Leben
Leben ist etwas Komplexes, das von den Denkern der Menschheitsgeschichte seit mehr als 4000 Jahren erörtert wird (s. biblische Kosmogonie Genesis). Die Komplexität ist unter anderem dadurch bedingt, dass in den Begriff Leben schwer fassbare Sachverhalte miteinfließen wie vor allem das metaphysische Verständnis von Geist, Körper und Seele. Diesbezüglich religiöse Erklärungen sind zwar heute noch üblich - u.a. das Über-'Leben' der Seele als 'reiner Geist', nach dem Zerfall des Leibes -, sie werden aber von der Naturwissenschaft nicht akzeptiert. Allerdings weisen auch deren Ansätze Schwachpunkte auf, die zu Widersprüchen führen, so die Neigung, religiöse und metaphysische Konzepte zur Klärung etwa der Begriffe Geist und Seele nicht hinreichend genau zu differenzieren, bzw. beide für ungültig zu erklären. Auf diese Weise wird die Forschung auf das rein Empirische messbarer 'Körper' oder Strukturen reduziert. Dieser Artikel ist der Versuch eines Überblicks auf die verschiedenen Herangehensweisen, ihre Problematik oder auch Vorteilhaftigkeit.
Philosophie
In der modernen Philosophie, die sich von der Metaphysik wieder zu distanzieren scheint, ist Leben das Wesen nur des Organischen. Die Vertreter der ab dem 19. Jahrhundert als solcher formulierten Lebensphilosophie verstehen hingegen unter dem "Wesen" des Lebens die Lebenskraft, ein Begriff, den sie seit dem Zeitalter der Aufklärung verwenden. Zur Lebensphilosophie gehören Immanuel Kant mit seiner Magisterschrift Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte, Henri Bergson (s. „élan vital“), sowie zum Teil Sigmund Freud, der die Lebenskraft auch „Lebenstrieb“ genannt und sie in dem Lustprinzip des „Es“ als dem wesentlichsten, eigentlich "seelischen" Aspekt seiner Lehre verankert hat. Diese Entdeckung wurde auf dem "Königsweg" ins "Unbewusste" gewonnen, der Traumdeutung; damit erfüllt Freud die Forderung der Lebensphilosophie, dass ein umgreifendes Leben nicht allein anhand rationaler Logik erkennbar sei: ebenso müssen auch die psychischen Elemente des Intuitiven, der spontanen Schöpferigkeit, mithinzugezogen werden. Rationale Vernunft ohne intuitiven Verstand ist hohl, das Gemüht ohne kritisches Vermögen blind (Kant).
Antike Philosophie
In der Antike können u.a. Heraklit, Sokrates, Platon und Aristoteles zu den Lebensphilosophen gerechnet werden; diese Epoche kannte jedoch nicht die Leistung oder auch Problematik der modernen Naturwissenschaft, das Lebens auf speziell geformte Moleküle: die organische Materie - eingrenzen und so sein Wesen bestimmen zu wollen. So galt in der Antike jede Art von Bewegung als Ausdruck der Lebendigkeit, und in desto geregelteren Bahnen sie verlief, als desto göttlicher erachtet man es, wie bei den Planeten und dem strahelnden Helios. Für Platon ist die pure „dynamis“ wesensidentisch des Lebens /s.a. oben, metaphysische Entität). In seiner Schrift De Anima bestimmt Aristoteles das Belebte näher als das Beseelte und unternimmt damit den Schritt zum Entwurf einer Entwicklungspsychologie (griech. „psyche“; Seele). Er unterscheidet grob drei verschiedene Stufen von Leben und Phasen der Entwicklung im Menschen, die er nach ihren Seelenvermögen hierarchisch anordnet:
- auf der untersten Stufe steht das allein durch Ernährung und Wachstum bestimmte Leben der Pflanzen, das er dem auf äußere Versorgung angewiesenen Säuglingsalter des Zoon politcon ('homo sapiens') zurechnet;
- darauf folgt das zusätzlich durch aktive Sinneswahrnehmung und willentliche Fortbewegung bestimmte Leben der Tiere, dem die Zeit vom Kleinkindalter bis Pubertätsende entsprechen soll;
- auf der obersten Stufe befindet sich das darüberhinaus durch Denken bestimmte Leben des Menschen, wie es ab der Adoleszenz voll erwache und im reifen Philosophen zur Blüte gelange, dessen Seele alle drei Aspekte in sich vereinige: 1-Vegetatives Bedürfnis nach Energie (Nahrung), 2- Animalische Durchsetzungskraft ('Körper') und 3- Menschlicher Intellekt ('Geist').
