Benutzer:Verein der Freunde und Förderer der Wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz e. V./Werkstatt/Echo

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Der Verteidigungsvorrat Verpflegung war eine Bezeichnung für die durch die Bundeswehr im Kalten Krieg bevorrateten Verpflegungsmittel für den Fall, dass eine Versorgung der Truppe aus dem Land nicht mehr möglich gewesen wäre.

Zweck und Ausrichtung

 
Einmannpackung im Bevorratungsplan des Verteidigungsvorratsverpflegung

Die Planung der Bundeswehr ging in einem Krisen- oder Kriegsfall davon aus, die Verpflegung der Truppe mit Frischverpflegungsmitteln aus dem Land, grundsätzlich wie im Frieden über die jeweiligen Standortverwaltungen organisiert durch Einkauf auf dem freien Markt, so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Man rechnete jedoch mit einer erheblichen Störung der landwirtschaftlichen Produktion sowie der Weiterverarbeitung, Einlagerung und Verteilung der Lebensmittel nicht nur für die Versorgung der Truppe sondern auch auch für die Zivilbevölkerung. [1]



Die Zusammensetzung des Vorrats, seine Lagerung und die Art und Weise der Bereitstellung mußte dem damaligen Kriegsbild entsprechen: Eine bedarfsgerechte Versorgung der Truppe hatte den schnellen Ablauf von Truppenbewegungen bei großer räumlicher Verteilung der Truppen zu berücksichtigen. Ebenso mußten auch Kochgeräte daruf ausgelegt sein, in geeigneter Weise Gemeinschaftsverpflegung herzustellen es aber auch dem auf sich gestellten einzelnen Soldaten die Herstellung warmer Mahlzeiten zu ermöglichen.

Neben der Bereitstellung von Verpflegungsmitteln mußte die Versorgung mit Trinkwasser gesondert betrachtet werden.

Das Anlegen der Vorräte erfolgte nach Bevorratungsplänen mit einzeln festgelegten Lagerzeiten, im Schnitt drei Jahre. Nach Ablauf der Lagerzeiten wurden die Verpflegungsmittel verbraucht oder verkauft. 1981 unterhielten die Wehrbereichsverpflegungsämter dabei einen Vorrat von rund 100.000 t im Wert von ca. 280 Millionen DM. Die jährlichen Ersatzbeschaffungen betrugen ca. 110 Millionen DM. [2]

Bemessung

Verpflegungssätze

Die Bemessung der Verpflegung , die für unterschiedliche Personengruppen festlegte, wie hoch der jeweilige Nahrungsmittelenergie-, Nährstoff-, Mineralstoff und Vitaminbedarf zu bemessen war:

  • Verpflegungssatz I

In der Kampfzone eingesetztes Personal, einschließlich fliegendes Personal der Luftwaffe und Besatzungen der schwimmenden Einheiten der Marine

  • Verpflegungssatz II

Truppen der rückwärtigen Kampfzone

  • Verpflegungssatz III

Alle übrigen Truppen, militärische Dienststellen und sonstige Verpflegungsteilnehmer der Bundeswehr

  • Verpflegungssatz IV

Gefangene, die nicht zur Arbeit herangezogen werden. Gefangene, die arbeiten, wurden je nach Schwere der Arbeit in I bis III geführt.

Soll-Nährwerte

Vorgaben im Jahr 1985
Verpflegungssatz Energiegehalt kcal Eiweiß g Fett g Vit. A mg Vit.B mg Vit C mg
I 4000 60 150 0,9 2,4 75
II 3400 60 128 0,9 2,0 75
III 2800 60 105 0,9 1,7 75
IV 2600 40 90 0,9 1,6 75

Zusammensetzung

Der V-Vorrat Verpflegung umfasste im Einzelnen

Verpflegungsmittel des V-Vorrats Verpflegung (Vpflm des V-Vorrats)

Die küchengebundene Verpflegung, die auf Grund ihrer Gebindegröße rationell nur in Küchen verarbeitet werden konnte, wurde im sogenannten Bevorratungsplan A bewirtschaftet. Dabei handelte es sich um lagerfähige, handelsübliche oder nach besonderen Fertigungsvorschriften der beschaffungsbehörden hergestellte Produkte. Sie wurden nach einem 10-tägigen Typenplan zusammengestellt. Der Austausch einzelner Lebensmittel war möglich. Die Beschaffung erfolgte teils durch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB), teils durch die Wehrbereichsverpflegungsämter (WBVpflA).

