Der Gebel-Elba-Nationalpark befindet sich etwa 100 km südlich der Grenze Ägypten−Hala'ib-Dreieck (ein umstrittenes Gebiet zwischen Ägypten und dem Sudan), 30 km nördlich der Grenze Sudan−Hala'ib-Dreieck, 20-25 km von der Küste entfernt. Bei 22° N und zwischen 36°25' - 36°40° E befindet sich eine Gruppe von mehreren Küstenbergen wie dem Gebel Ebruy, Al Daeeb und Gebel Elba (seltener und fälschlich Gebel Elber genannt). Bereits 1986 wurde das 35.600 km² große, ungewöhnliche Biotop von Ägypten zum Nationalpark erhoben. Bestandteil sind auch Mangrovengebiete, 22 Inseln, Korallenriffe, Küstensanddünen, -salzmarschen und -wüstengebiete.
Biodiversität
Uralte magmatische Tiefengesteine wie Granit und hochgradig metamorphe Gesteinsablagerungen wie Gneis aus den geologischen Anfängen des Roten Meeres, sowie Schiefer und Sedimentablagerungen − v.a. Gips, Kalkstein und Nubischem Sandstein − beherrschen über ein Drittel des Gebirges am Roten Meer.
Während in der weiteren, wüstenhaften Umgebung jährliche Niederschläge von weniger als 50 mm zu erwarten sind, summieren sie sich im Hochland auf gut 400 mm. Durch Tau, Nebel, Dunst und seltenen Regen, vor allem an der seewärtigen Nord- und Nordost-Seite, bildete sich eine Berg- bzw. Nebeloase mit der Folge eines Biodiversitäts-Hotspots aus. Das Zentrum der Drainage repräsentiert der 1437 m hohe Gebel Elba (22° 10’ 33’’ N / 36° 21’ 52’’ E). Von hier durchschneiden zahlreiche Wadis das Granitgebirge in alle Richtungen, die größten davon sind Wadi Akwamtra, Wadi Aideib und Wadi Serimtai. Das Hauptwadi Yahameib, mit seinen Nebenflüssen Wadi Akaw und Wadi Kansisrob, entwässert zur Nordseite.
Pflanzen
Bisher wurden 485 Pflanzenarten aus 51 Familien gezählt. Durch ihre Dichte repräsentieren die Bäume, Büsche und Sträucher den einzigen natürlichen Wald Ägyptens. In den höheren Nebelzonen überwiegen vor allem Farne, Moose und Sukkulenten.
Biscutella elbensis ist hier endemisch. Mit ihrem gut entwickelten Wurzelsystem kann sie in Fels, Schutt und Geröll gut Fuß fassen, wie das europäische Pendant Glatt-Brillenschötchen (Biscutella laevigata). Beide gehören zu den Kreuzblütengewächsen (Brassicaceae), wie auch die Rose von Jericho.
An den Bergfüßen und in Gebirgswadis herrscht eine relativ dicht bewachsene Landschaft vor, die vor allem von der Schirmakazie (Acacia tortilis) dominiert wird. Daneben finden sich noch der Weiße Flamboyant (Delonix elata). Ferner fühlen sich zu Hause: Aerva javanica syn. persica, eine mehrjährige, halbstrauchartige Pflanze, die sandigen Untergrund bevorzugt und bei Ziegen und Schafen beliebt ist. Hinzu kommen der Dornbusch Euphorbia cuneata, der zu der großen Gruppe der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) gehört, und etliche mehr.
Tiere
Zu den vielen Tierarten gibt es keine Parallele in anderen Wüstengegenden Ägyptens. 23 Säugetier-, 41 Vogel- und 22 Reptilienarten, aber nur aber nur eine Amphibie wurden bisher inventarisiert.
Zu den beobachteten Säugetieren gehören die Damagazelle, die Dorkasgazelle und der Afrikanische Esel. Laut Mitteilungen der UNESCO, in denen das Weltkulturerbe der Menschheit aufgelistet wird, wurden Mendes-, Säbel- und Kuhantilopen gesichtet [1]. Bei Bestätigungen wären dies Sensationen ersten Ranges.
Unter den Vogelarten sind einige tropisch-afrikanischen Ursprungs und finden im Bereich des Nationalparks ihre nördlichste Ausbreitungsgrenze. Es gibt nur spärliche Hinweise zu diesem Gebiet, aber sie berichten von erfolgreichen Beobachtungen [2] des
Ferner wurden u.a. beobachtet:
- Ohren- oder Lappen-Geier
- Bart- oder Lämmergeier
- Schmutzgeier
- Kaffernadler (Das Wort Kaffer oder Kafir ist arabischen Ursprungs und bedeutet "Ungläubiger" als Abwertung für Nichtmuslime. Es ist nicht verwandt mit dem gleichlautendem eingedeutschtem Wort Kaffer, ugs. für "dummer, blöder Kerl" (hebr.-jidd. für kapher = Bauer)).
