Vom Erfinder wurde die Jecklin-Scheibe mit dem Namen „OSS-Scheibe“ (Optimum Stereo Signal) bezeichnet. Sie ist eine Vorrichtung, um Stereo-Aufnahmen zu realisieren. Das Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass mit vergleichsweise geringem technischen Aufwand - bei guten akustischen Voraussetzungen - natürlich klingende Aufzeichnungen gemacht werden können. Das Verfahren geht auf den schweizer Rundfunk-Tontechniker Jürg Jecklin zurück.
Aufbau
Ein OSS- oder Jecklin-Aufbau besteht aus einer mit schallabsorbierendem Material beschichteten, im Durchmesser 30 cm messenden Scheibe. Diese Scheibe wird als Trennwand, also einem Trennkörper, zwischen zwei Mikrofonen mit Kugelcharakteristik angeordnet. Die Mikrofonbasis zwischen beiden Mikrofonkapseln beträgt dabei 16,5 cm - ein als mittlerer Ohrabstand eines Erwachsenen angenommener Wert (2 x 8,25 cm), was einer Laufzeitdifferenz Δ t von maximal 0,48 ms entspricht. Die Quasi-„Ohrsignale“ beider Mikrofone werden auf einer jeweils eigenen Tonspur aufgezeichnet. Siehe auch hierzu binaurale Tonaufnahme.
Funktionsprinzip
Ein Aufbau mit Jecklin-Scheibe erzeugt ein Stereo-Signal, in dem die Richtungsinformationen sowohl durch Laufzeitunterschiede, als auch durch frequenzabhängige Schalldruckpegeldifferenzen repräsentiert werden. Das Arrangement der zwei mit 16,5 cm Abstand positionierten Mikrofone erzeugt dabei die kopfähnlichen Laufzeitunterschiede. Die Jecklin-Scheibe selbst bewirkt durch Abschattung seitlich eintreffender Schallwellen deutlich frequenzabhängige Pegeldifferenzen Δ L, die zu den hohen Frequenzen hin zunehmen und zu den tiefen Frequenzen stark abnehmen, also unter 500 Hz rein "Mono" sind.
Charakteristische Eigenschaften einer Aufzeichnung mit Jecklin-Scheibe
Beim Einsatz einer Jecklin-Scheibe und Mikrofonen mit Kugelcharakteristik, sind bei seitlichem Schalleinfall Klangverfärbungen durch Kammfiltereffekte zu erwarten, die im Allgemeinen aber wenig auffällig sind.
Bedingt durch die Tendenz niederfrequenten Schalls - stärker als hochfrequenter Schall - um im Ausbreitungsweg befindliche Objekte herum gebeugt zu werden, sind die Pegeldifferenzen zwischen linkem und rechten Signal für unterschiedliche Frequenzen verschieden. Bei seitlich einfallendem Schall mit sinkender Frequenz fällt bei Einsatz einer Jecklin-Scheibe mit 30 cm Durchmesser die Pegeldifferenz links/rechts unterhalb einer Grenzfrequenz von 500 Hz ab, so dass im praktischen Betrieb die Links/Rechts-Signale im Bass-Bereich im Pegel gleich sind. Unter 500 Hz sind die Signale als Mono zu betrachten.
Neue Scheibe: OSS - Technik (Jecklin-Scheibe)
In neuen Scripten von Jecklin findet man einen vergrößerten Scheibendurchmesser von 35 cm und die jetzt sogar mehr als verdoppelte Mikrofonbasis von 36 cm (Abstand der Mikrofonkapseln voneinander). Die frühere Scheibe hatte dagegen einen kleineren Durchmesser von 30 cm und eine ebenso kleinere Mikrofonbasis von 16,5 cm, die vermutlich Ohrabstand nachbilden sollte. Siehe pdf-Script: OSS - Technik (Jecklin-Scheibe)(Seite 32 ganz unten)
Zitat: Aus dem Script Jürg Jecklins:
OSS - Technik (Jecklin-Scheibe)
Zwei Kugelmikrofone sind mit einem gegenseitigen Abstand von 36 cm angeordnet und durch eine mit Schaumstoff belegte Scheibe von 35 cm Durchmesser akustisch getrennt.
Bei dieser Anordnung kommen die klanglichen Vorteile der Kugelmikrofone voll zur Geltung. Die richtigen winkelabhängigen Laufzeitunterschiede ergeben sich durch Abstand der zwei Mikrofone, die Intensitäts- und Frequenzgangunterschiede durch die akustische Trennung der Scheibe. Die beiden Mikrofone müssen einen linearen Diffusfeld-Frequenzgang haben. Optimal für diese Anordnung geeignet ist das Mikrofon DPA 4006 mit schwarzem Diffusfeld-Aufsatz. Der gesamte Achsenwinkel beträgt rund 60°( Grund: Die Überhöhung des Frequenzgangs in der Mikrofonachse).
Siehe auch
Binaurale Tonaufnahme | Laufzeitstereofonie | Ohrabstand | Trennkörper | Kugelflächenmikrofon
Weblinks
OSS-Technik - Jecklin-Scheibe Brauchen unsere Lautsprecher eigentlich „Ohrsignale“? - pdf