Der Handschuh ist ein Kleidungsstück, das die Hand ganz oder teilweise bedeckt, hauptsächlich zum Schutz, einerseits der Hand des Trägers vor schädlichen Umwelteinflüssen, andererseits der Umwelt vor schädlichen Einflüssen durch die Hand. Zu unterscheiden sind dabei der thermische, mechanische, chemische und Infektionsschutz. Daneben war der Handschuh zu verschiedenen Zeiten ein Modeartikel oder hatte symbolische Bedeutung, z. B. als Pontifikalhandschuh oder Fehdehandschuh.
Eine weitere Unterscheidung orientiert sich an der Form: Fäustlinge, die die vier Finger zusammen umschließen und den Daumen extra, Fingerhandschuhe mit je einem Futteral pro Finger, sowie Stutzen, die nur den Unterarm, Daumen und die Hand selbst umschließen, die Finger aber frei lassen.
Thermischer Schutz
Aus Wolle gestrickte oder gefütterte Handschuhe halten in kalten Regionen bzw. Jahreszeiten die Hände des Trägers warm. Ursprünglich wurden wärmende Handschuhe aus Leder gefertigt und mit Wolle gefüttert. Heute werden sowohl für das Obermaterial wie für das Futter häufig Kunstfasern verwendet. Fäustlinge schützen im Allgemeinen besser vor Kälte als Fingerhandschuhe. Durch ihre geringere Oberfläche bieten sie der Kälte eine kleinere Angriffsfläche, außerdem ist der isolierende Luftraum im Handschuh größer und die Finger können sich gegenseitig wärmen.
Genauso werden Handschuhe zu Schutz vor Hitze eingesetzt, zum Beispiel Handschuhe für Feuerwehrmänner. Diese bestehen häufig aus Materialien wie Nomex und Kevlar.
Mechanischer Schutz
Handschuhe für mechanischen Schutz sollen Verletzungen wie Blasen, Schwielen, Abschürfungen und Schnitte vermeiden. Diese Handschuhe sind meist Fingerhandschuhe, um die unabhängige Beweglichkeit der einzelnen Finger bei der Arbeit zu gewährleisten. Im professionellen Bereich kommt als Basismaterial meist Leder, häufig auch Aramide, Kevlar oder Mischungen mit Stahlfasern zum Einsatz.
Es gibt die verschiedensten Ausprägungen:
- Gartenhandschuhe aus Stoff, evtl. mit Gumminoppen für besseren Griff
- Schutzhandschuhe aus Leder oder einer Leder-Baumwoll-Kombination
- Metzgerhandschuhe aus metallenen Kettengliedern
Chemischer Schutz
Handschuhe dieser Gruppe sollen eine für Chemikalien undurchlässige Schranke bilden, aber den Fingern größtmögliche Bewegungsfreiheit bieten. Sie bestehen aus Nitrilkautschuk, Neopren, Chloropren, Polyvinylchlorid oder Polyvinylakohol.
Umgekehrt schützen Handschuhe Gegenstände vor Fingerabdrücken oder den korrosiven Ausscheidungen der Haut.
Infektionsschutz
Diese Handschuhe sollen dem Träger bzw. dessen Umwelt größtmöglichen Schutz vor Keimen bieten und die Beweglichkeit und den Tastsinn möglichst wenig beeinträchtigen. Diese Einmalhandschuhe gibt es steril paarweise abgepackt und unsteril in Großpackungen. Sie bestehen meist aus möglichst dünnem Gummi, Latex oder Nitril.
siehe auch: Handschuhkasten
Kennzeichnung von Schutzhandschuhen
Schutzhandschuhe sind in 3 Kategorien unterteilt. Die erste Kategorie sind für geringe Risiken zu verwenden. In die Kategorie fallen einfach gebaute Handschuhe wie Garten- oder Spülhandschuhe. Die zweite Kategorie wird bei mittleren Risiken, wie Chemikalien die reperable Schäden verursachen, eingesetzt. Die komplex gebauten Handschuhe der dritten Kategorie werden benutzt, wenn mit Chemikalien gearbeitet wird, die irreversible oder sogar tödliche Schäden verursachen können. Diese Handschuhe durchlaufen besondere Baumuster- und Qualitätsprüfungen.
Weitere Anwendungen
Sport
- In manchen Sportarten wie z. B. Fußball (Torwart), Golf oder Tennis sollen Handschuhe für einen rutschsicheren Griff sorgen. Bei anderen Sportarten (z. B. Reiten, Radfahren, Boxen) steht eher mechanischer Schutz vor Verletzungen im Vordergrund; bei wieder anderen (z. B. Skisport, Alpinklettern) der thermische Schutz.