Das „lebendige“ Feuer
Von jeher gilt Feuer als Symbol für das Leben; Feurigkeit stellt einen weitbekannten Ausdruck sprühender Vitalität dar. So heißt es in einem der Kernsätze von Heraklits Schrift:
- „Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, hat kein Gott und kein Mensch geschaffen, sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer, nach Maßen erglimmend und nach Maßen erlöschend.“
Dies Feuer ist der in allen Dingen verborgene „logos“, dessen lustvolles Ersterben die Welt (auch bei Thales im Element Wasser verankert) erschafft, um über die Weltvernichtung erneut zu erglimmen „nach Maßen“. Insofern ein eher metaphysisches, mystisches Konzept wie auch das „Unbegrenzte“ in Anaximanders Lehre, dürfte es also für dies lebendige Feuer keine Entsprechung unter den Phänomenen geben. Dennoch existierenoffensichtliche Analogien zwischen den Flammen eines gewöhnlichen Feuers und den zum größten Teil aus Wasser (Archetyp der Seele) bestehenden Lebewesen:
- Feuer hat eine Art „Stoffwechsel“:Kohlenwasserstoff- Verbindungen werden zu Kohlendioxid und Wasser oxidiert, wobei Energie in Form von Wärme entsteht.
- Es „wächst“ und „pflanzt“ sich fort, solange es „genährt“ wird.
- Es bildet ein Fließgleichgewicht zwischen Nahrungsaufnahme und Abgabe der Endprodukte bei ständiger Erneuerung der Körpersubstanz.
- Es reagiert auf äußere Einflüsse.
Interessant ist, dass der Buddhismus in seiner Nicht-Selbst-Lehre (an-atta) die Wiedergeburt einer individuellen Seele zwar verneint, sich aber bei der Erklärung des Phänomens der Vererbung von Eigenschaften einer Generation zur nächsten ebenfalls des Vergleichs mit dem Feuer bedient, das vom Verstorbenen auf den oder die (möglicherweise mehreren) Wiedergeborenen übergehe. Dagegen wird von Seiten der Naturwissenschaft argumentiert: dies ist eine nicht zu belegende Hypothese. Das Argument entkräftet sich jedoch durch die Gleichsetzung des Feuers mit dem Wesen der reinen Energie (E), wie es u.a. von Einstein in seiner Formel E=mc² symbolisch verwendet wird. In der Tat gründet die gesamte moderne Physik auf dieser Energie - ein Sachverhalt, der nach ihrer eigenen Definition nicht direkt empirisch zu registrieren ist,* sondern auf dem Umweg der Vermessung konkreter Phänomene erschlossen und in definierten „Maßen“ festgelegt oder vereinbart werden muss. (* So auch der heraklitische „logos“ als die "verborgene Fügung". Weiteres: Heraklits Lehre
Wie schwer oder unmöglich es ist, diese 'Vorstellung' eines verborgenen Sinns, die der Lebensphilosoph Immanuel Kant als „noumenal“ bezeichnet (im Gegensatz zu den „phänomenon“), an etwas Dinglichem festzumachen, zeigt auch die philosophische Debatte im Bereich der Vis vitalis - die Annahme einer „Lebenskraft“, die für die Umwandlung anorganischer in organische Materie verantwortlich gemacht wird, und eine Hypothese darstellt, die empirisch nicht zu widerlegen ist. Der Umstand, dass sich anorganische Stoffe im Labor künstlich in organische Moleküle verwandeln lassen, stellt keine korrekte Widerlegung dar, da es sich bei dem Laborant um ein lebendiges Wesen handelt. Es ist dessen Lebendigkeit, die das Anorganische in einen organischen Stoff verwandelt, und stellt solche Synthese ohnehin einen Vorgang dar, der in jedem Augenblick im „Laboratorium“ aller lebendigen Zellen stattfindet.
