Saparmyrat Ataýewiç Nyýazow 19. Februar 1940 in Gypjak bei Aşgabat; † 21. Dezember 2006 in Aşgabat) war von 1992 bis 2006 Staats- und Regierungschef von Turkmenistan.
(nach deutscher Transkription aus dem Russischen auch Saparmurad Nijasow; *Biographie
Seit 1985 war er Vorsitzender der Kommunistischen Partei der damaligen Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Nach dem gescheiterten Moskauer Putsch vom August 1991 verbot er die KP im nun unabhängigen Turkmenistan. Statt dessen gründete er eine Demokratische Partei, die von Anfang an unter seiner Leitung stand. Am 24. November 1991 wurde er zum Präsidenten gewählt. Bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen vom 21. Juni 1992 wurde er ohne Gegenkandidatur mit 99,5 % der Stimmen im Amt bestätigt. Er erhielt weitreichende Rechte und wurde zugleich zum Ministerpräsidenten ernannt.
Selbst hat sich Nyýazow den Beinamen Türkmenbaşy („Führer aller Turkmenen“) gegeben. In den Medien nennt man ihn auch „Türkmenbaşy den Großen“. Seine regulär bis 1997 reichende Amtszeit wurde mehrmals verlängert. Am 28. Dezember 1999 wurde der autokratisch regierende Präsident vom Parlament zum Staatschef auf Lebenszeit ernannt. Im Mai 2005 kündigte er jedoch an, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 3-4 Gegenkandidaten zuzulassen.
Sein Vater verstarb während des Zweiten Weltkriegs, seine Mutter und seine beiden Brüder starben in Folge des Erdbebens im Jahr 1948.
Saparmurat Nijasow ist am Morgen des 21. Dezember 2006 verstorben. Er erlag nach Angaben des staatlichen Rundfunks einem Herzversagen. Beobachter befürchteten zu diesem Zeitpunkt, Turkmenistan könnte nach dem Tod Nijasows in ein Chaos stürzen. Die Position des Staatsoberhauptes hat zunächst Vize-Ministerpräsident Gurbanguly Berdymuchammedow übernommen. Gemäß der Verfassung hätte eigentlich Parlamentspräsident Owesgeldy Atajew die Amtsgeschäfte übernehmen sollen. Der Sicherheitsrat habe seine Kandidatur aber abgelehnt, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittle, meldete die russische Agentur Interfax am Donnerstag.
Personenkult
International erregte Nyýazow vor allem durch einen Personenkult gigantischen Ausmaßes Aufsehen. Nach ihm benannt wurden die Stadt Türkmenbaşy, Schulen, Flughäfen und ein Meteorit. Bilder des Präsidenten finden sich in zahlreichen Straßen und an Gebäuden. Überall wurden (teilweise goldene) Statuen von ihm, seinem Vater und seiner Mutter aufgestellt. Weil sich Nyýazow nach einer Herzoperation das Rauchen abgewöhnte, ist das Rauchen in der turkmenischen Öffentlichkeit verboten. Selbst die Monate und die Wochentage wurden von Nyýazow umbenannt. Der Monat Januar wurde ihm zu Ehren in "Türkmenbaşy" umbenannt, der April nach dem Namen seiner Mutter.
Beißender Spott über Türkmenbaşy findet sich in der Rolle des Präsidenten in der Farce Ostriv pana Moreno des ukrainischen Schriftstellers Olexander Bejderman.
Ruhnama
Nyýazow hat mehrere Bücher geschrieben, die für die Turkmenen Pflichtlektüre sind. Sein erstes Buch, die Ruhnama (pers.: "Buch der Seele"), das im Herbst 2001 erschien, handelt von Liebe, Moral und Eintracht unter Nachbarn. Außerdem enthält sie Nyýazows persönliche Variante der Geschichte Turkmenistans. Die "Ruhnama" ist in allen Schulen Pflichtlektüre. Erwachsene müssen dieses Buch an jedem Samstag lesen. Selbst für den Führerschein (alternativ ohne jegliche Prüfung gegen eine Zahlung von etwa 200 USD zu erwerben) und die Zulassung zum Studium ist eine Prüfung über das Wissen aus der "Ruhnama" Voraussetzung. Im Herbst 2004 erschien der zweite Band der Ruhnama. Weitere Bücher von Nyýazow heißen "Es segne das Turkmenvolk" und "Die fünf Jahrhunderte der turkmenischen Geistlichkeit".
