Proletenpassion

Album der Schmetterlinge (1976)
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Proletenpassion
MusikalbumVorlage:Infobox Musikalbum/Wartung/Art unerkannt von Schmetterlinge

Veröffent-
lichung(en)

Oktober 1977

Label(s) antagon Musikgesellschaft

Format(e)

Triple-LP, Doppel-CD

Genre(s)

Politrock, Folkrock

Titel (Anzahl)

64

Länge

130 Minuten

Besetzung

  • Pippa Tinsobin, Kirstin Lill, Lukas Resetarits, Günter Grosslercher: Chor (bei einzelnen Titeln zum Thema Oktoberrevolution

Produktion

Günter Grosslechner, antagon Musikgesellschaft

Studio(s)

Schmetter-Sound-Studio Wien

Die "Proletenpassion" ist ein politisches Oratorium der österreichischen Politrock-Gruppe Schmetterlinge (vgl. auch unter "Austropop"). Das Werk wurde 1976 bei den Wiener Festwochen uraufgeführt und 1977 in einem Triple-Album auf drei Langspielplatten eingespielt. Bis in die 1980er Jahre folgten Live-Auftritte der Schmetterlinge mit diesem rund zweieinhalb Stunden dauernden Programm in vielen Städten des nahezu gesamten deutschsprachigen Raums. In der im Wesentlichen von Heinz Rudolf Unger getexteten Proletenpassion werden Herrschaftsstrukturen und soziale Fragen der europäischen Neuzeit zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert thematisiert.

Rezension

Die Proletenpassion ist konzipiert in der Art einer historischen Revue der Geschichte der revolutionären Bewegungen und der Arbeiterbewegung von den Bauernkriegen nach der lutherischen Reformation bis zu den in den 1970er Jahren aktuellen Themen der politischen Linken, so beispielsweise auch der internationalen Auseinandersetzung mit dem Militärputsch gegen die sozialistische Regierung Salvador Allendes in Chile und dem daran anschließenden staatlichen Terrorregime unter General Augusto Pinochet.

Durch die Proletenpassion wurde ein neuer Stil der künstlerischen Bewusstseinsbildung geprägt, der danach verschiedentlich von anderen Politrock-Bands aufgegriffen wurde (so beispielsweise von der damals bestehenden Gruppe Oktober mit ihrem Doppelalbum Die Pariser Commune); ein Stil, der jedoch in der Folge nicht mehr den Erfolg des Werkes der Schmetterlinge erreichen konnte.

Die Proletenpassion hat den Anspruch, die Historie der vergangenen 500 Jahre aus der Perspektive der Beherrschten im Sinne der marxistischen Geschichtsauffassung als Geschichte von Klassenkämpfen musikalisch mit kabarettistischen Einlagen darzustellen - beispielsweise auch mit durch überlieferte historische Originalzitate oder satirisch überspitzte, historischen Persönlichkeiten in den Mund gelegte Monologe und Dialoge von Martin Luther bis zu Adolf Hitler. Mit diesem Anspruch, sozusagen eine Geschichte „von unten“ zu beschreiben, folgten die Schmetterlinge dem Beispiel von Bernt Engelmann, der dies 1973/74 von in seinen „Anti“-Geschichtbüchern „Wir Untertanen“ und „Einig gegen Recht und Freiheit“ in der literarischen Form des Sachbuchs umgesetzt hatte. Eine weitere Inspiration für die Umsetzung der Proletenpassion war das Gedicht „Fragen eines lesenden Arbeiters“ von Bertolt Brecht aus dem Jahr 1953 (vgl. unter Weblinks), das im Booklet des Triple-Albums statt eines Vorworts abgedruckt ist, und das die Kritik an der vorherrschenden Geschichtsschreibung sinnbildlich formuliert.

Inhaltlich beispielhafte Schwerpunkte setzt die Proletenpassion auf den Deutschen Bauernkrieg 1524/25, die bürgerlichen Revolutionen (vor allem die französische Revolution von 1789), die Pariser Commune 1871, die Oktoberrevolution in Russland 1917 und die aus ihr erfolgten revolutionären Umbrüche nach dem ersten Weltkrieg, die Auseinandersetzung mit dem deutschen Faschismus zwischen 1933 und 1945 und dem Spanischen Bürgerkrieg bzw. dem Kampf der antifaschistischen Internationalen Brigaden gegen den Franquismus, um am Ende die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen der damaligen Gegenwart zu thematisieren. Dabei propagieren die Schmetterlinge ein politisches Engagement in einem linkssozialistischen Sinn als Lehre und Moral einer generationenübergreifenden historischen sozialen Klassenerfahrung des Proletariats.

