Kulturpflege

Gefahrenabwehr und Wuchsförderung in einer Forstkultur
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Kulturpflege bezeichnet in der Forstwirtschaft die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Wuchsförderung in einem künstlich angelegten Nachwuchs-Waldbestand, der Kultur. Naturverjüngung ist dagegen das flächige oder stellenweise Entstehen von Nachwuchs aus angeflogener oder der Saat umstehender Bäume oder aus vegetativer Vermehrung. Die Kulturpflege entfernt z.B. im Rahmen negativer Auslese kranke oder ausgefallene Pflanzen, durch Mischwuchsregulierung fördert sie erwünschte Arten und unterdrückt unerwünschte, sie kontrolliert die Konkurrenz mit anderem Bewuchs wie Gras oder Brombeeren. Mit Kronenschluss geht die Kultur über ins Stadium der Dickung oder des Jungwuchses. In der Dickung lösen Läuterungen die Kulturpflege ab, um den Bestand weiter zu pflegen und zu erziehen.

Das Denken des forstlichen Altersklassenmodells in flächenweise gleichaltrigen Beständen bedeutet hohen Aufwand für die klassische Kulturpflege. Wird der vorherige Waldbestand im Zuge einer Endnutzung per Kahlschlag komplett geräumt, sind die danach angelegten Kulturflächen extremen Temperatur- und Lichtbedingungen ausgesetzt. Frost und Sonnenbrand drohen; krautige wie Forstpflanzen sind ohne teuren Zaun oder anderen Schutz dem konzentrierten Wildverbiss ausgesetzt.

Im Boden setzt der Kahlschlag durch massiven Lichteinfall nach Entfernung des Kronendaches eine rasche Nährstoffumsetzung in Gang, den Mineralisierungsschub. Er löst Nährstoffverlust durch Auswaschung im Boden aus sowie verstärkten Wuchs von Gras und anderen stickstoffliebenden oder nitrophilen Pflanzen wie Brombeere, Weidenröschen oder Brennnessel. Weidenröschen sind, wie auch die Knospen junger Forstpflanzen, reich an Stickstoff, auf den Rehwild als Stickstoff-Konzentratselektierer seine Nahrung besonders ausrichtet: Die Kultur bietet hochwertige Äsung und wird entsprechend heimgesucht, wenn sie nicht geschützt oder das Wild reduziert wird. Gras dagegen schafft ein ideales Biotop für Mäuse, die hektargroße Kulturen durch Nagefraß zerstören können. Die Kulturpflege sucht also unter z.T. hohen Kosten z.B. Wildverbiss, Graswuchs und Mäusepopulation zu kontrollieren.

Wo die flächenweise Wirtschaft aufgegeben wird zugunsten eines am Einzelstamm orientierten Waldbaues mit Förderung aufkommender Naturverjüngung, werden oft zuerst die teuren Kulturpflege-Maßnahmen eingeschränkt und statt dessen z.B. auf das Konzept der biologischen Automation gesetzt.