Dura Europos war eine griechische Stadt, die um 300 v. Chr. auf Anweisung von Seleukos I. (312 - 280 v. Chr.), gegründet wurde. Ob es eine indigene Vorgängersiedlung gab, ist bislang nicht geklärt. Sie war eine wichtige Handelsstadt. Hier traf die Karawanenroute vom Mittelmeer, über Palmyra auf den Euphrat.

Geschichte
Sie liegt im heutigen Syrien am Euphrat, kurz vor der Grenze zum Irak. Ihre ersten Siedler waren wahrscheinlich altgediente Veteranen, die Kleruchoi, die hier ein Stück Land zum Dank für ihre Dienste erhalten hatten. Als eigentlicher Gründer gilt Nikanor, von dem aber weiter nichts bekannt ist. Vielleicht war er ein Verwandter von Seleukos I. Sie erhielt zunächst den Namen Europos, wohl nach dem Heimatort von Seleukos I. Die zunächst kleine Stadt erhielt nach dem altbewährten Schema des griechischen Baumeisters Hippodamos ein rechtwinkliges Straßennetz. Obwohl die Stadt besser befestigt wurde, konnten die Parther die Stadt um 114 v. Chr. erstmals erobern. In parthischer Zeit erhielt sie den Namenszusatz Dura. Die Stadt wurde Sitz einer Militäreinheit. Als Grenzstadt zwischen Rom und den Parthern wechselte die Stadt in den nächsten drei- bis vierhundert Jahren wiederholt den Besitzer und war von großer administrativer und ökonomischer Bedeutung für die Region. Um 115 wurde sie von Trajan erobert, fiel aber kurze Zeit darauf, noch vor dem Tode des Kaisers wieder an die Parther um dann kurz nach 165 wieder an die Römer zu fallen. Sie wurde nun in die Provinz Mesopotamia eingegliedert. Seit 194 war sie Teil der Provinz Syria Koile. Unter den Römern wurde im Norden der Stadt ein Militärlager eingerichtet. In den Jahren 253 und 256 n. Chr. wurde die Stadt von den Sassaniden erobert. Im Jahr 273 wurde sie verlassen, anscheinend weil der Euphrat seinen Lauf geändert hatte.
In parthischer Zeit wurde die Stadt von einem Strategos, dem die zivile und militärische Verwaltung unterstand, verwaltet. Es handelt sich um ein griechisches Amt. Es ist jedoch bisher noch nicht für die seleukidische Periode bezeugt. In römischer Zeit hatte der Dux Ripae seinen Sitz in Dura Europos. Ihm unterstand die Verteidigung der syrischen Grenze.
Wichtige Bauten
Es sind nur wenige Baureste aus der seleukidischen Zeit erhalten. Der Stadtplan stammt zweifellos aus dieser Periode. In der Mitte der Stadt befand sich eine große Agora. Hier standen auch griechische Tempel der Artemis und des Apollon. Im Osten befand sich die Akropolis, die kein eigentlicher Berg war, sondern ein durch ein Wadi abgetrennter Stadtteil. Hier stand ein Palast und ein Tempel, wohl für Zeus Olympius.
Die parthische Stadt scheint sich zunächst wenig geändert zu haben. Im Laufe der Zeit wurden griechische Bauten jedoch durch solche im parthischen Stil ersetzt. Die Stadt hatte nun eine ausgesprochen große Zahl wichtiger Tempel, in denen ganz unterschiedliche Gottheiten verehrt wurden. Diese kamen aus dem griechischen und syrisch-parthischen Raum und spiegeln in ihrer Vielfalt den kosmopolitischen Charakter der Stadt wieder.
Tempel
Dura war offenbar ein Ort religiöser Vielfalt; neben zahlreichen Tempeln für griechisch-römische und orientalische Gottheiten finden sich dort auch Synagogen und ein Mithräum.
Der Tempel des Baal (auch als Tempel der Palmyrischen Gottheiten bekannt) wurde in einer Ecke der Stadtmauer gebaut. Es lassen sich mehrere Bauphasen unterscheiden. Um einen Hof befanden sich hier diverse Räume. Der eigentliche Tempel stand im Norden und war durch vier Säulen gekennzeichnet. Dahinter befanden sich zwei Räume, von denen der hintere das Allerheiligste war. Dieses war einst reich mit Wandmalereien dekoriert. Hier stand auch ein Schrein, der wohl das Kultbild enthielt.
Nach etwa dem gleichen Prinzip ist der Tempel der Atargatis, in der Mitte der Stadt, errichtet worden. Der Tempel hatte in der Mitte einen großen Hof, einen monumentalen Eingang und ein Allerheiligstes mit drei Naoi. Um den Hof fanden sich wiederum zahlreiche kleine Räume, einige von ihnen waren wohl Schreine, die diversen Gottheiten geweiht waren. Atargatis, war die Gemahlin und Mutter des Adonis und des Hadad. Diesen Gottheiten gehörten sicherlich die beiden anderen der Naoi.
Im Südosten, abgetrennt von dem Rest der Stadt durch einen Wadi, stand anscheinend die Akropolis der griechischen Stadt. Von den Tempeln dieser Zeit ist jedoch kaum noch etwas erhalten.
