Hügelgrab

Grabhügel, als Aufschüttung zur Grablegung, meist prähistorische Grabstätte in Skandinavien mit einem stark gewölbten Profil und einer Oberfläche, die hauptsächlich aus Sand oder Erde besteht
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Ein mitteleuropäisches Hügelgrab oder ein Grabhügel ist eine Erdaufschüttung unter der bzw. in der sich Grablegen befinden. Es sind Körperbestattungen mit und ohne Baumsarg, Sarkophage, Steinkisten (aus zusammengestellten Steinplatten) oder hölzernen Kammern (Kammergräber), aber auch Urnengräber und ausgestreuter Leichenbrand zu finden.

eisenzeitliches Hügelgrab bei Hochdorf an der Enz
Tumulus in Evessen, Landkreis Wolfenbüttel
Hügelgrab Magdalenenberg
Grabhügel aus der Bronzezeit, ca. 1200 v.Chr.
"Hedgehog" nahe Avebury
"Hedgehog" nahe Avebury
thrakisches Hügelgrab nahe Pomorje, Bulgarien
Röse von Bjärs (Gotland). Durchmesser 55 m, Höhe 6 m. Erdgedeckter Steinhügel der Bronzezeit
Hügelgrab im Botanischen Garten von Marburg aus der jüngeren Bronzezeit

Abgrenzung

Die Megalithanlagen der nördlichen und die hölzernen oder aus Trockenmauerwerk errichteten Totenhäuser der südlichen Trichterbecherkulturen (Walternienburg-Bernburg) wurden final mit einem Erdhügel bedeckt. Sie sind aber keine Hügelgräber im Sinne dieser Darstellung.

Zeitstellung

Hügelgräber wurden während mehrerer Epochen errichtet. Es beginnt Ende der Jungsteinzeit und endet im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr., vorherrschend sind jedoch die Grabhügel der Bronze- und der frühen Eisenzeit.

Typisch wird die Bestattung unter dem Erdhügel in Mittel- und Nordeuropa für die Schnurkeramische Kultur oder Einzelgrabkultur bzw. Streitaxtkultur. Ihre zunächst niedrigen und mitunter von kleinen Gräben umschlossenen Hügel liegen oft auf Grabhügelfeldern wie die "Mansenberge" im Emsland, die "Plaggenschale", bei Osnabrück oder das "Pestruper Gräberfeld" in der Wildeshauser Geest. Die Hügel nehmen (teilweise durch mehrfache Überbauung) zuerst in Dänemark an Höhe zu. Es folgen die Hügel der Hügelgräberkultur in der mittleren Bronzezeit. Auch in der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) gibt es zahlreiche Hügelgräber, wie den Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen aus der Stufe Hallstatt D1, das dendrochronologisch an das Ende des 7. Jahrhundert v. Chr. datiert. Das Hügelgrab von Eichlehen im Frankfurter Stadtwald datiert in die Stufe Hallstatt C1-2. Das abgebildete Grab von Hochdorf an der Enz stammt ebenfalls aus der Hallstatt-Zeit (HaD). Hügelgräber finden sich auch noch in der späten Kaiserzeit und im Frühmittelalter, in England z.B. in Sutton Hoo.

Formen

Die Hügel können niedrig (um 1 m) oder hoch (2 bis ca. 13 m) und außen von kleinen Gräben oder Steinkreisen umgeben sein. Kreisförmige Einbauten aus Steinkreisen im Innern (Ausgrabung Uelzen, Stadthafen) oder Kreissegmenten (niedriger Größe) werden als bauliche Mittel zur Statikverbesserung der Hügel verstanden, könnten aber durchaus auch rituellen Bezug haben. Der Durchmesser der Aufschüttung kann von wenigen Metern bis zu mehr als 100 m reichen. Ein weiteres Phänomen sind "sichelförmige Anbauten". Solche Hügel finden sich besonders in Ostwestfalen und im Elb-Weserdreieck. Ein typischer Beigabenbefund aus diesen Hügeln (wie der von Bad Driburg) besteht aus einer Doppelradnadel und längsgerippten Stollenarmbändern. Der hallstattzeitliche Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen hat rd. 46.000 m³ Schüttungsmasse. Dort fand man – neben einer zentralen Grabkammer – in der Aufschüttung 126 Nebengräber mit insgesamt 136 Bestattungen.

Die größten Grabhügel überhaupt sind wohl die Hügel über den Gräbern der frühen chinesischen Kaiser. Sie verbergen riesige unterirdische Grabanlagen.

Grabhügel sind weder zeitlich noch kulturell oder regional einzugrenzen. Es gibt sie in der Steinzeit Europas ebenso wie in der Bronzezeit oder Eisenzeit. Die Griechen warfen in der Antike für ihre Helden ebenso Grabhügel auf. Grabhügel gibt es auch aus römischer Zeit und aus der Merowingerzeit. Die Wikinger in Skandinavien bestatteten Herrscher in Grabhügeln, die über einem Schiff aufgeworfen wurden (z.B. Schiffsgrab von Gokstad oder Osebjerg für die Königin Åse).

Archäologen haben mit der „Hügelgräberkultur (HGK)“ verschiedene lokale Kulturgruppen der Bronzezeit Europas vom Karpatenbecken bis zum Rheinland zusammengefasst, bei denen Grabhügel üblich waren.

Ein künstlicher Hügel, der weitgehend oder völlig aus Steinen besteht, wird englisch Cairn, auf schwedisch Rojr (Röse) genannt. Neben diesen Bezeichnungen sind in der Archäologie "Tumulus", "Barrow" und "Burial Mound" (englisch), "Tertre funéraire" (französischer Sprachraum) gebräuchlich. Die Steinhügel sind vielfach im selben Gebiet verbreitet in dem auch Megalithanlagen und Menhire vorkommen.

Wie weit Berge die Vorbilder für spätere Grabanlagen aus Stein waren, und ob die Pyramiden in Ägypten oder in Mittelamerika als Götterberge zu verstehen sind, bleibt der weiteren Forschung vorgehalten.


Verbreitung

Hügelgräber finden sich in Eurasien in zahlreichen Ländern und Kulturen.

Europa

In Großbritannien finden sich Hügelgräber (etwa 200) Long- und (etwa 40) Round-Barrows, aus der Jungsteinzeit. Vor allem in den Grafschaften Dorset, Hampshire, Yorkshire und Wiltshire, hier rund um die Ortschaft Avebury aber auch in Schottland gibt es diese Grabhügel mit ganz unterschiedlicher Detailgestaltung. Keine Hügelgräber sind Megalithanlagen, die zwar mit Erde bedeckt sind, wie der West Kennet Long Barrow, aber als Megalithic Tombs bezeichnet werden. Einige Long Barrows sind also keine Hügelgräber im eigentlichen Sinne. Auch der Silbury Hill, der noch nicht vollständig untersucht werden konnte, ist vermutlich kein Hügelgrab.

Frankreich

In Frankreich wo diese Grabhügel Tumuli heißen, finden sie zwei unterschiedliche Formen. Zum einen die spermienförmigen Langhügel (über 200 m) der mittelneolithischen Cerny Kultur im Pariser Becken, zum anderen die Tumuli in der Bretagne, darunter der Tumulus St. Michel in Carnac als größter Erdhügel auf dem Kontinent. Der Tumulus ist für die Öffentlichkeit gesperrt und nur noch für wissenschaftliche Zwecke zugänglich. Im Jahre 1993 stellten Ch. Boujot & S. Cassen eine Untersuchung vor nach der die bretonischen Ganganlagen Vorläufer hatten in kleinen runden, rechteckigen im Hügel längs und quergestellten Kammern. Darunter fallen im Morbihan z.B. die Anlagen: Mané Pochat er Uieu, Mané Hui, Mané Ty ec, Le Manio I + II und Kerlescan.

Deutschland

Österreich

Nordeuropa

Die Hügelgräber in Skandinavien (dänisch: Gravhøj, schwedisch: Gravhög, plur. Gravhögar) wurden (wie die in der norddeutschen Tiefebene) ab dem Endneolithikum bis ins 11. Jahrhundert n. Chr. angelegt. Viele dänische Hügel sind ausnehmend groß. Von den kleineren sind viele in der Zwischenzeit durch Pflügen zerstört worden. In Dänemark, besonders aber in Schweden gibt es große bronzezeitliche Steinhügelgräber (Röse) und kleine (2-3 m) runde Steingräber. Einige sind kreisrund ummauert, wie die Trullhalsar auf Gotland, und sehen wie hochgelegte Beete aus.

Osteuropa

 
Hügelgräber bei Wesiory, Polen

Die moldauischen, südrussischen, ukrainischen und bessarabischen (Moldawien/Rumänien) Kurgane - Rundhügel mit Einzelbestattungen - wurden von halbnomadischen Völkern der Balkengrab- und Grubengrabkultur errichtet und waren ein Charakteristikum der Steppe. Die Hügelgräber im Norden Polens, z. B. in Wesiory, werden zumeist den aus Skandinavien stammenden Goten zugeschrieben.

Südeuropa

 
Tumulus in der etruskischen Nekropole Banditaccia bei Cerveteri

Die Etrusker errichteten ab dem 7. Jahrhundert v.Chr. Totenstädte in denen sich zahlreiche Tumuli befanden. Sowohl einfache Erdhügel als auch fest ummauerte Grabhügel mit unterirdischen Grabkammern wurden in Cerveteri, Populonia und anderen etruskischen Ausgrabungsstätten gefunden.

Afrika

Ägypten

In Ägypten wurden Tumuli bis zum Ende der vordynastischen Zeit für Beerdigungen genutzt, sind somit die Vorläufer der Mastabas und der Pyramiden.

 
Grabanlage des Nintoku-Tennōs

Sudan

In fast allen nubischen Kulturen (z.B. C-Gruppe, X-Gruppe, aber auch in historischer Zeit) kommen Hügelgräber vor.

Asien

Japan

In Japan werden die Tumuli, die verstorbenen Machthabern errichtet wurden, als Kofun bezeichnet. Die Kofun-Zeit der japanischen Geschichte (etwa 300-552, japanische Epochengliederung: etwa 300-710) leitet ihren Namen von diesen Gräbern her, deren größtes mehr als 700 Meter lang ist.

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