Metaphysik des Lebens
Nach gängiger Auffassung der Naturwissenschaft wird angenommen, dass das Leben sich aus unbelebter Materie immer wieder neu bildet. In der Vergangenheit wurde als Beleg für diese These der sog. Heu-Wasseraufguss angeführt, der Umstand nämlich, dass sich sterilisiertes Wasser, nachdem es mit frischem Heu 'infiziert' wurde, binnen kurzer Zeit (bei Raumtemperatur) in ein von Bakterien und anderen Mikoorganismen wimmelndes Biotop verwandelt. Diesen Vorgang haben etwas überoptimistische Laboranten als „Urzeugung“ bezeichnet. Louis Pasteur wiederum glaubte, deren Hoffnung, „Schöpfer“ (wie Gott) geworden zu sein, durch die vorherige Sterilisation des Heus experimentell ad absurdum geführt haben (das Biotop blieb aus, wie in pateurisierter Milch), jedoch scheinen die heutigen Möglichkeiten, anorganische in belebte Materie zu verwandeln, abermals auf das Gegenteil hinzudeuten (s.a. Vis vitalis.) Offenbar gibt es keine eindeutige empirische (naturwissenschaftliche) Erklärung des „Lebens“ zu gewinnen. Schon Kant wies darauf hin, dass es sich bei dem Leben um kein Phänomen (Molekül, Lebewesen usw.) handelt. Anstatt dessen vermutete er hinter dem richtig verstandenen Begriff das Wirken einer noumenalen Kraft. Dies bei ihm sog. „Ding an sich“ - Wille nach Schopenhauer, dynamis, elan vital, Libido bei Freud, heraklitisches Feuer, Energie, Schöpferkraft - lässt sich demnach spüren und erschafft es die Phänomene (Lebewesen wie anorganische Moleküle), es kann aber nicht direkt gemessen werden. Die Naturwissenschaft nimmt dies nicht zur Kenntnis. Tatsächlich stellt es auch eine Aufgabe erst der Philosophie dar, diesen 'Sach'verhalt - die Instanz, aus der sich bei Sokrates die Stimme seines Daimonions meldete, bei uns die Träume und die Empfindungen aller Triebe - mit den Mitteln der Erkenntnismetaphsysik und psychoanalystischen Traumdeutung zu klären. (Text aus Leben - Was ist das? )
Westliche Philosophie der Neuzeit
In der Neuzeit entwickeln sich zwei gegensätzliche Grundauffassungen:
- Mechanismus: Leben lässt sich allein aus den Gesetzmäßigkeiten der Bewegung der Materie vollständig erklären. (siehe auch: Materialismus und Physikalismus)
- Vitalismus: Leben kommt nur den organischen Erscheinungsformen zu und unterscheidet sich qualitativ von anorganischen Erscheinungsformen: Alles Lebendige zeichnet sich durch eine zielgerichtet formende Lebenskraft (vis vitalis) aus. (siehe auch: Idealismus). Lange Zeit wurde die Auffassung in der Biologie vertreten, dass im Zellsaft, im Protoplasma, diese besondere Lebenskraft stecken würde. In Anlehnung an religiöse Vorstellungen wurde angenommen, dass es „belebte“ und „unbelebte“ Materie gebe. Diese Vorstellung spiegelt sich noch in der Wortwahl „organische Chemie“ und „anorganische Chemie“ wieder. Heute ist jedoch bekannt, dass jede organische Substanz aus anorganischen Bestandteilen hergestellt werden kann (erstmals: Harnstoffsynthese durch Friedrich Wöhler).
Der Organizismus kann als Synthese dieser beiden Ansätze angesehen werden: Demnach lassen sich Lebensvorgänge zwar durch die Prinzipien der Physik und Chemie erklären. Lebewesen würden aber auch Eigenschaften besitzen, die unbelebte Materie nicht aufweist. Dies wären emergente Eigenschaften, die sich einerseits aus der Komplexität von Lebewesen, andererseits durch die besondere Rolle ihres genetischen Programms ergeben sollen.
Nach Ernst Mayr ist der Begriff „Leben“ nur der zum Ding gemachte Vorgang „Leben“, und existiert nicht als selbständige Entität.
