Ultra-Bewegung

fanatisches Fantum im Sport
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Dezember 2006 um 14:30 Uhr durch 62.47.206.223 (Diskussion) (Italien). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Ultrà-Bewegung bezeichnet eine besondere Organisationsform für Anhänger des Fußballsports. Mittlerweile gibt es aber auch in anderen Sportarten Ultrà-Gruppen.

Ursprung

Die Ultrà-Bewegung hat ihre Wurzeln im Italien der späten 50er und 60er Jahre, als sich erstmals "fußballverrückte" Jugendliche in Gruppen zusammenschlossen, um ihre jeweiligen Lieblingsmannschaften gemeinsam organisiert zu unterstützen. Namensgebend war eine italienische Zeitung, die es Ultrà nannte, dass Anhänger des AC Turin einen Schiedsrichter bis zum Flughafen verfolgten. Zuerst waren es nur relativ wenige Jugendliche, die sich aber mit Hilfe von Balkenschals und Trommeln von den anderen Fans unterschieden. Die Ultràs organisierten dann auch ihre ersten gemeinsamen Auswärtsfahrten.

Die Bewegung breitete sich rasch aus, und in weiten Teilen Europas bildeten sich entsprechende Gruppierungen. Großbritannien ist eines der wenigen Länder, in dem die Ultrà-Bewegung bisher keinen Anklang finden konnte.

Struktur und Aktivitäten

Bei Ultràs handelt es sich um fanatische Anhänger, deren Ziel es ist, ihre Mannschaft "immer und überall bestmöglich zu unterstützen".

Neben der akustischen Unterstützung, die sehr häufig von einem sogenannten Capo (Vorsänger) koordiniert und durch Trommeln begleitet wird, legen Ultràs auch viel Wert auf optische Hilfsmittel, Konfettiregen, bengalische Feuer und gigantische Fahnenmeere. Außerdem kreieren, finanzieren und organisieren die Ultràs farbenprächtige, einfallsreiche und meist schön anzusehende Choreographien. Bei diesen Choreographien bereiten die Ultràs Materialien vor, die zu Spielbeginn an alle Zuschauer (auch Nicht-Ultrás) eines Stadionbereiches ausgegeben werden und die durch gleichzeitiges Hochhalten z.B. das überdimensionale Vereinswappen ergeben (siehe Abbildungen). Oft werden auch Überrollfahnen oder Wurfrollen verwendet. Unterstützung durch Sponsoren oder Vereine wird strikt abgelehnt. Ultràs finanzieren sich durch eigene Mitgliedsbeiträge und von selbstkreierten Fanartikeln.

Ultràs sprechen sich "gegen die Kommerzialisierung des Sports" aus.

Abgrenzung zu Hooligans

Im Unterschied zu Hooligans steht bei Ultràs der Fußball im Vordergrund und nicht die Gewalt. Schlägereien und Kämpfe sind aber auch ein Bestandteil der Ultrà-Kultur, einige deutsche Gruppen distanzieren sich jedoch, teilweise unter dem Eindruck des polizeilichen Vorgehens gegen die Gewalttäter, von Gewalt. Allerdings gerät das Klauen von gegnerischen Fanutensilien, insbesondere von Schals und Zaunfahnen, immer mehr in Mode.

Deutschland

 
Choreographie der Wilden Horde vom 1. FC Köln
 
Choreographie der Wilden Horde vom 1. FC Köln
Datei:Choreo3.jpg
Choreographie der Phoenix Sons vom Karlsruher SC

Deutschland erreichte die Ultrà-Bewegung erst Anfang der 1990er. Die erste Gruppe auf deutschem Boden waren wohl 1986 die Fortuna Eagles (Fortuna Köln), 1990 gefolgt von Madness Leverkusen (Bayer Leverkusen, seit 1994 als Mad Boyz). 1994 gründeten sich die Ultràs Nürnberg (1.FC Nürnberg), 1995 dann die Binding Szene (Eintracht Frankfurt), Blaue Bomber Stuttgart (Stuttgarter Kickers), Promillos Ultràs (SC Freiburg) und Boys Bielefeld (Arminia Bielefeld) sowie Desperados und The Unity (Beide Borussia Dortmund). Auch bei den beiden Münchner Vereinen und einigen anderen waren in diesen Jahren erste Versuche unternommen worden, die Unterstützung der Mannschaft nach italienischem Vorbild zu organisieren.

