Sorben

westslawisches Volk, nationale Minderheit in Brandenburg und Sachsen
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Die Sorben (auch Wenden, dieser Ausdruck, obwohl in der Vergangenheit überwiegend negativ besetzt, wird dennoch als Eigenbezeichnung von den Niedersorben benutzt) sind ein westslawisches Volk. Sie stellen eine nationale Minderheit in der Bundesrepublik Deutschland.

Sorbische Nationalflagge

Da es für deutsche Staatsbürger keine rechtliche Kategorie "Nationalitätenzugehörigkeit" gibt, existieren lediglich Hochrechnungen auf Basis der aktiven Sprecher (max. 20.000-30.000) bzw. des subjektiven Zugehörigkeitsgefühls (ca. 60.000). Davon leben ca. 2/3 in Sachsen und 1/3 in Brandenburg. Es existieren zwei sorbische Sprachen bzw. Dialekte (z.Z. tendiert man zu Sprachklassifikaton), das Obersorbische und das Niedersorbische, letzteres ist akut vom Aussterben bedroht.

Als Sorben (surbi, sorabi) wurden im Früh- und Hochmittelalter westslawische Verbände zwischen Saale und Mulde bezeichnet, die im 8. und 9. Jahrhundert zunehmend in die Abhängigkeit des (ost)fränkischen Reiches gerieten. Im Zuge der hochmittelalterlichen Ostsiedlung wurde ihr Siedlungsgebiet fest in das Deutsche Reich eingegliedert. Im Laufe des Mittelalters und der Neuzeit wurde der Name der Sorben allmählich auf die in der Lausitz siedelnden Lusitzi und Milzener übertragen, die in den früh- und hochmittelalterlichen Quellen noch deutlich von den Sorben geschieden wurden. Auch bei den archäologischen Funden, insbesondere der Keramik, zeigen sich deutliche Unterschiede. In der Sprachwissenschaft werden die Sprachreste der südlichen Elbslawen/Wenden aber insgesamt als sorbisch bezeichnet.

Früh- und Hochmittelalter

In der sogenannten Fredegar-Chronik werden für 631/32 erstmals Wenden erwähnt, die "zu wiederholten Malen in Thüringen und anderen pagi des Frankenreiches einfielen, um sie auszuplündern; ja sogar Dervanus, der dux des Volkes der Sorben (Dervanus dux gente Surbiorum), die von slawischer Herkunft waren und schon seit jeher zum Reiche der Franken gehört hatten, unterstellte sich mit seinem Volk dem Reiche Samos. Nach weiteren Überfällen wurde der dux Radulf, der Sohn Chamars, durch Dagobert als dux in Thüringen eingesetzt, um die Wenden zu bekämpfen, doch verbündete sich Radulf bald darauf mit den Slawen.

Erneute Auseinandersetzungen zwischen Franken und Slawen sind erst wieder für die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts bekannt, so z.B. 766 bei Weidahaburg, wohl Wethau bei Naumburg (Saale). Im Diedenhofener Kapitular von 805 wurde Erfurt als Zollort für den Handel zwischen Franken und Slawen bestimmt. 806 ließ Karl der Große nach einem Feldzug, bei dem der Herzog (dux) der Slaven Miliduoch getötet wurde, zwei Burgen am östlichen Ufer von Elbe und Saale bei Magdeburg und Halle errichten. Die zunehmende Abhängigkeit der Sorben vom Fränkischen Reich zeigt beispielsweise die Vorladung Tunglos, eines Häuptlings der Soraben (unus de Soraborum primoribus), zum Reichstag 826 und die Stellung von Geiseln. Mehrfach versuchten Sorben den fränkischen Quellen zufolge abzufallen, doch wurde die Dienstbarkeit (servitium) meist schnell wiederhergestellt. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts wurde der Limes Sorabicus als eine breite Grenzzone gegenüber den Sorben am östlichen Rand des Frankenreiches eingerichtet, deren genaue Lage und Umfang jedoch in der Forschung umstritten sind. Der Auflistung des Bayerischen Geographen zufolge verfügten die Sorben über 50 civitates, das heißt Burgbezirke oder zentrale Burgen mit zugehörigen Siedlungen. Bereits seit längerer Zeit lose zum Fränkischen Reich gehörig, wurden die Sorben im Elb-Saale-Gebiet spätestens mit dem Heereszug König Heinrichs 928/29 und unter dem Otto dem Großen fest in das entstehende Deutsche Reich eingegliedert.

Neuzeit und Heute

Das heutige sorbische Siedlungsgebiet liegt in der sächsischen Oberlausitz (Hornja Łužica) (obersorbische Sprache, vorwiegend katholisch) und in der brandenburgischen Niederlausitz (Dolna Łužyca) sowie im Spreewald (Błota) (niedersorbische Sprache bzw. wendisch, vorwiegend evangelisch). Während das Obersorbische dem Tschechischen näher steht, ist das Niedersorbische dem Polnischen ähnlicher.

