitenorden ein. Bis 1597 verbrachte er sein Noviziat in Landsberg am Lech (unter Novizenmeister Rupert Reindl) und legte am 26. Oktober 1597 in Augsburg bei Melchior Stör sein erstes Gelübde ab. Zwischen 1597 und 1598 absolvierte Scheiner sein Juniorat in Augsburg und empfing am 19. September 1598 in Augsburg die niederen Weihen durch Bischof Sebastian Breuning.
Zusammen mit Petrus Frank und und Ferdinand Melchiorius studierte Scheiner zwischen 1598 bis 1601 an der Universität Ingolstadt Mathematik, Philosophie und Physik.
Anschließend wirkte er bis 1605 als Lateinlehrer am Ordenskolleg in Dillingen; dort erreichte Scheiner 1605 auch den Titel eines Magister Artium. Noch im selben Jahr holte ihn Herzog Wilhelm V. an den Hof nach München um sich von ihm den 1603 erfundenen Pantografen erklären zu lassen.
Von Herbst 1605 bis bis 30. Juni 1609 studierte Scheiner an der Universität Ingolstadt Theologie und schloß dieses Studium mit dem Titel Dr. theol. erfolgreich ab. 1609 wurde ein wichtiges Jahr für Scheiner: durch Bischof Marcus Lyresius wurde er am 14. März zum Subdiakon und am 4. April zum Diakon geweiht. Vierzehn Tage später, am 18. April empfing er durch Lyresius - ebenfalls im Dom von Eichstätt - die Priesterweihe.
Sein Terziat absolvierte Scheiner zwischen 6. Oktober 1609 und 10. September 1610 in Ebersberg unter Pater Johannes Peleccius.
Professur Universität Ingolstadt 1610-1617
Am 15. Oktober 1610 immatrikulierte sich Scheiner an der Universität Ingolstadt und wurde durch seinen Orden zum Professor ernannt (mit Lehrbefugnis für Astronomie und Hebräisch); damit wurde Scheiner zum Nachfolger von Johannes Lantz. Seine Vorlesungen machten Scheiner berühmt und Erzherzog Maximilian III. ließ ihn einige Male an seinen Hof nach Innsbruck kommen um sich verschiedene Phänomene der Astronomie erklären zu lassen.
Auf Grundlage von Keplers Werk "Dioptrik" baute Scheiner ein astronomisches Fernrohr und richtete sich im Turm der Heilig-Kreuz-Kirche von Ingolstadt eine kleine Sternwarte ein. Dort konnte er am Vormittag des 21. März und nochmals im Dezember 1611 zusammen mit seinem Schüler, Pater Johann Baptist Cysat, dunkle Flecken auf der Sonne beobachten. Da diese Flecken der Reinheit der Sonne widersprach, befahl der zuständige Ordensprovinzial Peter Busäus den beiden Wissenschaftlern Stillschweigen. In der offiziellen Begründung wurde darauf hingewiesen, daß Aristoteles auch keine "Verunreinigung" der Sonne beschrieben hätte.
Scheiner führte mit dem gelehrten Ratsherrn Markus Welser in Augsburg einen Briefwechsel. In drei Briefen, datiert vom 12. November, 13. und 26. Dezember 1611, berichtigte Scheiner dem Patrizier von seiner Entdeckung. Welser veröffentlichte ohne Scheiners Wissen und Zustimmung am 5. Januar 1612 diese drei Briefe unter dem Pseudonym Appelles latens post tabulam und entfachte damit den Prioritätsstreit Scheiners mit Galileo Galilei.
Welser ließ von diesem Werk je ein Exemplar Galilei und Johannes Kepler zukommen. Bereits am 4. Mai 1612 antwortete Galilei ausführlich und wies darauf hin, diese Sonnenflecken bereits seit Anfang 1611 zu beobachten. Auch Johannes Fabricius reklamierte diese Entdeckung für sich. Es entstand ein kurzer Briefwechsel zwischen Scheiner und Galilei, da am 13. September 1612 drei weitere Schreiben unter "Appelles latens post tabulam" erschienen. Inzwischen zeigte sich, daß auch Thomas Harriot zur selben Zeit dieses Phänomen entdeckt hatte.
Zusammen mit seinem Schüler Stefan Locher veröffentlichte Scheiner 1614 das Werk "Disquisitiones mathematicae"; in dem das kopernikanische dem ptolemäische Weltsystem gegenüber gestellt wurden. In einem Schreiben vom 13. Dezember 1614 bat der Generalobere Claudio Aquaviva Scheiner um Zurückhaltung in der Lehre und ermahnte ihn "... nicht die Meinungen der Modernen" zu lehren.
