Stymfalia (Ökosystem)

Landschaft in Griechenland
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Stymfalia (Ecosystem), Hochebene, See und Ort. Schreibweisen auch Stymphalia und Stimfalia, griechsch: Στυμφαλία.

Geographie

Limni Stymfalia ist die Bezeichnung für das Stehende Gewässer ohne natürliche oberirdische Abflüsse. Der See liegt in der Mitte einer ca. 2 km breiten und ca. 16 km langen Hochebene. Sie hat die Form einer nach Nordosten leicht gebogenen Banane. Die in ca. 600 m ü.d.M. liegende Ebene wird an allen Seiten von Gebirgen umschlossen. Am südöstlichen Seeufer senkt sich der Gebirgskamm und erlaubt eine Straßen-Passhöhe in ca. 150 m. Westlich trennt der Berg Mavrovoni (1700m) die Ebene von der ca. 4 km entfernten, weitaus größeren Hochebene, der Polje Feneos. Südlich begrenzen das Olighirtos-Gebirge (1934 m) und seine Ausläufer nach Osten die Ebene mit 500-1000 m hohen, steilen Hängen. Im Norden beherrscht das von Umfang und Höhe massive Ziria Gebirge die Ebene (ca. 10 km Basisradius, mit 2374 m zweithöchste Erhebung des Peloponnes).

Die Gebirgsformationen und das davon umschlossene Sedimentbecken Stymfalia sind ein Karst-Geotop, dessen (hydro-)geologische Eigenschaften sich von den anderen intramontanen Becken des nordöstlichen Peloponnes unterscheiden: Auch in regenfrei-heißen Jahreszeiten des Peloponnes fällt dieser See nahezu niemals trocken.

Im Geotop Stymfalia dominiert der nördlich liegende mächtige Ziria-Block. Er besteht aus Kalkgesteinen der Tripolis-Nappe und der Olonos-Pindos-Nappe und aus Konglomeraten des Neogen. Entscheidend für den geologischen und hydrogeologischen Zustand der Polje war eine kräftige Anhebung, sowie eine weitere, postalpidische Blockfaltung, die das Ziria-Massiv nach Südosten neigte. Die Schichtungen wurden entlang einer 70 Grad-Linie Feneos-Kastania um ca. 4,5 km verschoben. Durch diese Bewegungen wurde die südliche Basis abgesenkt. Die Formation ist im Landsat-Bild (unten) gut erkennbar. In der Senke lagerten sich mächtige quartäre Sedimente ab. Die wasserundurchlässigen, roten, grauen und grünlichen Tonschichten, (typische Sedimente stehender Gewässer) sind bis zu 150 m stark. (Hötzl in Morfis et.al., S. 135f)



Die hydrogeologischen Besonderheiten sind im Landsat-Bild gekennzeichnet.

Starke tektonische Bewegungen im Ziria-Block haben zur Bildung durchlässiger Strukturen in Richtung Südosten geführt, durch die fast der gesamte Niederschlag abgeführt wird. Oberflächenwasser aus Dhrossopighi im Ziria sind für Stymfalia ebenso unbedeutend wie die Niederschläge des nordwestlichen Bergeinschnitts bei Kastania (am westlichen Ebenenrand). Jedoch nur ein Teil der Wasser werden an der südlichen Blockkante des Ziria (Ebenenkante) an Überlaufquellen geschüttet. Ein weiterer Teil wird unter der Senke hindurch weiter nach Südosten geführt. (Hötzl in Morfis et.al., S. 136)

Wassereinzugsgebiet (catchment area)

Der See wird aus zwei großen Quellbereichen, Dhriza und Kefalari (Konrinthia) und aus einer benachbarten Ebene gespeist. Etwa 8 km vom See entfernt, nordöstlich, endet die Ebene am hier ca. 100 m hohen Ausläufer des südöstlichen Bergkette. Hinter diesem Ausläufer schließt sich eine weitere, über ca. 5 km langsam ansteigende Ebene an. Auch jene Ebene hat keinen natürlichen Abfluss. Ein Tunnel von ca. 600 m Länge entwässert die maximal 1 km breite Ebene in Richtung Stymfalia.