Musikalisch greift die Proletenpassion in vielen der einzelnen, jeweils relativ kurz gehaltenen Titel (nur wenige Lieder in dem insgesamt rund 130 Minuten dauernden Werk sind länger als 2 Minuten) teilweise den populären Musikstil der jeweils behandelten Epoche und Region auf und mischt ihn mit Elementen aus moderner Folk- und Rockmusik (vgl. auch Folkrock). Zwischen den Musikstücken wechseln sich verschiedentlich gesprochene Einführungen und/oder szenische Darstellungen mit kabarettistischen Elementen ab.

Teilweise wurde die Proletenpassion in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit - z.B. bei Lehrlingen - eingesetzt.

Heute ist die ursprünglich als Triple-LP erschienene Proletenpassion auch als Doppel-CD erhältlich.

Liste der Abschnitte und Einzeltitel

Anmerkung: Die Herkunft der nicht oder nicht allein von Heinz Rudolf Unger verfassten Titel sind in Klammern (auch im Booklet der Proletenpassion) hinter dem eigentlichen Titel vermerkt

  • Prolog
Wer schreibt die Geschichte?
Wir hatten Gräber und Ihr hattet Siege
Lied des Geschichtslehrers
  • Die Bauernkriege
Einführung: Deutschland um 1500
Des Bauern große Not
Die 12 Artikel der Bauern
Martin Luther, Originalzitat 1
Kampflied der Bauern
Siegestanz (Tampier)
Bericht über Thomas Münzer
Ein neues Reich, ein bessres Reich
Martin Luther, Originalzitat 2
Thomas Münzer, Originalzitat
Kommt, ihr tausend Haufen
Lehren der Bauern
  • Die Revolution der Bürger
Mächtelmöchtel
Dialog Bürger - Philosoph
Die große Zeit, die da begann
Marianne
Marseillaise (De Lille)
Lied von der letzten Schlacht
Ballade vom Glück und Ende des Kapitals
Die schlesischen Weber (Hernnstadt - Restarits/H. Heine)
  • Die Pariser Kommune 1871
Auftritt General von Moltke
Hunderttausend Arbeitslose
Ballade von den zwei ruhmlosen Generalen
Lied vom Gespensterzug
Wahlaufruf
Was ist die Kommune?
Dekrete der Kommune
Verhandlung Thiers - Moltke
Die Frauen der Kommune
Auf dem Friedhof von Pere Lachaise
Die Lehren der Kommune
Lied der Fragen
Tot oder lebendig
  • Die Lehren der Kommune, gezogen im Oktober 1917 in Rußland
Lärm und Stille
Es fällt ein Soldat bei Tarnopol
Babouschka-Lied
Lied vom Hausbau
Lied der Kleingläubigen
Jalava-Lied
Erstürmung des Winterpalais
Wenn ich wieder reich bin...
Lied von der Partei
Stille und Lärm
  • Faschismus
Der Funke fliegt
Der Schuß von hinten
Otto Bauer, Originalzitat
Das Lied von Krupp und Thyssen
Hitlers Blues
Lied vom A-Sager
Wir haben nie zu kämpfen aufgehört
Vier noble Generale (Lied aus dem spanischen Bürgerkrieg) (Trad.)
Faschismuslied des Geschichtslehrers
Companero Victor Jara: presente
  • Gegenwart und Epilog
Fragelied 1
Supermarkt-Song (Meixner/Unger)
Die Geschichte vom Arbeiter Willi K., der sich selber wegrationalisierte
Demokratie-Lied
Bilanz-Lied
Fragelied 2
Sozialismus, der fällt nicht vom Himmel
Wir lernen im Vorwärtsgehn

Literatur

  • Heinz Rudolf Unger: Die Proletenpassion: Dokumentation einer Legende; Europa Verlag, Wien-Zürich 1989; ISBN 3-203-51059-6
  • Inge Karger: Politische Musik und Naive Musiktherapie; BIS-Verlag Oldenburg 2000; ISBN 3-8142-0757-2 (Musiksoziologische Untersuchung zum gesellschaftlichen Engagement des Publikums bei politischen Konzerten am Beispiel von Aufführungen der Proletenpassion)