Indische Musik

Beschreibung mehrerer Musikstile im südasiatischen Raum
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Im Wesentlichen hört man in Indien drei Arten von Musik:

  • klassische Musik: kultivierter Musikstil, der im Westen besonders bekannt geworden ist, in Indien aber etwa den gleichen Stellenwert hat wie westliche Klassik in Europa.
  • volkstümliche Musik: regional sehr unterschiedliche Lieder, die meist religiösen Ursprungs sind und vor allem bei Festen und in den Tempeln gesungen und gespielt werden.
  • Popmusik: alltäglich gespielte Hits, die größtenteils aus neuen und alten Kinofilmen à la Bollywood stammen und oft auch Elemente klassischer und volkstümlicher Musik enthalten.
„Eine Dame lauscht der Musik“ (Punjab, ca. 1750)

Klassische indische Musik

Man unterscheidet zwischen zwei Richtungen, die zwar auf den gleichen Prinzipien basieren, sonst aber grundlegend verschieden sind:

  • südindische Musik (Karnatische Musik): ursprünglicherer, älterer Stil; sehr erdig mit vielen melodiösen und rhythmischen Variationen, eher durchkomponierte Arrangements.
  • nordindische Musik (Hindustanische Musik): stark vom persischen Kulturraum beeinflusste Musik; viel klarer, mit vielen Verzierungen und wesentlich mehr Improvisation.

Die klassische indische Musik besteht aus einem für europäische Musikkenner oft überraschendem Nebeneinander von Freiheit und Disziplin. Diese Art von Musik ist vorwiegend Solomusik, das heißt, ein Musiker arbeitet die Melodiestruktur aus, die anderen unterstützen ihn dabei, wobei die Rollen im Laufe eines Konzerts aber oft wechseln. Eine Reihe von allgemeingültigen Regeln erlaubt es Musikern, die einander vorher noch nie gesehen haben, sofort ein Konzert miteinander zu spielen: 80 - 90 % eines Konzerts sind frei improvisiert und orientieren sich an feststehenden Grundprinzipien. Die wesentlichen Säulen eines Musikstücks sind Raga und Tala. Unserer Aufteilung der Oktave in Halbtöne entspricht in der indischen Musik die Aufteilung der Oktave in Srutis.Wat solln das?? MICHENDORF

Musikinstrumente

Indische Musik ist ursprünglich Vokalmusik. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Instrumente entwickelt, die teilweise versuchen, den Klang der menschlichen Stimme zu imitieren. Viele der unzähligen Instrumente sind nur in bestimmten Regionen bekannt, andere sind in ganz Indien und teilweise sogar im orientalischen Raum verbreitet.

Melodieinstrumente

Sitar: Das im Westen wohl bekannteste nordindische Instrument mit einer Vielzahl von Saiten, von denen aber hauptsächlich eine dazu dient, um die eigentliche Melodie zu erzeugen. Die anderen Saiten sind teilweise Resonanzsaiten, die selbstständig mitschwingen, oder Saiten, die zum Erzeugen einer rhythmischen Grundstruktur gedacht sind. Die Bünde sind frei verschiebbar, um die gewünschten Töne erzielen zu können; viele Töne werden jedoch durch „Ziehen” der Saite erzeugt.

Sarod: In Indien sehr beliebtes Saiteninstrument, dessen Wurzeln im orientalischen Raum liegen. Der Korpus ist mit einem Fell bespannt, weshalb der Klang ein wenig an ein Banjo erinnert. Der Hals ist aus Metall und hat keine Bünde; die Tonhöhe bestimmt der Musiker durch Druck oder Gleiten mit dem Fingernagel.

Sarangi: Streichinstrument, dessen Korpus ebenfalls mit einem Fell bespannt ist. Der melancholische Klang wird mit einem Bogen erzeugt.

Violine: Vor allem im Süden gebräuchliches Instrument, das auf unbekannten Wegen aus dem Westen seinen Platz in der indischen Musik gefunden hat. Die Haltung der Violine ist allerdings unterschiedlich (senkrecht, mit dem Kopf nach unten).

Vina: Traditionsreiches Saiteninstrument, das auf den ersten Blick mit der Sitar verwandt scheint, sich in Bau und Spielart allerdings grundsätzlich unterscheidet. - Verwendung in der südindischen Musik.

Santur: Ursprünglich aus Persien stammendes Hackbrett, das mit zwei Klöppeln geschlagen wird.

Bansuri: Flöte aus einem Bambusrohr ohne besonderes Mundstück; wird als Querflöte gespielt, wobei der Klang durch Blasen über ein einfaches Loch entsteht.

Shehnai: Oboenartiges nordindisches Blasinstrument mit gewöhnungsbedürftigem schnarrendem Klang. Hat sich vermutlich aus den beeindruckenden Blasinstrumenten, die zur Verständigung in den Bergen eingesetzt worden sind, weiterentwickelt.

Nadaswaram: Oboenartiges Blasinstrument in der südindischen Tempelmusik, größer als die Shehnai.

Harmonium: Verwandt mit der westlichen Ziehharmonika, steht allerdings fest auf dem Boden. An der Hinterwand ist ein Blasbalg befestigt, der ständig mit der linken Hand betrieben wird, während die Rechte die Melodielinien, gelegentlich auch Akkorde spielt. Einsatz hauptsächlich in volkstümlicher und devotionaler Musik.

Tanpura: einfaches Saiteninstrument, das in fast jedem Konzert eingesetzt wird, um konstant den Grundton sowie dessen Quint und Oktav zu erzeugen. Heute z.T. durch elektronische Instrumente mit gleicher Funktion ersetzt.

Rhythmusinstrumente

 
„Hügelanführer“ und Trommelspieler (Punjab, ca. 1720)

Pakhawaj: Klassische nordindische Quertrommel mit einem nahezu zylindrischen Holzkorpus, der an beiden Enden mit kompliziert aufgebauten Fellen bespannt ist.

Tabla: Weiterentwicklung der Pakhawaj. Der legendäre Musiker Amir Khusro soll der Überlieferung nach eine der damals verbreiteten Quertrommeln auseinander geschnitten haben, um mehr Möglichkeiten beim Spiel zu eröffnen. Die bauchige Basstrommel besteht meist aus Metall, die kleinere - melodiösere - aus Holz. Die Tabla gehört zwar zur nordindischen Klassik, ist wegen ihres Klangs aber bei jeder Art von Musik und bei jeder Gelegenheit beliebt.

Dholak: Volkstümliche Quertrommel mit einfacheren Fellen. Beim Spielen wird oft zusätzlich mit einem Metallring am rechten Daumen auf den Korpus geklopft.

Mridangam: In der südindischen Musik verbreitete Trommel. Ähnelt der Pakhawaj, unterscheidet sich aber in Klang und Spielweise.

Kanjira: einfache südindische Rahmentrommel, die nur mit der rechten Hand geschlagen wird und dennoch eine bemerkenswerte Klangvielfalt bietet.

Ghatam: Tontopf, der ebenfalls in Südindien gebräuchlich ist und erstaunliche Klänge hervorbringen kann.

Literatur

  • Janaki Bakhle, Two Men and Music: Nationalism in the Making of an Indian Classical Tradition,

Oxford University Press 2005, ISBN 0195166108

  • Alain Danielou, Einführung in die indische Musik, Noetzel, 4. Aufl. 2004, ISBN 3795901839
  • Raghava R. Menon, Abenteuer Raga, Kristkeitz Verlag 1988, ISBN 3921508223
  • Raghava R. Menon, The Penguin Book of Indian Classical Music, Penguin Books 2003, ISBN 0140513248