Einmannpackungen (EPa)

Im Rahmen des Bevorratungsplans B wurden die vier verschiedenen Typen der EPa bewirtschaftet. Sie stellten je nach Typ 3900 bis 4400 kcal Nährgehalt bereit und unterschieden sich in der Zusammensetzung hinsichtlich ihrer je zwei Hauptgerichte (Fertiggerichte à 300 g) und der Brotaufstriche. Der Brotanteil wurde auf Grund der erheblich kürzeren Lagefähigkeit zusätzlich zum Epa ausgegeben. In gewisser Art war der Hartkeks ein Brotersatz. Die Beschaffung der EPa erfolgte zentral durch das BWB. Die Hauptmahlzeiten der EPa konnten auch in Feld- wie in Truppenküchen zubereitet werden. Das Auspacken der Aluminiumbehälter war jedoch recht zeitaufwendig so dass man sich zeitweise auf das Erhitzen der Behältnisse in heißem Wasser beschränkte, was bei den Soldaten nicht immer gut ankam. Im Garnisonsdient wurden die Truppenküchen daher angewiesen EPa- Hauptmahlzeiten lediglich aufbereitet bereitzustellen.[3]

Bevorratungsplan EPa´s im Jahr 1985
Inhalt Ration in g Typ I Typ II Typ III Typ IV
Lebensmittel
Erbseneintopf 300 X
Grießspeise Florida 300 X
Bauerntopf 300 X
Schweinefleisch mit grünen Bohnen 300 X
Bunter Geflügeltopf 300 X
Hackfleischrisotto 300 X
Italienisches Nudelgericht 300 X
Gulasch mit Kartoffeln 300 X
Leberwurst grob/fein 100 X X
Bierwurst 100 X
Blutwurst/Corned Beef 100 X
Schmalzfleisch 100 X
Sülze/Fisch 100 X
Schmelzkäsezubereitung 100 X
Margarine, vitaminiert 25 X X X X
Hartkeks 250 X X X X
Konfitüre 50 X X X X
Kaffee-Extrakt 7 X X X X
Tee-Extrakt 2 X X X X
Zucker 50 X X X X
Kaffeeweißer 6 X X X X
Speisesalz 3 X X X X
Schokolade 50 X X X X
Fruchtgetränkepulver, vitaminiert 60 X X X X
Kaugummi 15 X X X X
Sonstiges Stück
Wasseraufbereitungstabletten 8 X X X X
Mehrzweckpapier 4 X X X X
Kunststoffbeutel 2 X X X X
Erfrischungstuch 1 X X X X
Streichhölzer 20 X X X X
Inhaltsverzeichnis und Zubereitungsanweisung 1 X X X X

Notrationen (NR Vpfl)

In Notlagen, in denen auch keine Epa#s mehr zur Verfügung standen, war auf die Notration Rückgriff zu nehmen. Sie war im Einsatz in der persönlichen Ausrüstung mitzuführen, setzte sich aus jeweils vier Presslingen mit Frucht- bzw. Fleischgeschmack in Folie verpackt zusammen und deckte den 24-stündigen Nahrungsmittebedarf, wenn keine andere Verpflegung zur Verfügung stand. Ergänzend waren zwei Teebeutel sowie Wasserentkeimungstabletten beigefügt. Die Notration war in einer Aluminiumschiebeschachtel verpackt und hatte einen Nährwert von ca. 1.000 kcal.

Sonderverpflegung (SdVpfl)

Im Bevorratungsplan S wurde Sonderverpflegung für besondere Einsatzverhältnisse, Leistungs- und Ernährungserfordernisse bewirtschaftet. Unter diesem Begriff verbarg sich lediglich die Verpflegung für U-Bootfahrer nach einem 14-tägigen Typenplan. Eine besondere Anforderung dabei lag in der Verwendung nichtferromagnetischen Verpackungsmarterials um die Gefährdung durch magnetischsensorische Minen für das Boot auszuschließen..[4] Die Lagerzeit der Sonderverpflegung betrug lediglich 12 Monate, so dass U-Boot-besatzungen immer über relativ frische Verpflegung verfügten.

Verpackung

Die Haltbarkeit der Lebensmittel hängt wesentlich von der Art der Verpackung ab. Sie wurde individuell nach Gewicht und Korrissionsbeständigkeit ausgewählt. so fanden neben Weißblechdosen auch Aluminiumdosen sowie Aluminium Leichtbehälter und Beutel aus Aluminium-Verbundmaterialien Verwendung.

In der küchengebundenen Verpflegung konnten größere Verpackungen genutzt werden, da die jeweiligen Packgefäße Rationssätze für mehrere Personen beinhalteten. In der Verpackung der Komponenten des EPa war die Größe durch die jeweilige Tagesration für nur eine Person erheblich kleiner.

Die Tabelle zeigt Verpackungsarten mit Stand 1985.