Mittlerweile existieren bei fast allen Vereinen der oberen drei Ligen, aber auch in hierarchisch tieferen Spielklassen Gruppen, die sich selbst als Ultràs sehen. In vielen Fanszenen spielen die Ultràs allein schon deswegen eine dominante Rolle, weil es keine weiteren Gruppierungen gibt, die ihnen diesen Platz streitig machen können. Das daraus resultierende Missverständnis, die Ultràs hätten einen Alleinvertretungsanspruch der Kurve und Befehlsgewalt über den Fanblock, führt immer wieder zu Konflikten zwischen Ultràs und unorganisierten Fans.

Auftreten

Die Mehrheit der deutschen Ultrà-Gruppierungen verhält sich unpolitisch. Ausnahmen sind Großteile die Ultraszenen des FC St. Pauli "Ultra Sankt Pauli", das "Filmstadt Inferno ´99" des SV Babelsberg 03 und die "Diablos" vom FC Sachsen Leipzig. Diese Gruppierungen sind allesamt politisch links orientiert, wohingegen das "Inferno Cottbus" vom FC Energie Cottbus eher am rechten Rand angesiedelt ist. Ultràs in Deutschland geht es hauptsächlich um die "Verbesserung der Stimmung" und das Wachsen der eigenen Gruppe. Ultràs sehen sich selbst als "Gegenpol zum unkritischen und konsumierenden Mainstream in den deutschen Fußballstadien".

Da Feuerwerkskörper aller Art in deutschen Stadien verboten sind, kommt es mittlerweile fast nur noch in unteren Ligen zum Einsatz von bengalischen Feuern und ähnlichen Mitteln. In der Bundesliga ist der Einsatz von pyrotechnischen Materialien zumindest im Ligabetrieb selten geworden.

Italien

Die mitgliederstärksten Jahre der italienischen Ultrà-Bewegung waren die 80er. Aber auch heute noch gibt es einige Gruppen, die mehr als 10.000 Mitglieder haben. Einige wichtige Gruppen sind: Irriducibili Lazio, Brigate rossonere Milan, Brescia MU 1911, Curva Nord Bergamo, Ultras Granata. Die behrümtesten und besten Gruppierungen, die für ihre hervorragende Mentalität bekennt waren haben sich aber wegen der andauernden Repression seitens der Lega-Calcio und der Polizei aufgelöst; Hierbei sind anzuführen: Brigate Gialloblu 71 Verona, Fdl Milan, Bna Atalanta, Commando Ultras Napoli, Verona Front. Aufgrund der sehr hohen Mitgliederzahlen einiger Gruppen haben diese einen großen Einfluss auf die Vereinspolitik. So durfte z.B. die mitlerweile aufgelöste Fossa dei Leoni entscheiden, was von wem in ihrer Fankurve verkauft werden darf. Allein wegen dieser vereinspolitischen Macht verorten sich einzelne Gruppen auch in einer bestimmten politischen Richtung, so gibt es rechtsextreme Fangruppen, wie Irriducibili Lazio, aber auch neutrale oder linksextreme Gruppen, wie die Brigate Autonome Livornesi des AS Livorno Calcio.

Österreich

Auch in Österreich gibt es einige Ultrà-Gruppierungen mit einem unterschiedlichen Grad an Aktivität und Bekanntheit.

Die älteste & international bekannteste Gruppe sind die "Ultras Rapid 1988", die auf der "Block West" genannten Westtribüne des Gerhard-Hanappi-Stadions den SK Rapid Wien unterstützen. Sie sind eine der wenigen Ultrà-Gruppierungen in Europa, die jedes Spiel eine Choreographie (öfters mit Pyro-Einsatz) zeigen. Die Ultras Rapid wurden 2005 von der T.I.F.O. (Torcida International Fans Organisation) zur Gruppierung mit den besten Choreographien in Europa gewählt.

Die Kurve des SK Sturm Graz, der sogenannte "Sektor 25", beheimatet neben der bekanntesten Gruppe, der Brigata Graz 1994 auch die Grazer Sturmflut 96 und die Jewels Sturm. Momentan ist diese Kurve nach dem Block West sicher die aktivste Kurve Österreichs.