Zusammen mit seinem Schüler Georg Schönberger veröffentlichte Scheiner 1617 "Exegeses fundamentorum", ein ausführliches Werk über Sonnenuhren. Sein endgültiges Gelübde legte Scheiner am 31. Juli 1617 unter Rektor Johannes Mannhart im Münster von Ingolstadt ab.
Anschließend holte Maximilian III. Scheiner mit dem Einverständnis dessen Ordens nach Innsbruck.
In den folgenden Jahren entwickelte Scheiner ein eignes Instrument für seine Sonnenbeobachtungen; ein Helioskop. Dies war ein Fernrohr mit Blendglas und parallaktischer Aufstellung.
1620-1624
Es folgt eine kurze Professur für Mathematik im Herbst 1620 bis Frühjahr 1621 in Freiburg. Wegen des 30-jährigen Krieges, blieb er eine Zeit lang in Wien. 1623 kam Scheiner als Beichtvater des Erzherzogs Karl nach Neisse. Dort eröffnete er im selben Jahr ein Jesuitenkolleg und wurde Superior.
Aufenthalt in Rom, 1624-1633
Im Jahre 1624 begibt sich Scheiner nach Rom um die Neugründung des Jesuitenkollegs in Neisse zu regeln. Er lehrte dort am Collegium Romanum und arbeitete an seinem Hauptwerk weiter. Die Resultate seiner langjährigen fleißigen Beobachtungen hat er in dem Werk "Rosa ursina, sive Sol" (Brazza 1626-30) niedergelegt; ein Jahr vor Gelileis "Dialog". Ironischerwiese folgte kurz darauf, in den Jahren zwischen 1645 und 1715, eine Periode stark verringerter Sonnenfleckenaktivität, auch Maunderminimum bezeichnet. Dadurch konnten Scheiners Beobachtungen zuerst nicht nachvollzogen werden, wodurch sich seine Erkentnisse erst im 18-ten Jahrhundert durchsetzen konnten.
Am 20. März 1629 und nochmals im Jahre 1630 beobachtet Scheiner ein Halo-Phänomen. Seine Aufzeichnungen darüber werden später von Christiaan Huygens ausgewertet.
Anfang April 1633 findet der Prozess gegen Galileo statt. Zu dieser Zeit befand sich auch Scheiner noch in Rom. Auch wenn er nicht in den Prozessakten erwähnt wird, nimmt man an, dass er zu Ungunsten Galileos Einfluss genommen hat.
Neisse, ab 1636
Nach 3-jährigem Aufenthalt in Wien, kehrt Scheiner zum Jesuitenkolleg in Neisse zurück. Er scheint dieses eher wiederstrebend zu tun; er nimmt das Amt des Rektors nicht mehr an. Er arbeitet weiter an seinen Forschungen, sein letztes Werk Prodromus, erscheint allerdings posthum. Christoph Scheiner stirbt am 18. Juli 1650.
Ehrungen
- Christoph-Scheiner-Gymnasium in Ingolstadt
- Christoph-Scheiner-Schule in Markt Wald
- Christoph-Scheiner-Aussichtsturm in Markt Wald
Werke
- Tres epistolae de maculis solaribus (Augsburg, 1612) IMSS Digital Library
- De Maculis Solaribus et Stellis circa Iovis Errantibus Accuratior Disquisition (Augsburg 1612) IMSS Digital Library
- Disquisitiones mathematicae (1614, zusammen mit Stefan Lochner) IMSS Digital Library
- Sol ellipticus (1615) IMSS Digital Library
- Exegeses fundamentorum gnomonicorum (1617)
- Refractiones coelestes sive solis elliptici phaenomenon illustratum (1617) IMSS Digital Library
- Oculus (1620) Gallica
- Rosa ursina, sive sol. Brazza 1626-30 IMSS Digital Library
- Pantographice seu ars delineandi (1631) IMSS Digital Library
- Prodromus pro Sole Mobili et Terra Stabili contra Galilaeum a Galileis (1651) IMSS Digital Library
Weblinks
- Vorlage:PND
- Galileo Project: Christoph Scheiner
- High Altitude Observatory:Christoph Scheiner
- [1]
- Stadtmuseum Ingolstadt:Christoph Scheiner
- Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon:Christoph Scheiner
- Fairfield University: Christoph Scheiner
- Peter Abrahams: Telescopes for solar research; from Scheiner's Helioscopium to De la Rue's Photoheliograph
- Albert Van Helden: Christoph Scheiner
- Norbert Willisch: Scheiner in Neisse
Personendaten | |
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NAME | Scheiner, Christoph |
KURZBESCHREIBUNG | Jesuitenpater, Optiker und Astronom |
GEBURTSDATUM | 1575 |
GEBURTSORT | Walda bei Mindelheim in Schwaben |
STERBEDATUM | 18. Juli 1650 |
STERBEORT | Neisse |