Acetylcystein

synthetische chemische Verbindung
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Strukturformel
NAC
Allgemeines
Name N-Acetyl-L-cystein
Andere Namen
  • L-α-acetamido-ϐ-mercaptoproprionsäure
  • 2-Acetylamino-3-sulfanylpropansäure
  • ACC
  • N-Acetylcystein (NAC)
Summenformel C5H9NO3S
CAS-Nummer 616-91-1
Kurzbeschreibung Weißer, kristalliner Feststoff
Eigenschaften
Molmasse 163,20 g/mol
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt 109-112 °C
Löslichkeit löslich in Wasser
Sicherheitshinweise
R- und S-Sätze R:

S:

MAK -
Vorlage:SI-Chemikalien

Acetylcystein (abgekürzt ACC) ist ein Arzneistoff, der gegen festsitzenden Husten wie er z.B. bei einer Bronchitis auftritt, eingesetzt wird. Es wirkt durch Spaltung der Disulfidbrücken des Sekrets in den Bronchien.

Die Wirksamkeit von Acetylcystein ist umstritten, manche Experten führen die schleimlösende Wirkung auf die vermehrte Einnahme von Wasser zurück.

Acetylcystein kann auch bei akuten Paracetamolüberdosierungen verabreicht werden, um Leberschäden abzuwenden. In diesem Fall wird NAC für 72 Stunden gegeben. Dabei ist die orale Gabe genauso wirksam wie die intravenöse und wird deshalb bevorzugt. Am effektivsten ist die Therapie, wenn sie in weniger als 8 Stunden nach Paracetamolaufnahme begonnen wird.

Als Antioxidans wird es z. B. in den USA auch als Nahrungsergänzungsmittel verkauft.

Acetylcystein stellt dem Körper Cystein zur Verfügung, welches er zur Bildung von Glutathion benötigt. Deshalb wird es gerne zur Entgiftung des Körpers, z. B. bei der Bekämpfung eines Alkohol-Katers eingesetzt, sowie bei HIV-Erkrankungen verabreicht, da hier oftmals ein Mangel an Glutathion im Gewebe festzustellen ist.

Bei längerer Einnahme von ACC wird zusätzlich Vitamin C empfohlen, um u. a. Nierensteinen vorzubeugen.


HIV/AIDS-Therapie mit NAC

Der Einsatz von Acetylcystein im Rahmen der HIV- und AIDS-Therapie wird bis heute sehr kontrovers diskutiert. Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien, die eine signifikante Verbesserung immunologischer Parameter und eine deutliche Senkung der Mortalität nach kurzfristiger Einnahme von NAC belegen (Herzenberg u.a. 1997; De Rosa u.a. 2000; Senlik 2002).

Unglücklicherweise ist die Behandlung von HIV- und AIDS-Patienten mit NAC/ACC ein Politikum, da die so genannten AIDS-Dissidenten seit vielen Jahren den Einsatz von NAC als Heilmittel propagieren und sich deren Hypothesen im Rahmen weiterer NAC-Studien und einer allgemein anerkannten NAC-Therapie als zutreffend erweisen könnten. Zu den Befürwortern einer NAC-Therapie aus dem Kreis der AIDS-Dissidenten gehört vor allem Dr. Heinrich Kremer, der die grundlegenden Wechselwirkungen zwischen dem Immunsystem in HIV/AIDS-Patienten und der Glutathion-Synthese durch NAC untersucht und veröffentlicht hat (Kremer, 2006).

Folgende Effekte durch Verabreichung von N-acetylcystein konnten in HIV/AIDS-Patienten nachgewiesen werden (Herzenberg u.a. 1997; De Rosa u.a. 2000; Senlik 2002):

- signifikante Steigerung der T-Zellaktivität

- Erhöhung der NK-Zellaktivität (Killerzellen)

- deutliche Erhöhung der Körperzellmasse

- deutliche Senkung der Mortalität

Bisher wurden jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf die Surrogatmarker des HIV-Krankheitsverlaufes wie Viruslast oder Anzahl der CD4-Zellen bestätigt. Paradoxerweise kommt es somit zu einer Stabilisierung und Aktivierung des Immunsystems und zu einer erheblichen Verbesserung der Überlebenschancen durch eine NAC-Therapie, obwohl die Surrogatmarker nicht wesentlich beeinflusst werden. Dieser scheinbare Widerspruch wird jedoch aufgelöst durch aktuelle Veröffentlichungen im Bereich der HIV/AIDS-Forschung, die den von der herrschenden Meinung bisher unterstellten Zusammenhang zwischen tatsächlichem Krankheitsverlauf und Surrogatmarkern wie der Viruslast wieder in Frage stellen (Rodríguez u.a. 2006, Henry u.a. 2006, May u.a. 2006).

Quellen

  • Herzenberg LA, De Rosa SC, Dubs JG, Roederer M, Anderson MT, Ela SW, Deresinski SC: Glutathione deficiency is associated with impaired survival in HIV disease, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, Vol. 94, pp. 1967–1972, March 1997. Fulltext. PMID: 9050888
  • De Rosa SC, Zaretsky MD, Dubs JG, Roederer M, Anderson M, Green A, Mitra D, Watanabe N, Nakamura H, Tjioe I, Deresinski SC, Moore WA, Ela SW, Parks D, Herzenberg LA, N-acetylcysteine replenishes glutathione in HIV infection, European Journal of Clinical Investigation (2000) 30, 915 Fulltext. PMID: 11029607
  • Senlik S, Untersuchungen zur Proteinkatabolie bei HIV-Infektion und eine randomisierte Studie zur Wirkung von N-Acetyl-Cystein auf biochemische und immunologische Parameter bei HIV-Patienten ohne antivirale Therapie, Dissertation, 2002, Universität Heidelberg Kurzfassung
  • Kremer H. Die stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin, 6. Auflage, Ehlers 2006, ISBN: 3934196632
  • Rodríguez B, Sethi AK, Cheruvu VK, Mackay W, Bosch RJ, Kitahata M, Boswell S, Mathews WC, Bangsberg DR, Martin J, Whalen CC, Sieg S, Yadavalli S, Deeks SG, Lederman MM, Predictive Value of Plasma HIV RNA Level on Rate of CD4 T-Cell Decline in Untreated HIV Infection, JAMA. 2006; 296: 1498-1506 PMID:17003398
  • Henry WK, Tebas P, Lane C, Explaining, Predicting, and Treating HIV-Associated CD4 Cell Loss. After 25 Years Still a Puzzle, JAMA. 2006;296:1523-1525. PMID:17003402
  • May MT, Sterne JA, Costagliola D, Sabin CA, Phillips AN, Justice AC, Dabis F, Gill J, Lundgren J, Hogg RS, de Wolf F, Fätkenheuer G, Staszewski S, D’Arminio Monforte A, Egger M, HIV treatment response and prognosis in Europe and North America in the first decade of highly active antiretroviral therapy: a collaborative analysis, Lancet. 2006 Aug 5; 368(9534): 451-8 Fulltext PMID: 16890831