Verpackungsarten im Jahr 1985
Verpflegungsmittel Verpackung Gebindegröße/-gewicht gehört zu
Rind/Schweinefleisch Weißblechdose küchengebundene Vpfl.
Brühwürstchen/Bratwurst Weißblechdose küchengebundene Vpfl.
Rohwurst/Rohschinken Kunststoff-Verbund-Folie küchengebundene Vpfl
Wurst-/Fischkonserven Weißblechdose küchengebundene Vpfl
Schmelzkäse (Konserve) Alumiiumdose küchengebundene Vpfl
Hülsenfrüchte/Teigwaren Kunststoffbeutel küchengebundene Vpfl
Trockenkartoffeln/Reis Kunststoffbeutel küchengebundene Vpfl
Kondensmilch Weißblechdose, innen lackiert küchengebundene Vpfl
Kartoffelpüree Karton mit Innenbeutel küchengebundene Vpfl
Gemüse-/Sauerkonserven Weißblechdose, verchromt küchengebundene Vpfl
Quellgemüse Aluminium-Kunststoff-Verbund-Beutel küchengebundene Vpfl
Röstkaffee Aluminium-Kunststoff-Verbund-Beutel, evakuuiert küchengebundene Vpfl
Konfitüre Dose o. Eimer aus Weißblech/Kunststoff küchengebundene Vpfl
Konfitüre (Portionskaffee) Aluminium-Leichtbehälter EPa
Kakao-/Fruchtgetränkepulver Aluminium-Kunststoff-Verbund-Beutel küchengebundene Vpfl
Zucker Kraftpapier mit Kunsstoffbeschichtung küchengebundene Vpfl
Pfeffer/Tee/Kaffee-Extrakt gas- und wasserdampfdichte Beutel EPa
Fleischgerichte/Eintöpfe Weißblechdose küchengebundene Vpfl
Margarine Weißblechdose küchengebundene Vpfl
Margarine Aluminium-Kunststoff-Verbund-Tube EPa
Fertiggerichte Aluminium-Leichtbehälter 300g EPa
Wurstkonserven Aluminium-Leichtbehälter 100g EPa
Hartkeks Aluminium-Kunststoff-Verbund-Folie 125g EPa
Getränkepulver Aluminium-Kunststoff-Verbund-Beutel EPa
Zucker/Salz Beutel aus Kunststofffolie EPa

Beispiele für Aluminium-Leichtbehälter

Beispiele für Aluminium-Kunststoffverbund-Verpackung

Beispiele für gas- und wasserdampfdichte Beutel

Beispiele für Weißblechdosen

Konzept der Nachschubkette Verpflegung im Kriegsfall

[5]

Folgekonzepte

Im Rahmen der in Folge der 1990er Jahre veränderten Sicherheitslage und Reduzierung der Bundeswehr sowie zunehmender Ausrichtung auf Auslandseinsätze fand das Konzept des V-Vorrats Verpflegung so keine Anwendung mehr. Die im Rahmen der zuvor nach NATO-Maßstäben gültigen Bevorratungsrichtlinien zur logistischen Sicherstellung einer 30-tägigen Konfliktdauer galten auch für den Bereich Verpflegung nicht mehr:

  • EPa´s (Bevorratungsplan B) wurden zunächst nur für Ausbildungszwecke vorgehalten, Großteile der bisherigen Vorräte abgesteuert oder im Rahmen humanitärer Maßnahmen abgegeben. Für ihre Verwendung bei Auslandseinsätzen in den ersten Tagen eines Aufwuchses der Kräfte im Einsatzland und für abgesetzte Einsätze wurde die Typenauswahl erheblich aufgefächert und für Spezialkräfte durch leichtere Varianten ergänzt.
  • Die küchengebundene Verpflegung (Bevorratungsplan A, Vpflmittel V-Vorrat) wurde ersetzt durch die sogenannte Gruppenverpflegung, die dehydriert lediglich unter Hinzufügung von Wasser zubereitet wird. Sie dient in Einsatzländern für eine weitgehende Versorgung der Kontingente, da eine Versorgung aus dem Land aus lebensmittlehygienischen Vorgaben nicht möglich ist.
  • Notrationen und Sonderverpflegung für U-Boot-Besatzungen behielten weiterhin ihre Zweckbestimmung, wurden aber hinsichtlich der Zusammenstellung verändert und in kleineren Mengen bevorratet.

Eine weitere Anpassung auf Grund der wieder zunehmenden Ausrichtung auf Landes- und Bündnisverteidigung zeichnet sich ab. So wird die Bevorratung von EPa´s in den nächsten Jahren erheblich steigen.




Parallelitäten zum Zivilen Bevölkerungschutz

Im Rahmen des Zivilen Bevölkerungschutzes gab es ähnliche Ernährungssicherstellungskonzepte und die Aufforderung an die Bevölkerung für den Katastrophen- und Kriegsfall Notvorräte anzulegen.

Einzelnachweise

  1. Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung,Verteidigungsvorrat Verpflegung und Feldverpflegungsgerät der Bundeswehr, Koblenz, 1985, S. 2 ff.
  2. Rolf Cimniak, Verpflegungswirtschaft in der Bundeswehr, R.v.Decker´s Verlag, Hamburg, 191, ISBN 3-7685-2281-4, S.17
  3. So gab es um 1985 im Verantwortungsbereich der Wehrbereichsverwaltung V Stuttgart ein "EPa-Kochbuch", in dem Vorschläge zur Aufbesserung von EPa´s mit Frischverpflegungsanteilen dargelegt wurden.
  4. vgl. Rolf Cimniak, S. 198 ff.
  5. Johannes Gerber, Taschenbuch für Logistik, Darmstadt , 1977 ISBN 3-8033-0247-1