- Habichtsadler.
Beduinenstämme
Von den ca. 63 Millionen Ägyptern sind etwa 500.000 Beduinen (von arab. badawī „nicht sesshaft, nomadisch“). Bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts waren sie alle Vollnomaden. Das Oberhaupt aller Stämme, die sich aus Unterstämmen und Sippen zusammensetzen, wird als Scheich (arab. Schaich) bezeichnet. Der erbliche Titel bedeutet jedoch keine Befehlsgewalt, vielmehr ist der Scheich primus inter pares. Neben ihm gibt es noch einen Kriegshäuptling, genannt Akid, die Rechtsprechung fällt dem Kadi zu.
Beduinen leben hauptsächlich von den Milchprodukten und dem Fleisch ihrer Kamele, Schafe und Ziegen und von Sorghum (das verbreitetste Hirsegetreide, im Deutschen. bekannt als Mohrenhirse, auf Arabisch durra, auf Bedscha harob). Holzkohle, speziell vom Akazienbaum, wird in ganz Ägypten hoch geschätzt, vor allem für die Wasserpfeife (schischa). In früheren Zeiten war es ein ungeschriebenes Gesetz, keine lebende Bäume zu fällen oder Äste abzubrechen. Die starke Nachfrage aus dem Niltal und mangelhafte Einkommensverhältnisse, bedingt u.a. durch die Dürre der letzten 10 Jahre, führten dazu, dass dies heute leider nicht mehr eingehalten wird.
Viele Pflanzen und Tierprodukte werden von den Beduinen zu medizinischen Anwendungen benutzt, die weit über ihr Territorium hinaus schon fast kultisches Ansehen genießen. Ein weiteres Hauptgeschäfte ist der Zwischenhandel auf traditionellen Routen von und nach dem Sudan, wie z. B. der Umschlag von Dromedaren und Kamelen.
Die Trockenperiode von 1984-86 war für alle ansässigen Beduinen eine Katastrophe. Es wird geschätzt, dass sie in dieser Zeit 95% ihrer Herden verloren. Nach dem starken Regenjahr 1996 setzte wieder eine Dürre ein, die nun seit 10 Jahren anhält. Insgesamt scheint die durchschnittliche Niederschlagsmenge im Gebiet nachhaltig zu sinken. Der Wassermangel hat viele von ihnen gezwungen, in die nahe gelegene Küstenstadt Abu Ramad zu ziehen.
Die Bedscha
Seit 6000 Jahren bevölkern hauptsächlich die Bedscha-Beduinen die unmittelbare Umgebung des Gebel Elba. Sie wurden bereits von den antiken Ägyptern zur Verteidigung der Grenze eingesetzt. Der mündlichen Überlieferung nach kennzeichnet der Berg ihren Ursprungsort. Sie sollen mit ihren kulturellen Eigenarten in das Projekt des Naturschutzgebietes eingebunden werden. Wie die ägyptische Verwaltung dies verwirklichen will, darf erfahrungsgemäß nachhaltig bezweifelt werden. Der Stammesälteste ist z.Z. Schaich Hasan.
Die kuschitischen Sprachen werden am Osthorn von Afrika gesprochen. Zu ihnen gehört vermutlich auch das eigentümliche Bedscha (auch Beja, Bedawi, Bedauwiyah oder To-Bedawiye), das aller Wahrscheinlichkeit nach eine Mundart des antiken Ägyptens war. Lange wurde sie nur gesprochen, existierte also nicht in schriftlicher Form. Sie ist mit der Sprache der Blemmyer eng verwandt. Der von den Römern Blemmyer genannte antike Nomadenstamm in Nubien wurde möglicherweise schon in der Zeit Ramses’ IX. erwähnt. Die Aksumiten aus dem Königreich Aksum (Axum), im heutigen Norden Äthiopiens liegend, nannten sie Bega oder Bougaeiton.
Es wird angenommen, dass sie vor über 2000 Jahren als erste Kamele und Dromedare züchteten, die ihnen halfen, die Wüstenhandelsrouten zu kontrollieren. Um die Mitte des 3. Jahrhunderts n.Chr. treten sie vor allem als Räuber und Plünderer auf, die die römische Provinz Ägypten, das Königreich Meroe und die dortigen Handelswege gefährdeten. Im 6. Jahrhundert bekehrten sie sich unter nubischem Einfluss zum Christentum, im 13. Jahrhundert unter dem wachsenden Druck der Mamelucken zum Islam.
