Diskussion:9. Sinfonie (Bruckner)
Letzter Kommentar: vor 18 Jahren von Mautpreller
Die Harmonik, besonders die des Adagio-Satzes, ist, wie auch die Instrumentation, deutlich schroffer als die der anderen Sinfonien, lässt alles vorhergegangene, auch Richard Wagner, Franz Liszt und Johannes Brahms, weit hinter sich und stößt das Tor ins 20. Jahrhundert, das Bruckner selbst nicht mehr miterlebte, weit auf. Solche Sachen missfallen mir entschieden, auch wenn sie vielleicht von Grebe stammen. Sachlicher wäre besser. Dass Bruckner etwa Liszt harmonisch "hinter sich lasse", ist meines Erachtens eine völlig unbegründete, vor allem aber unsinnige Behauptung (was soll das schon heißen?). --Mautpreller 10:15, 13. Jul 2006 (CEST)
- Leider nicht von Grebe, sondern von mir. In seiner Monographie, die ich ihrer Knappheit und Treffsicherheit wegen nur empfehlen kann, lässt Grebe allerdings durchblicken, dass er von Liszt anscheinend nicht sonderlich viel hält ("pseudo-geniale, im Grunde potenzarme Kompositionen" nennt er die entsprechenden Werke). Sicherlich hat mir bei der Niederschrift dieser Worte die Subjektivität einen Streich gespielt. Natürlich hatte Liszt originelle harmonische Einfälle (erste "Zwölftonreihe" in der Faust-Symphonie und dergleichen). Ich bin seiner Musik gegenüber aber trotzdem skeptisch eingestellt, besonders weil er meines Erachtens keinen rechten Sinn für organische Formverläufe entwickelt hat, weshalb alles immer ziemlich zerrissen und willkürlich auf mich wirkt. An einen Bruckner reicht er meiner Meinung nach jedenfalls bei weitem nicht heran. Nichts für Ungut, die Kritik war durchaus berechtigt und die Stelle habe ich korrigiert. Im Übrigen war Grebe damals nicht meine einzige Quelle (er geht ohnehin nur in begrenztem Maße auf einzelne Werke ein): Ich hatte mir lange vor Erstellung dieses Artikels aus einer Bibliothek eine Werkbeschreibung zu Bruckners Neunter ausgeliehen und mir anhand dieser eine Verlaufsskizze für die drei vollständigen Sätze erstellt. Das Buch ist inzwischen nicht mehr greifbar. Leider habe ich den Namen des Autors vergessen... Überhaupt bin ich mittlerweile selbst nicht mehr recht glücklich mit dem Artikel. Er wirkt in den Satzanalysen, die ich nach der Verlaufsskizze erstellt habe, etwas überladen.--Adrian L. 17:01, 27. Aug 2006 (CEST)
- PS: Für Informationen zum Finale empfehle ich die betreffende Diskussion im Tamino-Klassikforum, an der B.G. Cohrs, einer der Rekonstrukteure des Satzes, lebhaften Anteil nimmt: [1]--Adrian L. 17:01, 27. Aug 2006 (CEST)
- Ich finds so schon besser. Aber das "Tor zum 20. Jahrhundert" ist mir immer noch zu dramatisch. Zu den Satzbeschreibungen: Ich find die ganz interessant, in vielem überzeugend. Sie müssen sich bloß mit dem Problem herumschlagen, dass "absolute" Musik nicht leicht zu beschreiben und zu interpretieren ist (ich hattes beim Mozart-Requiem aufgrund des Textes leichter). Nicht immer ist das Problem gut gelöst. Zum Beispiel:
- ein erstes vollgültiges Thema von acht Takten gebiert (Takt 63), das sich als Zusammenfassung der vorhergehenden Elemente versteht und somit auch im fortissimo des vollen Orchesters vorgetragen wird
- Hm. Kann sich ein Thema als etwas verstehen? Dass der ff-Vortrag etwas Triumphalistisches, "Überzeugtes" und Überzeugendes hat, dem würde ich (ich kenn das Werk recht gut) voll zustimmen - da ist man also endlich bei was angekommen, das als richtiges Thema angesprochen werden kann. Ist also ein Argument für diesen "Entwicklungsprozess"; das würde ich aber auch so schreiben (es wird an dieser und anderen Stellen sonst etwas mystisch). Das Folgende
- Markante Merkmale sind der punktierte Oktavsprung nach unten zu Beginn, die triolische Fortsetzung, die Überbindung vom fünften zum sechsten Takt, sowie das wiederum punktierte Schlussmotiv.
- find ich uneingeschränkt gut und eine klare Beschreibung. Dann in der Reprise:
- Auf eine Wiederholung des Hauptthemenkomplexes wird sinnfälliger Weise verzichtet, da dieser, als fortschreitender Entwicklungsvorgang, sich, anders als die fest geformten Nebenthemen, als nicht wiederholbar erweist.
- Das macht mich misstrauisch. Es wird nicht wiederholt, klar; aber dass es sich "als nicht wiederholbar erweist"? Als wäre das oben beschriebene achttaktige Thema nicht "fest geformt" ... Mir kommt es hier so vor, als ob sich in den Text so eine Art Metaphysik des Organischen, So-Sein-Müssenden einschleicht, die nicht überzeugend begründet ist. Die beiden Fassungen des Finales der Achten sind völlig verschieden - keine "musste" offenbar so sein, aber Bruckner hat (zweimal unterschiedliche) Entscheidungen getroffen. Warum sollte das hier nicht ebenfalls so sein? Natürlich ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet das erste Thema in der Reprise ausfällt (und in die Coda geschoben wird) - ein ganz ungewöhnlicher Sachverhalt, speziell für Bruckner, der Erklärung fordert. Dass es aber "nicht anders ging", ist doch wohl eine Behauptung, die etwas zu weit geht. Grüße --Mautpreller 10:28, 15. Dez. 2006 (CET)
- PS: Mathias Hansens Bruckner-Buch fand ich übrigens sehr interessant zum Verständnis der Neunten.--Mautpreller 10:41, 15. Dez. 2006 (CET)
- Ich finds so schon besser. Aber das "Tor zum 20. Jahrhundert" ist mir immer noch zu dramatisch. Zu den Satzbeschreibungen: Ich find die ganz interessant, in vielem überzeugend. Sie müssen sich bloß mit dem Problem herumschlagen, dass "absolute" Musik nicht leicht zu beschreiben und zu interpretieren ist (ich hattes beim Mozart-Requiem aufgrund des Textes leichter). Nicht immer ist das Problem gut gelöst. Zum Beispiel: