Wärme-Contracting

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Wärmecontracting ist eine seit den 90er Jahren vor allem in Deutschland von Hauseigentümern und Vermietern immer häufiger in Anspruch genommene Dienstleistung, welche in der Regel von mittelständischen Heizungsbauunternehmen sowie öffentlichen und privaten Energielieferanten angeboten wird. Kern des Geschäfts (englisch contract) ist die Auslagerung der Investitionskosten für die erstmalige Errichtung oder Modernisierung von zentralen Heizanlagen vom Gebäudeeigentümer an den Contractor. Der Hauseigentümer räumt dem Contractor in einem Wärmelieferungsvertrag mit langer Laufzeit (10-15 Jahre) das exklusive Recht ein, seine Mieter bzw. die Liegenschaft mit Heizwärme und gegebenenfalls Warmwasser aus einer Zentralheizung zu versorgen. Der Wärmelieferant (Contractor) ist durch die langen Laufzeiten in der Lage, seine Investitionskosten in die Heizungsanlagen auf 10 bis 15 Jahresraten umzulegen. Da gleichzeitig mit den neuen, modernen Heizanlagen wegen der oft guten Wirkungsgrade viel Energie gespart wird, fällt der auf Jahre verteilte, im Rahmen der jährlichen Heizkostenabrechnung in Rechnung gestellte "Investitionskosten-Zuschlag" den meisten Mietern bei einer Plausibilitätsprüfung der Heizkostenhöhe nicht sofort auf.

Tausende Vermieter haben in den letzten Jahren von dieser neuen Dienstleistung Gebrauch gemacht. Der Wärmecontracting-Markt hat in Deutschland ein Umsatzvolumen von ca. 1 Mrd. € pro Jahr erreicht. Kritisch ist diese Dienstleistung immer dann zu betrachten, wenn den Mietern im Rahmen der Nettokaltmiete oder über einen der Nettokaltmiete aufgeschlagenen Modernisierungszuschlag bereits die Investitionskosten für die Heizungsanlage anteilig aufgeschlagen wurden, die gleichen Kosten vom Contractor mit Genehmigung des Vermieters den Mietern aber auf 15 Jahre verteilt im Rahmen der Heizkostenabrechnung ein zweites Mal in Rechnung gestellt werden. Im Rahmen der Mietrechtsreform 2001 vermied der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung, so dass Wärmecontracting momentan in einer rechtlichen Grauzone existiert und höchst umstritten ist. Sowohl Mieterschutzverbände als auch die Contractingbranche selbst erhoffen sich von einer höchtsrichterlichen Entscheidung durch den BGH rechtliche Klarheit.

Entscheidungen durch den Bundesgerichtshof

Vier Fälle gelangten 2005 und 2006 zur höchstrichterlichen Entscheidungsreife.

Mit Urteil vom 6. April 2005 wegen eines Falls in Köln-Mülheim setzte der Bundesgerichtshof die Contractingbranche in helle Aufregung, weil nach Auffassung der Richter die häufig bedeutend höheren Kosten des Contracting im Vergleich zur Wärmeversorgung der Immobilie in Eigenregie des Vermieters oder Verwalters nur dann auf den Mieter umlegbar sind, wenn dies im Mietvertrag so vereinbart wurde (BGH, Urteil vom 6. April 2005, Az. VIII ZR 54/ 04). Im Grunde geht es darum, wie eine sogenannte "unbillige Doppelbelastung" mit Investitionskosten für die Heizanlage zu Lasten des Mieters rechtlich gehandhabt wird.

Mit einem zweiten Urteil im Sommer 2005 deutete der BGH mit Urteil vom 1. Juni 2005 (Az. VIII ZR 84/04, WM 2005, S. 456) zu einem Fall in Dresden an, dass er die Lösung derzeit eher auf der Seite der Heizkosten (Wärmekosten) anstrebt. Konkret bedeutet dies, dass der BGH eine Reduzierung der Nettokaltmiete um die anteiligen Investitionskosten für die Heizanlage momentan nicht als die (eigentlich naheliegende) Lösung sehen kann oder sehen möchte.

Die mit Spannung erwartete Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. August 2004 fiel aus, weil die Vermieterseite nach einer für sie ungünstigen Vorabauskunft durch den BGH die Revision vor Verhandlungsbeginn zurückgezogen hat.

Das Immobilienunternehmen Viterra AG gehört inzwischen seit 2005 der Deutschen Annington. Der Rechtsstreit seit Herbst 2002 zwischen den vom Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend vertretenen Mietern gegen dieses Unternehmen wurde zunächst vom Landgericht Bochum für die Mieter günstig beschieden. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Position des Landgerichts (BGH, Urteil vom 6. April 2005, Az. VIII ZR 54/04). Etwa 8.000 Haushalte sind von dieser Entscheidung direkt betroffen.

Ausblick

Grundsätzlich scheint der BGH der innovativen Dienstleistung Contracting eher positiv gegenüber zu stehen. Allerdings ist die gegenwärtige Gesetzgebung und Rechtslage so eindeutig, dass man schlicht nicht zugunsten der Wärmelieferanten oder Vermieter entscheiden konnte. Ein Richter des BGH regte daher im Rahmen seines Fachvortrags auf den Berliner Energietagen im Mai 2006 an, die Rechtslage zu ändern. Die ersten Versuche der Contracting-Lobbyisten in diese Richtung hatte aber das Bundesjustizministerium gerade im Interesse der Mieter im Jahr 2005 zu verhindern verstanden.

In der Rechtsprechung zeichnet sich die Tendenz ab, dass der Vermieter zwar ohne Zustimmung der Mieter von der so genannten Eigenversorgung mit Heizwärme (Heizpflicht) zum Wärmecontracting (Versorgung durch Dritten) wechseln darf, aber nur mit Zustimmung des Mieters die vollen (in der Regel um die Investitionskosten und Unternehmensgewinne höheren) Heizkosten auf den Mieter abwälzen darf.

Von einer solchen Zustimmung ist Mietern daher abzuraten, wenn der Vermieter nicht zugleich die Nettokaltmiete (Grundmiete) um jenen Betrag gesenkt senken möchte, der bislang von Ihm für die Vorhaltung der Heizanlage in der Nettokaltmiete kalkuliert und durch Wärmecontracting eindeutig in die Mietnebenkosten verlagert wurde. Nur so kann eine unbillige Doppelbelastung des Mieters vermieden werden.

Diese Doppelbelastung hat der BGH erkannt. Folgerichtig hat der VIII. Senat des BGH in seinen jüngsten Urteilen aus dem Jahr 2006 hat er in seinen Urteilen aus dem Jahr 2006 eine Übernahme der (höheren) Contracting-Kostenbelastung auch für den Fall ausgeschlossen, dass der Mieter den Modernisierungszuschlag gem. §559 BGB nicht bezahlen braucht. Denn dieser sei auf 11 % der Gesamtinvestitionskosten begrenzt, während die Mehrbelastung durch Investitionskosten und Gewinne für den Unternehmer im Rahmen der Heizkosten durch Contracting höher ausfallen könne.

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