Die Kulturzentren sind Bautzen (Budyšin), Cottbus (Chośebuz) und Hoyerswerda (Wojerecy).

Bekannt sind sie durch ihre reiche Folklore (Osterreiten, Ostereier) und Mythologie (die Mittagsfrau ( Připołdnica/Přezpołdnica), Wassermann (Wódny muž), Gottesklage, Drache, Kobold usw.)

Es gibt sorbische Schulen, die um ihre Existenz kämpfen, und Kindergärten.

Die "Klassiker" der sorbischen Dichtung waren Jakub Bart-Ćišinski, Handrij Zejler und Mina Witkojc, Gegenwartsautoren sind z.B. Jurij Brězan, Kito Lorenc, Jurij Koch, Angela Stachowa und Marja Krawcec. Der Jugendroman "Krabat" von Otfried Preußler spielt unter sorbischen Müllersburschen und bezieht sich auf die Folklore.

Eines der wichtigen Werke der sorbischen Musik ist das Oratorium "Nalěćo" (Frühling) des Komponisten Korla Awgust Kocor (Karl August Katzer) (1826-1904) auf einen Gedichtzyklus von Handrij Zejler.

Im obersorbischen Gebiet um Crostwitz (Chrósćicy), Ralbitz (Ralbicy) und Schmeckwitz (Smječkecy) sind Kruzifixe am Wegrand und in Vorgärten, gepflegte Kirchen und Kapellen Ausdruck einer bis in die Gegenwart gelebten Volksfrömmigkeit, die viel zur Bewahrung der sorbischen Substanz beigetragen hat. Sehr eindrucksvoll ist auch die sorbische Tracht, die von älteren Frauen täglich, von jüngeren zu den großen Feiertagen getragen wird, Fronleichnam z.B. die Tracht der Brautjungfer (družka).

Schule, Kultur und Vereine

  • Mitte des 16. Jahrhunderts übersetzen protestantische Geistliche Bibel, Katechismus und Gesang aus dem Deutschen und schaffen eine eigene sorbische Literatur. Die sorbische Schriftsprache entsteht.
  • 40er Jahre des 19. Jhdts. gibt es eine breite sorbische Volksbewegung und entfaltet sich eine breite sorbische bürgerliche Kultur.
  • 1912 wird als Dachverband sorbischer Vereine die Domowina (dt. Heimat) gegründet.
  • 1937 werden Domowina, sorbische Presse und alle anderen sorbischen Aktivitäten von den Nationalsozialisten verboten.
  • Nach 1949 entstehen
    • das Institut für sorbische Volksforschung in Bautzen (Institut za serbski ludospyt)
    • das Sorbische Institut für Lehrerbildung in Bautzen (Serbski wučerski wustaw)
    • das Institut für Sorabistik an der Universität Leipzig mit angeschlossenem Wohnheim "Handrij Zejler"
    • das Staatliche Ensemble für sorbische Volkskultur (Serbski ludowy ansambl)
    • der Domowina-Verlag
    • Grund- und Oberschulen (je eine Sorbische Erweiterte Oberschule in Bautzen und Cottbus, die noch heute als Gymnasien fortbestehen)
    • sorbische Abteilungen in den Ministerien für Kultur, für Inneres und für Volksbildung
  • Im Einigungsvertrag wird der Fortbestand der sorbischen Institutionen garantiert.
  • 1991 wird die "Stiftung für das Sorbische Volk" gegründet, die die Förderung der Sorben von staatlicher Seite zusammenfasst.
  • es erscheinen eine obersorbische Tageszeitung "Serbske nowiny" (Sorbische Zeitung), eine niedersorbische Wochenzeitung "Nowy casnik" (Neue Zeitung), die sorbische Kulturmonatsschrift "Rozhlad" (Umschau) sowie eine Kinderzeitschrift.
  • der Mitteldeutsche Rundfunk und der Rundfunk Berlin-Brandenburg senden einige Stunden täglich je ein sorbischsprachiges Fensterprogramm, das von den Sendern Calau und Hoyerswerda ausgestrahlt wird und demnächst (Niedersorbisch im RBB) auch im Internet zu hören sein soll.
  • Der Rundfunk Berlin-Brandenburg produziert seit ca. 10 Jahren ein niedersorbisches Magazin "Łužyca" (Lausitz), der MDR nach einigen Anlaufschwierigkeiten die Sendung "Wuhladko" (Aussicht), die abwechselnd aller zwei Wochen sonnabends terrestrisch (MDR) sowie sogar über Satellit (RBB) zu empfangen sind.

Allgemein

Sprache

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Schule und Forschung

Archäologie und Geschichte

Medien und Vereine

Die sorbischen Printmedien sind leider bis heute nicht im Internet vertreten!

Wikipedia


siehe auch Milzener, Besunzane, Daleminzier, Lusitzi