An der östlichen, nach Norden gebogenen Spitze der "Banane" Stymfalia entspringt an mehreren Stellen des mächtigen Schwemm- und Schuttkegels, auf dem das Dorf Kefalari liegt, die zweitgrößte Karstquelle des Zirias. Die Quelle schüttet weniger und versiegt meist schon vor der Quelle Dhriza. Für die landwirtschaftliche Bewässerung des ganzen Ostteils sind diese beiden Wasserressourcen gleichwohl bedeutend.

Die Hauptentwässerung des Ziria-Massivs kommt in der Quelle Dhriza an die Oberfläche. Die Quelle entspringt an mehreren Stellen an der Ebenenkante neben der Dorfstraße Stymfalia’s. Sie, vor allem, speist mit ihrer bis in den Sommer reichenden Schüttung den See. Für den saisonalen Tourismus wurde eine Austrittsstelle optisch einladend gefasst und ein schattiges Gartenrestaurant herumgebaut (Bild).

Entwässerung der Ebene (discharge)

Zwei natürliche Wasserabgänge über Schlucklöcher (griechisch: katavothra, sgl.) sind bekannt, sowie zwei künstliche Abgänge. Aktiv ist nur das größere Schluckloch, welches jenseits der normalen Hochwasserausdehnung liegt. Ein weit in den See hineinreichender Graben zu diesem gefassten und mittlerweile regulierten Schluckloch hält den Wasserpegel unterhalb des in früheren Zeiten erreichten. Der uralte, künstliche Abgang ist der um 1885 freigelegte und wieder in Betrieb genommene Tunnel mit anschließendem Aquädukt nach Nemea und in die Küstenebene. Beide Teile wurden vom Römischen Kaiser Hadrian ca. 130 AD erbaut. (zur Archäologie und zum Aquädukt vgl. Stymphalos).

Unterirdische Karstwasserverbindungen Poljen-Karstquellen

 
Unterirdischer Wasserlauf Stymfalia ==> Lerni, Kiveri (Argolische Golfküste).
(Auszug), mit Klick zur ganzen Graphik


Im Karst gelangen Oberflächenwasser durch Risse, Spalten, punktförmige und flächige Versickerungen in den Untergrund und bilden unterirdische Wasserläufe und Höhlen, um an wasserundurchlässigen Barrieren oder Schichtkanten mit großen Schüttungen wieder auszutreten. Im Nordosten des Peloponnes besteht ein Geflecht von unterirdischen Wasserwegen, das weitgehend unerforscht ist (2006). Die Wasserverbindung zwischen Stymfalia, deren Quellen und Schlucklöchern einerseits, unterirdischen Wasserwegen und entfernten Karstquellen andererseits wurde schon im antiken Griechenland richtig eingeschätzt. Vgl. z.B. Pausanias VIII, 22, 3. In den Jahren 1980ff erbrachte ein flächendeckendes (hydro-)geologisches Projekt zur Erforschung von Karstphänomenen des gesamten Nordostens des Peloponnes, insbesondere der intramontanen Becken, eine erste grobe Kartierung von Karstwasserwegen. Wassermarkierungsversuche dieser Forschungen zwischen dutzenden Schlucklöchern und Karstquellen klärten auch den Wassereinzugsbereich für Stymfalia und seine unterirdischen Verbindungen zu entfernten Karstquellen. In der größten Quelle, Dhriza, wurden Markierungen aus zwei ca. 10 km entfernten Schlucklöchern des nordwestlichen und nördlichen Ziria (Skafidia, Megagiani) registriert. Markierungssubstanzen des aktiven Schluckloch's von Stymfalia wurden in den beiden ca. 45 km entfernten, direkt an der Argolischen Golfküste entspringenden, sehr großen Karstquellen Lerni und Kiveri nachgewiesen. (Morfis et. al. S. 278ff) (vgl. die Karte rechts). Diese beiden sehr großen Quellen sind zur Bewässerung der Plantagen der Argolis gefasst. Das Wasser dieser Quellen stammt aber auch noch aus anderen Karstformationen des NE-Peloponnes. Zur gesamten Karstlandschaft des Peloponnes vgl. Peloponnes (Geologie).

