Libertarismus

politische Philosophie
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Der Libertarismus ist eine politische Theorie, welche die Freiheit des Individuums über alle anderen Werte stellt und für eine Gesellschaft eintritt, die weitestgehend oder ganz auf staatliche Institutionen und Eingriffe verzichtet. Der Begriff "libertär" wird meist gleichbedeutend mit "Staatsablehnend" benutzt.

Da Libertäre die die sozialen und die sozialen und die Eigentumsrechte des Individuums unterschiedlich bewerten, zerfällt ihre Denkrichtung in eine sozialistische und eine kapitalistische. Beide Richtungen beanspruchen den Begriff libertär für sich. Entstanden ist das


Der sozialistische Libertarismus

Der sozialistische und links-anarchistisch geprägte Libertarismus ist eine politische Theorie und Bewegung, die sich gegen jede Form der Herrschaft von Menschen über Menschen stelt und Hierachien radikal ablehnt. Gängige Bezeichnungen sind auch "libertärer Sozialismus", "sozialistischer Anarchismus", "anarchistischer/libertärer Kommunismus" (z.B. bei Alexander Berkmann oder Peter Kropotkin) oder auch einfach Anarchismus(sie dort). Der Anarchosyndikalismus stellt wohl die größte revolutionäre Bewegung libertärer Sozialisten dar. Libertäre Sozialisten streben die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Abschaffung des Staates an. In Europa wird der Begriff "sozialistischer Libertarismus" meist von Anarchisten zur Selbstbezeichnung benutzt, da der Begriff Anarchist seit Ende des 19. Jahrhundert negativ besetzt ist.

Der kapitalistische Libertarismus

Unter kapitalistischem Libertarismus versteht man zum einen eine genuin amerikanische Bewegung, die u.a. Grundsätze wie "Steuern sind Diebstahl" vertritt und zum anderen eine ideologische Denkweise, die unter anderem von einigen Schriftstellern, Wirtschaftswissenschaftlern und Philosophen vertreten wird. In den USA ist das Wort "Libertarism" überhaupt erst entstanden. Zur Zeit Franklin Delano Roosevelts (1933-1945) bezeichnete es einen Teil der Oppositionspolitik gegen den New Deal des Präsidenten.

Seine Wurzeln gehen auf den klassischen Liberalismus amerikanischer Prägung zurück, der ökonomisch durch eine weitgehende Laissez-faire-Haltung und politisch durch eine ausgeprägte Skepsis gegenüber staatlichen Institutionen geprägt ist.

Der kapitalistische Libertarismus betont die individuellen Freiheitsrechte und will staatliches Handeln auf ein absolutes Minimum beschränkt sehen. Einige Vertreter dieser Richtung, die Anarcho-Kapitalisten (auch Free-Market-Anarchisten oder Anarcholiberale) lehnen den Staat insgesamt ab. Kapitalistische Libertäre legen das Selbstbestimmungsrecht des Individuums so aus, dass es völlig frei in seinem Handeln und im Gebrauch seines Privateigentums sein sollte, solange niemand anderes Rechte verletzt werden. Insofern stimmen sie mit dem klassischen Liberalismus überein. Erhebliche Unterschiede bestehen aber in der Definitionen des Rechtsbegriffes und in den Ansichten darüber, wie dem Recht in Konfliktfällen Geltung verschafft werden soll. Kapitalistische Libertäre erkennen keine positiv definierten Rechte an, etwa das auf Nahrung, Obdach oder Gesundheitsfürsorge, sondern nur negativ definierte, wie das, nicht angegriffen, missbraucht, beraubt oder zensiert zu werden. Nach ihrer Theorie ergäbe sich daraus eine klare Eigentumsordnung. Nur den Rechten, die sich aus dieser Eigentumsordnung ergeben, gestehen sie Schutzwürdigkeit zu.

In den Vereinigten Staaten stellt der kapitalistische Libertarismus eine einflussreiche und politisch aktive Ideologie dar. Sie ist im rechten politischen Spektrum verankert und wird von den "Libertarians", der drittstärksten Partei nach der Demokratischen und Republikanischen vertreten. Kritiker des rechten Libertären Kapitalismus befürchten, dass die uneingeschränkte Freiheit des Wirtschaftens, z.B. die Privatisierung von Militär, Polizei und Justiz, die von Libertären wie David Friedman gefordert wird, eine Alleinherrschaft der Reichen und letztlich das Faustrecht zur Folge haben wird.

Diese Kritik legt zugleich eine gewisse Nähe des kapitalistischen Libertarismus zu rechtsradikalen, faschistischen und antisemitischen Ideologien offen: Diese wie jene sind geprägt durch eine Ablehnung von Menschenrechten, Menschenwürde, Nachhaltigkeit und dem jüdisch-christlichen Freiheitserbe, wenngleich diese beim kapitalistischen Libertarismus in eine individualistische, beim Rechtsradikalismus in eine kollektivistische Form gekleidet ist.

Techno-Libertarians

Ganz aus dem politischen Schema fallen Techno-Libertarians wie Perry Barlow, der seine Vorstellungen über den Cyberspace in US-libertäre Ideologie kleidete. Besonders im Bereich der Internet-Politik hat sein Techno- oder Internet-Libertarismus und die Vorstellung einer Electronic Frontier in den 90er Jahren starken Einfluss ausgeübt.



Literatur

Zum sozialistischen Anarchismus

Zum kapitalistischen Libertarismus

  • John Hospers: Libertarianism - A Political Philosophy for Tomorrow. Los Angeles 1971
  • David Gordon: "Libertarianism", in David Miller, Janet Coleman, William Connolly und Alan Ryan (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Political Thought. Oxford 1987, S. 289-291
  • Norman P. Barry: On Classical Liberalism and Libertarianism. London / Hampshire 1989
  • Gissurarson, Hannes H.: "Libertarianism", in William Outhwaite und Tom Bottomore (Hrsg.): The Blackwell Dictionary of Twentieth-Century Social Thought. Oxford / Cambridge, MA 1994, S. 338-339
  • André F. Lichtschlag: Libertarianism - eine (anti-)politische Bewegung in den USA und ihre Bedeutung für Deutschland, Grevenbroich 2000
  • Stefan Blankertz: Das libertäre Manifest - Über den Widerspruch zwischen Staat und Wohlstand, Grevenbroich 2001
  • David D. Friedman: Das Räderwerk der Freiheit - Für einen radikalen Kapitalismus, Grevenbroich 2003