Naturwissenschaft
Naturwissenschaftliche Definitionen von Leben sind Beschreibungen von charakteristischen Merkmalen, die in ihrer Gesamtheit ein Lebewesen definieren. Dazu zählen: Energieaustausch mit der Umgebung, Stoffaustausch mit der Umgebung, Informationsaustausch, Reaktion auf Umweltveränderungen, Wachstum, Fortpflanzung. Einige dieser Merkmale findet man auch bei technischen, physikalischen und chemischen Systemen, andere Merkmale sind nur den biologischen Lebewesen zu eigen.
Bisher ist nur das auf den Nukleinsäuren RNA und DNA beruhende Leben bekannt, welches auf dem Planeten Erde vor etwa 3,5 bis 3,9 Milliarden begann. Alle bekannten Lebensformen - Bakterien, Archaeen, Protisten, Pflanzen, Pilze, Tiere - verwenden die gleichen lebenstypischen Makromoleküle (Nukleinsäuren und Proteine), die fünf Nukleotide und die 20 Aminosäuren, sowie den selben, universell gültigen genetischen Code. Grundsätzlich ist jedoch nicht auszuschließen, dass Leben im Universum auch auf anderen chemischen Substanzen beruhen kann (siehe Kohlenstoffchauvinismus). Für mehr über die Anfänge des präbiotischen Lebens auf der Erde siehe den Artikel chemische Evolution.
Die ältesten direkten, allerdings umstrittenen Hinweise auf Leben auf der Erde, die als versteinerte Cyanobakterien gedeutet werden, sind 3,5 Milliarden Jahre alt. Die ältesten eindeutigen Lebensspuren sind 1,9 Milliarden Jahre alte fossile Bakterien. Im Lauf der Jahrmilliarden entwickelten sich aus vergleichsweise einfachen immer komplexere Lebewesen (siehe biologische Evolution).
Die Biologie untersucht die Eigenschaften und Merkmale aller Lebensformen.
Die Biophysik untersucht bestimmte Teilaspekte auf der Grundlage physikalisch-chemischer Prozesse.
Die Biosemiotik untersucht die Zeichenprozesse (signaling processes) in und zwischen lebenden Organismen
Definitionen von „Beginn des Lebens“
Wird für Lebewesen das genetische Programm, seine Funktionalität und seine Entwicklung als essentiell angenommen, dann ergibt sich für den Beginn des Lebens der Zeitpunkt, zu dem Moleküle als Träger des Programms und weitere Hilfsmoleküle zur Realisierung, Vervielfältigung und Anpassung dieses Programms erstmalig zusammentreten, so dass ein System entsteht, das charakteristische Eigenschaften von Leben trägt.
Die phylogenetische Perspektive auf die Entstehung des Lebens beinhaltet die Frage, wann und wie Leben auf der Erde entstanden ist, und auf welche Art die ersten lebenden Systeme in einer unbelebten Umwelt entstanden sind (siehe den vorhergehenden Abschnitt).
Die ontogenetische Perspektive auf die Entstehung des Lebens beinhaltet die Frage, wie sich ein Organismus entwickelt (z. B. aus einer befruchteten Eizelle). Man spricht hier auch vom „Beginn des Lebens“, obwohl es sich hier um eine Kontinuität des Lebens im Laufe von Generationen handelt.
Die Biosemiotische Perspektive auf die Entstehung des Lebens geht davon aus, dass die Entstehung des Lebens zusammen mit der Entstehung von Zeichenprozessen verbunden ist.
Daraus ergibt sich eine Möglichkeit zur Definition von Entstehung (und Ende) von Leben:
Leben beginnt dann, wenn die charakteristischen Eigenschaften der Lebewesen entstehen, Leben endet dann, wenn diese Eigenschaften wieder verschwinden, also der Tod eintritt.
Ob eine wasserfeste Definition von „Leben“ erforderlich ist, um den Beginn des Lebens zu verstehen, ist immer noch umstritten. Fraglos ist aber, dass „Leben“, und damit der Beginn des Lebens in unterschiedlichen Kontexten, unterschiedlich aufgefasst werden. Deswegen tritt an die Stelle einer allgemeingültigen Definition eine Vielfalt von Auffassungen, die unter anderem durch Weltanschauung, Ethos, Religion, Moral oder Pragmatismus beschrieben sind.
