Würzburg (Radar)

Radargerät der Luftwaffe im II. Weltkrieg
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Das Radarsystem Würzburg war das meistverwendete, bodengestützte Feuerleitradar für die Deutsche Luftwaffe und die Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Die Entwicklung begann vor dem Krieg, die ersten Geräte wurden ab 1940 eingesetzt. Insgesamt wurden vermutlich mehr als 4000 Geräte verschiedener Modelreihen hergestellt. Es wurde nach der Stadt Würzburg benannt, weil der Projektleiter Wilhelm Runge Städtenamen als Benennung bevorzugte.


Entwicklung

Im Januar 1934 trafen sich Mitarbeiter der Firma Telefunken mit deutschen Radar-Forschern, darunter dem Leiter der Forschungsanstalt der Nachrichten-Versuchsabteilung der Kriegsmarine Dr. Rudolf Kühnhold und dem Mikrowellen-Experten Dr. Hans Hollmann, die sie über ihre Arbeiten an einem Frühwarnradar unterrichteten. Telefunkens Forschungsleiter Dr. Wilhelm Runge hielt ihre Ideen für Hirngespinste. Daraufhin haben sich die beiden Entwickler 1934 mit ihrer Firma GEMA (Gesellschaft für Elektroakustische und Mechanische Apparate) selbstständig gemacht, um auch mit der Firma Lorenz bei der Entwicklung der Radarsysteme Freya und Seetakt zusammenarbeiten zu können.

Im Frühjahr 1935 erkannte Dr. Wilhelm Runge, das das Projekt durchführbar sein müßte, und er setzte bei Telefunken alle Hebel für die Entwicklung eines eigenen Radarsystems in Bewegung. Da sich bei der Firma Lorenz bereits Erfolge im Frühwarnbereich abzuzeichnen begannen, legte er bei Telefunken den Schwerpunkt auf ein Feuerleitradar für den Nahbereich. Die Firmenleitung war allerdings so wenig interessiert wie Wilhelm Runge im Jahr zuvor und maß dem Projekt in der Entwicklung wenig Bedeutung bei. Das verhinderte aber trotzdem nicht, das nach dem Start der Entwicklung bereits im Sommer ein funktionierendes Experimentalgerät verfügbar war, welches im 50 cm Band in der Lage war, eine Junkers JU 52 gut als Ziel erkennen zu können. Im nächsten Sommer war aus dem Experimentalgerät bereits ein Prototyp geworden, bekanntgeworden unter dem Namen Darmstadt, der eine Genauigkeit von 50 m auf 5 km Entfernung aufwies, was für ein Feuerleitradar wohl nicht ausreichend erschien. Im Jahre 1938 beschleunigte ein Auftrag der Luftwaffe dann die Entwicklung.

Das fertige System wurde als FuMG62 in Rechlin im Juli 1939 Hitler vorgeführt, gleichzeitig mit dem FuMG39T Darmstadt. Die Gruppe bei Telefunken hatte ein recht genaues System auf Basis einer Klystron Mikrowellen Röhre entwickelt, welches in dem zu jener Zeit extrem kurzwelligen Bereich von 54 cm - 53 cm (563 MHz - 566 MHz) mit einer Pulslänge von 2 Mikrosekunden bei einer Spitzenleistung von 7 KW bis 11 KW und einer Pulswiederholrate von 3.750 Hz arbeitete. Es hatte eine maximale Reichweite von 29 km und war auf 25 m genau. Benutzt wurde eine 3 m große, auf einem fahrbaren Anhänger montierte Parabolantenne. Für den Transport konnte die Antennenschüssel entlang der waagerechten Mittellinie zusammengefaltet werden. Das System wurde 1940 bei der Wehrmacht eingeführt. Ungefähr 4.000 Geräte in verschiedenen Versionen, die auf den Konstruktionsgrundlagen des Radars Würzburg beruhten, wurden im Laufe des Krieges ausgeliefert.

Die erste Ausführung, Würzburg A war noch im wesentlichen handbedient und erforderte, dass die Bedienungsmannschaften über ein maximales Signal nach Anzeige ihrer Oszilloskope das Ziel anpeilten. Weil sich nicht nur die Signalstärke selbst änderte und das Radar ja auch die Zielauffassung verlieren konnte, war das Verfahren nicht sehr genau und erforderte den Einsatz von Suchscheinwerfern zur Zielbeleuchtung, sobald mit dem Radar eine ungefähre Richtung ermittelt werden konnte. Trotzdem gelang mit einem der ersten Würzburg Radargeräte durch mündliche Zieleinweisung einer Flakeinheit im Mai 1940 der Abschuß eines Flugzeugs. Ein Versuchsgerät Würzburg B wurde noch mit einem Infrarotdetektor zur Verbesserung der Zielgenauigkeit ausgerüstet, aber diese Geräte erwiesen sich als unbrauchbar und die Produktion wurde eingestellt.

