Saparmyrat Ataýewiç Nyýazow (nach der alten russischen Transkription auf deutsch auch Nijasow geschrieben); (*19. Februar 1940 in Gypjak bei Aşgabat) ist seit 1992 Staats- und Regierungschef von Turkmenistan.
Seit 1985 war er Vorsitzender der Kommunistischen Partei der damaligen Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Nach dem gescheiterten Moskauer Putsch vom August 1991 verbot er die KP im nun unabhängigen Turkmenistan. Statt dessen gründete er eine Demokratische Partei, die von Anfang an unter seiner Leitung stand. Am 24. November 1991 wurde er zum Präsidenten gewählt. Bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen vom 21. Juni 1992 wurde er ohne Gegenkandidatur mit 99,5 % der Stimmen im Amt bestätigt. Er erhielt weitreichende Rechte und wurde zugleich zum Ministerpräsidenten ernannt.
Selbst hat sich Nyýazow den Beinamen Türkmenbaşy („Führer aller Turkmenen“) gegeben. In den Medien nennt man ihn auch „Türkmenbaşy den Großen“. Seine regulär bis 1997 reichende Amtszeit wurde mehrmals verlängert. Am 28. Dezember 1999 wurde der autokratisch regierende Präsident vom Parlament zum Staatschef auf Lebenszeit ernannt. Im Mai 2005 kündigte er jedoch an, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 3-4 Gegenkandidaten zuzulassen.
Sein Vater verstarb während des Zweiten Weltkriegs, seine Mutter und seine beiden Brüder starben in Folge des Erdbebens im Jahr 1948.
Personenkult
International erregt Nyýazow vor allem durch einen Personenkult gigantischen Ausmaßes Aufsehen. Nach ihm benannt wurden die Stadt Türkmenbaşy, Schulen, Flughäfen und ein Meteor. Bilder des Präsidenten finden sich in zahlreichen Straßen und an Gebäuden. Überall wurden (teilweise goldene) Statuen von ihm, seinem Vater und seiner Mutter aufgestellt. Selbst die Monate und die Wochentage wurden von Nyýazow umbenannt. Weil sich Nyýazow nach einer Herzoperation das Rauchen abgewöhnte, ist das Rauchen in der turkmenischen Öffentlichkeit verboten. Auch der Monat Januar wurde ihm zu Ehren in "Türkmenbaşy" umbenannt. Beißender Spott über Turkmenbashi findet sich in der Rolle des Präsidenten in der Farce Ostriv pana Moreno des ukrainischen Schriftstellers Aleksandr Abramovic Bejderman. Die vielen in Turkmenistan kursierenden Turkenbaschi-Witze erschöpfen sich in einem Kreisen um die immerfort selben Themen und verlieren angesichts der Ausweglosigkeit der turkmenischen Wirklichkeit ihr erlösende Kraft. Außerdem ist das Erzählen solcher Witze lebensgefährlich.
Ruhnama
Nyýazow hat mehrere Bücher geschrieben, die für die Turkmenen Pflichtlektüre sind. Sein erstes Buch, die Ruhnama (pers.:"Buch der Seele"), das im Herbst 2001 erschien, handelt von Liebe, Moral und Eintracht unter Nachbarn. Außerdem enthält sie Nyýazows persönliche Variante der Geschichte Turkmenistans. Die "Ruhnama" ist in allen Schulen Pflichtlektüre. Erwachsene müssen dieses Buch an jedem Samstag lesen. Selbst für den Führerschein (alternativ ohne jegliche Prüfung gegen eine Zahlung von etwa 200 USD zu erwerben) und die Zulassung zum Studium ist eine Prüfung über das Wissen aus der "Ruhnama" Voraussetzung. Im Herbst 2004 erschien der zweite Band der Ruhnama. Weitere Bücher von Nyýazow heißen "Es segne das Turkmenvolk" und "Die fünf Jahrhunderte der turkmenischen Geistlichkeit".
neue Namen der Monate und Wochentage
Die von Nyýazow eingeführten Monatsnamen nehmen alle Bezug auf den Präsidenten, Nationalhelden oder wichtige Ereignisse.