Religion
Unterschiedliche Religionen sehen im Leben eine von unbelebter Materie zu unterscheidende Daseinsform, die nur aufgrund übernatürlicher Intervention entstanden sein kann. Das Leben (oder zumindest das menschliche Leben) wird dann oft als etwas Besonderes (Heiliges) angesehen. Die Theorie, dass das Leben durch einen Gott erschaffen wurde, wird Kreationismus genannt. Die Anhänger dieser Theorie erheben einen wissenschaftlichen Anspruch. Sie ist in den USA wie auch in verschiedenen islamischen und jüdischen Glaubengemeinschaften stark verbreitet.
Die Vorstellung vieler Religionen vom Ewigen Leben kann aufgrund des unausweichlichen biologischen Todes nicht wissenschaftlich behandelt werden. Aus Sicht der Wissenschaft stellt sie allenfalls eine Hypothese dar, die auf der ebenfalls hypothetischen Annahme einer dem Körper innewohnenden, von ihm aber unabhängig existenzfähigen geistigen Entität (Seele, Atman etc.) beruht. Auch das gesamte Leben auf der Erde findet durch die stetig ansteigende Temperatur und Größe der Sonne nach den heutigen Modellen der Sternentwicklung sich einstellende Aufblähung in spätestens ein bis fünf Milliarden Jahren sein unausweichliches Ende.
Die Ansicht vieler Religionen, Leben oder menschliches Leben sei heilig und daher prinzipiell erhaltenswürdig, ist nicht mittels Biologie begründbar. Denn es sind auch Lebewesen bekannt, die nur so lange überleben, bis sie sich fortgepflanzt haben. Hier scheint die Erhaltung des genetischen Codes einer Art das Hauptziel der Fortpflanzung zu sein. Das einzelne Individuum ist ein Teil dieser Fortpflanzungsstrategie, aber es wird nach Erfüllung seiner biologischen Funktion weniger wichtig. Es altert und stirbt.
Spekulation über extraterrestrisches Leben
In Gesteinen vom Planeten Mars wurden Spuren gefunden, die als versteinerte Bakterien gedeutet werden können. Diese Deutung ist aber umstritten. Ein definitiver Hinweis auf extraterrestrisches Leben konnte trotz intensiver Forschung noch nicht erbracht werden. (Siehe auch Exobiologie, chemische Evolution und Kosmochemie).
Künstliches Leben
Die Frage nach künstlichem Leben ist zweiteilig:
- die Herstellung eines bekannten Lebewesens im Labor und
- die Herstellung neuer Lebensformen, auch nichtorganisch.
1. Obwohl man nicht erwartet, mehrzellige Organismen in naher Zukunft zu erzeugen, ist es schon gelungen, das Poliovirus im Labor herzustellen. Damit ist es zwar geglückt, ein biologisches System zu erzeugen. Es konnte aber dabei nicht auf die Mithilfe von Zellen verzichtet werden. Viren zeigen nicht alle Kennzeichen von Leben, sind nach verschiedenen Definitionen also keine Lebewesen.
2. Es gibt Vorstellungen, dass komplexe Computersysteme künstliche Intelligenz und künstliches Leben zeigen können (siehe KI und KL).
Simulationen von Lebensäußerungen
- John Horton Conways Spiel des Lebens ist ein Beispiel für die Simulation von Populationsentwicklung.
- Eliza von Joseph Weizenbaum simuliert einen Gesprächspartner, indem es Verhaltensweisen nachahmt, die ursprünglich von Psychotherapeuten entwickelt wurden, um ihre Patienten zu Reaktionen zu animieren.
Zitate
- „Rücken wir bis an die letzten Grenzen vor, an denen es noch Elemente mit dem Charakter der Totalität oder wenn man will, der Einheit gibt, so bleiben wir bei den Zellen stehen. ... Ich kann nicht anders sagen, als dass sie die vitalen Elemente sind, aus denen sich die Gewebe, die Organe, die Systeme, das ganze Individuum zusammensetzen“ - Rudolf Virchow
- „Leben ist, wenn eine Entität von sich eine Kopie aufgrund von Teilen herstellen kann, die alle sehr viel einfacher sind als sie selbst.“ - Carl Woese
- „Ein Netzwerk aus unteren negativen Feedbacks, die einem höheren positiven Feedback untergeordnet sind.“ - Bernard Korzeniewski (Damit ist ein System beschrieben, das keineswegs einzelne verkörperte Lebewesen als Leben kennzeichnet, sondern ganz allgemein sich so verhält, dass es seine Identität aufrechterhält oder reproduziert.)