Neue Namen der Monate und Wochentage
Die von Nyýazow eingeführten Monatsnamen nehmen alle Bezug auf den Präsidenten, Nationalhelden oder wichtige Ereignisse.
Monat | Neuer Name | Bedeutung |
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Januar | Türkmenbaşy | benannt zu Ehren des Türkmenbaşy, zudem ist der Monat der Beginn (turkmen. bash) des Jahres |
Februar | Baýdak | benannt zu Ehren der Flagge Turkmenistans, denn in diesem Monat wurde sie für das unabhängige Turkmenistan geschaffen |
März | Nowruz | benannt nach dem gleichnamigen Neujahrsfest (siehe Nouruz), welches im März gefeiert wird |
April | Gurbansoltan-eje | benannt zu Ehren der Mutter Nyýazows, denn der Monat in dem alles wächst und blüht soll den Müttern gewidmet sein |
Mai | Machtum-Kuli | benannt zu Ehren des turkmenischen Nationalschriftstellers, welcher am 18. und 19. des Monats geehrt wird |
Juni | Oguz-Khan | der Überlieferung nach stammen alle Turkmenen von dem legendären Oguz-Khan ab |
Juli | Gorkut | Gorkut gilt neben Oguz-Khan als zweite große historische Figur bei den Turkmenen |
August | Alp Arslan | Alp Arslan gilt als turkmenischer Nationalheld, er bezwang im August 1071 in der Schlacht von Manzikert die Byzantiner und führte die turkmenische Sprache ein |
September | Ruhnama | benannt zu Ehren des Buches von Nyýazow, welches am 19. September 2001 fertig gestellt wurde |
Oktober | Garaşsyzlyk | benannt zu Ehren der Unabhängigkeit (turkmen. Garaşsyzlyk), welche Turkmenistan am 27. Oktober 1991 erlangte |
November | Sultan Sandschar | Sultan Sandschar setzte das Wirken Alp Arslans fort, unter ihm erlebte das Seldschukenreich seine letzte Blütezeit |
Dezember | Bitarap | benannt zu Ehren der Neutralität (turkmen. Bitarap), welche am 12. Dezember 1995 vor der UN-Generalversammlung verkündet wurde |
Die Wochentage setzen sich aus dem Wort Gun (dt. Tag) und dem Wort mit der jeweiligen Bedeutung zusammen. Unverändert blieb der Freitag.
Wochentag | Neuer Name | Bedeutung |
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Montag | Bash Gun | der Tag des Beginns, Beginn der Woche |
Dienstag | Yash Gun | der junge Tag |
Mittwoch | Hosh Gun | der gute Tag |
Donnerstag | Sogap Gun | der gesegnete Tag |
Freitag | beibehalten | das turkmenische Wort für Freitag (Anna) wurde nicht geändert |
Samstag | Rukh Gun | der Tag des Geistes, an diesem Tag soll die Ruhnama gelesen werden |
Sonntag | Dynch Gun | der Tag der Erholung |
Menschenrechtsverletzungen
Turkmenistan ist unter Nyýazows Regime zu einem Land geworden, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Religionsfreiheit gibt es nur in einem sehr beschränkten Maße. Der sunnitische Islam ist Staatsreligion, und nach einem im Oktober 2003 erlassenen Religionsgesetz ist die Arbeit baptistischer, lutherischer und pfingstlerischer Kirchen, jüdischer Gemeinden und schiitischer Muslime in Turkmenistan verboten. Die russischstämmige Bevölkerung wurde 2003 aufgefordert, entweder das Land zu verlassen oder sich als turkmenische Staatsbürger zu registrieren. Dissidenten werden gefoltert oder in psychiatrische Anstalten eingewiesen. Unbequeme oder nur verdächtigte Bürger werden systematisch bespitzelt, verprügelt, willkürlich verhaftet, ermordet oder man lässt sie "verschwinden". Besonders nach einem angeblichen (vermutlich jedoch inszenierten) Attentat auf Nyýazow am 25. November 2002 kam es zu massiven Verfolgungen der Opposition.
