Emil Cohn (Physiker)

deutscher Physiker
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Emil Georg Cohn ( * 28. September 1854 in Neustrelitz/Mecklenburg; † 28. Januar 1944 in Ringgenberg am Brienzer See/Schweiz) war ein deutscher Physiker.

Emil Cohns Eltern waren August Cohn (* 1826, Richter in Neustrelitz) und Charlotte Cohn, geborene Hahn (1835 - 1924). Als 17jähriger hatte Emil Cohn zunächst an der Universität Leipzig damit begonnen, Rechtswissenschaften zu studieren. Er wandte sich dann jedoch bald den Naturwissenschaften zu und setzte sein Studium an den Universitäten von Heidelberg und Straßburg fort. In Straßburg war er von 1881 bis 1884 Assistent von Kundt am Physikalischen Institut, promovierte dort 1879 zum Dr. phil. nat und habilitierte sich am 5. Februar 1994 für Theoretische Physik. Von 1884 bis 1918 war er Fakultätsmitglied der Straßburger Universität. Am 27. September 1884 wurde er zum Assistenzprofessor ernannt und im selben Jahr noch zum ordentlichen Professor.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs und der Besetzung Elsaß-Lothringens durch Frankreich wurde Cohn mit seiner Famile aus Straßburg vertrieben (am Weihnachtsabend 1918). Im April 1919 wurde er an der Universität Rostock zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt. Ab Juni 1920 hielt er als ordentlicher Honorarprofessor an der Universität Freiburg im Breisgau Vorlesungen über Theoretische Physik. 1935 setzte er sich in Heidelberg zur Ruhe.

Emil Cohn zählte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu den tonangebenden Experten auf dem Gebiet der theoretischen Elektrodynamik. Er war mit der Lorentzschen Theorie der Elektrodynamik für bewegte Körper unzufrieden und schlug eine eigene Theorie vor. Seine alternative Theorie, die auf einer Modifikation der Maxwellschen makroskopischen Feldgleichungen basierte, stand mit allen relevanten elektrodynamischen und optischen Experimenten in Einklang, auch mit dem Experiment von Michelson und Morley. Einiger seiner Einsichten nahmen bestimmte Aspekte der unter dem Namen Spezielle Relativitätstheorie bekannt gewordenen Einsteinschen Interpretation der Lorentz-Transformation voraus, so zum Beispiel die Eliminierung des Konzept des Lichtäthers und die Kritik von Lorentz' implizierter Unterscheidung zwischen wahren und gewesenen Koordinaten von Raum und Zeit. Cohn glaubte nicht an die Allgemeingültigkeit des Relativitätsprinzips und forderte eine Revision der konventionellen Konzepte von Raum und Zeit.

Cohn war evangelisch getauft und mit Marie Goldschmidt (1864 - 1950) verheiratet, mit der er zwei Töchter hatte. Wegen seiner israelitischen Abstammung sah er sich 1939 unter dem Druck der NS-Diktatur gezwungen, in die Schweiz zu emigrieren. Er lebte dort zunächst in Hochfluh am Hasleberg, ab 1842 dann in Ringgenberg, wo er am 28. Januar 1944 in seinem 90. Lebensjahr starb.

Publikationen

  • Das Elektromagnetische Feld - Vorlesungen über die Maxwell'sche Theorie, Leipzig 1900 (576 S.).
  • „Ueber die Gleichungen des elektromagnetischen Feldes für bewegte Körper“ Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften, Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, 1901, S. 74 ff.; auch veröffentlicht in Annalen der Physik 7, 29 - 56 (1904).
  • „Antikritisches zu Hrn. Wiens ‚Differentialgleichungen der Elektrodynamic für bewegte Körper‘ “, Annalen der Physik 14, 208 (1904).
  • „Physikalisches über Raum und Zeit“, Himmel und Erde XIII, 117 - 136 (1911); auch als Broschüre veröffentlicht: Physikalisches über Raum und Zeit, Berlin/Leipzig 1920, 4. Auflage (30 S.).
  • Das elektromagnetische Feld - Ein Lehrbuch, 2. Auflage Berlin 1927 (366 S.).
  • „Faraday und Maxwell“, Deutsches Museum - Abhandlungen und Berichte 4 (1), Berlin 1932 (29 S.).

Literatur

  • Richard Gans (1904) „Die Grundgleichungen der Elektrodynamik“, Verhandlungen der Naturwissenschaftlich-Medizinischen Vereins zu Heidelberg, Neue Folge, VIII (2), 208 - 219. (In dem Aufsatz werden die Theorien der Elektrodynamik für bewegte Körper nach Heinrich Hertz, H. A. Lorentz und Emil Cohn miteiander verglichen.)
  • Olivier Darrigol (1995) „Emil Cohn's electrodynamics of moving bodies“, American Journal of Physics 63 (10), 908 - 915.
  • F. Emden (1947) Nachruf auf Emil Cohn, Archiv der Elektrischen Übertragung (AEÜ) 1 (1/2), 81 - 83 (mit Portrait von Emil Cohn).