Der Tempel des Zeus Theos wurde im zweiten Jahrhundert errichtet. Es handelt sich um eines der wichtigsten Tempel der Stadt. Der Bau hatte einen monumentalen Hof und in diesem einen großen Naos. Dessen Malereien konnten weitgehend wiedergewonnen werden. An der Rückwand war die Kultfigur des Gottes dargestellt. Sie stand neben einen Streitwagen und wurde von zwei Niken gekrönt. An den Seitenwänden des Saales befinden sich in drei Registern die Bilder der Spender und deren Familienmitglieder, die diesen Tempel finanziert hatten. Der Bau war darüberhinaus auch reich mit Skulpturen ausgestattet.
Neben den großen Tempeln der Stadt gab es verschieden kleine Heiligtümer von verschiedenen Sekten. Mithras hatte ein [[*Mithräum, wobei dieser orientalische Gott nicht etwa von den Parthern verehrt wurde, sondern von den römischen Soldaten. Es gab eine reich ausgestattete Synagoge, die den Wohlstand der jüdischen Gemeinschaft in dieser Stadt bezeugt. Die christliche Kirche, die in ein Privathaus hineingebaut war, ist dagegen vergleichsweise Bescheiden ausgestattet.
Paläste
Etwas ausserhalb der Stadt, nahe am Euphrat stand ein weiterer großer Palast, in dem vielleicht ein parthischer Strategos resiedierte und der das Strategion auf der Akropolis ablöste. Dieser Bau ist leider nur schlecht erhalten, da ein bedeutender Teil mit dem Ufer in den Euphrat abrutschte. Immerhin scheint in der Mitte der Anlage ein Peristyl gestanden zu haben. Zum Fluss hin gab es eventuell Iwane.
Im Norden der Stadt befand sich auch der Palast des Dux Ripae. Es handelt sich um das größte Gebäude der Stadt in römischer Zeit und bestand aus einer großen Palästra und dem eigentlichen Bau mit einem Peristyl in der Mitte.
Auf der Akropolis stand auch ein großes Peristylhaus, das versuchsweise als das Strategion (Palast des Strategos) von Dura Europos identifiziert wurde. Der erste Bau datiert ins dritte vorchristliche Jahrhundert und wurde danach mehrmals erweitert und behielt dabei seinen griechischen Charakter.
Wohnbauten
Es wurde eine Große Anzahl von Wohnbauten ergraben. Diese datieren zum großen Teil in die parthische Zeit der Stadt, kaum eines kann in die hellenistische Zeit eingeordnet werden, nur wenige neue Häuser wurden unter den Römern erbaut. Die Häuser variieren in Größe und Ausstattung. Das größte gehörte einer Familie, die über mehrere Generationen das Amt des Strategos stellte. Die Namen Lysisas und Lysanias erscheinen auf einem Grafitto, das in das Jahr 159 datiert. Das Haus hatte zwei Höfe, der einen für die Männer, der ander für die Frauengemächer. Es fanden sich Ställe, Toiletten und ein Bad.
Andere Häuser sind kleiner, jedoch meist nach dem selben Schema errichtet. Sie haben einen offenen Hof. Zu dem Hof öffneten sich die meisten Räume des Hauses, wie die Küche, ein Empfangsraum. Hier waren auch die Ställe und Vorratsräume. Um den Hof befanden sich oftmals Bänke. Eine Treppe führte auf ein flaches Dach. Die Wände der Häuser waren teilweise bemalt, meist mit Nachahmungen von Marmor. Figürliche Darstellungen zeigen Bankette, Jagd- und Kriegsszenen.
Erforschung
Die Stätte blieb dann, bis man sie in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wiederentdeckte, verlassen und unter Sand begraben. Der Ort wurde zuerst 1921 von Captain Murphy von der Britischen Armee angegraben. In den folgenden Jahren folgten zwei Kampagnien von dem Franzosen F. Cumont, schliesslich gab es systematische Ausgrabungen der Yale University mit der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres unter der Oberleitung von Michael Rostovtzeff (1928-1937). Der Ort war für die Archäologie ein zweites Pompeji. Die Fresken der (bislang) nachweislich ältesten christlichen Kirche oder besser Haus der Kirchengemeinde (griech: oikos tes eklesias), datiert auf ca. 232, befinden sich heute in der Yale Gallery in New Haven, USA. In Dura Europos wurden auch gut erhaltene Pferdepanzer von Kataphrakten bzw. Clibanariern und zahlreiche Helme gefunden, die wohl während der letzten Kämpfe um die Stadt verloren gingen.
Bemerkenswert sind auch die vielen erhaltenen Schriftstücke, die auf Papyrus und Pergament geschrieben wurden. Es fanden sich einige literarische und religiöse Texte, aber vor allem Verwaltungs- und Geschäftsurkunden. Die verwendeten Sprachen sind Latein (die Verwaltungsurkunden) und griechisch für die Geschäftsurkunden. Daneben sind aramäisch, syrisch und Pahlavi bezeugt. Es fand sich auch ein Gebet in Hebräisch.
Heute allerdings sind viele Funde durch Witterung und Vandalismus verloren, auch die Fresken können nur noch in einer Kopie betrachtet werden, da die Originale durch das Klima an der Lagerstätte in den USA zerstört wurden.
Literatur
- Clark Hopkins: The Discovery of Dura-Europos, New Haven, Conn. 1979.
- Michael I. Rostovtzeff (Hrsg.): The Excavations at Dura-Europos. Preliminary Reports, 9 Bde., New Haven, Conn. 1929–52.
- Michael Rostovtzeff: Dura Europos and its Art Oxford 1938
Weblinks
- Dura Europos. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – mit Literaturangaben).
- Populärwissenschaftlicher Beitrag des ZDF