Spermium

männliche Keimzelle
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Ein Spermium oder Spermatozoon (oft fälschlich auch Samenfaden oder Samenzelle genannt) ist eine in den Hoden der Tiere und des Mannes - genauer: im Epithel der Hodenkanälchen - produzierte, zu eigenständiger Bewegung fähige männliche Keimzelle, die der Befruchtung einer Eizelle dient.

Die unterschiedliche Gestalt fadenförmiger Spermien bei verschiedenen Tieren

Bei den einzelnen Tierarten besitzen die Spermien eine unterschiedliche und charakteristische Gestalt. Doch gibt es gewisse Grundübereinstimmungen im Bau. Meistens handelt es sich um fadenförmige Zellen, die einen Kopfteil mit haploidem Zellkern, ein Mittelstück ("Hals" mit Centrosom und darum liegenden Mitochondrien-Paketen) und einen beweglichen Schwanz besitzen. Der Spermienkopf kann verschieden gestaltet sein: kugelig wie bei Weißfischen, langgestreckt wie beim Chamäleon, hakig gebogen wie bei Ratten und Mäusen, säbelartig wie bei Hühnern, schraubenförmig gewunden wie bei Schnecken und Vögeln, ellipsoid geformt wie bei Stieren und Hengsten, schaufelförmig wie bei Meerschweinchen oder birnenförmig wie beim Menschen. An der Kopfspitze befinden sich oft Sonderbildungen, die das Eindringen in die Eizelle ermöglichen: Sie sind dolchartig beim Frosch, hakenförmig bei der Maus oder erinnern - wie bei der Knoblauchkröte - an einen Bohrer. Weiter befindet sich an der Spitze des Spermienkopfes oft eine Kappe (Akrosom) von unterschiedlicher Größe und Gestalt, die mit Enzymen gefüllt ist, welche das Durchdringen der Eimembran erleichtern.

Andere Spermienformen

Neben der Fadenform weisen einige Spermien auch andere Formen auf: Bei niederen Krebsen und etlichen Spinnentieren können sie insgesamt kugelförmig sein. Der Spulwurm besitzt nagelförmige Spermien mit einem Glanzkörper aus spezifischen Eiweißen. Andere Rundwürmer und auch Milben haben amöboid bewegliche Spermien. Bei den Zehnfußkrebsen (Decapoda) kommt eine Art "Explosionseinrichtung" in Form eines Sprungfedermechanismus vor, der das Spermium in die Eizelle katapultiert.

Größen

Auch die Größe der Spermien variiert bei den einzelnen Arten stark. Während die Spermien von Muschelkrebsen 7 mm lang sind, besitzen menschliche Spermien nur eine Länge von 0,05 mm. Die Größe der Spermium kann sogar innerhalb der gleichen Art variieren - je nachdem, ob ein Männchen mehrere Nebenbuhler hat oder nicht. So hat man bei Fröschen festgestellt, dass die Spermiengröße und damit auch die Länge des Spermienschwanzes zunimmt, wenn das betreffende Männchen sich mit anderen Männchen um die Gunst eines Froschweibchens auseinanderzusetzen hat. Die Spermien mit dem längsten Schwanz, die am schnellsten schwimmen können, haben dabei die größte Chance, als erste die vom Weibchen ins Wasser abgegebenen Froscheier zu erreichen.

Menschliche Spermien

Das Spermium des Mannes besteht aus

  • einem Kopfteil, der den haploiden Zellkern und zwischen 2682 und 2886 verschiedene mRNA-Moleküle enthält,
  • einem Mittelstück mit einer Vielzahl von Mitochondrien, die die Energie in Form von ATP-Molekülen für die Fortbewegung liefern,
  • einem beweglichen Schwanzteil mit längsverlaufendem Fibrillensystem aus Mikrotubuli, der der Fortbewegung dient.

Menschliche Spermien dienen - wie die Spermatozoen der anderen Organismen - der Befruchtung einer weiblichen Eizelle. Sie werden nach ihrer Fertigstellung (Spermatogenese) zunächst im männlichen Nebenhoden gelagert, um von dort aus über den Samenleiter und die Harnröhre bei der Ejakulation während des männlichen Orgasmus beim Geschlechtsverkehr ausgestoßen zu werden. Rund 300 Millionen von ihnen landen in der weiblichen Scheide. Von der Scheide aus "erschnüffeln" sie sich auf ihrer Reise über die Gebärmutter zum Eileiter den Weg zur Eizelle. Dabei leitet sie ein maiglöckchenähnlicher Duft, den die Eizelle ausstößt. Aufgenommen werden die Duftreize von Duftrezeptor-Molekülen in der Membran des Anfangsteils des Spermienschwanzes, die denen in den Riechzellen unserer Nase ähneln. Trifft der weibliche Duftstoff auf den Rezeptor 17-4, steigt im Innern des Spermiums die Calcium-Konzentration. Dies hat zur Folge, dass das Spermium seine Schwimmrichtung ändert und gleichzeitig die Schwimmgeschwindigkeit verdoppelt.

Wegen der vielen Hindernisse erreichen nur etwa 300 Spermien diejenige Stelle am Ende des Eileiters, an der die Eizelle auf ihre Befruchtung wartet. Die Eizelle lässt sich allerdings nur von einem einzigen Spermium befruchten. Bei der Befruchtung dringt der Inhalt des Spermienkopfes in die Eizelle ein, die dadurch diploid wird und nun Zygote heißt. Nach neueren Erkenntnissen beeinflussen die zusammen mit dem Zellkern des Spermiums in die Eizelle eingedrungenen männlichen mRNA-Moleküle die Entwicklung des aus der Zygote entstehenden Embryos.

Abgrenzung vom Begriff "Sperma"

Abzugrenzen ist der Begriff "Spermium" vom Begriff Sperma, mit dem die sowohl Spermien als auch Sekrete enthaltende Samenflüssigkeit gemeint ist.

Die falsche Verwendung des Begriffs "Same"

Ber Begriff "Spermium" sollte nicht mit dem Begriff "Samen" verwechselt werden, mit dem ein (oft in Fruchtfleisch eingebettetes) Verbreitungsorgan der höheren Pflanzen gemeint ist, das aus einem ruhenden pflanzlichen Embryo besteht, der von Nährgewebe und einer Samenschale umgeben ist. Die falsche Verwendung des Begriffes "Same" oder "Samen" für die Spermien leitet sich aus der Bibel ab. Das hebräische Wort für "Same" wird dort unterschiedslos für Pflanzen, Tiere und den Menschen gebraucht. So empfängt einerseits die Frau den männlichen Samen (Num 5, 28) oder erweckt ihn beim erotischen Spiel (Gen 19, 32 und 34), andererseits wird das Land mit den Samen der Feldfrüchte besät (Dtn 29, 22; Ez 36, 9). Aus dem alten Ägypten stammt die falsche Vorstellung, dass der männliche "Same" bereits der Mensch in nuce sei, der im Mutterleib quasi wie in einer Nährlösung nur noch heranzureifen braucht. Schließlich steht der Begriff "Same" auch für die Nachkommenschaft selbst. Wenn die Bibel vom Samen Abrahams spricht, dann sind damit die aus Abraham hervorgegangenen Nachkommen gemeint (Jes 41, 8; Jer 33, 26). All diese Bedeutungen sind hier nicht gemeint. Die Begriffe "Samen" oder "Samenzelle" etc. sollten daher nicht mehr für die Spermien oder das Sperma verwendet werden. Neuere Schulbücher sprechen daher auch nicht mehr vom "Samenleiter", sondern ausdrücklich vom "Spermienleiter".

Literatur

Populärwissenschaftliche Bücher

  • Vivien Marx: Das Samenbuch: alles über Spermien, Sex und Fruchtbarkeit. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1999
  • Robie H. Harris: Was jetzt kommt ist ... einfach irre!: ein Buch über Eier und Spermien, Geburt, Babys und Zusammenleben. Weinheim: Beltz & Gelberg, 2002

Spezielle Fachliteratur

  • WHO-Laborhandbuch zur Untersuchung des menschlichen Ejakulates und der Spermien-Zervikalschleim-Interaktion [World Health Organization]. Übers. von Eberhard Nieschlag. Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag 1999
  • Brigitte Reimesch: Untersuchungen zum Einfluss von Coenzym Q10 und einer Mischung aus Coenzym Q10 und Vitamin C, in vitro, auf die Beweglichkeit der Spermien. Diss. Erlangen-Nürnberg 2002
  • Steffen Klaus Meurer: Molekularbiologische und immunologische Charakterisierung von Chemorezeptoren in Säugetier-Spermien. Jülich: Forschungszentrum Jülich GmbH, 2002
  • Stefan Hans Uhlich: Vergleich von Spermien nach Präparation mit Glaswollfiltration oderPercoll-Dichtegradientenzentrifugation: eine elektronenmikroskopische Untersuchung. Diss. Ulm 1996
  • Andrea Wagner: Das funktionelle Spermienreservoir im Säugetier: Charakterisierung der kohlenhydratvermittelten Vorgänge der Spermien-Oviduktbindung beim Schwein. Elektronische Resource, 2001
  • Heike Rauhaus: Untersuchungen zur Morphologie und Lebend-Tot-Färbung von Spermien einiger Haustierarten. Diss. München 1990
  • Manuela Quandt: Inhibition und Stimulation der Spermienmigration im in vitro Spermien-Mukus-Interaktionsmodell. Diss. Heidelberg 1996
  • Dirk Schulze Bertelsbeck: Die Bedeutung von Spermienantikörpern in Serum und auf Spermien für die Diagnose der immunologisch bedingten Infertilität. Diss. Münster 1995
  • Johannes Solzin: Chemotaxis von Seeigel-Spermien: kinetische Messungen intrazellulärer Botenstoffe. Diss. Köln 1993
  • Ulrich Wirth: Spermien und Spermatogenese bei Nematoden und die Bedeutung der Spermien für die Phylogenetik der Metazoen. Diss. Freiburg 1983
  • Stephan Schulte-Wrede: Raster-Elektronenmikroskopie von Spermien des Hausschafs 'Ovis ammon aries L.'. Diss. München 1974
  • Olaf W. Dietz: Die Zahl der Spermien im Ejakulat des Ziegenbockes in der Abhängigkeit zur Sexualpause. Diss. Leipzig 1950

Siehe auch: Gamet, Spermatophore, Spermatogenese, Ejakulat, Hoden, Nebenhoden, Hodenkanälchen, Samenleiter