- „Omne vivum e vivo“ („Alles Leben stammt von Leben ab“) - Louis Pasteur (Lebewesen können unter den derzeit herrschenden Bedingungen auf der Erde nicht spontan aus unbelebter Materie entstehen. Die spontane Lebensentstehung auf der Erde unter den Bedingungen der Uratmosphäre wird damit allerdings nicht ausgeschlossen.)
- „Wir können im Leben höchstens eine große Erfahrung haben, und das Geheimnis des Lebens ist, diese Erfahrung so oft wie möglich wieder zu haben.“ (Oscar Wilde)
Siehe auch
Literatur
Monographien
- Lynn Margulis, Dorion Sagan: Leben: Vom Ursprung zur Vielfalt. Spektrum Verlag 1997.
- Erwin Schrödinger: Was ist Leben?. Piper Verlag GmbH, ISBN 3-492-21134-8.
- Sven P. Thoms: Ursprung des Lebens. Fischer, Frankfurt 2005.
- Steven Levy: KL. Künstliches Leben aus dem Computer.
- James Lovelock: Gaia. Scherz Verlag, 1993. (Der Autor vertritt die These, die Erde sei ein Lebewesen.)
- Bruno Vollmert: Das Molekül und das Leben. Vom makromolekularen Ursprung des Lebens: Was Darwin nicht wissen konnte und Darwinisten nicht wissen wollen. Reinbek bei Hamburg 1985.
- M. Eigen: Stufen zum Leben. Piper, München-Zürich 1987.
- G. Witzany: Explanatory defitics in Manfred Eigen's concept of language and communication. From the logic of 'molecular syntax' to molecular pragmatism. In: Life:The Communicative Structure, Libri Books on Demand Nordersted 2000, pp. 109-132.
- S. W. Fox und K. Dose: Molecular evolution and the origin of life. W. H. Freeman and Comp., San Francisco 1972.
- R. W. Kaplan: Der Ursprung des Lebens. G. Thieme Verlag, Stuttgart 1978 (2. Aufl.).
- S. L. Miller, L. E. Orgel: The origins of life on the earth. Englewood Cliffs N. J.: Prentice-Hall, 1974
- L. E. Orgel: The origin of life. Molecules and natural selection. Chapman and Hall, London 1973.
- A. J. Oparin: Die Entstehung des Lebens auf der Erde. (dt. Übers. der 2. Aufl. aus d. Russ.) Volk und Wissen Verlag, Berlin-Leipzig 1949.
Artikel
- M. Eigen: Selforganization of matter and the evolution of biological macromolecules. Naturwissenschaften 58, 465-523 (1971).
- M. Eigen, P. Schuster: The hypercycle. Naturwissenschaften 64, 541-565 (1977) .
- S. W. Fox: Origin of the cell: Experiments and premises. Naturwissenschaften 60, 359-368 (1973).
- S. W. Fox: Metabolic microspheres. Origins and evolution. Naturwissenschaften 67, 378-383 (1980).
- M. K. Hecht, W. C. Steere, B. Wallace: Evolutionary Biology. Vol. 11. Plenum Press, New York, London 1978.
- S. L. Miller: A production of amino acids under possible primitive earth conditions. Science 117, 528-529 (1953).
- S. L. Miller: Production of some organic compounds under possible primitive earth conditions. J. Amer. Chem. Soc. 77, 2351-2361 (1955).
- S. L. Miller, H. C. Urey: Organic compound synthesis on the primitive earth. Science 130, 245-251 (1959).
- L. E. Orgel: Evolution of the genetic apparatus. J. Mol. Biol. 38, 381-393 (1969).
Weblinks
- Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Heraklit, Lebensphilosophie
- Literatur zum Begriff Leben aus theologischer Sicht
- Artikel über die Entstehung von DNA in der Ursuppe (englisch)