Ab 2002 wurde ein mit zeitgemäßer Transportkapazität konstruiertes Wassersystem mit 1-Meter-Pipelines zum alten spätantiken Aquädukt benachbart trassiert. 2005 kam es zum wiederholten Mal zu Protesten der Bewohner der Ebene, die um ihre lokalen Interessen fürchteten. Umweltschutzinitiativen und -Organisationen beteiligten sich wegen der ungeklärten potentiellen ökologischen Folgen. Interventionen griechischer Gerichte wegen EU-Rechtsverletzung beendete ein Sondergesetz zur "Sicherung des Wasserbedarfs großer griechischer Städte". Die Pipeline wird, anders als projektiert, mit der Auflage betrieben, dass Wasser nur direkt an der Quelle Drhiza und damit nur in Abhängigkeit von der Schüttung entnommen wird ("Irrigation protests").

Biotope der Stymfalia-Ebene

Die Nähe hoher Gebirge auch in der weiteren Umgebung sorgt für reichliche Niederschläge, insbesondere in den Monaten Dezember bis Mai. Die Berghänge sind daher dicht bewaldet, an der Südseite bis an die Ebenenkante. Die mehrfach weit in die Ebene ragenden Schuttkegel sind im unteren Teil mit Steinmauern terrassiert und werden noch landwirtschaftlich genutzt. Der sonst auf dem Peloponnes noch oft zu beobachtende schädliche Verbiss durch Schafe und Ziegen (Überweidung!) fehlt hier. Auf den Ebenenflächen beiderseits des See’s dominieren Feldbaukulturen, aufgelockert durch einzelne Bäume oder Baumgruppen, letztere insbesondere entlang Entwässerungsgräben, die die Bewirtschaftung erschweren, aber erforderlich sind. Zusammen mit Obstbaumgruppen, Büschen, sowie vereinzelt Streuobstflächen und Weinbau ergibt sich noch eine große Biodiversität.

Breite Streifen an den westlichen und östlichen Seeseiten sind bis in die Monate Mai/ Juni hinein vom jahreszeitlichen Anstieg des Wasserpegels überflutet, oder zeigen noch deutliche Spuren davon. Der See ist mit einem Fleckenteppich ockerfarbener Schilfrohrflächen bedeckt. Frischgrüne Schilfrohrteppiche deuten auf weitere Ausdehnung hin. Die Wasserfläche kann in den Regenzeiten auf gut das Doppelte, ca.770 ha, ansteigen. In seltenen, sehr trockenen Jahren bleibt nur eine kleine sumpfartige Wasserfläche übrig, vereinzeltes, völliges Trockenfallen ist auch überliefert, z.B. 1988-1990. (natura.minenv.gr)

Natura 2000, Habitat-Schutz für Stymfalia

Die EU-Richtlinie 92/43/EU zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen hat Griechenland in nationales Recht umgesetzt. Das "Hellenic Ministry for the Environment, Physical Planing and Public Works" hat das NATURA-Netz beschrieben, kartiert und auf seiner Website veröffentlicht.

Die beiden Objekte Stymfalische Ebene und das südwestlich angrenzende Olighirtos-Gebirge wurden für den Habitat-Katalog in der Kategorie B ("GR22, with significant biodiversity but without unique habitat types or species, Game refuge", aufgenommen (minenv.gr). Der Schutz der Habitate war 2006 noch nicht wirksam, weil erforderliche Maßnahmen noch nicht durchgeführt wurden (EPEK).

Schutz endemischer, bedrohter Pflanzen und Tierarten

Der Habitat-Beschrieb des minenv.gr für Stymfalia (Auszug):

"Habitat-Type: Natural eutrophic lakes with Magnopotamion or Hydrocharition type vegetation, Aegean phrygana (Sarcopoterium spinosum), Sclerophyllous grazed forests (dehesas) with Quercus suber and/or Quercus ilex, Eu-mediterranean greek calcareous cliffs, Thermo-Mediterranean riparian galler-ies (Nerio-Tamaricetae), Pallas’s pine forests. Animal Species: Rhinolophus hipposideros, Rhi-nolophus ferrum-equinum, Testudo hermanni, Emys orbicularis, Mauremys caspica, Elaphe situla, Phoxinellus spp." (...) "This site is a very important refuge for migratory birds and of course a breed-ing area for many of them. (...) In addition the variety of ecological niches existing in the surroundings of the lake and inhabited by a number of Greek endemic plant taxa show much ecological diversity within this site" (minenv.gr/biotopes).