Seit dem Jahreswechsel 2005/2006 hat Nyýazow das Rentensystem weitgehend abgeschafft. Männer müssen seitdem mindestens 30, Frauen mindestens 25 Jahre in Turkmenistan berufstätig gewesen sein, um Rentenansprüche zu erwerben. Bisherige Rentner, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, müssen alle bisher erhaltenen Rentenzahlungen an den Staat erstatten. Menschen mit erwachsenen Kindern, Schwerbehinderte sowie ehemalige Kolchosbauern haben keinerlei Rentenansprüche mehr. Auch für sie gilt die Pflicht zur Erstattung bisher "unrechtmäßig" erhaltener Zahlungen. Das soziale Ausmaß dieser Reform wird deutlich, wenn man bedenkt, dass viele der bisher relativ gut gestellten Rentner mit ihrer umgerechnet bis zu 70 Euro hohen Monatsrente aufgrund der in Turkmenistan herrschenden Massenarbeitslosigkeit ihre gesamte Familie ernährten. Ebenso hat der Präsident die Krankenversorgung erheblich eingeschränkt, sei es durch Schließung von Krankenhäusern, sei es durch Ersetzen von ausgebildeten Fachkräften durch linientreues Personal und Armeeangehörige.
Nachdem Nyýazow bereits Kinos, Oper, Ballett und Zirkus verbieten ließ, wurden im April 2005 alle öffentlichen Bibliotheken geschlossen. Bücher sind seitdem nur noch in Universitäten zugänglich, wo allerdings keine Lernfreiheit besteht – studiert man Dinge, die nicht genehm sind, oder ist die Familie im Visier des Geheimdienstes, wird man zum Fächerwechsel gezwungen (z.B. von Englisch zu Russisch). Freie Internetzugänge gibt es nicht.
Umstrittene Auslandskonten
Wie die britische Nichtregierungsorganisation Global Witness[1] meldet, könnten sich auf Konten der Deutschen Bank Beträge von zwei bis drei Milliarden US-Dollar befinden, die der persönlichen Kontrolle Nyýazows unterlagen. Global Witness forderte die Bank zur Offenlegung der Einlagen des verstorbenen Diktators auf und erklärte zudem, das Geld stamme möglicherweise aus illegalen Transaktionen. Zudem sollten die Beträge der Bevölkerung Turkmenistans zugute kommen. Das Frankfurter Geldhaus wies die Forderung der britischen Aktivisten mit Verweis auf das Bankgeheimnis zurück.[2]
Weblinks
- Vorlage:PND
- turkmenbashi.org – Offizielle Webseite (englisch)
- Biografie Nyýazows, eyho.8m.net (turkmenisch)
- Das Buch Ruhnama – in englischer Übersetzung
- Kurzbiographie
- „Turkmenistan: Religious freedom survey“, Forum 18 News Service, 7. April 2004
- „Diktator, Dichter und Prophet: Wie Turkmenbashi vom Westen hofiert wird“, titel thesen temperamente (ttt), 12. November 2006
- „Saparmurat Niyazov, Turkmen Leader, Dies at 66“, New York Times, 21. Dezember 2006
Fußnoten
- ↑ www.globalwitness.org
- ↑ Hannes Koch: Nijasows Geld liegt in Frankfurt in: die tageszeitung, 22.12.2006, [1]
Personendaten | |
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NAME | Nyýazow, Saparmyrat |
ALTERNATIVNAMEN | Nyýazow, Saparmyrat Ataýewiç |
KURZBESCHREIBUNG | Staats- und Regierungschef von Turkmenistan |
GEBURTSDATUM | 19. Februar 1940 |
GEBURTSORT | Aşgabat, Turkmenistan |
STERBEDATUM | 21. Dezember 2006 |
STERBEORT | Aşgabat, Turkmenistan |