Mode
- Heute werden nur noch selten Handschuhe aus rein modischen Gründen getragen, außer bei Anlässen wie einem Debütantinnenball oder Bällen wie dem Wiener Opernball. Ursprünglich trugen die Herren zu diesem Anlass Handschuhe, um mit ihrem Handschweiß nicht die empfindlichen Seidenkleider ihrer Tanzpartnerinnen zu beschädigen. Damen tragen teilweise modisch lange Handschuhe, die bis zu den Oberarmen reichen können.
Datenhandschuh
- Dateneingabe- und -ausgabegerät für Virtuelle Realität zur Navigation in 3D-Simulationen.
Kirchliche Zeremonien
Bis vor dem zweiten vatikanischen Konzil war es üblich, dass Zelebranten im Bischofsrang bei Pontifikalämtern während der Feier der heiligen Messe sogenannte Pontifikalandschuhe trugen. Dies waren meist weiß und mit Stickereien und anderem Schmuck verziehrt. Über diesen trugen sie meist ihren Ring. Seit dem 2. Vatikanischen Konzil und deren Reform zur Vereinfachung liturgischer Gewänder sind sie nur noch selten zu sehen. Meist nur noch bei der Feier der heiligen Messe im tridentinisch-klassisch römischen ritus.
Geschichte
Handschuhe zum Kälteschutz dürften schon recht früh erfunden worden sein. In der Odyssee, bei Herodot und Plinius dem Jüngeren werden sie erwähnt. Als Artefakte greifbar werden sie erst mit dem Mittelalter, aus dem wir u.a. den Fehdehandschuh und metallene Rüstungshandschuhe kennen. Seit dem 8. Jahrhundert war der Handschuh ein Herrschafts- und Rechtssymbol. Die niederen Stände durften nur Fausthandschuhe tragen. Um 1000 kamen die ersten Handschuhe für Damen auf. Im späten Mittelalter wurde das Kleidungsstück zum Modeartikel der höheren Stände.
Die frühen Handschuhe wurden aus Ziegen-, Kalbs- oder Hundeleder genäht, mitunter auch aus Seide. Die Passform war noch eher schlecht. Die erste französische Innung für Handschuhmacher entstand 1190; die Hugenotten brachten die Handschuh-Fertigung dann nach Deutschland. Im 13. Jahrhundert kamen gestrickte Modelle auf. Aus dem 17. Jahrhundert sind sehr fein gearbeitete und mit Stickerei und Pailletten verzierte Fingerhandschuhe erhalten. Die kostbarsten Stücke stammen aus der irischen Stadt Limerick. Sie wurden aus der Haut ungeborener Schafe genäht (das soll kein Witz sein). Lederhandschuhe waren stark parfümiert, wahrscheinlich um den Gerbgeruch zu überdecken.
Bis Anfang des 18. Jahrhunderts tauchen Handschuhe recht häufig in Abbildungen von Männern und Frauen auf, danach bis um 1800 nur noch selten. Erst mit der kurzärmeligen Mode des Directoire und Empire gewinnen lange, bis zum Oberarm reichende Damenhandschuhe wieder Bedeutung und bleiben bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts für Ballgarderobe quasi verpflichtend. Im 19. Jahrhundert waren die Handschuhe auch für Männer wieder ein modisches Muss. Sie wurden auch Teil von Berufsuniformen (Kutscher, Chauffeur, Diener etc.).
Handschuhmaße
Um herauszufinden, welches Handschuhmaß die eigene Hand hat, wird mit einem Maßband (oder Schnur, die anschließend an ein Lineal angelegt wird) an der Stelle der Hand, wo die Finger beginnen, der Umfang gemessen (Daumen wird nicht mitgemessen!). In der nachfolgenden Tabelle kann die Handschuhgröße abgelesen werden:
18,25 cm | 6,5 |
19,50 cm | 7 |
20,75 cm | 7,5 |
22,00 cm | 8 |
23,25 cm | 8,5 |
24,50 cm | 9 |
25,75 cm | 9,5 |
27,00 cm | 10 |
Gesundheit
In ihrer Arbeitsschutzzeitschrift Die Industrie der Steine und Erden Ausgabe 1/05 [1] berichtet die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft über die Auslösung von Chrom-VI aus ledernen Schutzhandschuhen bei Durchfeuchtung und die dadurch ausgelösten Allergien und Ekzemen.
Sprachliches
- "mit Glacéhandschuhe/Samthandschuhen anfassen" - vorsichtig berühren oder ansprechen
- "die Handschuhe ausziehen" - offen aussprechen
Literatur
- Ingrid Loschek: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 5., aktualisierte und erw. Auflage. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-010577-3
- Britta Wulfhorst und Hans Joachim Schwanitz: Hautkrankheiten und Hautschutz, München April 2001
- Der Handschuh von Friedrich Schiller.
Weblinks
Quellen
- ↑ Bericht der Steinbruchs-BG zu Chrom-VI in ledernen Arbeitsschutzhandschuhen