Griechenland hat 1983 das internationale "Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume" ratifiziert (Übereinkommen), in dessen Anhang III unter den geschützten Fischarten auch der Taxon Pseudophoxinus Stymphalicus gelistet ist. Dieser Fisch wurde in Stymfalia nachgewiesen (natura.minenv.gr). Die außergewöhnliche Überlebensfähigkeit der Spezie im Schlamm des ausgetrockneten Sees beschreibt minenv.gr/biotopes: "...during the dry periods of the lake it survives by sinking down into the mud and forming a slippery envelope around the body."

Erhaltung und Rehabilitation von Stymfalia, Ebene und See

Düngende und entwässernde Landwirtschaft in einem Feuchtgebiet, hochtechnisierte Wasserableitung, überdimensionierte Erdbewegungen für Straßenprojekte, für Landwirtschaft und für Flächennutzungen können das Ökosystem Stymfalia gefährden. Sichtbare Auswirkungen auf den See durch Verlandung werden seit längerem registriert (Eutrophierung/Überdüngung). "Vulnerability: (...) Deposition of silt and the following development of Phragmites communis hydro-philous vegetation and hence the reduction of the surface area of the lake. It has been estimated that today the area covered by the reed thickets ( Phragmites communis, Schilfrohr) is presently 55.06% , while in 1945 it was 33.75%, and in 1960 it was 38.44%. The intensive shooting, illegal or not, is the main threat for the rich avifauna of the site especially during winter. Effective protection of this fauna is urgently needed" (Webpage "Umweltschutz" = Περιβάλλοντος, in natura.minenv.gr).

Griechenland hat mehrere so genannte en:wetlands in die Liste der internationalen "Ramsar-Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten, 1971ff" eingetragen. Stymfalia befindet sich nicht darunter.

Initiativen zum Schutz der Umwelt

Die Schaffung bzw. Erhaltung eines Gleichgewichts zwischen den natürlichen Gegebenheiten und der heutigen Dominanz menschlicher Siedlung und menschlicher Eingriffe ist im dünnbesiedelten, wirtschaftlich schwachen Peloponnes, wie auch in Stymfalia zwar schwierig, aber noch möglich, da Landschaften und Natur noch nicht irreparabel geschädigt sind. Nationale- und regionale Untergliederungen von NGO’s wie "BirdLife International", "Hellenic Ornithological Society", "Hellenic Society for the Protection of Nature" und Initiativen wie die Konrinther EPEK kümmern sich auf der Basis der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und anderer Plattformen um die Erfassung, Beschreibung und den Schutz von Fauna, Flora, Natur und Ökosystemen. Eine Reihe von Projekten zur Entwicklung der Infrastruktur des Peloponnes führt Griechenland mit Geldmitteln aus EU-Fonds aus. Darunter befinden sich.... ...bearbeiten!


Literatur

  • A. Morfis (Hrgb), Karst Hydrogeology of the Central and Eastern Peloponnesus (Greece); Steierische Beiträge zur Hydrogeologie, 1986. (4.3 Polje of Stymphalia, Seite 127ff) (englisch)
  • Richtlinie 92/43/EU zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, i.d.F. von 97/62/EG vom 27.10.1997, PDF-Datei
  • Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden PDF-Datei
  • minenv.gr: Hellenic Ministry for the Environment, Physical Planning & Public Works; NATURA 2000, Dept. Management for Nat. Env.; Menü mit 7 Topics
  • Beschreibung Griechenlands; Pausanias (Periegeta), übersetzt ins Deutsche von Ernst Meyer, Zürich, 1954
  • Übereinkommen des Europarats und anderer Unterzeichner über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, Bern 1979