Verbesserungen im Zielsystem führten zur Variante Würzburg C. Diese sendete mit zwei geringfügig vom Brennpunkt abweichend installierten Hornstrahlern, die wechselweise sendeten und mit großer Geschwindigkeit umgeschaltet wurden. Die Echosignale wurden leicht zeitversetzt auf einem Osczilloskopschirm dargestellt. Als Ergebnis wurden zwei dicht nebeneinander liegende Spitzen auf dem Schirm dargestellt, die der Bediener auf der gleichen Höhe zu halten versuchte. Dieses System lieferte eine weit schnellere Rückmeldung von Änderungen der Zielposition, und weil jede Änderung in der Signalstärke beide Strahlkeulen betrafen, mußte der Bediener nicht mehr unbedingt das Signalmaximum finden. Ein ähnliches System wurde in den Vereinigten Staaten als Feuerleitradar SCR-268 benutzt.

Das 1941 eingeführte Modell Würzburg D wurde um ein konisches Abtastsystem durch eine versetzte Empfangsantenne erweitert, die sich mit 25 Hz drehte und deswegen auch Quirl genannt wurde. Das sich daraus ergebende Signal wich leicht von der Hauptstrahlrichtung der Antenne ab und rotierte um die Strahlachse, die es in der Mitte überlappte. Wenn sich das Ziel auf einer Seite der Hauptstrahlrichtung der Antenne befand, veränderte sich die Signalstärke, sowie sich der Strahl darüber bewegte. Das ermöglichte es, die Antenne auf das Signalmaximum auszurichten und damit das Ziel im Focus zu behalten. Ausserdem konnte der Bereich des Signalmaximums unter die Größe der Strahlweite der Antenne selbst reduziert werden, was die Genauigkeit drastisch erhöhte. Die Genauigkeit der Würzburg D Geräte war ungefähr zwei Grad in der Seitenrichtung (Azimut) und drei Grad in der Höhenrichtung (Elevation). Die sich bereits im Einsatz befindlichen Geräte wurden bei der Truppe generell auf den Standard des Würzburg D aufgerüstet.

Auch das Würzburg D war noch nicht genau genug für den direkten Feuerleitbetrieb. Um die Genauigkeit zu erhöhen, wurde das FuG65 Würzburg-Riese entwickelt. Unter Beibehaltung der prinzipiell gleichen Schaltungstechnik wurde die Antenne auf 7,4 m Durchmesser vergrößert und die Sendeleistung erhöht, so sich nun eine Reichweite von 70 km ergab. Die Seitenrichtgenauigkeit wurde auf 0,2 Grad, die Höhenrichtgenauigkeit auf 0,1 Grad gesteigert, was für ein Feuerleitradar mehr als ausreichend war. Das System war aber jetzt zu groß, um noch mit einem LKW-Anhänger mobil einsetzbar zu sein. Der Würzburg-Riese-E wurde stattdessen für den Einsatz von Eisenbahnwagen ausgelegt. Während des Krieges wurden ungefähr 1.500 Geräte produziert. Das weiterentwickelte Würzburg-Riese-Gigant verfügte über eine Sendeleistung von 160 kW, ging aber nicht in Produktion.

Eine Würzburg Radarstellung in Bruneval an der Küste von Frankreich wurde durch britische Fallschirmjäger am 27. und 28. Februar 1942 erfolgreich angegriffen (Operation Biting ("bissig")). Teile der Elektronik des Gerätes wurden nach Großbritannien zur Untersuchung zurückgebracht, um Gegenmaßnahmen entwickeln zu können. Die mit der Untersuchung beauftragten Techniker waren von der Modularisierung beeindruckt, die eine Fehlersuche sehr erleichterte. Die Modularisierung erlaubte es, das die deutschen Wartungstechniker nicht den Kenntnisstand über Elektronik haben mußten wie es auf britischer Seite für die Wartung ihrer Radargeräte erforderlich war.

siehe auch

Commons: Würzburg Radar – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien