Hügelgrab
Ein mitteleuropäisches Hügelgrab oder ein Grabhügel ist eine Erdaufschüttung unter der bzw. in der sich Grablegen befinden. Es sind Körperbestattungen mit und ohne Baumsarg, Sarkophage, Steinkisten (aus zusammengestellten Steinplatten) oder hölzernen Kammern (Kammergräber), aber auch Urnengräber und ausgestreuter Leichenbrand zu finden.
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Abgrenzung
Die Megalithanlagen der nördlichen und die hölzernen oder aus Trockenmauerwerk errichteten Totenhäuser der südlichen Trichterbecherkulturen (Walternienburg-Bernburg) wurden final mit einem Erdhügel bedeckt. Sie sind aber keine Hügelgräber im Sinne dieser Darstellung.
Zeitstellung
Hügelgräber wurden während mehrerer Epochen errichtet. Es beginnt Ende der Jungsteinzeit und endet im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr., vorherrschend sind jedoch die Grabhügel der Bronze- und der frühen Eisenzeit.
Typisch wird die Bestattung unter dem Erdhügel in Mittel- und Nordeuropa für die Schnurkeramische Kultur oder Einzelgrabkultur bzw. Streitaxtkultur. Ihre zunächst niedrigen und mitunter von kleinen Gräben umschlossenen Hügel liegen oft auf Grabhügelfeldern wie die "Mansenberge" im Emsland, die "Plaggenschale", bei Osnabrück oder das "Pestruper Gräberfeld" in der Wildeshauser Geest. Die Hügel nehmen (teilweise durch mehrfache Überbauung) zuerst in Dänemark an Höhe zu. Es folgen die Hügel der Hügelgräberkultur in der mittleren Bronzezeit. Auch in der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) gibt es zahlreiche Hügelgräber, wie den Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen aus der Stufe Hallstatt D1, das dendrochronologisch an das Ende des 7. Jahrhundert v. Chr. datiert. Das Hügelgrab von Eichlehen im Frankfurter Stadtwald datiert in die Stufe Hallstatt C1-2. Das abgebildete Grab von Hochdorf an der Enz stammt ebenfalls aus der Hallstatt-Zeit (HaD). Hügelgräber finden sich auch noch in der späten Kaiserzeit und im Frühmittelalter, in England z.B. in Sutton Hoo.
Formen
Die Hügel können niedrig (um 1 m) oder hoch (2 bis ca. 13 m) und außen von kleinen Gräben oder Steinkreisen umgeben sein. Kreisförmige Einbauten aus Steinkreisen im Innern (Ausgrabung Uelzen, Stadthafen) oder Kreissegmenten (niedriger Größe) werden als bauliche Mittel zur Statikverbesserung der Hügel verstanden, könnten aber durchaus auch rituellen Bezug haben. Der Durchmesser der Aufschüttung kann von wenigen Metern bis zu mehr als 100 m reichen. Ein weiteres Phänomen sind "sichelförmige Anbauten". Solche Hügel finden sich besonders in Ostwestfalen und im Elb-Weserdreieck. Ein typischer Beigabenbefund aus diesen Hügeln (wie der von Bad Driburg) besteht aus einer Doppelradnadel und längsgerippten Stollenarmbändern. Der hallstattzeitliche Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen hat rd. 46.000 m³ Schüttungsmasse. Dort fand man – neben einer zentralen Grabkammer – in der Aufschüttung 126 Nebengräber mit insgesamt 136 Bestattungen.
Die größten Grabhügel überhaupt sind wohl die Hügel über den Gräbern der frühen chinesischen Kaiser. Sie verbergen riesige unterirdische Grabanlagen.
Grabhügel sind weder zeitlich noch kulturell oder regional einzugrenzen. Es gibt sie in der Steinzeit Europas ebenso wie in der Bronzezeit oder Eisenzeit. Die Griechen warfen in der Antike für ihre Helden ebenso Grabhügel auf. Grabhügel gibt es auch aus römischer Zeit und aus der Merowingerzeit. Die Wikinger in Skandinavien bestatteten Herrscher in Grabhügeln, die über einem Schiff aufgeworfen wurden (z.B. Schiffsgrab von Gokstad oder Osebjerg für die Königin Åse).
Archäologen haben mit der „Hügelgräberkultur (HGK)“ verschiedene lokale Kulturgruppen der Bronzezeit Europas vom Karpatenbecken bis zum Rheinland zusammengefasst, bei denen Grabhügel üblich waren.
Ein künstlicher Hügel, der weitgehend oder völlig aus Steinen besteht, wird englisch Cairn, auf schwedisch Rojr (Röse) genannt. Neben diesen Bezeichnungen sind in der Archäologie "Tumulus", "Barrow" und "Burial Mound" (englisch), "Tertre funéraire" (französischer Sprachraum) gebräuchlich. Die Steinhügel sind vielfach im selben Gebiet verbreitet in dem auch Megalithanlagen und Menhire vorkommen.
Wie weit Berge die Vorbilder für spätere Grabanlagen aus Stein waren, und ob die Pyramiden in Ägypten oder in Mittelamerika als Götterberge zu verstehen sind, bleibt der weiteren Forschung vorgehalten.
Verbreitung
Hügelgräber finden sich in Eurasien in zahlreichen Ländern und Kulturen.
Europa
In Großbritannien finden sich Hügelgräber (etwa 200) Long- und (etwa 40) Round-Barrows, aus der Jungsteinzeit. Vor allem in den Grafschaften Dorset, Hampshire, Yorkshire und Wiltshire, hier rund um die Ortschaft Avebury aber auch in Schottland gibt es diese Grabhügel mit ganz unterschiedlicher Detailgestaltung. Keine Hügelgräber sind Megalithanlagen, die zwar mit Erde bedeckt sind, wie der West Kennet Long Barrow, aber als Megalithic Tombs bezeichnet werden. Einige Long Barrows sind also keine Hügelgräber im eigentlichen Sinne. Auch der Silbury Hill, der noch nicht vollständig untersucht werden konnte, ist vermutlich kein Hügelgrab.
Frankreich
In Frankreich wo diese Grabhügel Tumuli heißen, finden sie zwei unterschiedliche Formen. Zum einen die spermienförmigen Langhügel (über 200 m) der mittelneolithischen Cerny Kultur im Pariser Becken, zum anderen die Tumuli in der Bretagne, darunter der Tumulus St. Michel in Carnac als größter Erdhügel auf dem Kontinent. Der Tumulus ist für die Öffentlichkeit gesperrt und nur noch für wissenschaftliche Zwecke zugänglich. Im Jahre 1993 stellten Ch. Boujot & S. Cassen eine Untersuchung vor nach der die bretonischen Ganganlagen Vorläufer hatten in kleinen runden, rechteckigen im Hügel längs und quergestellten Kammern. Darunter fallen im Morbihan z.B. die Anlagen: Mané Pochat er Uieu, Mané Hui, Mané Ty ec, Le Manio I + II und Kerlescan.