Ihre legitimen Nachkommen, die Bedscha, haben sich auf Grund ihrer isolierten Lebensweise und als Reaktion auf die ständige Bedrohung ihrer Freiheit durch äußere Mächte einen Namen als widerspenstiger und feindseliger Stamm gemacht. Bis in dieses Jahrtausend hinein widerstanden sie erfolgreich allen Verführungen zur Aufgabe des Nomadenlebens. Nur so konnten sie ihre Sprache und Kultur bewahren und sind bis heute eine von ihren Nachbarn deutlich abgegrenzte Ethnie. Die Männer tragen dunkle Westen über hellen, knöchellangen Hemden und schmücken sich zu besonderen Anlässen mit gebogenen Säbeln. Fast alle tragen Treiberstöcke für die Dromedare und Kamele, die etwa anderthalb Meter lang sind und am oberen Ende einfache Schnitzereien tragen. Die verschleierten Frauen sind in farbigere, goldgelbe, olivgrüne, karmesinrote und kaffeebraune Kleider gehüllt.
Ihre Häuser nennen sie Kisha und werden üblicherweise auf Anhöhen errichtet, um etwaigen Fluten nach den seltenen Regenfällen zu entgehen. Das Bauen von Häusern ist Sache der Frauen, die diese aus Baumgeäst errichten und mit Palmblättern eindecken.
Die Ababda
Die arabisierten Ababda-Beduinen bilden die zweitgrößte Gruppe, leben vor allem im nördlichen Teil und gelten als sesshaft bis halbnomadisch. Sie sind meist von dunkler Hautfarbe und haben schwarzes, aber meistens nicht krauses, sondern eher gelocktes Haar. Ein traditionelles und oft verwendetes Musikstrument ist die fünfsaitige tamboura.
Die Bischarin
Die Bischarin-Beduinen sind nichtarabische Halbnomaden, die mit Stämmen im Sudan und Äthiopien verwandt sind. Sie sind dafür bekannt, gute, schnelle Kamele zu züchten. Sie leben außerdem vom Handel mit Ziegen und Schafen und von der Holzkohleproduktion. Auf den Märkten in Südägypten tauschen sie ihre Waren gegen Mais, Getreide, Bohnen, Datteln, Zucker, Leinen, Leder, Säbel und andere Gebrauchsgegenstände. Sie verfügen über außerordentliche Fähigkeit des Spurenlesen − so können sie Fährten einzelner Kamele oder Schafe identifizieren – und werden bei biologischen Expeditionen gerne angeworben.
Die Rashayda
Rashayda-Beduinen sind hier nicht ursprünglich heimisch, sondern besiedelten erst im 19. Jahrhundert von der Arabischen Halbinsel aus hauptsächlich die Küstenebenen.
Sie teilen das Leben in Phasen ein, die durch eine veränderte Bekleidung, sowohl für Männer als auch Frauen, deutlich gemacht wird. Mädchen ab dem ca. 5. Lebensjahr tragen einen gargusch, ein schwarzes, manchmal auch farbiges Tuch, das Kopf, Schulter und zusätzlich das Gesicht unterhalb der Augen bedeckt. Je reifer die Mädchen werden, desto mehr Bekleidungsteile kommen dazu und desto länger wird der Gesichtsschleier. Der nächste Abschnitt wird durch den "mungab" symbolisiert − den Jungfrauenschleier, der auch über die Brust reicht. Frauen im heiratsfähigen Alter haben einen thaub, der bis zu den Fußknöcheln reicht. Jungen tragen zunächst eine Kappe, über die später ein weißer Turban gelegt wird. (Textauszüge von: [3])
Die Hadendoa
Der englische Dichter und Schriftsteller Rudyard Kipling (Autor des Dschungelbuchs) machte die als kriegerisch bekannten Hadendoa-Beduinen (Hadendowa) im englischen Sprachraum in seinem wohl populärsten Gedicht über den islamischen Befreiungskrieg gegen die anglo-ägyptische Herrschaft (1881 bis 1899) im Sudan als Fuzzy-Wuzzys bekannt. Die langen krausen Haare türmten sie mit Hilfe von Butter zu einer buschigen Afrofrisur. Die Herkunft des Namens resultiert höchstwahrscheinlich aus dem Englischen, wobei nicht auszuschließen ist, dass das arabische Wort für Krieger ghazi ins englische Fuzzy umgedeutet wurde.
Wenn das Gebiet zugänglich wird (momentan noch umständliche Genehmigungsverfahren, zudem aufwändige und kostenintensive Expeditionsplanung), könnte sich hier ein touristischer Tummelplatz bilden − was allerdings der Natur und Kultur abträglich wäre. Glücklicherweise wird die Region auch in den nächsten Jahren nur durch eine langwierige Anfahrt und nach umfangreichen Vorbereitungen zu erreichen sein.