Weitere wichtige Ultrà-Gruppen finden sich in Salzburg. Die Union Ultrà '99 sowie die Tough Guys Salzburg 92 litten sehr stark unter der Übernahme ihres Klubs Austria Salzburg durch Red Bull, da diese in weiten Teilen der Salzburger Fanszene auf Ablehnung stieß. Umstritten ist zudem die Einordnung der Tough Guys Salzburg 92 in die Ultrà-Szene, da diese Gruppe einen eigenen Stil pflegt, der nur wenige Gleichheiten mit dem italienischem Original hat. Beide Fangruppierungen unterstützen jetzt die neue Austria Salzburg

Portugal

 
Fans der portugiesischen Nationalmannschaft mit Flagge der Ultràs zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Köln

Auch in Portugal gibt es einige Ultrà-Gruppierungen. Die bekanntesten sind die Diabos Vermelhos von Benfica Lissabon. Außerdem gibt es noch die Super Dragoes vom FC Porto, sowie die Juve Leo und Torcida Verde von Sporting Lissabon. Alle anderen Ultrà-Gruppierungen sind eher weniger bekannt.

Griechenland

Die Szene in Griechenland bzw. in der Hauptstadt Athen gilt als eine der extremsten Europas. Bei Duellen der großen Athener Klubs (Olympiakos, Panathinaikos, AEK) kommt es so gut wie immer zu schweren Ausschreitungen. Deshalb ist es Ultrà-Gruppierungen seit einigen Jahren verboten, Derbys im Stadion des Gegners zu besuchen. Die bekanntesten Gruppen sind Gate 13 (Panathinakos), Gate 7 (Olympiakos) und Gate 4 (PAOK).

Serbien

Die Ultra Gruppierungen in Serbien sind außerordentlich stark. Vorallem die Delije (Roter Stern Belgrad) und die Grobari (Partizan Belgrad) sind sehr stark vertreten und das nicht nur in Serbien, sondern auch international. Allerdings sind Ultras von OFK Belgrad und Vojvodina (Novi Sad) im Aufwind. Diese Gruppen sind auch eurpäische sehr bekannt und gefürchtet. Vorallem die Stimmung der Delije und Grobari ist bemerkenswert. Diese beiden Gruppen sind allerdings nicht nur für ihre Stimmung gefürchtet, denn wenn sie von Gegnerischen Gruppen angegriffen oder provoziert werden, fürchten sie sich nicht vor einer Massenschlägerei. Die Pyrotechnik gehört zur normalen Ausstattung als Fan dieser und fast jeder anderen Mannschaft Serbiens.

Jetzt gibt es auch eine starke Fan Bewegung für die Nationalmannschaft Serbiens. Dort sind die Grobari und Delije vereint und unterstützen ihr Team überall. Diese Fanbewegung könnte sich auch schnell zu einer Ultra Gruppierung entwickeln. (www.beli-orlovi.com)

Schweiz

In der Schweiz sind in den letzten Jahren auch bei den meisten erstklassigen Vereinen Ultragruppierungen entstanden, die wichtigstren sind in Basel, Zürich und Sion beheimatet. In Zürich findet man die Ultras vorallem in der sogenannten "Zürcher Südkurve", welche den FC Zürich unterstützt.

Ultràs beim Handball

Seit dem Jahre 2000 entstehen auch beim Handball Ultrà-Gruppierungen. Als erste und wichtigste gelten die Ultras Flensburg. Sie konnten sich durch die größte Stehplatztribüne der deutschen Handball-Bundesliga gut entwickeln. Später entwickelten sich auch bei anderen deutschen Handballclubs Ultràgruppen. Im Ausland gibt es noch die Boys aus Aalborg (Dänemark) und die Ultras von Leoben aus Österreich. Dazu kommen viele relativ unbekannte Gruppen in den unteren Ligen und Osteuropa.

In der zweiten Liga Nord treten langsam die Arbeiter von der Handball-Factory in den Fordergrund.

Ultràs beim Eishockey

Hauptsächlich seit 2000/2001 setzte sich der Ultrà-Gedanke auch in der deutschen Eishockey-Fanszene durch, und so sind in vielen Eishallen und Arenen von der DEL bis in die Oberligen diverse Ultrà-Gruppierungen zu finden. Erste Ultrà-ähnliche Gruppierungen bildeten sich jedoch schon früher. Mitte der 90er Jahre gab es in München die ersten Choreographien zu sehn und es bildeten sich die "Munich Supporters". Aber auch in Augsburg ("Augsburg 98") und Schwenningen ("SERC-Supporters 99") bildeten sich noch vor der Jahrtausendwende Gruppen. Zu den bekanntesten Gruppierungen gehören heute Inferno Della Nord (Köln), Supporters Crew Mannheim ("SCMA", Mannheim) und der DEG Supporters Club ("DSC", Düsseldorf),Scorpions Unity (SU,Hannover). Charakteristisch für viele Eishockey-Ultràs ist die Identifikation mit Ultrà-Gruppierungen aus der Schweiz und die gleichgültige bis feindselige Haltung der übrigen Fans am jeweiligen Standort.