Deutschland
- Auleben bei Nordhausen
- Benther Berg, im Westen von Hannover
- Germanengrab (Itzehoe)
- Glauberg, Ostrand der Wetterau, Hessen
- Grabhügelfeld von Bonstorf
- Grabhügel auf den Lahnbergen in Marburg
- Hohmichele, Herbertingen-Hundersingen an der Donau
- Hochdorf an der Enz
- Grabauer Gräberfeld aus der Jungsteinzeit Grabau,Storman
- Hügelgräber bei Beckdorf, Landkreis Stade
- Hügelgrab auf dem Heidelberg in Wiera
- Hügelgrab im Lehbühl (Schlaitdorf)
- Hügelgräber im Botanischen Garten in Marburg
- Hügelgräber in Lemsahl-Mellingstedt/Hamburg
- Hügelgräberfeld bei Daxberg, Landkreis Aschaffenburg
- Hügelgräberfeld bei Daxberg, Landkreis Unterallgäu
- Hügelgräberfeld von Höltinghausen
- Hügelgräberfeld bei Hohenfelde (Bad Doberan)
- Hügelgrab im Grenzwald (Nettetal)
- Hügelgräber im Kranzberger Forst (ca. 19 Gräber aus der Bronzezeit) im Landkreis Freising
- Hügelgräber bei Neu Quitzenow
- Hügelgräber bei Maaschwitz (Zschadraß)
- Königsgrab von Seddin, (Prignitz)
- Pestruper Gräberfeld
- Plaggenschale bei Osnabrück
- Mansenberge
- Magdalenenberg
- Tumulus von Nennig
- Wagengrab von Bell
- Winckelbarg im Landkreis Stade
- Größtes Hügelgräberfeld in Mitteleuropa (642 Hügel, ca. 1000 v. Chr.) im Naturschutzgebiet Schweinert bei Falkenberg, Landkreis Elbe-Elster, Brandenburg
Österreich
- Großmugl
- Niederhollabrunn (Niederösterreich)
- Niederfellabrunn
- Unterzögersdorf
- Obermalebern
- Oberhofen am Irrsee
Nordeuropa
Die Hügelgräber in Skandinavien (dänisch: Gravhøj, schwedisch: Gravhög, plur. Gravhögar) wurden (wie die in der norddeutschen Tiefebene) ab dem Endneolithikum bis ins 11. Jahrhundert n. Chr. angelegt. Viele dänische Hügel sind ausnehmend groß. Von den kleineren sind viele in der Zwischenzeit durch Pflügen zerstört worden. In Dänemark, besonders aber in Schweden gibt es große bronzezeitliche Steinhügelgräber (Röse) und kleine (2-3 m) runde Steingräber. Einige sind kreisrund ummauert, wie die Trullhalsar auf Gotland, und sehen wie hochgelegte Beete aus.
Osteuropa
Die moldauischen, südrussischen, ukrainischen und bessarabischen (Moldawien/Rumänien) Kurgane - Rundhügel mit Einzelbestattungen - wurden von halbnomadischen Völkern der Balkengrab- und Grubengrabkultur errichtet und waren ein Charakteristikum der Steppe. Die Hügelgräber im Norden Polens, z. B. in Wesiory, werden zumeist den aus Skandinavien stammenden Goten zugeschrieben.
Südeuropa
Die Etrusker errichteten ab dem 7. Jahrhundert v.Chr. Totenstädte in denen sich zahlreiche Tumuli befanden. Sowohl einfache Erdhügel als auch fest ummauerte Grabhügel mit unterirdischen Grabkammern wurden in Cerveteri, Populonia und anderen etruskischen Ausgrabungsstätten gefunden.
Afrika
Ägypten
In Ägypten wurden Tumuli bis zum Ende der vordynastischen Zeit für Beerdigungen genutzt, sind somit die Vorläufer der Mastabas und der Pyramiden.
Sudan
In fast allen nubischen Kulturen (z.B. C-Gruppe, X-Gruppe, aber auch in historischer Zeit) kommen Hügelgräber vor.
Asien
Japan
In Japan werden die Tumuli, die verstorbenen Machthabern errichtet wurden, als Kofun bezeichnet. Die Kofun-Zeit der japanischen Geschichte (etwa 300-552, japanische Epochengliederung: etwa 300-710) leitet ihren Namen von diesen Gräbern her, deren größtes mehr als 700 Meter lang ist.
Weblinks
- Hügelgräber im Kulmbacher Land (Landschaftsmuseum Obermain)
- Das Hügelgräberfeld von Höltinghausen