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Die Wochentage setzen sich aus dem Wort Gun (dt. Tag) und dem Wort mit der jeweiligen Bedeutung zusammen. Unverändert blieb der Freitag.
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Menschenrechtsverletzungen
Turkmenistan ist unter Nyýazows Regime zu einem Land geworden, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Religionsfreiheit gibt es nur in einem sehr beschränkten Maße. Der sunnitische Islam ist Staatsreligion, und nach einem im Oktober 2003 erlassenen Religionsgesetz ist die Arbeit baptistischer, lutherischer und pfingstlerischer Kirchen, jüdischer Gemeinden und schiitischer Muslime in Turkmenistan verboten. Die russischstämmige Bevölkerung wurde 2003 aufgefordert, entweder das Land zu verlassen oder sich als turkmenische Staatsbürger zu registrieren. Dissidenten werden gefoltert oder in psychiatrische Anstalten eingewiesen. Unbequeme oder nur verdächtigte Bürger werden systematisch bespitzelt, verprügelt, willkürlich verhaftet, ermordet oder man lässt sie "verschwinden". Besonders nach einem angeblichen (vermutlich jedoch inszenierten) Attentat auf Nyýazow am 25. November 2002 kam es zu massiven Verfolgungen der Opposition.
Seit dem Jahreswechsel 2005/2006 hat Nyýazow das Rentensystem weitgehend abgeschafft. Männer müssen seitdem mindestens 30, Frauen mindestens 25 Jahre in Turkmenistan berufstätig gewesen sein, um Rentenansprüche zu erwerben. Bisherige Rentner, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, müssen alle bisher erhaltenen Rentenzahlungen an den Staat erstatten. Menschen mit erwachsenen Kindern, Schwerbehinderte sowie ehemalige Kolchosbauern haben keinerlei Rentenansprüche mehr. Auch für sie gilt die Pflicht zur Erstattung bisher "unrechtmäßig" erhaltener Zahlungen. Das soziale Ausmaß dieser Reform wird deutlich, wenn man bedenkt, dass viele der bisher relativ gut gestellten Rentner mit ihrer umgerechnet bis zu 70 Euro hohen Monatsrente aufgrund der in Turkmenistan herrschenden Massenarbeitslosigkeit ihre gesamte Familie ernährten. Ebenso hat der selbstherrliche Präsident die Krankenversorgung erheblich eingeschränkt, sei es durch Schließung von Krankenhäusern, sei es durch Ersetzen von ausgebildeten Fachkräften durch linientreues Personal und Armeeangehörige.
Nachdem Nyýazow bereits Kinos, Oper, Ballett und Zirkus verbieten ließ, wurden im April 2005 alle öffentlichen Bibliotheken geschlossen. Bücher sind seitdem nur noch in Universitäten zugänglich, wo allerdings keine Lernfreiheit besteht - studiert man Dinge, die nicht genehm sind, oder ist die Familie im Visier des Geheimdienstes, wird man zum Fächerwechsel gezwungen (z.B. von Englisch zu Russisch). Freie Internetzugänge gibt es nicht.
Weblinks
- Vorlage:PND
- turkmenbashi.org - Offizielle Webseite (englisch)
- Biografie Nyýazows, eyho.8m.net (turkmenisch)
- Das Buch Ruhnama - in englischer Übersetzung
- Biographien und Bildergalerien von Weltdiktatoren seit 1900 (englisch, deutsch)
- „Turkmenistan: Religious freedom survey“, Forum 18 News Service, 7. April 2004
- „Diktator, Dichter und Prophet: Wie Turkmenbashi vom Westen hofiert wird“, Titel Thesen Temperamente (ttt), 12. November 2006
Personendaten | |
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NAME | Nyýazow, Saparmyrat |
ALTERNATIVNAMEN | Nyýazow, Saparmyrat Ataýewiç |
KURZBESCHREIBUNG | Staats- und Regierungschef von Turkmenistan |
GEBURTSDATUM | 19. Februar 1940 |
GEBURTSORT | Aşgabat, Turkmenistan |